25.03.17 – Mexiko City <-> Teotihuacán Von Pyramiden und dem verloren gegangenen ChinesenDas moderne Hotel im alten Gewand war wirklich ausgezeichnet, allerdings gab es doch einen Haken an dem Schnäppchenpreis. Wir hatten das kleinste Zimmer und ein glücklicherweise nicht zu öffnendes Fenster mit Aussicht auf die Be- und Entlüftungsanlage in einem Schacht. Aber wir waren ohnehin nur zum Schlafen da und ließen einfach die Gardinen zu.
Um 8:00 Uhr gingen wir zum Frühstück ins Café. Omeletts wurden nach Wunsch zubereitet, das Baguette war ofenfrisch und noch warm, Wurst- und Käsespezialiäten, Kaktussalat und exotisches Obst vom Büffet, Kaffee, Latte oder Capuccino und super nette freundliche Mitarbeiter, die fast ein bisschen zu viel hofierten.
Wir konnten das Frühstück in Ruhe genießen, denn wir sollten erst um 9 Uhr abgeholt werden. Ich hatte 7 Monate zuvor online eine Tour gebucht und die wurde auch gleich von der Kreditkarte abgebucht. Als wir um 9:30 Uhr immer noch warteten, ließ ich den Consierge beim Touranbieter anrufen. Es stellte sich heraus, dass der uns überhaupt nicht auf der Liste hatte. Sie wollten aber sofort einen Fahrer los schicken. Kurz nach 10 Uhr kam ein Kleinbus angefahren und ein weiterer Gast, ein Inder, stieg aus und eilte schnell an uns vorbei auf die Hotel-Toilette. Nach 5 Minuten kam er erleichtert zurück und es konnte endlich losgehen.
Nach 20 Minuten erreichten wir den Sammelpunkt am Plaza de las tres culturas
Jorge, von sich selbst und der Einfachheit halber, George (Tschooortsch) benannt, begrüßte uns drei und fuhr mit seinen langatmigen Erzählungen zur Geschichte Mexikos fort. Eigentlich konnten wir froh sein, dass wir erst später zur Gruppe gestoßen sind, den wir hatten den 2. Tag in Folge einen enthusiastischen Fremdenführer erwischt.
Unsere buntgemixte Gruppe bestand aus 11 Leuten, George und dem Fahrer, der einem in dieser Stadt leidtun konnte.
Als erstes fuhren wir zum bedeutendsten Wallfahrtsort Mexiko’s, der Basilica der Jungfrau von Guadalupe. Die Nationalheilige und Schutzpatronin ist allgegenwärtig. Es gibt keine Kirche, wo nicht ihre Statue steht, keine Wohnung in der nicht ihr Abbild hängt, kein Bus, wo nicht ihre Figur vom Rückspiegelt baumelt und keine Familie, in der nicht eine Tochter Guadalupe bzw. verniedlicht Lupita getauft wurde.
Die Legende besagt, dass 1531 dem hl. Juan Diego die Jungfrau in Gestalt eines dunkelhäutigen Mädchens erschien. Sie wies ihn an, Rosen zu pflücken, die wie von Zauberhand im Dezember blühten. Er wickelte die Rosen in seinen Poncho und meldete dies dem Bischoff. Aber als er seinen Umhang öffnete, war auf dem Stoff das Abbild der Jungfrau zu erkennen. Da die Erscheinung an einem ehemaligen Tempel der Aztekengöttin Tonantzin stattgefunden hatte, glaubte die Bevölkerung an deren Wiedererscheinung. Die katholische Kirche nutzte aber die Gunst der Stunde und rief die dunkelhäutige Jungfrau als Heilige aus, um die Einheimischen zum Christentum zu bekehren. Jedenfalls pilgern heutzutage nicht nur am 12. Dezember die Leute zur Basilika, sondern täglich.
Damit möglichst viele die Virgin de Guadalupe aus nächster Nähe sehen können, befindet sich unter dem Bild,
sozusagen im Keller der neuen Basilika, ein eigener Raum mit Zugängen zu beiden Seiten des Bildes. Mittels Laufbänder wird man an dem Bild (kugelsicherer Glasschrein) vorbeigeschleust. Es verbleibt jedem Pilger eine halbe Minute, um die Madonna aus der Nähe zu sehen und die Kollekte in einen überdimensional großen Opferstock zu werfen.
