Donnerstag, 12. März 2015: Cordoba – SevillaWir stärken uns heute morgen erst einmal mit einem Frühstück in dem Lokal, in dem wir schon gestern waren. Immerhin hat Elsa inzwischen herausgefunden, dass man einen schwarzen Kaffee, wie sie ihn gerne haben möchte, hier als „Americano“ bezeichnet. Im Frühstückslokal in Granada hatte der Kellner ihr noch ungefragt am Tisch einen gefühlten halben Liter Milch in den schwarzen Kaffee gekippt. Wir essen getoastetes Brot mit Tomatensauce und Jamon, Schinken. Elsa träufelt noch Olivenöl aufs Brot, so wie wir das gestern morgen am Nebentisch abgeschaut haben.
Anschließend checken wir aus, und weil die Unterkunft keine Rezeption hat und das Büro heute vormittag nicht besetzt ist, hat uns die Mitarbeiter schon bei unserer Ankunft das Prozedere erklärt: Wir müssen alles Gepäck in die Parkgarage bringen, das Auto beladen und hinausfahren. Dann muss ich wieder rauf in die Wohnung, die Schlüssel dort auf den Tisch legen, die Tür zuziehen und wieder runter auf die Straße zu Elsa. So weit so gut. Wir scheitern allerdings beinahe an der Tür zur Parkgarage, denn so oft ich es auch versuche: Der Schlüssel will nicht in das Schloss am Tor passen, das Garagentor bleibt zu, und Elsa, ich und das Auto sind im Parkhaus gefangen. Irgendwann komme ich auf die Idee, den kleinen Schlüsselanhänger an die Säule mit dem roten Licht weiter unten an der Ausfahrt zu halten, und schon öffnet sich die Tür. Zum Glück reagiert Elsa schnell und legt den Rückwärtsgang ein und bringt das Auto weg von der weit ausschwingenden Tür. Beinahe wäre uns die große Tür noch gegen den kleinen Seat geknallt.
Aus Cordoba herauszufinden ist auch nicht so einfach wie gedacht, denn als wir der markierten Route folgen, die die Mitarbeiterin mit den Worten, das sei alles ganz einfach, in den Plan gemalt hat, kommen wir bald an eine Straße, die nur von Anwohnern befahren werden darf. Also nochmal rum um den Block, und jetzt fahren wir so wie das Navi will und kommen irgendwann doch aus Cordoba heraus. Braver Navigator, ich bin froh, dass wir ihn an Bord haben.
Bis nach Sevilla sind es noch etwa eineinhalb Stunden, Elsa fährt und bringt uns gut in die Stadt. Dort sieht der Anfahrtsplan der Unterkunft eine 180-Grad-Drehung quer über eine Hauptverkehrsstraße vor, das Navi will uns noch ein Stück weiter lotsen und in einem Kreisverkehr drehen lassen. Wir verpassen beides und müssen ein wenig herumkurven, um in die richtige Richtung und in die richtige Straße zu kommen. Dort verpassen wir zwar wieder eine Abbiegung, aber das brave Navi schickt uns trotzdem zum Ziel. Hier in Sevilla haben wir wieder ein Apartment mit 2 Schlafzimmern gemietet, das Auto darf in die unterirdische Parkgarage, die glücklicherweise deutlich breitere Plätze hat als das Parkhaus in Sevilla, und dann haben wir auch noch Glück und können jetzt, um zwölf Uhr, schon in unser Apartment. Es liegt fußläufig zur Fußgängerzone und den Sehenswürdigkeiten, also lassen wir das Auto wo es ist und machen uns zu Fuß auf den Weg.
In Sevilla besichtigen wir zuerst die Kathedrale.
Ich gönne mir einen Audioguide, aber entweder bin ich zu blöd, um ihn zu bedienen, ober die Beschilderung stimmt nicht, jedenfalls erzählt mir die Stimme aus dem Gerät am Grabmal von Kolumbus eine Geschichte über ein Jesuskind mit geschlossenem Mund. Also muss ich den Reiseführer zu Rate ziehen, und der weiß immerhin, dass man hier in Sevilla durch einen Gentest nachgewiesen hat, dass man tatsächlich Kolumbus' Knochen hat, zumindest einen Teil davon, und dass Kolumbus rothaarig und sommersprossig war, was so gar nicht zu meiner Vorstellung passt.
