Sonntag, 13.10. Fahrt nach Agra zum Taj MahalAnil hat mich von Start mittags (wegen Ausschlafen nach dem langen Flug und durch die Zeitverschiebung) auf Start um 10 Uhr runtergehandelt und so klingelt der Wecker mich um 8.30 Uhr aus den Federn. So sonderlich gut geschlafen habe ich nicht. zu viel ging mir im Kopf herum und zu aufgedreht war ich noch von der Anreise. Somit war das auch wieder eine kurze Nacht.
Frühstück auf der Dachterrasse. Hupen schallt herauf, beim Blick nach unten sehe ich Tuk Tuks, Delhi beginnt gerade zu erwachen.
Von wegen, in Indien dauert alles ewig. Kaffee (schon gesüßt und insgesamt vom Geschmack her gar nicht als Kaffee zu erkennen, vielleicht sollte ich das Unglaubliche wagen und auf Tee umsteigen) und Omelett stehen innerhalb von 5 Minuten auf dem Tisch, auch beim Auschecken geht es verhältnismäßig fix bis der Mann an der Rezeption merkt, dass das Hotel prepaid war. Und Anil steht auch schon 20 Minuten eher als verabredet da.
Und los geht es durch den deutlich dichteren Verkehr Richtung Agra. Der Stärkere gewinnt. Autos sind stärker, dafür sind Motorräder, Fahrräder und Fußgänger wendiger, wenn es darum geht sich durchzuschlängeln. In Ortschaften an Kreuzungen ist es somit oft der eigentlich Schwächste, der das Rennen macht.
Ein paar Impressionen von unterwegs, allerdings von anderen Reisetagen. Heute habe ich nur staunend und zwischendurch müde im Auto gesessen:
Zwischendurch halten wir einmal an um etwas zu essen. Inklusive Trinkgeld weniger als 5 Euro für zwei. Es gibt Paneer (Käse statt Fleisch) mit Gemüse in Sauce, Dal (ein Linsengericht), Joghurt, ein paar Scheiben geschälter Gurke und Brot. Vorher waschen wir uns die Hände aus einem Kanister. Um uns herum indische Familien, die ebenfalls Pause machen auf dem Weg nach Agra.
Am Straßenrand lauter beigebraune Tiere, die der Einheitsfarbe nach alle miteinander verwandt zu sein scheinen, was aber gar nicht sein kann, denn mal sind es Hunde, mal Kühe, mal Affen und mal Ziegen.
Die buntesten Farbflecken Frauen, die wie im Bollywoodfilm in transparente bunte Glitzerstoffe gekleidet sind. Nee, halt, noch bunter waren verschiedene Männergruppen, fast schon in Agra, die wie es in Deutschland jetzt wohl auch Mode wird, hier aber zum Fest "Holi" Brauch ist, über und über mit Farbe bespritzt sind. Grund ist ein Festival der Hindus.
Im Laufe des Tages disponiert Anil einige Male um je nach "estimated arrival time" in Agra.
Ich bekomme somit heute das Taj Mahal im Sonnenuntergangslicht zu sehen statt morgen früh im Morgengrauen, das ist mir auch ganz recht so. Heute sei das Wetter schließlich gut, aber wer weiß, wie es morgen sein würde. Morgen würden wir dann vor der Weiterfahrt nach Jaipur das Red Fort besichtigen.
Am Taj Mahal ist die Hölle los. Vorwiegend indische Touristen, die nur einen geringen Prozentsatz des Ausländereintritts zu zahlen haben, stehen Schlange. Für meinen fürstlichen Eintrittspreis gibt es dafür Eintritt ohne Warteschlange, eine Flasche Wasser und Schuhüberzieher umsonst.
