11. April 2013, Donnerstag: 16. Tag, Palo Duro Statepark ... und dann doch noch Big TexanWie gewohnt schalten wir auch heute kurz nach dem Aufwachen (so gegen 7.30 Uhr) den Fernseher ein und schalten auf den Wetterkanal. Die Aussichten für die nächsten Tage sind sehr gut, heute bereits soll den ganzen Tag die Sonne scheinen, nur die heutigen Höchsttemperaturen erreichen nur knapp die 65 Fahrenheit. Das spricht für eine kühle Luft draußen.
Aktuell wird für Amarillo 21 Fahrenheit gemeldet.
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WIE BITTE? Draußen sind es 21 Fahrenheit?? Spinnen die?? Das sind
-6 Grad Celsius, in Worten:
Minus Sechs! Das kann ja wohl nicht wahr sein - wir haben ja schon einiges eingeplant - aber nicht -6 Grad Celsius. Ich wußte gar nicht, dass das im April hier im Süden überhaupt möglich ist. Wie wir später herausfinden, ist das auch extrem selten - zuletzt war es vor über 50 Jahren so kalt um diese Jahreszeit. Hammer!
Da hilft kein Jammern, also Sweatshirt und Lederjacke sind wieder einmal Pflicht und in der Tat ist es schweinekalt draußen. Nach dem Checkout geht es zum nächsten Subway, der ist schön geheizt, wie angenehm. Der kleine Smalltalk an der Theke ergibt, dass auch der Angestellte noch nie so kalte Temperaturen im April erlebt hat. Das bekannte F-Wort fällt im Zusammenhang mit "cold".
Als wir nach dem Frühstück aufbrechen, ist es aber sicherlich schon 5 Grad oder vielleicht auch 10 Grad wärmer, die sehr kräftige Sonne (es ist mittlerweile ca. 10.00 Uhr) arbeitet sich durch die kalte Luft. Noch ist Polen resp. Amarillo nicht verloren!
Bevor wir zum Palo Duro Canyon fahren, wollen wir in Amarillo noch eben die Route66 mit der Historic Site besuchen. Das stellt sich, trotz Navi, als recht schwierig heraus, die Straßennamen sind nur Nummern mit "South" oder "North" davor und wir haben nur einen sehr schlechten Stadtplan von Amarillo. Als wir es gut eine halbe Stunde später dennoch finden, ist es ein Flop - nichts besonderes, da haben wir schon besseres Route66 Flair gesehen. Also wird die Navi auf Palo Duro gestellt und wir fahren dann eben dort hin.
Als wir dort eintreffen, ist es schon deutlich wärmer geworden, wenn auch noch bei weitem nicht warm. Aber auch nicht mehr schweinekalt. Heute wollen wir den Rundweg durch den Statepark fahren, leider erfüllt sich meine Hoffnung nicht, dass wir (wenigstens teilweise) oben auf dem Rim fahren, der Weg geht zügig ins Tal hinab und bleibt dort auch. Ich hatte das gehofft, weil man nur vom Rim aus das sog. "Lighthouse" fotografieren kann, sicherlich das bekannteste Fotomotiv des Palo Duro Canyon. So bleibt uns nichts anderes übrig, als zum sog. "Lighthouse Trail" zu fahren und zu schauen, was man da machen kann.
Auf dem Weg dahin bekommen wir zunächst Gesellschaft von einem sehr selbstbewussten Vogel (könnte eine Art Rebhuhn sein), der zunächst unbeeindruckt vor unserem Auto umher stolzt:
Nach einigen Metern schlägt er sich rechts ins Gebüsch, erklimmt zügig eine kleine Anhöhe und latscht dann neben unserem Auto her - das sieht zum Schreien aus, der hebt so doof die Füße so hoch, als wenn er durch ein Spargelfeld stiefelt:
Der Vogel ließ sich durch nichts aus der Ruhe bringen und wir hätten sicherlich noch stundenlang gemeinsam mit ihm durch den Park gehen können, aber er ist ja dann doch arg langsam, also lösen wir uns irgendwann von ihm, um den Park alleine zu erkunden. Unten im Tal queren mehrere kleine Bäche oder so (sieht fast aus wie ein Pril am Meer) die Straße, die an einigen Stellen dann sogar unter Wasser ist und man vorsichtig durchfahren muss:
Da sind sogar Wasserstandsanzeiger am Straßenrand, damit man keine unangenehme Überraschung erlebt. Keine Ahnung, wo hier das Wasser herkommt. Dann erreichen wir den Anfang des "Lighthouse Trails":
Eigentlich noch ein recht moderater Weg, wenn es da nicht ein ganz großes grundsätzliches Problem gäbe: bis zum Lighthouse sind es 6 Meilen! Sprich: 10 Kilometer. Das ist illusorisch, das könnte ich nicht einmal, wenn der ganze Weg perfekt asphaltiert wäre. Am Anfang steht außerdem noch ein großes Schild mit einer Warnung, dass es im Verlauf des Tals extrem heiß werden kann und dass man mindestens 1 Gallone Wasser pro Person mitnehmen soll, ansonsten bestünde Lebensgefahr. Außerdem solle man sich mit Sonnenblocker schützen und adäquate Kleidung inkl. Kappe tragen. Dort ist auch ein Thermometer angezeigt, aber heute zeigt es nicht einmal 70 Fahrenheit an - auch wenn es für uns inzwischen angenehm warm geworden ist, das dürfte für diese Stelle und Tageszeit eher "kalt" sein. Im Moment hält die kräftige Sonne so gerade das Gleichgewicht zur kalten Luft. Wunderbares Klima.