Zur Errichtung der Kathedrale wurde, man ahnt es schon, die ehemalige Moschee umgebaut. Die Kathedrale selbst ist nicht gerade ein Musterbeispiel an Bescheidenheit. Schon der Eingangsbereich ist mit Gemälden quasi zutapeziert, es ist fast, als hätte man gar nicht mehr gewusst, wohin mit dem ganzen Reichtum, den man im Übersee“handel“ erworben hat. Kein Wunder, dass der Mitarbeiter beim Ticketkauf auf meine Frage, wie lange man für den Besuch der Kathedrale brauche, mal locker "zwei Stunden" geantwortet hat. Der Altarbereich ist ein einziges Meer aus edlen Metallen, aber vor lauter Gold kann man hier kaum noch etwas erkennen.
Ein wiederkehrendes Thema in der Kathedrale sind übrigens Erdkugeln und gedemütigte Gefangene.
Die Giralda, das ehemalige Minarett, das nach der christlichen Eroberung zum Kirchturm wurde, steigt man statt auf Treppen auf Rampen empor. Der Eroberer der Stadt, Ferdinand, soll die Rampen auf seinem Pferd hochgeritten sein. Wir haben keine Pferde zur Hand, schaffen es aber trotzdem nach oben und genießen den Blick über die Stadt.
Anschließend gönnen wir uns ein paar Tapas und schauen im Archivo General de Indias vorbei, dem Archiv für die spanische Kolonialzeit, wo unter anderem einige Nachdrucke und Originale von Handschriften und Karten ausgestellt sind, und man sich vorstellen kann, wo das ganze Gold der Kathedrale herkommt.
Wir gehen weiter, erst einmal zum Ufer des Guadalquivir und zum Torre del Oro, dem Goldturm, von dem früher eine Kette bis zu einem gegenüberliegenden Turm gespannt war, um den Hafen zu sichern.
Schließlich laufen wir noch zum Parque Maria Luisa und zur Plaza de Espana. Langsam taucht die Nachmittagssonne die Gebäude in goldenes Licht, überall sitzen Leute, Pferdehufe klappern über das Pflaster, es ist eine entspannte Atmosphäre. Wie ich nach der Rückkehr nach Deutschland zufällig lese, wurde hier übrigens eine Szene aus Star Wars, Angriff der Klonkrieger, gedreht.
Nach einem kleinen Imbiss an einem mexikanischen Restaurant schlendern wir schließlich noch ein Stück die Hauptstraße entlang und machen uns dann auf die Suche nach der Plaza Santa Cruz.
Unterwegs versagen sowohl der Plan, den wir an der Rezeption bekommen haben als auch der Plan in meinem Reiseführer und wir müssen uns immer wieder durchfragen. Schließlich kommen wir an und betreten die Räume des Flamenco-Theaters „Los Gallos“, in dem wir heute abend Flamenco-Darbietungen sehen wollen.
Ich bin etwas skeptisch. Nach all dem, was wir in den letzten Tagen an Flamenco und Flamencoartigem gesehen haben, kann ich mir im Moment nicht vorstellen, eine über eineinhalbstündige Vorstellung durchzustehen, und die Tatsache, dass im Eintrittspreis ein Getränk schon enthalten ist und das Getränk auch genau so schmeckt, lässt mich schlimmes erahnen. Als dann ein Sänger die klagende Stimme anhebt und dabei ständig seinen Gürtel packt und seine Hose hochzieht, sehe ich mich schon in meiner Befürchtung bestätigt, in die schlimmste Touristenfalle Sevillas gelaufen zu sein. Aber dann geht’s los: Tolle Gitarrenklänge, mit Imbrunst tanzende Frauen, schnelle Schritte klappern über den Boden, Rocksäume werden regelrecht akrobatisch geworfen, und auch wenn der Gesang meinen Geschmack nicht wirklich trifft, wird er doch mit solcher Theatralik und Mimik vorgetragen, dass man sich dem Zauber nicht entziehen kann. Eine Tänzerin scheint sich regelrecht wie eine Schamanin in Trance zu tanzen. Elsa und ich sind begeistert. Der Besuch hier hat sich wirklich gelohnt.
Auf dem Weg zurück zum Hotel essen wir noch ein paar Tapas, dann marschieren wir weiter durch den kalten Abend durch Sevillas Straßen Richtung Unterkunft.
Nur einmal halten wir an, als wir nämlich ein merkwürdiges verhülltes Gebilde sehen, unter dem lauter junge Männer stecken. Bald wird uns klar: Die üben hier schon für eine Prozession in der Semana Santa.
Heute abend bin ich todmüde, und Elsa hat schon angekündigt, so von Eindrücken übersättigt zu sein, dass sie morgen den Besuch des Alcazars ausfallen und sich lieber durch die Straßen und Geschäfte treiben lassen wird.
Morgen nachmittag werden wir dann Richtung Meer fahren.
Gute Nacht!