Autor Thema: Wolkenspiegelungen, Schäfchenwolken und dramatischer Himmel - Finnland im Juni 2024  (Gelesen 3461 mal)

Susan

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Die Spiegelungen gefallen mir, die nervigen Mücken eher weniger.

Dem schließe ich mich an  ^-^ 
Plattes Moor und drohendes Gewitter, da hätte ich auch Bammel gehabt.  :o Gut, dass sich das Wetter gehalten hat.

Mit dem Museum hast du ja eine tolle Entdeckung gemacht. Unglaublich, was man so alles aus Holz fertigen kann.
Liebe Grüße
Susan

Christina

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11. Tag – Freitag, 14.06.

Wie gestern fahre ich heute Morgen in Richtung Norden, Ziel heute ist die Ruunaa Hiking Area, das Gebiet untersteht auch der Nationalparkverwaltung, ist aber weniger stark geschützt als ein Nationalpark.

Trotz des Namens ist Ruunaa weniger als Wandergebiet, sondern eher als Angel- und Rafting Gebiet bekannt. An mehreren Stellen gibt es Stromschnellen, die sich zum Whitewater Rafting eignen und ideal zum Angeln sind.

Ich möchte aber wie üblich „nur“ wandern, natürlich gibt es zahlreiche Trails. Nach ungefähr zwei Stunden Fahrt erreiche ich gegen 10.15 Uhr den Siikakoski Parkplatz. Auf dem Parkplatz steht nur ein Wohnwagen, als ich meine Wanderschuhe anziehe, kommt der Besitzer, ein älterer Finne und spricht mich an (eine Seltenheit hier). Er fragt woher ich komme, heißt mich in Finnland willkommen und freut sich, als ich sage, dass ich nicht angeln, sondern wandern will, das mache er auch und das sei sehr viel besser als fischen.


Ich nutze noch die Trockentoilette und gehe dann los. Nicht überraschend bei all dem Wasser hier, wimmelt es mal wieder von Mücken. Ich creme mich ein und probiere es erstmal ohne Kopfnetz.

Der Weg führt durch den Wald in Richtung Wasser, bald sind Holzbohlen nötig, um all die feuchten Stellen trocken überqueren zu können. Wunderbar grün mit vielen Farnen und kleinen Bächen und Tümpeln ist es hier.



Nach ca. 10 Minuten erreiche ich den Fluss.


Nun geht es am Ufer entlang, bald erreiche ich eine Hängebrücke, die ich ein Stück langgehe, mein ursprünglich ausgesuchter Wanderweg würde hier über die Brücke weiterführen, wegen meines Beins muss ich leider einen wesentlich kürzeren Trail wählen, der nicht über die Brücke führt.



Ich wandere am Flussufer weiter, immer wieder sehe ich Angler im und am Wasser stehen, einige der zahlreichen Rastplätze mit Feuerholz, Feuerstellen und Bänken sind von Anglergruppen belegt, man merkt, dass das Wochenende bevorsteht. Raftingboote sehe ich leider keine, vielleicht wird das nur in der Hauptsaison oder am Wochenende angeboten.








Sowohl mein Bein, als auch die Mücken (schon seit einiger Zeit trage ich mein Kopfnetz) plagen mich ziemlich und ich bin daher froh, als der Pfad weg vom an sich sehr idyllischen Wasser führt, denn nun hat es weniger Mücken und ich habe die Hälfte des Wegs hinter mir.

Der Weg streift nochmal kurz einen kleinen See,



dann wird der Wald lichter und geht in eine Wiesen- und Moorfläche über.



Ich finde einen Baumstamm im Halbschatten (heute ist sehr viel wärmer als bisher) ohne viele Mücken, da lasse ich mich für meine Mittagspause nieder.


Wegen meines Beins bin ich heute sehr langsam unterwegs und erreiche den Parkplatz nach zwar nur 5 km, aber 2,5 h (inkl. 20 min Mittagspause) wieder.

Nun fahre ich zum zentralen Parkplatz der Ruunaa Hiking Area, dem Ruunaa Hiking Centre mit Restaurant, Besucherinfo, Souvenirshop und zahlreichen Hütten zum Übernachten und Zugang zu den Neitikoski Stromschnellen.


Zu diesen gehe ich nun. Und hier ist es ganz wunderbar: zahlreiche Holzstege sind über dem Wasser und den Stromschnellen angebracht, das Wasser ist meist nur wenige Zentimeter unterhalb der Stege, keine Ahnung, ob das immer so ist oder es gerade viel geregnet hat. An den Holzstegen gibt es Plattformen mit Sitzmöglichkeiten und Buchten für Rollstuhlfahrer, die von hier angeln können.

