10. Tag Mittwoch 19.10.2016Heute sind wir um 4 Uhr aus dem Bett gefallen da wir um halb 5 schon in der Lobby sein mußten, wir hatten einen frühen Flug nach Lijiang gebucht. Frühstück gabs im Hotel um diese Zeit noch nicht aber wir bekamen eine Tüte mit Obst und Sandwiches. Im Stockdunkeln sind wir eine dreiviertel Stunde zum Flughafen gefahren. Dominik hat sich mit uns in die Schlange beim Check-in gestellt, allein hätten wir gar nicht gewußt wo wir hin müssen, es war alles nur in chinesisch angeschrieben (bei Inlandsflügen ist das wohl normal). Trotz der frühen Zeit war extrem viel los, wir standen eine Stunde in der Schlange. Online Check-in scheint es in China nicht zu geben, niemand hatte bereits ein Ticket. Auf den Tickets steht dann zum Glück auf Englisch Ziel und Gate drauf, denn durch die Security durfte Dominik uns natürlich nicht begleiten. Zum Abschied hat er mir ein kleines Schloß geschenkt das sich mit der Nummer 520 öffnen läßt. Auf chinesich klingt 520 wie "ich liebe dich", der Typ ist echt eine Schau!
Der Flug nach Lijiang dauerte 2,5 Stunden und es gab eine Art Hamburger mit einer undefinierbaren braunen Masse drin, man konnte es essen (unseren Lunch hatten wir ja auch noch).
In Lijiang sind wir bei strahlendem Sonnenschein
auf einem winzigen Flughafen gelandet (so ähnlich wie Dortmund) und wurden diesmal von einem weiblichen Guide namens Holly begrüßt. Hier in Lijiang und im nächsten Ort Dali hatten wir englischsprachige Guides, da gab es niemand der deutsch kann. Holly sprach erstklassiges akzentfreies Englisch. Sie war auch schon in Europa (Dominik übrigens auch, der hat in Mannheim Germanistik studiert) als Touristin und kannte Heidelberg.
Es war ja noch früh am Tag und wir sind dann zunächst zum Teich des schwarzen Drachen gefahren. (Fragt mich nicht warum der Teich so heißt, ich habe völlig vergessen zu fragen)
das ist ein sehr bekanntes Bild allerdings sieht man auf den Fotos in den Reiseführern immer einen Berg wo hier die Wolken sind. Ich war doch ziemlich müde und darum haben wir in dem Pavillion erst mal Pause gemacht, es gab sogar Kaffee!
wir sind durch den kleinen Park spaziert, das war alles ganz nett aber sicher nicht spektakulär, naja vielleicht wenn man den Berg sieht...mein Freund hatte sich auch etwas mehr erwartet.
am See gab es klassische chinesische Musik zu hören
wobei der Musikant überhaupt nicht chinesisch aussah
am Ende des Parks war ein kleines Museum der Dongba Kultur das wir besichtigt haben. Vieles davon wirkte indianisch z. B. die Totempfähle:
In der Gegend von Lijiang leben viele Minderheiten, unser Guide war auch keine Chinesin sondern gehört zum Volk der Naxi (gesprochen Naschi). Naxi waren ursprünglich Nomaden, es ist eine matriarchalische Kultur: die Männer gingen auf die Jagd, die Frauen waren für die Hausarbeit zuständig. Heute gibt es keine Jagd mehr was dazu führt dass Männer sich hauptsächlich mit Hobbys beschäftigen z. B. Falkenjagd oder Holzschnitzerei betreiben. Insgesamt haben die Männer ein angenehmes Leben, im Haus rühren sie keinen Finger. Wir waren sehr erstaunt dass das auch für schwere Arbeiten gilt: wir haben viele Frauen auf Baustellen Steine schleppen sehen, Häuserbauen gehört auch zur Hausarbeit! Dafür treffen die Frauen aber auch alle Entscheidungen in der Familie, die Männer haben nicht viel zu sagen.
In Teilen der Naxi-Bevölkerung ist es auch nicht üblich zu heiraten, ab dem Alter von 16 Jahren erhalten junge Frauen ein eigenes Zimmer wo sie ihre Liebhaber empfangen können. Wenn dann eine Frau schwanger wird gehört das Kind zur Familie der Frau, das Kind wird von der Mutter und ihrer Familie groß gezogen, der Vater spielt keine Rolle, die Vaterrolle übernehmen quasi die Brüder der Mutter die im Elternhaus leben.
