Sonntag, 7. AugustIch wache gegen fünf Uhr auf. Hm, wenn ich ja schon mal wach bin, könnte ich ja wirklich auf frühe Fototour gehen. Ein Blick auf dem Fenster verrät: Wolken, aber im Osten anscheinend große Wolkenlücken, also los. Im ersten angedeuteten Dämmerlicht mache ich mich mit dem Auto auf den Weg zum Firehole Lake Drive, ein Tipp von Michael aus dem Forum, um dort die Bäume und Dampfschwaden in den ersten Sonnenstrahlen zu fotografieren.
Es ist eine ganz eigenartige Atmosphäre, so früh unterwegs zu sein. Überall wabern die Dampfwolken über Wiesen und Bäumen, während es ganz langsam heller wird. Auf der Fahrt sehe ich zwei oder drei andere Autos, ansonsten bin ich alleine unterwegs und genieße dieses exklusive Gefühl. Am Firehole Lake Drive bin ich auch ganz alleine. Ein paar kurze Blicke, ob sich da nicht doch ein Bär tummelt, dann hole ich das Stativ aus dem Kofferraum und suche mir einen Platz in der Nähe des White Dome Geysirs. Auf der einen Straßenseite wabern Dampfschwaden über die Wiesen, das wird sicher schön, wenn die Sonne aufgeht, und auf der anderen Seite habe ich den White Dome Geysir. Der soll ja relativ regelmäßig ausbrechen, im Schnitt alle 20 Minuten, da werde ich heute morgen sicher noch einen Ausbruch im Morgenlicht mitbekommen, denke ich mir.
Aber Flicka denkt, Gott lenkt, und leider versteckt sich die Sonne dann doch hinter den Wolken, als es Zeit für den Sonnenaufgang ist. Ein paar Fotos mache ich, aber irgendwie ist es nicht ganz das, was mir vorgeschwebt hat (ein Fotos gibts trotzdem, man möge mir die kräftige Bildbearbeitung verzeihen):
Und der White Dome Geysir dampft heute morgen zwar ausgiebig vor sich hin, bricht aber in der Stunde, in der ich hier bin, kein einziges Mal aus. Andererseits: Ist da hinten nicht ein blasser Regenbogen zu sehen? Sieht auch schön aus, auch ohne Ausbruch.
Trotz fehlender Sonne und fehlendem Ausbruch genieße ich es, heute morgen hier draußen zu sein. Bis dann ein anderes Auto hält und ein Asiate aussteigt, der ebenfalls mit einer Kamera bestückt ist. Was ich denn heute morgen hier mache, will er wissen, und dann erzählt er mir ausgiebig, was er mir heute morgen schon alles weggeknipst hat. Um das zu beweisen, hält er mir ungefragt sein Kameradisplay unter die Nase und fängt an, durchzuschalten. Sowas habe ich ja noch nie erlebt.
Ich warte noch 20 Minuten auf einen Ausbruch, in denen er mir ungefragt Gesellschaft leistet und mir den Park erklärt und seine Apps auf dem Handy zeigt. Damit trifft er bei mir dann doch einen wunden Punkt, schließlich habe ich im Moment nicht mal ein funktionstüchtiges Handy, und wenn ich eins hätte, hätte ich keinen Empfang. Irgendwann werden die Wolken immer dichter, und ich setze mich ins Auto und fahre zurück zur Lodge. Dort wasche ich erst mal ein paar Sachen aus und lege mich noch eine Weile hin, während es draußen zu regnen beginnt.
Gegen halb zehn scheint dann aber wieder die Sonne, also mache ich mich auf den Weg, das Upper Geyser Basin rund um den Old Faithful zu erkunden. Der bricht auch gerade aus, als ich hinkomme, ein wunderbarer Anblick vor dem blauen Himmel.
Ich erkundige mich nach den anderen Ausbruchszeiten und stelle fest, dass der Grand Geysir am frühen Nachmittag dran ist, das könnte ja passen. Erst mal mache ich mich aber wieder auf den Weg auf den Geyser Hill. Ein paar Fotos kann ich im schönsten Sonnenlicht machen.
Dann werden die Wolken aber schon wieder dichter, und man kann eine dunkle Wolkenwand hinter dem Old Faithful Inn erkennen.
Hm, ich könnte ja mal Richtung Solitary Geyser gehen und abwarten, ob es wieder regnet überlege ich und mache die ersten Schritte auf den Weg dorthin.