Erstaunlicherweise ist es hier mückenfrei und ich genieße den Anblick ausgiebig mit Pausen auf verschiedenen Bänken.











Nach einiger Zeit gehe ich zurück und ins Restaurant. Im Souvenirshop im Eingangsbereich des Restaurants kaufe ich ein T-shirt mit der Aufschrift „Ruunaa“ (EUR 12,00) und im Restaurant einen Kaffee und einen Munkki (EUR 4,50), damit setze ich mich auf die ebenfalls mückenfreie Terrasse.


Weil es so nett und sonnig hier ist, hole ich mir dann noch ein Eis aus der Tiefkühltruhe. Von der Terrasse kann ich beobachten, wie immer mehr Leute an den einzelnen Hütten ankommen und ihr Gepäck hineintransportieren. Wie vorhin schon vermutet, scheint das ein beliebter Ort für einen Wochenendkurztrip zu sein.


Gegen 15.15 Uhr mache ich mich auf den Rückweg, ich komme wie gestern wieder am Pielinen See vorbei und mache nochmal eine Pause am selben Rastplatz wie gestern. Hier steht heute ein Wohnmobil mit belgischer Nummer, zwei ältere Frauen spielen davor Badminton.


Im Ort Eno stoppe ich an einem Supermarkt und bin gegen 17.30 Uhr in meiner Unterkunft. Beim Reingehen treffe ich auf meine Vermieterin Jaana, wir unterhalten uns kurz, sie ist gerade dabei einen der Räume der ehemaligen Schule für ein paar Leute aus dem Dorf aufzuschließen, die dort morgen Nachmittag eine Trauerfeier abhalten und heute schon mal Kuchen und Torten vorbeibringen.

Wetter: sonnig, ein paar Wolken, trocken, ca. 17° - 22°C
Wanderung: Wanderung in der Ruunaa Hiking Area, 5 km



LG Christina

Horst

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Auf dem Weg wäre ich auch gerne mit der Kamera unterwegs gewesen, wundervolle Motive mit meinen geliebten Holzbohlenwegen, wieder tollen Spieglungen und Wäldern und sogar der Fluß zeigt gelegentlich eine tolle Whiskeyfarbe wie in Schottland. :D
Bei Deinem Mittagsessen dachte ich zunächst da liegt ein Apfel und habe erst danach gelesen was das ist.
So ist der Preis dann auch wieder ok. ;)
Ich bin mit dem, was Du sagst, nicht einverstanden, aber ich werde bis zum Tod Dein Recht verteidigen, es zu sagen. Voltaire.

Silv

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Eine wunderschöne Wanderung!  ^-^ Süß sind auch die kleinen Entchen hinter der Mama.

Gibt es in Finnland eigentlich auch vieles mit Lakritze? Ich liebe das ja!  :)
Liebe Grüße
Silvia

Christina

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Gibt es in Finnland eigentlich auch vieles mit Lakritze? Ich liebe das ja!  :)

Beim Eis aus der Tiefkühltruhe gibt es meist eine Sorte mit Lakritze, ich habe das beim ersten Mal Finnland versehentlich gekauft, war nicht schlecht, aber ich bin kein großer Fan davon, daher habe ich das seither nicht mehr gekauft. Im Supermarkt gibt es bei den Süssigkeiten eine recht große Auswahl an Lakritze, aber insgesamt würde ich sagen, ist es dort nicht so verbreitet wie in den anderen skandinavischen Ländern oder auch Holland.


LG Christina

Christina

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und sogar der Fluß zeigt gelegentlich eine tolle Whiskeyfarbe wie in Schottland. :D

Auf den ersten Blick erscheinen die Seen und Flüsse in Finnland blau, aber bei genauerem hinsehen sind sie eigentlich immer so whiskeyfarben.


LG Christina

Paula

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Auf den Bildern schaut es sehr idyllisch aus, die Mücken würden mich aber schon sehr stören. Ich finde es sehr erstaunlich dass es dann wiederum Gebiete ganz ohne Mücken gibt obwohl die Umgebung doch genauso viel Wasser hat. Gibt es sowas wie einen Mückenmonitor? Wäre sehr hilfreich wenn man im Internet Infos fände wo es gerade besonders problematisch mit den Mücken ist so dass man solche Gebiete meiden könnte…
Viele Grüße Paula

Christina

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Auf den Bildern schaut es sehr idyllisch aus, die Mücken würden mich aber schon sehr stören. Ich finde es sehr erstaunlich dass es dann wiederum Gebiete ganz ohne Mücken gibt obwohl die Umgebung doch genauso viel Wasser hat. Gibt es sowas wie einen Mückenmonitor? Wäre sehr hilfreich wenn man im Internet Infos fände wo es gerade besonders problematisch mit den Mücken ist so dass man solche Gebiete meiden könnte…