Wirklich erstaunlich, vor allem dass das heute noch so gelebt wird hat uns erstaunt
Bei der Dongba Kultur (die Naxi gehören zu dieser Kulturgruppe) ist vor allem die Sprache interessant, diese wird im Museum ausführlich erläutert
es handelt sich um eine Bildersprache ähnlich dem Altägyptischen, das Wissen über diese Sprache ist aber nie verloren gegangen, die Schamanen beherrschen sie heute noch und es gibt jetzt Universitäten in China die diese Sprache studieren und lehren. Aus linguistischer Sicht ist sie wohl sehr interessant.
Auch die Kultur und Religion ist im Museum ausgestellt, die Religion ist animistisch, es gibt zahlreiche Rituale und Geisterbeschwörungen. Besonders ungewöhnlich ist dieses Ritual:
The ritual for offering sacrifices to the wind demons is held for the souls of those who died of comitting suicide (it is usually thought as abnormal). People would send the souls together with the demons of suicide, demons of suicide for love's sake and demons of hanging suicide to the place where they belong. This is a sacrifical scene of expiating the sins of the suicides for love' sake. In ancient times many couples of young girls and boys in Lijiang would commit suicide together in order to resist the feudal marital system and pursue a pure love
scheint ja keine so ganz glückliche Kultur gewesen zu sein
außerdem war die Tracht der Dongba ausgestellt:
und die Holzschitzereien der Dongba-Künstler
das Museumsgebäude:
ehrlich gesagt wußte ich vor der Reise von nationalen Minderheiten in China gar nichts (abgesehen von Tibet). Laut Holly gibt es in China über 60 verschiedene Minderheiten.
Anschließend fuhren wir dann zur Innenstadt von Lijiang. Holly besorgte für uns am Touristenbüro eine Touristenkarte die man in der Altstadt immer bei sich tragen muss, das ist so eine Art Kurtaxe, die man dort bezahlen muss. Auf dem Weg zur Altstadt fuhren wir an einem großen Mao-Denkmal vorbei, ich hatte den Fotoapparat nicht schnell genug zur Hand. Erstaunlicherweise war das die einzige Mao Statue die wir im ganzen Urlaub zu Gesicht bekamen!
Die Innenstadt ist reine Fußgängerzone nur ein paar Elektrokarren dürfen fahren, wir sind gelaufen aber unser Gepäck wurde transportiert:
unser Hotel das Hexi-Hotel war wieder in einem schönen historischen Gebäude untergebracht. Der Innenhof der Lobby:
unser Zimmer:
das Zimmer hätte auch in irgendeinem amerikanischen Motel sein können, da war nix asiatisches im Zimmer. Dafür hatte es aber auch ein Badezimmer mit amerikanischen Ausmaßen und großer Wanne, sehr gut geeignet zum Wäsche waschen. So häßlich das Zimmer innen war, so schön war es im Innenhof vor dem Zimmer:
da konnte man wunderbar Kaffee trinken
nach einer Stunde Pause holte uns Holly im Hotel ab und wir machten einen Rundgang durch die Altstadt. Lijiang liegt auf einer Höhe von 2300 Metern und trotzdem ist das Klima eher subtropisch, hier wachsen Bananen etc. Es ist fast das ganze Jahr schön warm hier und da es außer viel Landwirtschaft (Tabak-und Rosenanbau ist groß hier) keine weitere Industrie gibt ist die Luft sehr gut und Lijiang ist ein beliebter Urlaubsort für Chinesen, vor allem junge Leute reisen hierher zum Relaxen. Entsprechend voll war es in der Stadt. Zuerst gingen wir über den Markt
neben den üblichen Obst-, Gemüse- und Fleischständen gab es auch ungewöhnliche Stände mit getrockneten Blüten
es waren vor allem Rosenblüten die angeboten wurden und es gab sie nicht nur pur sondern auch verarbeitet, z.B. in Schokolade
die Spezialität von Lijiang sind Kekse mit Blütenfüllung, die gab es später auch in den Geschäften überall zu kaufen.