Da beginnt es zu donnern, und die ersten Tropfen fallen. Hm, und jetzt? Andere Leute spazieren weiter unbeeindruckt über den Geysir Hill, dann kann man aber schon die ersten Blitze hinter dem Old Faithful Inn erkennen. Hilfe, das wird jetzt aber echt gefährlich! Ich ziehe Hut und Regenjacke an und hetze durch den beginnenden Regen über den Geysir Hill. So weit oben und ohne Bäume um mich herum komme ich mir wie eine Zielscheibe vor. Außer Atem erreiche ich schließlich den Firehole River und steuere das Hauptgebäude der Lodge an. Jetzt ist es gleich halb zwölf, Zeit für ein frühes Mittagessen, und dann werde ich mal sehen, wie das Wetter sich weiter macht.
Keine fünf Minuten nachdem ich die Lodge erreicht habe, bricht draußen das Unwetter los. Der Regen klatscht gegen die Scheiben, während ich zum Glück im Trocknen sitze und Wraps (die leckeren mit Bacon), Salat und Kuchen essen. Puh, nochmal Glück gehabt.
Und so schnell wie das Unwetter gekommen ist, kommt auch schon wieder die Sonne raus. Also los, wieder hoch zum Geysir Hill.
Diesmal schaffe ich es endlich, den Doublet Pool im Sonnenlicht zu fotografieren, auch wenn sich schon wieder dicke Wolken über den Himmel schieben und es gar nicht so einfach ist, die Wolkenlücken abzupassen.
Auch den Aurum Geysir, der leider nur ein wenig sprudelt, erwische ich im Sonnenlicht,
und dann erreiche ich nach einem kurzen Weg abseits des Boardwalks den Solitary Geysir, der nicht besonders hoch ausbricht, sich dafür aber alle paar Minuten die Ehre gibt. Um wieder das Thema „überlaufener Park“ aufzugreifen: Klar standen am Doublet Pool haufenweise Leute, aber hier, 500 Meter weiter, sitze ich ganz alleine am Solitary Geysir, dabei ist der doch ausgesprochen hübsch.
Als ich wieder auf dem Hauptweg ankomme, hat sich der Himmel schon wieder verdunkelt.
Na, das wird schon halten, denke ich und erwische bei der Heart Spring auch tatsächlich noch ein paar kurze Wolkenlücken.
Jetzt mache ich mich auf zum Grand Geysir, denn das berechnete Ausbruchsfenster hat schon längst begonnen. Dort sitzen schon viele wartende Leute, ich setze mich dazu und warte. Ich habe ja Zeit, die Sonne ist jetzt eh weg, da bringen Fotos von den heißen Quellen nichts. Dann wird’s aber wieder ungemütlich, man hört Donnergrollen, und irgendwo zucken wieder die ersten Blitze. Also los, zurück in irgendein Gebäude, und diesmal erreiche ich noch den Geschenkeshop der Tankstelle am Old Faithful Inn, bevor das Unwetter wieder losgeht. Hier gibt es nette handgemachte „Regenpuppen“, die langen Haare sollen den Regen symbolisieren, den die Tänzer herbeitanzen wollen. Regenpuppen passen doch zum Wetter, und schon habe ich endlich die ersten Souvenirs und Mitbringsel gekauft.
Danach mache ich mich wieder auf den Weg zum Grand Geysir, und schon aus einiger Entfernung sehe ich die Wassersäulen.
Ich komme noch rechtzeitig an, um die letzten Minuten des großen Spektakels mitzuerleben, das hat ja gerade noch gepasst.
Jetzt ist auch wieder etwas mehr Sonne und blauer Himmel zu sehen, und ich spaziere weiter an heißen Quellen und blubbernden Geysiren vorbei. Die South Scalloped Spring liegt attraktiv über dem Firehole River.
Den Beauty Pool hatte ich von meinem ersten Besuch vor neun Jahren allerdings schöner in Erinnerung. Dafür leuchtet die benachbarte Chromatic Spring umso schöner in der Sonne.
Der Giant Geysir blubbert munter in seinem „Kegel“, macht aber natürlich keine Anstalten, gerade jetzt auszubrechen.
Weiter führt der Weg vorbei an ein paar anderen heißen Quellen und Geysiren, dann erreiche ich den Morning Glory Pool. Benannt ist der nach den Morning Glories, Blumen, genauer gesagt blauen Winden. Heute würde der Name nicht mehr passen, der Pool sieht deutlich anders aus als in den Anfangszeiten des Nationalparks, die blaue Farbe ist völlig verschwunden. An einem Schild wird erklärt, dass die Quelle von hineingeworfenen Objekten immer mehr verstopft wird, obwohl die Parkverwaltung den Pool jährlich leert. Die Leute sind aber auch einfach zu blöd.