Ob es einen Mückenmonitor gibt weiß ich nicht, mit ganz konkreten, aktuellen Daten glaube ich eher nicht, weil sich das ja ständig ändert, abhängig vom Wetter, Wind usw. und ein paar hundert Meter Entfernung auch einen Unterschied machen kann. In der Ruuna Hiking Area war es an den Stegen mückenfrei und bei der Wanderung, nur ein paar Kilometer entfernt, gab es Mücken. Ebenso im Patvinsuo NP, da konnte ich am Café mückenfrei draußen sitzen und auch der Großteil der Wanderung war mückenfrei, aber auf dem Parkplatz und noch ein paar hundert Meter entfernt, gab es viele Mücken.

Aber wenn man vor Mitte Juni und ab Mitte/Ende August dort ist, vermeidet man mit sehr großer Wahrscheinlichkeit Mücken ganz oder zumindest überwiegend.

Und leider gibt es Mücken ja nicht nur in Finnland, sondern in ganz vielen anderen Ländern/Regionen der Welt auch, Schottland, Island, Kanada, USA, Australien (da erinnere ich mich an einen Reisebericht von Heimo), und noch andere, auf die würde ich nicht alle verzichten, nur wegen der Mücken.


LG Christina

Christina

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12. Tag – Samstag, 15.06.

Nur ein paar hundert Meter von meiner Unterkunft entfernt befindet sich der öffentliche Strand der Gemeinde Kovero. Badewetter gibt es in diesem Urlaub keins, den Strand möchte ich mir trotzdem anschauen, daher ist dort mein erster Stopp heute.

Der Badebereich ist sehr nett angelegt mit Parkplatz, Spielplatz, Toiletten, Umkleiden und einem Holzsteg in den See.




Gegen 9 Uhr fahre ich weiter, zu meinem Wanderziel heute ist es nicht weit, ca. 45 Minuten dauert die Fahrt in den Petkeljärvi Nationalpark, dieser liegt wie auch der Patvinsuo Nationalpark (vorgestern) und die Ruunaa Hiking Area (gestern) in unmittelbarer Nähe zur russischen Grenze.

Gleich bei der Einfahrt in den Nationalpark stoppe ich kurz an einem idyllischen See,


dann fahre ich weiter zum Parkplatz beim „Petkeljärvi Nature Information Hut and Outdoor Centre“ auf der Halbinsel Petraniemi. Hier gibt es einen Campingplatz, ein paar einfache Zimmer und ein Restaurant mit Touristen Info und Souvenirshop.


Gleich beim Aussteigen bemerke ich auch heute viele Mücken, ich creme mich daher auch gleich ein und gehe wie immer, erstmal ohne Kopfnetz los. Ich schaue mir kurz die Infotafel an und werde von einem Mitarbeiter des Parks angesprochen (gestern von einem Finnen angesprochen und heute schon wieder, wie erstaunlich), wir unterhalten uns kurz, auch über die Mosquitos, warum es dieses Jahr im Unterschied zu letztem Jahr schon Anfang Juni so viele hat, weiß er aber auch nicht.

Besonderheit der Landschaft in diesem Nationalpark sind die Esker-Landrücken, schmale Landzungen, die in die zahlreichen Seen ragen und aus von eiszeitlichen Schmelzflüssen mitgeführtem Schutt bestehen. Diese Landrücken sind typisch für die gesamte Region, letztes Jahr war ich an einem besonders großen Exemplar davon, dem Punkaharju, eine der Nationallandschaften Finnlands, aber auch im Päijänne Nationalpark gab es diese Landrücken.

Bald schon ziehe ich mein Kopfnetz an, das scheint der Mückenhöhepunkt der Reise zu sein heute. Der Weg hat leider häufige zwar kurze, aber recht steile An- und Abstiege, nicht ganz ideal für mein Bein, aber nun bin ich schon hier, da führe ich die Wanderung auch durch.

Leider verschwindet die Sonne bald hinter vielen Wolken, was zusammen mit dem Blick durch das Mückennetz und den Bäumen für einen etwas düsteren Eindruck der eigentlich schönen Umgebung sorgt. Zum Glück kommt aber auch immer wieder die Sonne hervor, zusammen mit den Wolken führt das auch heute zu herrlichen Spiegelungen im Wasser.





Gegen Ende des Rundwegs gibt es die Möglichkeit one-way auf einem weiteren Höhenrücken entlang zu wandern, was ich mache. Schon nach kurzer Zeit donnert es und tröpfelt ein wenig, erstaunlich, sofort sind die Mücken verschwunden.