Das war die ursprünglichen Kirche,
die leider immer weiter absinkt, aber mittlerweile aufwendig mittels Hydraulik stabilisiert wird.
Die neue Kirche
ist ein riesiger Rundbau, der 1976 aus Beton und Marmor errichtet wurde und 12000 Menschen fasst.
Es fand gerade eine Trauung statt.
Durch die vielen Besucher gleicht die Umgebung der Basilika einem Jahrmarkt und da ist es besonders schwer, eine Gruppe zusammenzuhalten. Obwohl George den Zeit und Treffpunkt mehrmals mitgeteilt hatte, fehlten der Inder und der Chinese. Irgendwann trudelten die Beiden nacheinander ein. Dem Inder mangelte es nicht am Englischen, doch der Chinese schien etwas Verständigungsprobleme zu haben.
Egal, die Gruppe war wieder vereint und jetzt mussten wir nur noch den Fahrer finden, der irgendwo in der Gegend parkte und nicht an sein Handy ging. Als auch das geschafft war, fuhren wir in nordöstlicher Richtung auf sämtlichen Nebenstraßen weiter, da die Autobahn wegen eines Unfalls gesperrt war.
Der junge Chinese saß im Kleinbus neben mir und wurde müde. Ich bemerkte dies schmerzhaft
, als er seine volle Cokeflasche auf meine Fußzehen fallen ließ. Er machte keine Anstalten sie aufzuheben, denn er schlief tief und fest und sein Kopf fiel auf meine Schulter
. Er erwachte erst wieder, als wir an einem sogenannten Museum hielten. Anscheinend sind die meisten Touren solche Werbefahrten, denn ganze Busladungen werden dort durchgeschleust.
Zuerst erfuhren wir, wie funktionell Agaven sind.
Aus ihnen wurden Kleidungsstücke hergestellt, die reißfesten Fasern wurden zum Nähen benutzt und einzelne Häute dienten als Papierersatz. Das Wichtigste heutzutage ist aber die Herstellung von Hochprozentigem.
Wir durften zuerst Pulque probieren. Das ist fermentierter Agavensaft und schmeckt wie Most. Der Tequila danach war viel besser, aber nicht so mild und gut wie der
Mezcal . Das ist der Agavenschnaps mit der Raupe (irrtümlich als Wurm bezeichnet) drin.
Bevor wir den Verkaufsraum mit all den schönen Figuren und Masken aus Obsidian (vulkanisches Gesteinsglas) betraten, schauten wir noch dem Obsidianschleifer zu.
Neben Statuen wurde im Shop auch jede Menge Silberschmuck angeboten. Jedoch die Wenigsten kauften etwas, denn alle hatten ziemlich Hunger und wollten endlich die Pyramiden sehen.
George hatte bestimmt einen Vertrag mit diesem Büffetrestaurant, denn er betonte immer wieder, dass er uns nur ins beste Restaurant bringt. Wahrscheinlich zahlte das Restaurant die höchste Provision, denn draußen standen einige Busse und drinnen waren alle Plätze belegt. Die Tische für unsere Gruppe waren aber reserviert und die Folkloregruppe
tanzte etwas herum.
Das Büffet kostete umgerechnet 12 € pro Person + Getränke. Die Auswahl war zwar groß, doch die meisten Schalen leer und mit dem Nachschub haperte es. Das was noch übrig war, schmeckte überhaupt nicht, aber machte wenigstens satt.
Endlich, um 16:30 Uhr trafen wir am Parkplatz vom Tor 4 ein.
Teotihuacán ist die größte und eindrucksvollste Pyramidenanlage Mexikos und befindet sich ca. 50 km nordöstlich der Hauptstadt.
Nun war Jorge wieder in seinem Element und im Wortschwall nicht zu bremsen. Er sagte, dass wir nach seinen Ausführungen freie Zeit zur Verfügung hätten und wir uns um 18 Uhr wieder am Portal 4 treffen. Ich wies ihn darauf hin, dass er das dem Inder und vor allem dem Chinesen nochmals direkt sagt, denn irgendwie hatte ich so eine Vorahnung.
