5. Tag Freitag 14.10.2016Das Hotelrestaurant war im elften Stock, Frühstück gab es in einem großen schummrigen Raum.
Das Frühstücksbüffet war riesig, so viel Auswahl haben wir nie wieder gehabt. Es gab verschiedene asiatische Gemüse, gebratene Nudeln und gebratenen Reis, Spiegeleier, Suppen, verschiedene Dumplings - auch süße- dazu verschiedene Salate, Kuchen, Obst etc. und Kaffee und Saft.
Um 9 Uhr trafen wir unseren Guide in der Lobby und haben ihn gebeten wegen der Klimaanlage nachzufragen. Leider ist die Zentralheizung nicht regulierbar und die Klimaanlage wird nur im Sommer eingeschaltet. Wir sind hier in einer Kohlebergbauregion, irgendwie hat mich das an die Verhältnisse in der Ex DDR erinnert, da hat man die Heizung auch übers Fenster reguliert. Das Wetter war bis zu unserer Ankunft schlecht und es war kalt, daher die Heizung. Tja da kann man nix machen.
Draußen war heute schönstes Wetter! Mit dem Auto führen wir über neue breite Straßen zu unserem Ausflugsziel, den Yungang Grotten. Man kam an Kohlegruben vorbei, um die Kohle zu transportieren waren Umgehungsstraßen gebaut worden, seither hat sich die Luft in der Stadt sehr verbessert erzählte uns Herr Li.
Am Eingang zu den Grotten steht ein neu gebautes buddhistisches Kloster. Dieser Mönch ist der Gründer des Klosters wenn ich mich recht erinnere
Dann ging man durch diesen schönen Säulengang
dann kam dieser Baum, es war ganz aus Metall
die Blätter auch aus Metall mit Wünschen beschriftet
und über eine Brücke zum Tempel, der lag in einem See
auf dem See schwamm diese überdimesionale Quietscheente, was das wohl soll?
der Tempel
er hat einen anderen Stil als die üblichen buddhistischen Tempel, anstelle der Drachen waren Vogelsymbole am Dach (Feuervogel), das liegt daran dass es hier oft Kriege und Besetzungen durch Mongolen gegben hat, die haben ihren Einfluß in der Kunst hinterlassen.
hinter dem Tempel ging dann der Weg zu den buddhistschen Grotten, dem eigentlichen Ziel
von der Brücke aus hatte man auch noch Blick auf ein Kohlebergwerk
Die Grotten die wir nun besichtigten sind 1500 Jahre alt und alle aus Menschenhand. Hier gab es keine Höhlen, die wurden alle in den Berg gehauen also man hat sowohl die Höhlen als auch die Buddhafiguren aus dem Fels gehauen (Wie kommt man nur auf so eine Idee?)
manche Höhlen und Figuren waren ganz klein andere riesengroß wie diese hier. Die Löcher in der Figur stammen von Holzstiften mit denen eine bemalte Tonschicht auf dem Stein fixiert war, bei vielen Figuren war diese Schicht nicht mehr erhalten.
einige Grotten waren mit einem hölzernen Vorbau geschützt, bei anderen ist der durch Erdbeben zerstört worden
die grimmigen Gestalten an den Säulen paßten ja gar nicht zu den Buddhafiguren drinnen
die Figuren hier drinnen waren besser erhalten, die meisten hatten die Lehmschicht noch
wir haben uns über Buddhas blaue Haarfarbe gewundert, Herr Li hatte dafür keine Erklärung (wir haben das später an anderen Orten in dem Tempeln öfter gesehen, das ist wohl in China eine übliche Darstellung)
Dieser Vorbau ist ganz neu, es wird viel renoviert hier
bis hierhin hat uns Herr Li begleitet dann hat er uns den Rest der Höhlen alleine erkunden lassen. Er hatte uns noch einiges zu den damaligen Herrschen erzählt die die Grotten bauen ließen, aber das habe ich nicht behalten.
Von dieser Statue weiß ich noch dass man sie von oben nach unten aus dem Fels gehauen hat, also quasi zuerst das Fenster und den Kopf und dann den Körper.
weiter hinten kam ein Bereich der gerade renoviert wird und am Schluß noch viele ganz kleine Höhlen
bei dieser Figur sieht man gut dass sie aus dem Felsen rausgehausen ist, mit dem Rücken setckt sie im Fels
weil so ein Traumwetter war habe ich mir ein Eis gekauft (Mangoeis, lecker!) und bin durch den schönen Park vor den Grotten geschlendert
am Ausgang haben wir Herrn Li wieder getroffen
auf dem Weg zum Parkplatz kam man natürlich an einer Reihe von Läden vorbei, unter anderem konnte man zusehen wie Nusskekse gebacken wurden (da habe ich mir gleich eine Schachtel gekauft) und in der nächsten Bude stand dieser Nudelautomat
Laut Herrn Li sind diese Nudeln die Spezialität dieser Region, er nannte sie Schnitznudeln. Reis wird hier nicht angebaut und gehört nicht zu einem typischen Essen.
