MI, 1.4.2015
Heute geht es gemächlich los. Es ist nur Sightseeing in Kochi angesagt, wobei es hier keine wirklich bombastischen Sehenswürdigkeiten gibt. Die ganze Stadt ist eine Sehenswürdigkeit.
Hier ist es im Gegensatz zu den Höhenlagen, in denen wir die vergangenen Tage unterwegs waren, sehr, sehr heiß und drückend.
Und so stehe ich morgens gegen 9.30 Uhr bereits bei glühender Hitze am Dobikhane, der örtlichen Wäscherei, und sehe, wie die Wäscher in der Hitze in der Lauge stehen und Schwerstarbeit verrichten. Einer singt. Shekhar meint, das tut er, weil er dann den Kopf leer habe und die Anstrengung nicht mehr so merke.
Ich werde total nett empfangen. Einer der Wäscher meint, dass gestern 1500 Touristen von der AIDA in Kochi gewesen seien. Das erklärt, weshalb beim Kathakali so viele Deutsche waren und auch den derzeit recht hohen Preis für die Hotels hier in der Stadt.
Gebügelt wird hier mit altertümlichen Eisen. Eine Frau bügelt noch mit einem mit Kohle gefüllten Eisen.
Wir fahren weiter zum Palast bzw. dem alten jüdischen Viertel. Kochi war lange Zeit von den Holländern dominiert, sodass der Palast auch “Dutch Palace” heißt. Hier gibt es vor allem schön bemalte Wände zu betrachten, weiterhin einige Ausstellungsstücke und Erklärungen zum Leben der hiesigen Maharaja-Familie. Fotografieren auch hier wieder streng verboten, aber ich kann trotzdem ein heimliches Bild machen.
Zu Fuß gehe ich durch die Jew town road, die gesäumt ist von Souvenirshops. Pashminas, Statuen von mini bis lebensgroß, Schnitzereien, Gewürze, alles, was das Herz begehrt.
Ich interessiere mich für Schals aus Yak-Wolle. Das spricht sich wohl schneller herum als ich die Straße entlang gehe, denn diese werden mir plötzlich überall unter die Nase gehalten - und alle Verkäufer erklären mir, dass die Schals im Geschäft nebenan billige China-Imitate seien, während nur er selbst die Originale habe.
Die Synagoge ist ein angenehmer Ort: Ein helles Gebäude, durchflutet von Licht und Luft, mit einer Menge Leuchtern aus Glas unter der Decke. Leider ist auch hier das Fotografieren tabu und auch nicht heimlich möglich, weil immer jemand im Raum ist.
Nach einer Weile komme ich wieder am Parkplatz an und wir fahren in den Stadtteil Fort zurück. Zwar ist Kochi wirklich übersichtlich, aber bei der Hitze bin ich ganz froh um jede Minute, die ich nicht draußen, sondern im klimatisierten Auto sitze, sodass ich mich gerne für ein paar Fotos von Kirchen und tatsächlich holländisch angehauchten Häusern herumfahren lasse, vor allem auch zu den chinesischen Fischernetzen, die heute eher bezahltes Fotomotiv sind als dass sie zum Fischen genutzt werden. Dennoch wird Fisch am Straßenrand verkauft und ich hoffe, dass der in den Lokalen fangfrisch ist und sofort auf Eis gelegt wird.
Ein alter Mann bietet mir sehr hübsche Karten an mit eingesteckten Blättern, auf die Motive aufgemalt sind. Echte Kinderarbeit sei das, erklärt er, und meint damit, dass Kinder die Motive gemalt haben, aber ich gehe mal stark von einem Aufdruck aus. Eine Französin kauft drei Karten. Ich möchte mehr und biete pro Karte weniger als sie. Der alte Mann verneint, ich müsse dasselbe zahlen wie die Frau. Das wiederum sehe ich nicht ein, denn bei einer größeren Menge müsse ich auch größeren Rabatt bekommen. Offenbar kann ich überzeugen und ziehe mit den Karten von dannen.
Shekhar wird immer wieder von Kommissionierern angesprochen, die ihn auffordern mich in bestimmte Shops zu bringen gegen 10 % Beteiligung am Umsatz, doch er lehnt ab. Er habe einen guten Namen, der ihm wichtig sei. Er wolle lieber an die Zukunft denken als an das schnelle Geschäft. Und ich finde, da liegt er richtig!
Ich bin gegen Mittag wieder in meinem wunderschönen Hotel Tissa's Inn: Klar, sauber, stilvoll, individuell und überaus freundlich und aufmerksam ohne Phrasendrescherei. So etwas mag ich!
Ich lege mich auf das Dach an den Pool, bis der Himmel sich bezieht und mache mich startklar für die zweite Runde.
Ich besuche die beiden Kirchen noch einmal und ziehe noch ein wenig durch die Gassen und die Shops, was ein wenig nervt, denn ich weiß ja inzwischen, wie ich mit Souvenirs umgehe, dass sie also meistens nicht wirklich einen Platz in meinem Leben nach der Heimkehr finden, und habe auch gar keine Lust mir bei der Affenhitze das Gerede anzuhören.
Es tröpfelt ein bisschen, und weil ich Angst habe gleich unter einer Dusche zu stehen, gehe ich schnell in das gegenüber liegende Café. Das stellt sich als echter Glücksgriff heraus: Irgendwie lässig und völlig ungestylt ist es hier, es gibt WIFI, leckeren Kaffee und zwei warm gemachte sauleckere Törtchen für den Gegenwert von 2,50 Euro.
Ich gehe zum nicht sichtbaren Sonnenuntergang noch zu den Fischernetzen, laufe noch ein wenig durch die Straßen. Weil es gestern gut gewesen ist, gehe ich nochmals ins gleiche Lokal zum Essen und stelle beruhigt fest, dass Fisch und Seafood hier auf Eis unter Glas gelagert werden, sodass der Fisch nicht schlecht werden und nicht von Fliegen getestet werden kann.
Heute ist “dry day”. Der Kellner erklärt, das sei an jedem Ersten eines Monats so in Kerala, denn die Männer sollten nicht das Geld heute am Zahltag gleich vertrinken, sondern es daheim abgeben. Na gut, dann werden sie es wohl morgen erst vertrinken. Ich lasse es nicht darauf ankommen zu testen, ob und wie ich an einen Drink komme, sondern bestelle mir brav Cola zum Essen, denn Wasser hatte ich heute schon 3 Liter.
Recht früh bin ich wieder im Hotel, aber keine Minute zu früh, denn nun klatscht es richtig los und der am Nachmittag noch zurückgehaltene Guss löst sich nun.