Wegen des Donners bin ich natürlich etwas besorgt, gehe aber weiter, kurz davor sind mir zwei andere Wanderer entgegengekommen, das beruhigt immer ein bisschen.



Nach dem der Regen aufhört sind die Mücken gleich wieder da, ich nutze eine Stelle mit etwas weniger der Plagegeister, weil etwas außerhalb des Walds und einem schwachen Windzug ausgesetzt und mache auf einem Felsen meine Mittagspause.

Ich gehe danach noch weiter, nun wird der Weg aber immer unangenehmer für mich, sehr viele Steine und kleine Felsen müssen umgangen werden, es geht noch steiler als bisher bergauf und bergab. Plötzlich raschelt es direkt neben mir und neben meinem Fuß schlängelt sich eine grau-schwarze Schlange, deutlich größer als eine Blindschleiche, durch die alten Blätter, Nadeln und was sonst so auf dem Waldboden liegt. Mir bleibt vor Schreck fast das Herz stehen, mit einer Schlange habe ich nun überhaupt nicht gerechnet. (Da ich natürlich kein Foto von der Schlange habe, bin ich nicht sicher, welche Art von Schlange es war. Es gibt in Finnland drei Schlangenarten: die Schlingnatter, die Ringelnatter und die Kreuzotter, wobei die Schlingnatter nur auf den Aland-Inseln vorkommt. Nach Infos und Fotos im Internet gehe ich davon aus, dass es eine Kreuzotter war).

Kurz darauf raschelt es schon wieder, diesmal weiter weg, aber viel lauter, zum Glück ist es nur eine Ente, die sich irgendwie im Unterholz bewegt und in Richtung See verschwindet. Nun habe ich aber genug, schon länger bin ich niemand anderem mehr begegnet, das Rascheln, der Donner, der leichte Regen – ich entscheide mich (wohl kurz vor Ende des Höhenrückens) umzudrehen.

Ohne weitere Probleme erreiche ich den Rundweg und treffe auch wieder auf andere Wanderer, der Donner hat sich nicht wiederholt und es regnet auch nicht mehr, na da war ich unnötig ängstlich. Für den kurzen Rest des Wegs kann ich mir nun immerhin entspannt Zeit lassen.

Gegen 14 Uhr erreiche den Parkplatz und schaue mir auf dem Gelände noch die restaurierten Schützengräben an, die 1940 für den Krieg gegen Russland hier angelegt wurden.


Dann gibt es im Restaurant noch Kaffee und Pulla (EUR 5,00), draußen sitzen ist wegen der Mücken nicht möglich.



Während ich im Restaurant bin, kommt eine finnische Familie herein, die ich auch bei meiner Wanderung schon gesehen habe, sie haben wegen der Mücken nicht nur Kopfnetze, sondern Anoraks/Regenjacken an und die Kapuzen über den Kopf gezogen, das wäre mir viel zu warm beim Wandern. Und tatsächlich, als sie ihre Jacken ausziehen, sieht man an den T-shirts wie komplett verschwitzt alle sind. Also dann doch lieber ein paar Mückenstiche, die, wie ich auch schon letztes Jahr festgestellt habe, zwar riesig sind, aber schon nach zwei Tagen wieder verschwinden und gegen den Juckreiz hilft sogar ein einfaches Mittel vom Aldi in Deutschland.

Hier gibt es auch T-shirts und ich frage das Mädel an der Kasse nach Aufdruck, Farben und Größen, wie immer auf Englisch, sie fragt dann, ob wir auch Deutsch sprechen können, das könne sie viel besser als Englisch – na klar, sehr gerne.

Gegen 15 Uhr fahre ich in den nahegelegenen Ort Ilomantsi, es ist die östlichste Gemeinde Finnlands und Zentrum des karelischen Traditionalismus.

Ich schaue mir zunächst das Runendorf Parppeinvaara am Ortsrand an, ein Freilichtmuseum mit mehreren historischen Gebäuden, die aus ganz Karelien hierhergebracht wurden bzw. teilweise hier schon ursprünglich standen. Das Museum ist benannt nach dem Runensänger Jaakko Parppein, der in einer der Hütten hier lebte. Runen sind Verse aus dem finnischen Nationalepos Kalevala, die hauptsächlich in Karelien von vielen Sängern gesungen bzw. rezitiert wurden, auch das finnische Nationalinstrument, die Kantele kam dabei zum Einsatz.

Direkt neben dem Parkplatz, etwas von den eigentlichen Museumsgebäuden entfernt, ist ein Restaurant mit karelischen Spezialitäten, das Holzhaus ist im karelischen Stil gebaut mit den typischen Verzierungen.