Danach ging es zurück in die Stadt. Auf der Fahrt zur Innenstadt erzählte uns Herr Li dass der rührige Bürgermeister die Innenstadt komplett neu aufbauen läßt. Die historische Stadtmauer war schon fast fertig und alles was innerhalb dieser Mauern liegt soll im historischen Stil wiederaufgebaut werden. An der imposanten Stadtmauer kamen wir vorbei, die sah wirklich gut aus (Bilder kommen noch das ging vom Auto aus schlecht). In der Innenstadt gibt es die "Nine Dragon Wall" zu besichtigen, da hielten wir kurz. Sie gehörte einst zum Wohnhaus eines Prinzen und stammt aus dem Jahr 1392 und kostet natürlich Eintritt
blöderweise lag sie total im Gegenlicht und war fast unmöglich zu fotografieren. Einen Ausschnitt davon habt ihr im Prolog gesehen. Man beachte die Krallen der Drachen: es sind vier. Nur kaiserliche Drachen haben 5 Krallen
Die Mauer stand ursprünglich woanders, man sie versetzt und von den restlichen Gebäuden ist wohl nix übrig geblieben. Beim Wiederaufbau wurde etwas geschlampt, ein paar Platten wurden falsch zusammengesetzt, die Tiger haben "Sprünge". Wir haben uns gefragt wie sowas passieren kann aber wahrscheinlich muss man froh sein dass jemand die Wand gerettet hat, denn wie wir später gesehen haben ist sie ungefähr das einzige was vom alten Datong im Original erhalten ist...
Draußen stand dieses Fahrrad das fand ich so lustig mit den einbauten Handschuhen. Hier wird es im Winter richtig kalt!
Unser Guide wollte dann mit dem Fahrer Mittagessen gehen und diesmal haben wir beschlossen mitzugehen und auch eine Kleinigkeit zu essen, ein üppiges Frühstück macht wohl Hunger
wir sind ein Stück gefahren in ein Viertel wo bestimmt nie ein Tourist hinkommt und in einem Nudelrestaurant mit Selbstbedienung gelandet. Der Laden war krachend voll, unser Guide hat es geschafft einen Tisch zu organisieren, die Leute waren gerade im Aufbruch, ich habe den Tisch bewacht und Josef ist mit an die Theke und hat was zu essen besorgt: die ortsübliche Nudelsuppe:
Gabel und Löffel sind von mir, es gab natürlich nur Stäbchen (habt ihr schon mal versucht ein hartgekochtes Ei mit Stäbchen zu essen?). Die braunen Stücke sind Tofu und das Ei war wohl auch in Sojasoße eingelegt worden und darum so braun, es schmeckte ganz normal nach Ei. Die Suppe war wunderbar würzig und die hausgemachten Nudeln sehr lecker! Und ich bin sehr bestaunt worden in dem Laden, soviele Blondies verirren sich nicht hierher. Zu trinken gab es übrigens nix zu kaufen. In einem Regal standen Porzellanschalen, die konnte man nehmen und mit warmen oder heißem Wasser aus dem Spender füllen. Manche haben auch ihre Thermoskannen abgefüllt. Sowas hat ein Chinese immer dabei (unsere Guides auch)
Draußen mußte Herr Li erst mal eine Zigarettte rauchen bevor wir weiterfuhren.
Für den Nachmittag war dann noch der Besuch des Huayan Klosters angesagt, es liegt am Rand der neuen/alten Innenstadt. Hier geht es in den neu aufgebauten Teil der Altstadt:
es kommt auf dem Foto nicht so rüber, aber auf uns wirkte es wie eine Hollywoodkulisse oder ein Themenpark, als hätten es die Amis gebaut und nicht Chinesen
bei genauerem Hinsehen entpuppte sich manches Holz als braun angemalter Beton...
wir sind hier ein paar Minuten rumgelaufen während unser Guide die Tickets für das Kloster kaufte und waren uns schnell einig dass wir das nicht weiter besichtigen müssen.
Vor dem Eingang des Klosters saß ein alte Frau und verkaufte Getränke, ich wollte eine Flasche Wasser, hatte aber nur einen 100 Yuan-Schein. Das war gar kein Problem, ohne Murren bekam ich mein Wasser und 98 Yuan Wechselgeld. Ich erinnere mich an eine ähnliche Situation in Sri Lanka wo ich dann eben nix gekauft habe weil jeder Verkäufer passendes Geld wollte. Chinesen sind von Natur aus Händler, in solchen Situationen wird einem das bewußt.
