9.Tag, Dienstag 2.11.2010Alle Langschläfer bitte diesen kurzen Satz überspringen denn er schmerzt:
Aufstehen 4:30 Uhr !
Trotz der frühen Stunde (was heißt da „frühe Stunde“ – es ist einfach mitten in der Nacht ) haben wir dazugelernt. Der Bereich rund um das Auto wird vor der Abfahrt inspiziert, ob auch alles im Toyota gelandet ist. Wir kommen zwar heute Mittag wieder hierher – aber so soll es ab jetzt laufen.
Gelaufen wird allerdings erst mal nicht, was auch gut so ist um diese Uhrzeit.
5:15 Uhr reihen wir uns in die wartenden Autos vor dem Parktor ein – wir haben zwar nicht die Pole Position aber immerhin Startplatz 3.
5 Minuten später öffnet das Tor und das erste Auto fährt in den Park. Natürlich nicht ohne den Check mit dem Protokoll. Aber alle stehen schon vom Vortag drin – so wird nur das Permit für heute kontrolliert.
Position 3 ist bald Geschichte – schon 15 Minuten später habe ich die beiden vor mir fahrenden Autos überholt, die wohl auch offensichtlich ungern die „Führungsarbeit“ im Dunkeln übernehmen wollen und fahre durch den bald anbrechenden Morgen zu den immer höher werdenden Dünen, die man sich allerdings noch denken muss – zu sehen ist noch nichts.
Es ist ja ein ganz schönes Stück durch den Park und wir wollen heute morgen bis zum Ende durchfahren – einschließlich der Allradpiste – um dann rechtzeitig zum Sonnenaufgang am Dead Vlei zu sein – zu dem man ja auch noch ein Stück laufen muss.
Nach einer halben Stunde Fahrt setzt die Dämmerung ein und die Dünen beginnen sich vom Nachthimmel abzuheben. Die Düne 45 wäre bereits ein Foto wert – für das wir zumindest jetzt keine Zeit haben.
Irgendwann bewältigen wir den Schlaglochparcours den wir schon von gestern kennen und erreichen den PKW Parkplatz. Der Allrad wird eingelegt (ab jetzt richtig) und mit der Erfahrung von gestern und dem über Nacht fester gewordenen Sand geht es hochkonzentriert aber ohne Schwierigkeiten durch das tiefe Geläuf aus scheinbar unendlichen Fahrspuren.
Ein Schild weist auf den Haltepunkt am Dead Vlei hin. Der Parkplatz für das Sossusvlei ist nur 500 Meter weiter.Noch sind wir das erste Auto heute morgen hier.
Wir sammeln unsere Ausrüstung zusammen und sehen uns um. Wir wissen ungefähr wohin es geht aber von den hinweisgebenden Holzpflöcken die angeblich den Weg weisen sollen ist nicht einmal im Ansatz etwas zu erkennen – wohl völlig von der Wüste verschluckt.
Als wir noch wegen einer Route überlegen näheren sich weitere Fahrzeuge. Hastig springen einige Fotografen heraus und machen sich eilig auf den Weg.
Auch gut – die scheinen sich auszukennen also einfach hinterher.
Inzwischen hat sich die Sonne über die flacheren Dünen gekämpft und wir müssen nicht im Dunkeln gehen aber es ist noch immer kalt als wir über Sanddünenkämme stapfen.
Blick Richtung Parkplatz ...
... und in die unendlich scheinende Wüste.
Wir erreichen eine erste kleinere ausgetrocknete Senke in der sich irgendwann mal Wasser als See befunden hat – eine Art Salz-Ton-Pfanne (ein sogenanntes Vlei). Einige abgestorbene Bäume erinnern uns an die Fotos die wir vom Dead Vlei kennen.
Wir gehen weiter, inzwischen sind wir knapp 30 Minuten unterwegs. Noch eine kleine Düne und ..... da ist es .....
noch fast gänzlich im Schatten wie erhofft .... das Dead Vlei.
Unwirklich.... faszinierend ... ein magischer Ort.
Eine riesige ausgetrocknete Senke deren Oberfläche wie systematisch angeordnetes Pflaster wirkt.