Im Hauptgebäude des Museumsdorfs bezahle ich meinen Eintritt (EUR 10,00) und schaue mir die dort untergebrachte Ausstellung an. Es werden Einzelheiten zum Inhalt der Kalevala, wie es z.B. zur Entstehung der Welt kam, dargestellt, auf die Volksmythen wird eingegangen und auf die Runen. In einem weiteren Raum werden typische Tiere aus der Gegend in ausgestopfter Form gezeigt, darunter auch ein großer Bär und die Lebensweise der Menschen in Karelien in der ferneren und näheren Vergangenheit erklärt.

Im Außenbereich schaue ich in mehrere sehr kleine einfache (ehemalige Wohn-) Hütten, in denen handwerkliche Dekogegenstände ausgestellt sind, die hauptsächlich zu Weihnachten die Häuser und Wohnungen der Leute hier schmücken.


Ich komme zu einer kleinen orthodoxen Kapelle, die aber aus den 1970iger Jahren stammt und extra für das Freilichtmuseum gebaut wurde.



Nächster Punkt ist die „Hütte des Grenzgenerals“, in der Generalmajor Erkki Raappana während des Kriegs 1941-1944 lebte. Die Hütte stand damals an der Front im jetzt russischen Karelien. Nach dem Krieg wurde die Hütte nach Finnland gebracht, zunächst an einen See nördlich von hier, 1984 wurde sie dann hier ins Freilichtmuseum versetzt.



In der Hütte wird ausführlich auf das Leben des Generals in dieser Hütte eingegangen, viele Fotos wie und wo er gegessen, geschlafen, Briefe geschrieben, Sport gemacht hat, sind zu sehen, seine Frau und Kinder waren jedes Jahr in den Sommermonaten zu Besuch. Finnland hatte in dieser Zeit die deutsche Wehrmacht bei ihrem Einmarsch in und dem Krieg gegen Russland unterstützt, in der Hoffnung, die im sog. Winterkrieg an Russland verlorenen Gebiete wieder zurückzuholen. Die deutschen Truppen hatten in Finnland viele Lager und viele Finnen traten in die deutsche Armee ein. Der Sohn des Generals Raappana war sogar bei der SS, was unkommentiert in der Hütte erzählt wird.

Abschließend schaue ich mir die Hütte des Runensängers Parppein an, hier sind einige Kantelen zu sehen, hauptsächlich wird der große Raum im Erdgeschoss der Hütte für musikalische Darbietungen genutzt.


Die Dame, bei der ich meinen Eintritt gezahlt habe und die eine karelische Tracht trägt, kommt, als ich in der Hütte bin, herein und bietet an, ein Stück auf einer Kantele zu spielen. Das höre ich mir natürlich sehr gerne an, eine Kantele hat Ähnlichkeit mit einer Zither und hat sich im Lauf der Jahre vom kleinen, einfachen Holzbrett mit ein paar Drähten zu einem modernen Instrument mit vielen Einstellmöglichkeiten entwickelt. Ich bedanke mich für das Spiel (ist mir immer etwas unangenehm so als alleiniger Zuhörer, aber es sind nur eine Handvoll anderer Besucher im Freilichtmuseum, die alle gerade an anderer Stelle sind) und verlasse dann das Museum.

Ich fahre in den Ort und schaue mir dort die schöne rote lutherische Holzkirche an, sie wurde/wird gerade renoviert, ob sie geöffnet ist, weiß ich nicht, meinem Bein kann ich jedenfalls den Weg vom Parkplatz bis zur Kirche nicht mehr zumuten.


Das gilt dann leider auch für die orthodoxe Kirche, die die größte orthodoxe Holzkirche Finnlands ist, der Parkplatz ist hier noch viel weiter von der Kirche entfernt, als bei der lutherischen.


Letzter Stopp des Tages ist der Wasserturm von Ilomantsi, dessen oberster Raum seit einigen Jahren als Bar / Café genutzt wird. Hier gibt es sogar endlich mal einen richtig leckeren Cappuccino mit cremigem Milchschaum (der Barkeeper musste allerdings nach meiner Bestellung erstmal nachschauen, ob sie wirklich einen Cappuccino anbieten und dann in einer Anleitung lesen, wie die Maschine zu bedienen ist, da hat wohl schon lange niemand mehr einen Cappuccino bestellt, aber es ist ihm gut gelungen). Ich genieße die herrliche Aussicht von der offenen Terrasse und beobachte ein bisschen die erstaunlich zahlreichen anderen Gäste (Ilomantsi hat nur 4700 Einwohner), alle wohl aus Ilomantsi und Umgebung, viele junge Leute, die wahrscheinlich den Samstagabend entweder hier verbringen oder zumindest einläuten.