Das Huyan Kloster ist ein tausend Jahre altes buddhistisches Kloster, das heute aber nur noch ein Museum ist, es gibt keine Mönche mehr hier. Viele der Gebäude waren aber relativ neu und das ganze Kloster wirkte auf uns etwas steril
Der Löwe sah nett aus
es gab zwar auch ein paar ältere Gebäude aber die Ausstrahlung fehlte einfach
im Inneren gab es ein paar schöne alte Buddhafiguren, fotografieren war verboten und unser Guide als echter Buddhist nahm das ernst und hat drauf geachtet dass wir im Tempel nicht fotografieren
schöne Drachen gab es aber
das beste am Kloster war eine ganz hohe Pagode auf die man raufsteigen konnte und von da oben hatte man einen super Blick:
Blick nach unten (man sieht gleich dass der neumodische Betonfußboden nicht hierhin paßt)
hinter dem Kloster sieht man die Stadtmauer ganz links am Rand der Baukran gehört zur Baustelle der Mauer, hier ist sie noch nicht fertig.
und nun Blick in die Landschaft
das ist alles zum Abriß freigegeben, denn es steht innerhalb der Stadtmauer. Die kleinen Häuser sind wohl schon gräumt. Die fünfgeschossigen Wohnhäuser weiter hinten sollen auch abgerissen werden. Die Zukunft hat 30 Stockwerke wie ganz hinten
hier sieht man schön die Mauerbaustelle hinter dem Kloster
ein Blick auf die "Hollywoodkulisse"
und auf die Stadtmauer
nachgemachte Altstadt vorne und häßliche Neustadt hinten. Ein bisschen gruselig das ganze. Wir wollten jedenfalls lieber noch ein Stück echtes China sehen. Ich glaube unser Guide hat das nicht verstanden, er ist aber gerne mit einer Zigarette am Auto stehen geblieben während wir in eine der Abrißstraßen geschaut haben:
am Anfang der Straße war noch Leben
danach Ghosttown
an dem folgenden Gebäude war ein Schild das es als historisches Gebäude ausweist! Das Schild war von 2014, hat wohl nicht viel genützt...
wie kann man das nur alles abreißen? Jeder vernünftige Mensch würde das Viertel renovieren und behalten, das ist doch das echte alte China!
Weiter hinten war doch noch Leben:
was sich den Mann wohl denken mag?
der erlebt gerade wie das China das er kannte abgeschafft wird
auf der Rückfahrt zum Hotel in der belebten Altstadt:
all diese Geschäfts- und Wohnhäuser sollen abgerissen werden. Ich habe mir jetzt mal vorgestellt wie das wäre wenn in Deutschland eine ganze Innenstadt abgerissen wird. Das ist doch total krass oder? Laut Herrn Li gab es schon Unmut in der Bevölkerung, viele fanden aber auch klasse was der Bürgermeister alles für die Stadt tut (wir hatten den Eindruck er findet es auch toll). Bürgermeister werden aber nicht gewählt sondern eingesetzt und die scheinen dann ziemlich freie Hand bei der Stadtplanung zu haben.
Zurück im Hotel haben wir eine Kaffeepause gemacht, es war immer noch sehr warm im Zimmer aber nicht mehr ganz so schlimm wie gestern. Von unserem Zimmer aus hatten wir einen Blick auf diese Hochhausbaustelle die völlig verwaist war, kein Bauarbeiter weit und breit.
bis zur Innenstadt war es etwa eine Stunde zu laufen, der Weg war aber einfach, eigentlich immer gerade aus bis man auf die Stadtmauer stößt. Und das Garmin funktioniert ja auch. Es hat zwar keinen Stadtplan, aber man findet auf jeden Fall wieder zurück. Und das Wetter war bestens, es sprach nix gegen einen längeren Spaziergang.
wir gingen also die Hauptstraße entlang an Hochhäusern vorbei, unten waren meist Geschäfte. Einem Zahnarzt konnte man ins Fenster schauen, im Nachbarzimmer war gerade ein Patient in Behandlung. Privatsphäre ist nicht so angesagt in China...
im nächsten Gebäude war wohl eine Schönheitsklinik. Ich finde es ja immer sehr witzig, wenn ich Ausland so was deutsches sehe
eine Siemensfiliale haben wir auch entdeckt und es gab viele kleine Geschäfte. Wir haben für ziemliches Aufsehen auf der Straße gesorgt und ich wurde mehrfach mit Hallo begrüßt.