Endlich fand Jorge ein Ende und ließ uns das Gelände alleine erkunden. Wir wollten gleich auf die drittgrößte der Welt, der Sonnenpyramide,
und reihten uns in die Ameisenstraße ein.
Leider machte mir meine Höhenangst einen Strich durch die Rechnung, denn die Stufen sind sehr kurz und steil. Ich kehrte auf dem ersten Absatz um. Heiko ging ganz nach oben.
Und noch ein Bild von der Mondpyramide
Da es einen langen Stau beim Abstieg gab,
dauerte es eine ganze Weile, bis Heiko wieder unten war.
In dieser Zeit saß ich auf der uralten Mauer zu Füßen der Pyramide und ein etwas älterer Herr (dabei vergesse ich immer, dass ich auch nicht mehr die Jüngste bin
) gesellte sich zu mir. Er sprach mich an, doch auf spanischen Smalltalk hatte ich so gar keine Lust und stellte mich blond. Er ließ aber nicht locker und fragte woher ich komme. Ich sagte aus Deutschland. Jetzt legte er erst richtig los und er erzählte mir, dass er aus Costa Rica stammt und nur wegen dem Länderspiel Mexiko – Costa Rica hierher geflogen ist. Zu Hause schaut er immer Deutsche Welle und ein paar Brocken Deutsch konnte er auch.
Heiko war leider immer noch nicht zu sehen. Jedenfalls fragte er mich, ob ich alleine hier bin und ich schüttelte energisch den Kopf
. Als nächstes kam natürlich die Frage, wo denn mein Mann ist. Ich deutete mit dem Finger nach oben,
doch bevor er mich als Witwe einstufte
, fügte ich schnell "auf der Pyramide" hinzu. Er schwärmte so von seinem Land und ich musste aufpassen, dass er mir nicht noch einen Floh ins Ohr setzt.
Nach einer gefühlten Ewigkeit stand Heiko vor uns und ich verabschiedete mich schnell von meiner Costa Ricanischen Bekanntschaft.
Auf dem Weg zur Mondpyramide auf der sogenannten Straße der Toten
kamen uns die niederländischen Couchsurfer vom Vortag entgegen. Sie haben die Pyramiden auf eigene Faust mit öffentlichen Verkehrsmitteln besucht. Das hätten wir besser auch machen sollen. Wir verabschiedeten uns und schauten noch schnell das Puma Mural an.
Heiko wäre gerne noch auf die Mondpyramide, doch ab 17:30 Uhr darf niemand mehr hinauf, weil um 18 Uhr die Tore geschlossen werden.
Na toll, da hatten wir gerade mal 1,5 Stunden bei den Pyramiden. Kein Wunder, dass die Gruppe pünktlich um 18 Uhr am Portal 4 war. Tja alle, bis auf den Chinesen
.
Der Torwächter telefonierte mit seinen Kollegen der restlichen 4 Tore, doch keiner hat unseren Chinesen gesehen. Jorge wurde nervös und telefonierte mit seiner Zentrale. Die wiesen ihn an, bis 18:10 Uhr zu warten und erst dann dürfte der Bus zurück fahren. Um 18:10 Uhr fuhr der Bus los und da erschien der abgekämpfte, verschwitzte Chinese am Tor 4. Er hatte sich also doch verlaufen und musste 3 km von Tor 2 bis 4 rennen. Für ihn ist alles nochmals gut gegangen. Ich weiß nicht, was er sonst gemacht hätte, denn viel Geld hatte er nicht bei sich. Es reichte gerade mal so für den Eintritt.
Die Rückfahrt verlief zügig, aber die einzelnen Leute mussten in den jeweiligen Hotels abgeliefert werden. Unser Hotel war wenigstens an 3. Stelle.
Nach diesem 10stündigen Ausflug waren wir ziemlich k.o. und holten uns nur noch zwei Ciabattas von der Hotel-Snackbar.
Auch bei dieser Tour wurde sehr viel Zeit verplempert, weil Jorge so viel zu erzählen hatte und das Ganze eigentlich mehr eine Verkaufsfahrt mit kurzem Besuch der Pyramiden war. Aber immerhin wurden keine Rheumadecken angeboten.
Übernachtung: Hotel Historico Central, Mexiko City