Eine großartige Szenerie – die abgestorbenen Bäume wirken wie Mahnmale der Natur, die ihre langsam sterbenden Äste in den tiefblauen Himmel recken. Dahinter die Dünen, deren Spitzen nun allmählich von der sich höher kämpfenden Sonne angestrahlt werden.
Es wirkt so, als ob das Dead Vlei, die Tote Pfanne, für einige Momente zum Leben erwacht, bevor es dann später im grellen Sonnenlicht wieder erstirbt.
Entstanden ist das Vlei (wie auch das Sossusvlei) durch das Versanden des Tsauchabflusses, der ursprünglich wahrscheinlich bis zum 50 km entfernten Atlantik floss. Da das Vlei von einer Sanddüne vom Rest des Tales getrennt wurde, wird es nicht mehr überflutet und wurde dadurch zur brütend heißen Lehmpfanne. Das Ganze ist 900 Jahre her. So alt sind auch die Baumruinen dort, die aufgrund des trockenen Klimas nur sehr langsam verfallen.
Auf besagter großer Düne erkennen wir ganz oben kleine Ameisen -Touristen die den Sonnenaufgang im Vlei von dort beobachten. Die umgebenden Dünen zählen zu den höchsten Dünen der Welt. Eine davon soll sogar 380 Meter hoch sein.
Wir genießen das Schauspiel aus Licht und Schatten.
Wir sind von diesem Ort fast zu beeindruckt um uns nur auf unsere Aufnahmen zu konzentrieren und die immer höher kletternde Sonne lässt nicht viel Zeit um die Motive in Ruhe ablichten zu können. Man müsste hier eigentlich vorher schon wissen was man tut – was man wie fotografieren und filmen will – macht aber nichts – selten haben wir einen Ort so intensiv erlebt wie diesen Sonnenaufgang im Dead Vlei.
Gegen 7:30 Uhr wandern wir zurück zum Auto und fahren das kurze Stück zum berühmten Sossusvlei, das oft als Namensgeber für die ganze Region fungiert.
Der rote Sand der Namib stammt ursprünglich aus der Kalahari. Von dort schwemmt ihn der Oranje River in den Atlantik. Der Benguela-Strom verteilt ihn an der Küste Namibias, von wo aus er vom Wind landeinwärts getrieben wird. Am Atlantik ist der Sand noch gelb, auf seinem Weg ins Landesinnere werden die Körner von einer dünnen Eisenoxidschicht umhüllt, die ihm seine rote Farbe geben. Auf der Höhe von Sesriem fließt der Tsauchab in die Wüste und durchschneidet die Dünen. Er bildet eine Lehmpfanne, die sich nur alle 5-10 Jahre mit Wasser füllt. Den Atlantik erreicht der Fluss aber nie, er versickert spätestens im Sossusvlei.
Hier zum Sossusvlei bringen die Tourunternehmer in den Shuttle Jeeps auch ihre Touristen. Man treibt sie auf die markante Düne die sich hinter dem Vlei auftürmt und danach geht’s wieder weiter.
So erleben wir eine nervige, nicht enden wollende Horde Touristen die fast im Gleichschritt zum Gipfel der Düne stolpern.
Nach der tollen Atmosphäre am Dead Vlei eher ein Stimmungskiller auf den wir keine Lust haben.
Also zurück zum Parkplatz Dead Vlei und erst mal das längst fällige Frühstück nachholen.
Auf dem Rückweg aus dem Park legen wir natürlich noch einige Foto- und Filmstops ein – so ist es dann doch inzwischen 11 Uhr als wir das Parkgate zum Camp passieren.
Der bereits angesprochene Tsauchab Fluß ist auch für die Entstehung des Sesriem Canyon verantwortlich dem wir bei sengender Mittagshitze einen kleinen Besuch abstatten, da er praktisch nur wenige hundert Meter vom Camp entfernt liegt. 2 Millionen Jahre hat der Tsauchab gebraucht um diesen etwa 30 Meter tiefen Canyon aus dem Sedimentstein zu fressen, soviel Zeit nehmen wir uns nicht und haben nach einer Stunde genug.
Mein Bauch rebelliert inzwischen wieder deutlicher, und verwöhnt mich auch mit kleinen Krämpfen. Da kommt das Mittagspäuschen gerade recht. Im Shop der uns mittags noch kühle 37 ° C anzeigt, kaufe ich mal magenschonenden Tee & Salzletten und beziehe in die Runde zum Campingplatz auch das Klo mit ein.