Gegen 18 Uhr bin ich zurück in meiner Unterkunft – und kriege die Haustüre zum Gebäude nicht auf! Ich ziehe und drücke und drehe den Schlüssel in alle möglichen Richtungen, erfolglos. Es ist mir sehr unangenehm, aber mir bleibt nichts anderes übrig, als meine Vermieterin anzurufen. Zum Glück wohnt Jaana in einem Haus, das ebenfalls auf dem Gelände der ehemaligen Schule liegt, da hat sie es nicht weit und ich muss nicht lange warten. Ich entschuldige mich natürlich und wir unterhalten uns noch kurz darüber was ich heute unternommen habe und über die vielen Mücken. Sie erzählt, dass der vergangene Winter extrem schneereich und sehr kalt war und bis Ende April gedauert hat, im Mai ist dann von heute auf morgen der Sommer eingezogen mit Temperaturen über 20°C und fast nur Sonne.

Wetter: teils sonnig, teils bewölkt, ein paar kurze, leichte Regenschauer, ca. 17° - 22°C
Wanderung: Wanderung im Petkeljärvi Nationalpark, 8,1 km



LG Christina

Silv

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Die Spiegelungen sind wieder wunderschön.

Warum ist es erstaunlich, von einem Finnen angesprochen zu werden? Sind die Finnen eher zurückhaltend?

Wie heißt denn das "einfache Mittel" von Aldi gegen Mückenstiche?
Liebe Grüße
Silvia

Christina

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Hallo Silvia,

nach meiner Erfahrung sind die Finnen sehr zurückhaltend, einfach mal so jemand ansprechen, habe ich bis auf wenige Ausnahmen nie erlebt, auch nicht z.B. beim Wandern, wenn man Pause macht oder die Aussicht betrachtet, da spricht man z.B. in Deutschland oder natürlich USA oder Kanada ja sehr häufig miteinander, oder auch in den Niederlanden ging es immer recht lebhaft zu. Susan hat allerdings weiter vorne geschrieben, dass sie die Finnen als lebhaft kennt, daher liegt es vielleicht auch an mir ;D oder es ist Zufall.

Bei Aldi gibt es immer mal wieder, eher so im Frühjahr oder zu Sommerbeginn diverse Salben usw. Da ist immer so ein Antijuckreiz-Stift mit Gel zum auftragen dabei, wenn ich den auf die finnischen Mückenstiche auftrage hilft das für Stunden gegen den Juckreiz (hab gerade nachgeschaut, aber ich habe ihn nicht mehr). Um die Mücken abzuwehren, habe ich so ein Spray von DM, das ist aber nicht so besonders hilfreich.


LG Christina

Paula

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Die Wolkenspiegelungen sind wieder ganz wunderbar, ich finde diesen Anblick so erholsam!
Den Tipp mit dem Stift gegen Juckreiz merke ich mir, zur Mückenabwehr gibt es meiner Meinung nach nicht besseres als „Off“ aus USA, davon habe ich mir diesmal noch eine Dose mitgebracht.
Schade dass du mit dem Bein solche Probleme hattest, die beiden Kirchen am Schluss wären bestimmt interessant gewesen.

Bei dem Problem mit dem Türschloss mußte ich schmunzeln, das ist mir in Amerika so oft passiert dass ich eine Tür nicht öffnen oder noch öfter: nicht schließen konnte. In Europa ist mir das aber noch nicht passiert, was war denn der Trick?
Viele Grüße Paula

Christina

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Bei dem Problem mit dem Türschloss mußte ich schmunzeln, das ist mir in Amerika so oft passiert dass ich eine Tür nicht öffnen oder noch öfter: nicht schließen konnte. In Europa ist mir das aber noch nicht passiert, was war denn der Trick?

Das war eine uralte Holztüre, die sich durch Temperaturunterschiede verzieht. Ich hätte sie wohl stärker zu mir herziehen und gleichzeitig den Schlüssel drehen müssen, na ja, nochmal musste ich es nicht probieren, es war die letzte Nacht in der Unterkunft.


LG Christina

Christina

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13. Tag – Sonntag, 16.06.

Das Urlaubsende rückt näher, heute steht die Fahrt zu meinem letzten Übernachtungsort an, es geht nochmal an die Küste. Leider hat die gestrige Wanderung (oder die Wanderungen der letzten Tage) meinem Schienbein überhaupt nicht gut getan und ich kann schon jetzt am Morgen kaum noch gehen.

Na ja, die nächsten Stunden kann das Bein ruhen, ich habe einige Fahrtkilometer hinter mich zu bringen, eigentlich hatte ich einige Zwischenstopps mit kleinen Wanderungen herausgesucht, diese streiche ich nun alle.