Noch viel schöner als die Anlage selbst mit dem üblichen Standardfoto ist es, durch den Garten etwas abseits zu gehen. Vogelgezwitscher und abseits der Achse mit der perfekten Symmetrie fast kein Mensch unterwegs. Mein überzivilisierter Kopf ahnt, dass Indien tatsächlich alle Sinne ansprechen kann und ich sauge dieses neue Gefühl auf. Und toll ist auch der Duft, der in der Luft liegt, so ein schwerer Blütenduft, irgendwie gemischt mit Räucherstäbchen und ein kleines bissen Verwesung. Auf der anderen Seite des Flusses ein Park mit Menschen, in dem Park exotische Musik. Hier lohnt es sich auch sich einen Moment zu setzen und die Stimmung auf sich wirken zu lassen. Ich verbringe etwa zwei Stunden hier und tauche zum ersten Mal richtig in Indien ein.
Eine wunderbare Anlage. Und im Allerheiligsten, dem Mausoleum, ist Fotografieren streng verboten. Hier wird man (entweder ohne Schuhe oder mit diesen Überziehern) gruppenweise im Gänsemarsch durchgeschleust - und kaum ist die Gruppe drin, starten die unartigen Inder ein wahres Blitzlichtfeuer und die eigentlich hier verbotenen Handys werden in die Luft gestreckt zum Fotografieren, was die unwirschen Bewacher mit herrischen Gesten und schrillem Trillergepfeife zum Schweigen bringen wollen, was ihnen wiederum nicht gelingt. Au weh, in die Mühlen des Gesetzes möchte ich hier allerdings nicht geraten, wenn das hier Anzeichen indischer Machtausübung ist.
Übrigens: Wenn ich mal davon ausgehe, dass es in Agra, wie allerorts im Internet verkündet, das Schlimmste sein soll in Bezug auf die Belagerung von Touristen, dann habe ich nun nichts Schlimmes mehr zu erwarten, egal wie. Es sind nur einige wenige Punkte, an denen man auf verschiedene Weise versucht Kunden zu akquirieren, aber ich bin angewiesen es zu ignorieren und auf dem Gelände selbst fragt nur selten mal jemand, ob er mich mal gegen ein Trinkgeld fotografieren soll.
Ansonsten werde ich nur von freundlichen indischen Touris angesprochen. So sagt ein Vater, dass seine etwa fünfjährige Tochter gerne mal mit mir sprechen wolle. Und als ich sie frage, wie sie heißt, versteht und antwortet sie in ganz niedlichem Englisch. Ein anderer Hiesiger wird von mir beim Fotografieren beobachtet. Er merkt es, kommt zu mir und zeigt mir stolz die letzte Aufnahme, die er gemacht hat.
Mutig geworden, will ich den Rest des Tages allein verbringen, mal ein bisschen spazierengehen und die Straßenszenen, die den ganzen Tag nur an mir vorbeigehuscht sind, aus der Nähe betrachten. Ja, das geht, meint Anil, aber bitte nicht nach 19 Uhr. Die Einheimischen trinken gerne und wenn sie dann abends betrunken seien, belästigen sie gerne Frauen.
Das Spezierengehen hätte ich mir allerdings sparen können. Nicht nur, dass es lebensgefährlich ist an der chaotischen Straße und wegen der vielen Hindernisse eher ein Spazierenstehen ist, ich bekomme auch permanent angeboten, was der westliche Tourist so brauchen kann. Rikscha fahren soll ich und im Shop gucken und Haschisch kaufen. Ganz profan kehre ich somit im Pizza Hut ein. Schlimmeres passiert übrigens nicht, kein Grabschen, keine unmoralischen Angebote außer Haschisch, obwohl ich meine Ausgangszeit bis 19 Uhr noch glatt um fast eine Stunde überschritten habe.
Ich grinse ein bisschen in mich hinein bei der Vorstellung, dass ich tatsächlich in Betracht gezogen habe, in Indien rennen zu gehen und beschließe, selbiges lieber auf dem Laufband im Hotel zu tun. Doch ich gebe auch hier auf. Es war trotz Klimaanlage brüllend heiß und ein Dauerhustenanfall meines hartnäckigen Erkältungsrestes treibt den Mitarbeiter dazu nach 5 Minuten besorgt herbeizukommen und zu fragen, ob es mir gut geht.
Also ab ins Zimmer, unter die Dusche und mit dem Reisebericht ins Bett zum Fernseher. Ich schätze, um 22 Uhr ist heute Nachtruhe angesagt.