Bienenwaben habe ich auch noch nie auf einem Markt gesehen
nach dem Markt ging es dann durch die Gassen der Altstadt. Nahezu jedes Haus war ein Geschäft oder Restaurant, wirklich sehr touristisch, aber es wirkte trotzdem autentisch, gar nicht "Hollywood-like"
auf diesem Bild trägt ein Mann einen Korb auf dem Rücken, Holly meinte das sei sehr ungewöhnlich da den normalerweise Frauen tragen (das haben wir dann öfter gesehen), ein emanzipierter Naxi also
besonders lustig sah hier die Feuerwehr aus
bei den vielen Holzhäusern hier und den schmalen Strassen wahrscheinlich die einzige Möglichkeit. Ich fand ja dass man da Sprinkleranlagen bauen sollte. Holly hatte von dieser Technik noch nie was gehört und meinte dass es das in China nicht gibt (in unserem nächsten Ort waren wir aber wieder in einem historischen Hotel aus Holz und da hatte unser Zimmer eine Sprinkleranlage)
ein Bekleidungsgeschäft für Naxi:
die Preise hatten Boutique-Niveau, das liegt daran dass die vielen Stickereien und Perlen sehr aufwendige Handarbeit sind. Das ist kein Geschäft für Touristen, hier kaufen Einheimische ein sagte Holly (sie trug allerdings Jeans und T-Shirt)
es gab außerdem ganz viele Geschäfte mit Schmuck und Lederwaren, Andenken aller Art, Kleider etc.
nur fotografieren war schwierig in der Mittagssonne, aber die Wärme haben wir genossen
ein zum Löwen geschorener Chow Chow
in einem der Geschäfte wurde getrocknetes Yak-Fleisch verkauft, so was ähnliches wie Beef jerkey aber hundertmal besser, Mann war das lecker, leider habe ich kein Foto davon gemacht, es waren ganz lange Fasern aber butterweich. Eine der vielen Leckereien aus China die ich jetzt sehr vermisse!
in Lijiang gibt es viele Bäche und der Ort ist ein einziges Blütenmeer
Holly hat uns erzählt dass der Ort zum Nationalfeiertag immer noch zusätzlich mit Chrysanthemen geschmückt wird wie auf dem nächsten Bild zu sehen:
dann waren wir auf dem zentralen Platz von Lijiang angekommen wo wir eine Tanzvorführung zu sehen bekamen.
Man sieht hier die typische Tracht von Lijiang: viel blau: in Lijiang wird auch Indigo angebaut (und Baumwolle) und es gibt in der Gegend viele Tuchfärbereien. Am Rücken tragen die Frauen einen Umhang aus Ziegenleder damit der Rücken beim Tragen der schweren Lasten geschützt ist.
den Tanz mußte ich natürlich filmen. Laut Holly tanzen die alten Frauen hier regelmäßig und sie tun das nicht für die Touristen sondern für sich zum Spaß
der Typ in dem roten Pulli ist doch lustig oder?
Wir fanden es einfach super hier. Die Leute waren irgendwie alle tiefenentspannt. Ich kann mir gut vorstellen hier eine Woche Urlaub zu machen!
wieder in einer Gasse mit Wasser, ich hatte längst die Orientierung verloren, die Straßen waren hier alle gewunden, viele an Bachläufen entlang
am Ende der Altstadt ging es dann einen Hang hoch
oben stand dieser kleine Tempel. Er war noch ziemlich neu
wir sind natürlich rauf gegangen, Holly hat unten gewartet, sie hatte Knieprobleme
die tausende Drachen die das Schild beschrieben hat gab es wirklich
die Aussicht ganz oben war fantastisch! Der Berg ist ein Fünftausender!
auf der anderen Seite liegt die Altstadt
und dahinter noch mal ein Teil der Neustadt. Die Neustadt ist wirlich neu, 1996 gab es hier ein schlimmes Erdbeben, danach wurde die Stadt neu aufgebaut. Die Holzhäuser der Altstadt haben das Erdbeben überstanden, aber die Hochhäuser stürzten ein.
Viele Bauten in der Neustadt haben Solarzellen am Dach
Kohlekraftwerke gibt es in dieser Region nicht.
Auf dem Rückweg hat uns Holly in ein Teegeschäft geführt. Hier haben wir eine längere Teeverkostung gemacht, das war ein schöner kleiner Laden und der Tee war hervorragend. Ich bin sonst ja eher Kaffeetrinkerin. Die junge Frau die uns bedient hat meinte dass vor allem der Pu-Erh-Tee sehr gesund sei und dass er beim Abnehmen hilft. Dieses Argument hat mich überzeugt einen Teeziegel zu kaufen
Tee wird hier nicht lose verkauft sondern zu runden Ziegeln gepreßt, so ist er jahrelang haltbar.
