Hier sind die offiziellen Vorgaben für barrierefreies Webdesign:
http://www.barrierefreies-webdesign.de/wcag2/Wenn man sich die Punkte durchliest, wird man feststellen, dass das relativ abstrakt gehalten ist. Und da das natürlich für Menschen mit Wahrnehmungsbehinderungen gedacht ist (für einen Gehbehinderten benötigt man kein barrierefreies Design, bei Lähmung der Hände ist noch eine Frage, aber da sehe ich eigentlich die Pflicht auf einer anderen Ebene, nämlich physische Eingabehilfen), ist das für uns Gesunde schwer nachzuvollziehen, wann eine Seite wirklich barrierefrei ist.
Ich hatte in der Reha eine Zeit lang einen blinden Masseur, mit dem ich viel zusammen war, der hatte natürlich unmittelbar die Möglichkeit, geeignete Seiten von ungeeigneten zu unterscheiden. Für ihn war es beispielsweise wichtig, dass eine Seite mehr oder minder logisch von oben nach unten aufgebaut war, wenn die Inhalte zwar verknüpft, aber verteilt auf der Seite stehen, dann kommt es zu einem Informationsstau, er läßt sich die Seiten teilweise vorlesen, wenn da auf einmal ein anderer Text auftaucht, der gar nichts mit dem aktuellen Kontext zu tun hat, dann hat der ein Problem.
Eumerika ist wahrscheinlich nicht sonderlich barrierefrei, da habe ich auch gar keinen Einfluss drauf, das besteht ja aus dem SMF Script. Konsequenterweise müßten wir beispielsweise sog. "ALT" Tags bei Fotos angeben (macht keiner hier), wo der Inhalt kurz skizziert wird ("Gardasee" o.ä.), dann weiß der Blinde wenigstens, was der Sehende zu sehen bekommt und kann darauf ggf. die Kommentare verstehen.
Insgesamt glaube ich, kann man eine Seite wirklich nur in Zusammenarbeit mit entsprechend Behinderten wirklich barrierefrei gestalten, das liegt eben in der Natur der Sache, dass man als nicht-Betroffener viel zu vieles übersieht oder nicht berücksichtigt. Das ist ja schon bei Gehbehinderungen so (da kann ich ja mitreden), was von den einschlägigen Anbietern als "behindertengerecht" bezeichnet wird (Hotels, Schiffe usw. etc. pp.), das spottet oftmals jeder Beschreibung.
Mir fällt ein spontanes Beispiel ein, welches extrem verbreitet ist, aber es hat sich noch nie jemand um eine Lösung gekümmert: wenn Du mal an einem großen Buffet zum Essen gehst (also beispielsweise auf einer AIDA, da ist es mir nämlich zuletzt wieder aufgefallen), dann gibt es dort natürlich u.a. auch eine Salatbar. Da kannst Du dann am Anfang einen Teller greifen, gehst an der Auslage vorbei, tust Dir diesen oder jenen Salat auf den Teller und zum Schluss kommen dann noch ein paar große Schalen mit Dressings. Die ganze "Insel" (das sind ja immer so Inseln oder Stationen, wo die einzelnen Dinge angeboten werden) sind immer gleich aufgebaut, vor allem haben sie fast alle eines gemeinsam: es gibt auf der Insel selbst keinen Platz, um den Teller abzustellen. Wenn jemand nur einen Arm hat, oder wenn jemand (wie ich) eine Gehhilfe festhalten muss, dann hat er nur einen Arm für die ganze Aktion zur Verfügung. Ich behelfe mir dann immer damit, dass ich den Teller auf den Rollator stelle und den Salat dann mit der freien Hand aufschichte. Aber: wenn es zum Dressing kommt, dann wird es ganz besonders schwierig, denn üblicherweise steht dann so ein langstieliger, aber relativ wenig voluminöser Löffel in der Soße und dann muss ich (anders geht es nicht), auf eine ordentliche Entfernung versuchen, das Dressing aus der Schüssel auf den Salat zu balancieren und weil der Löffel auch noch so klein ist, muss ich das mehrmals hintereinander machen. Das endet IMMER in einer totalen Sauerei, die ich da veranstalte, aber peinlich ist mir das schon lange nicht mehr - das ist einfach für Behinderte ungeeignet.
Wenn Du den Restaurantleiter fragst (oder auch an der Rezeption), dann wird man Dir ganz sicher die Auskunft geben, dass das Buffet selbstverständlich behindertengerecht wäre - ist es aber nicht und wenn ich den Leuten das zeige, was für ein Krampf das ist, wie ich mir den Salat zusammenbaue, danns schauen sie immer ganz zerknirscht, aber es leuchtet natürlich sofort jedem ein, dass das einfach Mist ist. Ich habe noch so gut wie kein Buffet erlebt, wo das besser gemacht ist. Man muss immer den Teller in der einen Hand und den Löffel oder Greifer in der anderen Hand halten - eine Tellerablage sucht man meistens vergebens.
Und ich denke, das ist mit dem barrierefreien Internet genau das gleiche Problem, wir kennen die Probleme nicht aus dem Alltag und übersehen deswegen vieles.