Damit ist allerdings auch unsere Vorstellung von einem Foto des Lighthouse endgültig gestorben, sehr schade, aber was nicht geht, das geht eben nicht. Also geniessen wir nur noch das schöne Wetter und fahren die Runde konsequent weiter. Hin und wieder machen wir ein Foto von der Landschaft, die nicht unbedingt unattraktiv ist, aber so der Oberbrüller ist das auch nicht. Man kann an verschiedensten Stellen auch seinen Camper aufbauen, aber im Moment ist alles gähnend leer. Hier noch ein paar Eindrück vom Palo Duro Canyon:
Kurz vor Ende des Loops kommen wir nochmal am Visitorcenter vorbei, Sylvia geht da noch schnell auf Toilette - und ich frage einfach mal, ob denn dieses "Big Texan" vernünftige Steaks anbietet oder ob das doch eher ein Touri-Nepp ist. Die Dame plädiert für Touri-Nepp, gibt aber immerhin zu, keine Ahnung zu haben, weil sie kein Fleisch ißt.
Wir haben nämlich noch relativ viel Zeit, dieser Besuch ging dann doch etwas schneller herum als geplant und da haben wir überlegt, wenn wir dann schon einmal im Leben in Amarillo sind, dann müssen wir eigentlich die Big Texan Steak Ranch (wie es komplett heißt) besuchen. Ich hatte mir die Autobahnabfahrt gemerkt und als Sylvia wieder zurückkommt, beschließen wir kühn, einfach mal dorthin zu fahren, angeblich gibt es direkt dort auch ein Motel, so dass man nicht einmal mit dem Auto fahren muss.
Eine gute Stunde später sind wir auch schon da, man kann es eigentlich kaum verfehlen, weil es von allen Seiten ausgeschildert ist und das dazugehörige Motel sieht eigentlich zwar etwas kitschig bunt, aber dennoch ganz nett aus. Wir machen unsere Entscheidung vom Zimmerpreis abhängig (ich befürchtete nämlich, dass bereits das Motel Nepp ist), bis brutto 100$ würden wir mitgehen. An der Rezeption gewährt man uns selbstverständlich AAA Discount und dann kostet das Zimmer nur 69$ plus Tax - da kann man nicht meckern. Kurze Zeit später sind wir im Zimmer, ein ausgesprochen nettes und gepflegtes Zimmer im Cowboy-Wildwest-Stil, sogar mit schwingender Saloontüre zum Bad. Wirklich gut!
Bevor wir nach gegenüber ins Restaurant gehen, fotografieren wir auch noch die bunte Motelzeile:
Dann gehen wir zum Essen. Obwohl es heute noch relativ früh ist (ca. 18.00 Uhr), ist der (sehr große) Laden ziemlich voll. Man sitzt, ähnlich wie in einem Bierzelt, an extrem langen Tischen mit allen Leuten zusammen. Da das dort aber recht eng zugeht, bekommen wir dann doch eine der wenigen Boothes am Fenster, ein hübscher Platz. Leider stellt sich heraus, dass wir eine "luschige" Kellnerin haben, schnell ist jedenfalls anders.
Dennoch bekommen auch wir irgendwann Getränke und die Speisenkarte ... und, nein, ich bin nicht in der Hall of Fame, ich habe es nämlich gar nicht erst versucht, ich kann kein 72 Unzen Steak essen. Aber wer es schafft, bekommt es eben geschenkt.
Immerhin bestelle ich aber ein 22 Unzen Steak, das ist auch ein ganz schöner Klumpen, es ist auch (wie gestern im Texas Roadhouse) ein Sirloin, aber offensichtlich kein USDA Prime. Denn gestern war das Steak erheblich weicher und nicht weit von einem Filet entfernt, heute brauche ich meine Kaumuskulatur schon deutlich mehr. Sylvias kleines 9-Unzen Steak ist heftig verbrannt, es schmeckt ihr nicht. Da mein Steak sowieso viel zu groß ist, teile ich das mit ihr und wir lassen das andere Steak liegen. Auf Gemotze habe ich keinen Bock, mein Steak reicht vollkommen für uns beide. Also zugegeben: gegen Roadhouse kommt der Big Texan nicht an. Zumindest nicht am heutigen Tag. Daran ändert auch das hausgebraute Bier nichts mehr, welches es in den verschiedensten Varianten gibt.
Fazit: gutes Motel (wesentlich besser als erwartet), mittelmäßiges und etwas zu teures Steakhouse. Insgesamt müßte man es eigentlich nicht gesehen haben - wenn es nicht diesen Ruf hätte, weswegen es so bekannt geworden ist. Und wer weiß, ob und wann wir noch einmal wiederkommen.