Zurück am zentralen Platz fragte uns Holly ob sie uns in Hotel zurück begleiten soll aber Josef hatte sein Garmin mit und meinte dass er den Weg zum Hotel schon finden würde. Sie hat uns auf dem Stadtplan am zentralen Platz gezeigt wie wir zum Hotel kommen und meinte das sei eigentlich ganz einfach, aber wie ihr auf dem Plan sehen könnt kann das so einfach nicht sein. Wir stehen da wo das Smily ist und unsr Hotel liegt etwa am oberen linken Bildrand
wir sind noch nicht zum Hotel zurück gegenagen, jetzt am Nachmittag war das Licht sehr schön und wir haben uns noch ein paar Straßen der Altstadt angeschaut.
Wir haben noch nie einen Ort mit so viel Blumenschmuck gesehen, es war einfach herrlich hier!
Hier waren professionelle Fotografen am Werk:
ist das nicht traumhaft schön hier?
am Abend kamen Frauen um die Blumen zu gießen. Die sind ja alle in Töpfe gepflanzt, da muss man jeden Tag mindestens einmal gießen, was für eine Arbeit!
ein Schiff aus Blumen
Naxi sind genauso handyverrückt wie alle Chinesen, auch unsere Holly zückte ihr Ding ständig
hier mal eine rote Tracht
und dann fingen die Mädels zu tanzen an
und eine noch auffallendere Tracht:
dann sind wir langsam zum Hotel zurück gegeangen. Uns waren unterwegs keine öffentlichen Toiletten aufgefallen und mir war das Bad im Hotel auch lieber...
hier sieht man den typischen Tragekorb der Naxifrauen
immer wieder Blumen. Und das ist nur ein Bruchteil der Blumenfotos die ich heute gemacht habe!
jetzt wurde es langsam dunkel. Wir haben versucht uns an die Wegbeschreibung von Holly zu halten haben uns aber mehrfach verlaufen. Ohne Garmin wären wir heute noch nicht im Hotel. Die Gassen schauen irgendwie auch alle gleich aus.
laut Holly ist das Bergwasser das durch Lijiang fließt sehr sauber. Offensichtlich wird es zum Kochen verwendet (oder jedenfalls zum Gemüse waschen). Wir haben niemand gesehen der Wäsche im Wasser wusch und haben einfach gehofft dass die Hygiene in den Restaurants paßt...
im Hotel haben wir eine kurze Pause gemacht und sind dann noch mal losgegangen Richtung Innenstadt. Unser Hotel im Abendlicht:
Holly hatte uns ein Restaurant empfohlen: das Blue Papaya Restaurant. das haben wir aber nur zufällig wieder gefunden ! Innen wirkte es eher indisch als chinesisch
liegt Shangri-La nicht auch in Indien?
das Bier hat echt reingehauen das hatte 8,5 % Alkohol. Danach fühlt man sich wie in Shangri-La
zum Essen haben wir ein Yakgericht bestellt und ein Pilzgericht. Holly hatte wohl vergessen uns zu sagen dass man besser nur eins bestellt. Im Gegensatz zu den bisherigen chinesischen Restaurants waren die Portionen riesig, das konnte man unmöglich aufessen. Es war aber unglaublich lecker und wir haben gegessen bis wir nicht mehr konnten. An eine Nachspeise aus Blumenkeksen war aber wirklich nicht mehr zu denken.
auf dem Heimweg. Die meisten Geschäfte waren jetzt geschlossen aber alles ganz bunt angeleuchtet.
wir haben uns sehr bemüht den gleichen Weg zurück zu gehen wie am Hinweg und haben uns trotzdem wieder verlaufen. Dadurch kamen wir aber noch an einem kleinen Lebensmittelladen vorbei und haben Wein gekauft.
Den Rest könnt ihr euch denken
Lijiang war definitiv der schönste Ort auf unserer Reise. Kein Wunder dass der Franzose mit dem wir uns in Pingyao unterhalten haben so davon geschwärmt hat. In Frankreich wäre das eine ville fleurie mit 5 Sternen!