Gegen 8.30 Uhr fahre ich los. Ich habe die Einstellungen des Navi nochmal überprüft, nachdem es mich in den letzten Tagen mehrfach Umwege hat fahren lassen und habe den Haken von „unbefestigte Straßen vermeiden“ weggenommen, nun führt es mich, kaum dass ich losgefahren bin, tatsächlich (und diesmal vermutlich ziemlich unnötigerweise) über eine längere unbefestigte Straße.

Ein Teil meiner heutigen Strecke ist identisch mit der vom letzten Jahr, als ich von Oravi/Savonlinna nach Helsinki an den Flughafen gefahren bin. Einmal mache ich eine kurze Toilettenpause, gegen 11.30 Uhr komme ich zwischen Imatra und Lappeenranta an mehreren größeren Raststätten vorbei, das ist mir aber noch zu früh für eine Mittagspause, auch wenn ich vermute, dass ich das Nichtnutzen der Gelegenheit noch bereuen werde - und genauso kommt es dann auch.

Gegen 12 Uhr verlasse ich die autobahnähnliche Straße 6 und fahre auf der Landstraße 26 Richtung Hamina. Die Straße führt mal wieder wunderbar in leichten Kurven durch blühende Wiesen, leider gibt es aber nicht nur keine Raststätte, sondern sogar einfache Parkplätze sind Mangelware. Im Navi werden immer mal wieder welche angezeigt, die dann aber nicht existieren. Inzwischen muss ich sehr dringend auf die Toilette, endlich zeigt sich dann eine Parkbucht, in der zum Glück kein anderes Auto parkt und hinter der ein Wald liegt, so dass ich schnell hinter die Büsche verschwinden kann. Ich esse noch ein belegtes Brötchen und fahre dann weiter.

Gegen 13.00 Uhr erreiche ich das Zentrum von Hamina. Hier ist nicht viel los, so finde ich problemlos einen Platz am vorher herausgesuchten Parkplatz (kostenlos). Hamina hat 20.000 Einwohner, liegt an der Ostsee und nur ca. 50 km von der russischen Grenze entfernt. Hamina erhielt schon 1635 das Stadtrecht und wurde unter den Schweden zur Festung gegen Russland ausgebaut. Das Zentrum ist sternförmig aufgebaut, vom zentralen Platz mit Rathaus und Kirchen gehen die auswärtsführenden Straßen strahlenförmig ab, die Querstraßen sind kreisförmig angelegt. 1742 eroberten die Russen die Stadt, veränderten am Stadtbild nur wenig und nutzten die Festungsanlagen nun selbst gegen Schweden.

In Hamina wurde 1809 der Friedensvertrag ausgehandelt, in dem Finnland zum Großfürstentum und als solches zum Teil Russlands erklärt wurde. Heute ist Hamina eine wichtige Garnisonsstadt mit vielen Kasernen und Armeeschulen.

Ich spaziere vom Parkplatz entlang einer wie üblich in Finnland sehr breiten Straße mit alten Holzhäusern auf den zentralen Platz zu.




Auch dieser ist nach meinem mitteleuropäischen Gefühl für so eine eigentlich kleine Stadt ziemlich überdimensioniert. In der Mitte steht das gelbe Rathaus mit acht-eckigem Turm, das Gebäude wurde 1840 (unverkennbar) vom Architekten L.C. Engel umgebaut.




Drumherum stehen die St. Johannes Kirche (ohne Kirchturm), auch diese unverkennbar von L.C. Engel gebaut bzw. umgebaut (ihr Inneres ist wie ebenfalls üblich für die lutherischen Kirchen aus dieser Zeit schlicht und passend zur Außenfarbe in Hellblau gehalten),



ihr gegenüber die orthodoxe Peter-und-Paul Kirche ebenfalls aus dem 1840 iger Jahren mit hohem Glockenturm (diese ist natürlich im Inneren wie üblich prunkvoll mit hoher Kuppel und vielen goldenen Verzierungen ausgestattet, gestaltet von einem französischen Architekten, der auch am Pariser Louvre beteiligt war),




und dazwischen mehrere Gebäude aus Holz, in denen sich verschiedene Läden befinden.

Vorbei an der Marienkirche (geschlossen)


erreiche ich die Zentralbastion, die den ganzen Sommer über von einem riesigen Zeltdach überspannt wird, darunter finden immer wieder unterschiedliche Veranstaltungen statt, z.B. das Hamina Tattoo, das das größte Militärmusikfestival in ganz Skandinavien ist.