Leicht ermattet auf der Matte
Durch die kurze Nacht, das bereits absolvierte Morgenprogramm und die zunehmende Hitze sind wir reichlich müde.
Wir legen unsere Iso-Matten in den Schatten unter den Baum unserer Campsite und schlafen ein Ründchen. Nebenbei haben wir hier übrigens auch die eine oder andere Tiersichtung. Nach den „treuen“ Schakalen vom Abend schauen heute Mittag einige Strauße vorbei.
Gegen 16 Uhr haben wir wieder Lust auf den zweiten Trip hinein in die Dünen der Namib.
Am Gate wirft der Parkwächter einen Blick in sein Protokoll (und die Rückkunftszeit vom Vorabend) und ermahnt uns noch rechtzeitig zurückzukommen. Heute – das haben wir uns vorgenommen, soll es gemütlich zurück gehen.
Wieder geht die Fahrt durch den Park bis zum PKW Parkplatz. Von hier wandern wir einfach in die Dünen.
Herrlich – ganz alleine – kein Mensch weit und breit – nur der endlose Sand und das Spiel aus Licht und Schatten und der Wind der unablässig an den Sandbergen modelliert.
Gut eine Stunde sind wir unterwegs und erzeugen viele Spuren im Sand, ...
von denen nichts zurückbleiben wird. Dafür sorgt der Wind der die Dünen jeden Morgen wie neu erschaffen aussehen lässt.
Mit dem Dead Vlei hinterlässt dieser Abendausflug den stärksten Eindruck von der roten Wüste ...
... und das nicht nur in unseren Schuhen.
Einsames Oryx nahe dem Parkeingang
Diesmal sind wir bereits 30 Minuten (!) vor der Deadline im Camp zurück.
Im allerletzten Licht wird das Zelt aufgebaut und der Grill angeworfen.
Heute kredenzt „Schmack der Meisterkoch“ Thüringer Grillwürstchen, gegrilltes und in Olivenöl getauchtes Brot (voll lecker) und den schon als Erfolgsgeschichte geltenden Feta-Paprika-Zwiebel-Salat.
Danach gibt’s für jeden noch was Gutes zu trinken. Während der Schakal unser Abwasser am Baum scheinbar besonders gut findet halten wir uns lieber an unseren bewährten Gin Tonic und als Nachtisch dazu dann noch die tägliche Malarone (Malaria) Tablette die wir für den abschließenden Besuch im Etosha auf den Speisezettel genommen haben.
Der Tag endet mit dem Gang zum Waschhaus (duschen und umziehen für die Nacht) und dem Zurechtrücken meines Schlafhabitats – wie gewohnt löst das bei Petra, die fast schon weggedämmert war, immer wieder maßlose Freude aus.
Inzwischen sind wir gut organisiert, wissen, wo wir unsere Gerätschaften finden, könnten das Dachzelt mit der Stoppuhr aufbauen, haben uns daran gewöhnt, dass wir von morgens bis abends dreckig und verstaubt sind, dass unsere Koffer und unsere Ausrüstung ständig verstaubt sind und sind daran gewöhnt unser Lager im Dunkeln auf- und abzubauen. Belohnt werden wir mit der wundervollen Natur um uns herum, den Sternen über uns, der Tatsache im November abends im Freien zu grillen und zu sitzen und natürlich wieder den unvergleichlichen Sound of Africa in uns aufzunehmen – den man in einer Lodge nicht hört.
Unser Wagnis Dachzelt-Tour ist schon jetzt ein vollauf gelungenes Experiment.
Für uns steht fest – wenn Afrika – dann nur so – das ist einfach genial.
Übernachtung: Campsite in Sesriem Rest Camp
Preis: 250 N$ (= 25 €)
Bewertung: 9 von 10
Kommentar: Wegen der Stunde morgens und abends mehr für uns praktisch alternativlos. Insgesamt ruhiger und netter Campingplatz (vor allem wenn man wie wir weiter am Rand ist) und alles da was man braucht – tolle Umgebung !
Bild des Tages:morgens im Dead Vlei