So, jetzt ist es schon vier Uhr. Meinen Plan, von hier aus weiter bis zum Biscuit Basin zu laufen, hake ich ab und mache mich nur noch auf den kurzen Weg zum Sentinel Geysir direkt am Flussufer.
Hm, und jetzt? Zurück zur Lodge? Der Riverside Geysir ist leider schon vor zwei Stunden ausgebrochen, der Daisy Geysir ist laut Schild an der Abzweigung im Moment wegen des Windes unpredictable. Ja, windig ist es heute wirklich, ich hätte heute morgen lieber doch die lange Hose anziehen sollen, und die Haare sind schon lange in einem gestrüppartigen Zustand. Eigentlich bin ich müde, aber gleichzeitig aufgekratzt, und so mache ich mich am Daisy Geysir vorbei auf den Weg Richtung Black Sand Basin. Zuerst spaziere ich durch die Wiesen.
Dann erreiche ich die Punch Bowl Spring.
Von hier aus ist es nicht mehr weit bis zum Black Sand Basin. Unterwegs komme ich schon mal am Black Sand Pool vorbei, der ab und zu munter sprudelt.
Der Weg zum Black Sand Basin zieht sich dann aber doch, und an der Einfahrt zum Parkplatz angekommen, muss man erst mal über die Hauptparkstraße spurten, denn erstaunlicherweise gibt es keinen Fußgängerüberweg, dabei ist das hier doch ein offizieller Weg.
Am Black Sand Basin treibt der scharfe Wind leider richtige Wellen über die Pools, vor allem den Sunset Lake, dessen Schönheit kaum zu erkennen ist, und für den kleinen Geysir am Flussufer steht die Sonne inzwischen falsch. Hierher werde ich morgen oder übermorgen sicher nochmal bei besserem Wetter kommen, beschließe ich.
So, ich bin jetzt echt müde. Der Weg zurück zum Daisy Geysir zieht sich, aber immerhin werden die müden Füße ein Stück weiter am Grotto Geysir mit einem Ausbruch belohnt.
Ein paar heiße Quellen und Geysire schaue ich mich auf dem Rückweg zur Lodge auch noch an. Der Beauty Pool sieht irgendwie schöner aus als heute vormittag, und am Grand Geysir gefallen mir die spiegeleiartigen Farben.
Als ich am Visitorcenter ankomme, ist es schon fast sieben Uhr. Hm, einen Geysir-Ausbruch bei Abendlicht würde ich mir ja schon noch gerne anschauen. Der Great Fountain Geysir soll um 9.15 Uhr ausbrechen, der müsste schon starke „Verfrühung“ haben, um noch vor Sonnenuntergang gegen viertel nach acht loszugehen, und genausogut könnte er erst nach elf Uhr starten. Nein, das ist mir zu unsicher. Aber ich hatte gelesen, dass der Clepsydra-Geysir in den Fountain Paint Pots ständig ausbrechen soll, und der liegt in Blickrichtung Westen.
Also los: Ich kaufe mir noch für später ein Abendessen (ja, es sind wieder Wraps mit Bacon, so langsam werde ich süchtig nach den Dingern), und schon sitze ich im Auto. Dabei merke ich, wie mir die Schultern vom Rucksacktragen wehtun. Morgen werde ich es definitiv ruhiger angehen lassen, beschließe ich.
An den Fountain Paint Pots sind zwar noch ein paar Leute unterwegs, aber von ein paar lärmenden Kindern abgesehen, ist es ruhig. Ich setze mich auf den Boardwalk und warte den Sonnenuntergang ab. Der Clepsydra verhält sich jetzt nicht ganz so wie im Buch beschrieben, denn er legt immer wieder längere Pausen ein, aber gerade als sich die Sonne den Hügeln im Hintergrund nähert, geht das Spektakel dann doch los und der Geysir bricht vor der Abendsonne aus.
In den gefühlten letzten 30 Sekunden des Ausbruchs stürmt dann noch eine asiatische Reisegrupe den Boardwalk, aber ich habe meine Fotos gemacht und trotte müde aber zufrieden zurück zum Auto. Unterwegs fällt mir noch der Mond hinter den grazilen Baumstämmen auf.
Dann fahre ich zurück und falle in meiner Cabin erschöpft aufs Bett. Morgen bleibe ich liegen, ganz egal wann ich aufwache, beschließe ich, denn morgen abend habe ich noch Programm und werde kaum vor zehn Uhr zurück in der Lodge sein. Aber trotz Müdigkeit, schmerzenden Schultern und dem ein oder anderen Regentropfen war das ein sehr schöner Tag.
Gute Nacht!