Ich habe einen gpx Track für einen Rundgang durch Hamina und Umgebung, der unter anderem auch bis zum Freizeithafen auf der Halbinsel Tervasaari führt, aber wie schon geschrieben, macht das mein Bein heute nicht mit. Daher fahre ich mit dem Auto zum Hafen und finde erstaunlicherweise an diesem sonnigen, warmen Sonntagnachmittag problemlos einen Parkplatz (kostenlos).

Es gibt hier ein paar historische Schiffe, die wohl besichtigt werden können, Liegeplätze für Boote / Jachten, ein paar Cafés / Restaurants, Spazierwege, Sitzbänke und einen Badebereich mit Sandstrand. Ich spaziere über die Halbinsel, dabei kann ich in der Ferne einen Blick auf eine riesige Finnland Fahne werfen, sie wurde 2019 zum 100-jährigen Bestehen des Landes aufgestellt, der 100 m hohe Fahnenmast ist der höchste Europas (der Rundgang hätte auch daran vorbeigeführt).





Auf einer gemütlichen Holzliegebank an der Spitze der Halbinsel mache ich eine längere Pause in der Sonne, dann gehe ich zurück, nur sehr langsam, heute ist das eine wirkliche Qual mit meinem Bein, und setze mich auf eine Restaurantterrasse direkt am Wasser (auch hier sind erstaunlicherweise noch freie Plätze vorhanden). Ich hole mir einen Kaffee und ein Stück Marmorkuchen und später noch einen Eistee an der Theke (EUR 9,00).


In meine heutige Unterkunft kann man eigentlich erst ab 18 Uhr einchecken, man kann aber anfragen, ob es schon früher möglich ist. Weil ich wegen meines Beins nicht so viel unternehmen kann, habe ich gestern Abend die Vermieterin angeschrieben, ob ich schon eine Stunde früher in die Wohnung kann. Sie hat mir mitgeteilt, dass das voraussichtlich möglich sein wird und sie mir eine Nachricht schickt, sobald ich rein kann.

Die Wohnung liegt in einem Wohngebiet bei Kotka, der größten Stadt in der Gegend, ca. 30 km von Hamina in südwestlicher Richtung gelegen. Gegen 16 Uhr fahre ich los, ich muss ein paar letzte Sachen im Supermarkt einkaufen. Dafür habe ich heute mal genug Zeit und kaufe auch noch als Mitbringsel für Peter (und Souvenir für mich) eine Marmelade und eine „Mumin“ Teeschachtel mit mehreren unterschiedlichen Teesorten.

Wieder im Auto sehe ich, dass die Vermieterin sich gemeldet hat, ich kann nun in die Wohnung.

Dort komme ich kurz nach 17 Uhr an, der Schlüssel liegt gemäß Beschreibung unter einer großen Dekolaterne in der Nähe der Haustüre.

Die Wohnung ist eigentlich eine Doppelhaushälfte bzw. eher Hausviertel (der andere Teil ist wesentlich größer) und die beste Unterkunft der Reise. Es ist super sauber, modern und gemütlich eingerichtet, schade, dass ich hier nur zwei Nächte sein werde.



Wetter: sonnig, ca. 18° - 22°C

Unterkunft: EUR 117,09 für 2 Nächte Ferienwohnung in Kotka, inkl. Bettwäsche, Handtücher, Endreinigung (gebucht über booking.com)



LG Christina

Susan

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Da waren ja wieder nette Wanderungen dabei. Jetzt, wo es da schon geschrieben steht, erinnert auch mich der Fluss an die schottischen  ::) Sieht für mich schon so aus, als hätte er noch Hochwasser.  Herzig, die Entenfamilie, sieht fast aus wie "Entenschule", denn so viele Junge bei einer Mama hatte ich noch nie gesehen.  ^-^

Interessant schaut auch das Museumsdorf aus. Wenn ich Hamina so mit meiner Geburtsstadt vergleiche, sind die Plätze und Gebäude ja wirklich riesig. 

Schade, dass dein schmerzendes Bein deine Besichtigungen eingeschränkt hat.

nach meiner Erfahrung sind die Finnen sehr zurückhaltend, einfach mal so jemand ansprechen, habe ich bis auf wenige Ausnahmen nie erlebt, auch nicht z.B. beim Wandern, wenn man Pause macht oder die Aussicht betrachtet, da spricht man z.B. in Deutschland oder natürlich USA oder Kanada ja sehr häufig miteinander, oder auch in den Niederlanden ging es immer recht lebhaft zu. Susan hat allerdings weiter vorne geschrieben, dass sie die Finnen als lebhaft kennt, daher liegt es vielleicht auch an mir ;D oder es ist Zufall.

Die Finnen habe ich im eher privaten/ familiären  Rahmen kennengelernt, da kann es natürlich sein, dass sie öffentlich auch eher zurückhaltend sind.  8)
Liebe Grüße
Susan