Der Autoverkehr war unglaublich. Das war hier eine mehrspurige Straße mit einem sehr breiten Fahrrad- und Fußweg. Etliche Autos fuhren einfach auf den Radweg. In verschiedenen Richtungen...und blockierten sich gegenseitig. Man konnte nur den Kopf schütteln, wir waren sehr froh dass wir zu Fuß unterwegs waren, hier möchte ich nicht Radfahren!
näher an der Innenstadt wurde die Szenerie ärmlicher
und dann hatten wir die Stadtmauer erreicht. Hier ist sie schon fertig
daneben Baustelle
da wird gerade noch ein Wassergraben um die Mauer gebaut:
wenn wir in ein paar Jahren wiederkommen werden wir wahrscheinlich nichts mehr erkennen...
durch die Stadtmauer in die Altstadt:
hier sind wir dann rumgelaufen und haben uns nach einem Restaurant für später umgesehen: Fehlanzeige, es gab nur Kleidergeschäfte und ähnliches.
wir sind dann mal in eine Seitengasse eingebogen, das sah wie eine Marktstrasse aus
es sah hier sehr ärmlich und nicht unbedingt hygienisch aus...
die Wohnhäuser sahen auch nicht gerade adrett aus
die geparkten Autos waren in besserem Zustand als die Häuser. Auch das hat uns an USA erinnert wo wir oft neue Pickups vor absolut windigen Buden haben parken sehen.
Dahinter kam wieder ein Viertel mit "Abbruchhäusern"
die waren aber teilweise noch bewohnt!
gerade das letzte sieht so aus als ob sich eine Renovierung lohnen würde! Ein paar Meter weiter kam auf einmal ein Metallzaun und dahinter befanden wir uns plötzlich in der Hollywoodkulisse! Am Ende der Straße war der Platz zu sehen wo wir mittags das Kloster besichtigt haben.
weil wir ja noch kein Restaurant entdeckt haben sind wie dir Straße vorgegangen. Hier war ein Höllenlärm, aus jedem Geschäft ertönte Musik oder Werbung oder was immer. Restaurants waren wieder keine zu sehen, nix als Schuh- und Klamottengeschäfte. Vorne auf dem großen Platz konnte man sich alle möglichen Teile zum Rumfahren ausleihen wie diese Tierchen hier
oder Autoscooter:
ich sags ja: ein Vergnügungspark! Das Restaurant am Eck, das einzige das wir gefunden haben war leider geschlossen. Während ich noch Fotos von den Autoscootern machte wurden wir von drei Chinesen angesprochen: ob sie uns fotografieren dürften? Klar, warum nicht? Große Freude bei den Chinesen
drei Minuten später kamen sie zurück: ob sie vielleicht auch ein Foto mit uns zusammen machen könnten? Klar gerne! Also längere Fotosession mit zwei Handys und einer echten Kamera
Diese Leute waren sehr gut gekleidet und sprachen englisch und besaßen einen richtigen Fotoapparat. Die gehörten bestimmt zur gehobenen Einwohnerklasse. Wenn wir für diese Leute noch so eine Attraktion sind kommen wohl wirklich sehr wenig Ausländer hierher.
Es wurde jetzt langsam dunkel und das Licht war sehr schön. Durch dieses Tor waren wir Mittags reingekommen zum Kloster:
auf der Straße vor dem Tor war sowas wie Weihnachtsbeleuchtung:
sehr witzig auch diese kombinierte Bank/Polizeibox. Das hat man öfter gesehen in China. So ist die Bank vor Überfällen geschützt
dann sind wir über eine Parallelstraße zurück gegangen, Josef wollte ja die Stadtmauer im Dunkeln fotografieren. Ein besonders witziges Geschäft: alles in rot, es gab auch was ähnliches mit weiß, wahrscheinlich Brautausstatter
Und die Stadtmauer sieht im Dunkeln wirklich gut aus:
das sieht jetzt zwar aus wie tiefste Nacht aber es war halb 7. Und Hunger hatten wir eigentlich gar nicht. Auf der Hauptstrasse zu unserem Hotel waren ein paar kleine Restaurants eher Imbissbuden, aber die sahen nicht so verlockend aus. Und auf das Buffet im Hotelrestaurant hatten wir eigentlich keine Lust (a la carte gibts dort nicht) das war auch richtig teuer, sowas lohnt sich nur wenn man Hunger hat. Also haben in dem kleinen Geschäft wo ich auf dem Hinweg schon Wein im Regal gesehen habe noch was zu Essen gekauft, heute Abend gibts chinesisches Junkfood, in USA gehen wir ja auch manchmal zu MC Donalds
die Suppe war erstaunlich gut.
das ganze hat uns 119 Yuan gekostet, davon 95 für den Wein, das Essen war also fast geschenkt
Wir waren sehr zufrieden mit dem Tag. Ich fand es richtig aufregend hier. Die Grotten waren toll, das Wetter fantastisch und dann sind wir noch so richtig in der Stadt abgetaucht. So habe ich mir das vorgestellt. Wir wollten auf keinen Fall nur durch Sehenswürdigkeiten und Museen laufen.
Im Zimmer war es ziemlich warm aber man kann sich mit einer Dusche auch abkühlen