Donnerstag, 30.10.2014: BarbadosKomisch, heute ist gar nicht so sehr viel Verkehr... Bevor es losgeht, teile ich mir meinen Frühstückskeks wieder mit ein paar Spatzen, auf meine Cornflakes stehen die nicht.
Ich weiß nicht so recht, was ich machen will: Die Fahrerei hier auf der Insel macht dank Moky zwar Spaß, ist aber dennoch nervig, und irgendwie habe ich keine Lust mehr auf das Herumgekurve.
Also entscheide ich mich für das Schnorcheln im Folkestone Underwater Park bei Holetown und fahre den nicht allzu langen Weg schon mehr oder weniger auswendig.
Hier gibt es einen kostenfreien leeren Parkplatz, Picknicktische mit Bänken, Schließfächer, Umkleiden, Toiletten und eine Dusche, alles nicht mehr brandneu, aber irgendwie sympathisch.
Eins der Riffe ist ganz nah, ich sehe mir eine ganze Weile die Unterwasserwelt an bis ich friere. Es gibt hier noch ein Wrack etwas weiter draußen. Man kann dorthin schwimmen, aber das ist mir zu weit, zu viel Respekt vor dem Wasser, obwohl der Rettungsschwimmer aufmerksam, fix und sportlich wirkt. Aber ob die Jetskifahrer, die hier herumsausen, mich bemerken würden, ist fraglich.
Ich sehe mich hier noch ein wenig um, die Kirche von Holetown und ein nettes kleines Wochenendhäuschen, das auch von England hierher versetzt wirkt.
Auf dem Rückweg fahre ich noch zur Mount Gay Rum Destille. Ich denke, mein Eindruck ist richtig: Man füllt die Besucher ab und gibt ihnen den Eintritt sozusagen in Naturalien wieder. Das eigentliche Geschäft macht die Destille, wenn der Gast in der richtigen Stimmung ist und dann in den Shop gelotst wird. Die Süße, die den Film anschaltet und den Rum ausschenkt und dann noch einen Blick in die hoch geheime Produktionshalle werfen lässt, gibt sich alle Mühe, vom Begrüßungsrumpunsch bis zu den drei dann verkosteten Rumsorten. Und auch den Spruch, irgendwo auf der Welt sei es jetzt (11.30 Uhr Ortszeit) schon 18 Uhr, kenne ich schon von Bacardi auf Puerto Rico.
Rum, das Gold der Karibik. Auf Barbados gebe es 1800 Rumshops, und in der Nähe eines jeden sei eine Kirche, und das Trinken gehöre hier zum Alltag wie die Religion. Na gut, unschlagbare Argumente - ich greife zu.
Mit ein wenig Glimmer vor den Augen stolpere ich zum Auto. Diese winzigen Pfützen sind objektiv sicher nicht der Rede wert gewesen, aber die Hitze und die frühe Tageszeit tun ihr Übriges dazu.
Nun muss ich erst einmal etwas essen, so steuere ich die nächste Möglichkeit an, einen 'Chefette'. Den findet man hier auf der Insel an jeder Ecke, es ist die barbadische Version eines Mc. Donalds, Taco Bell oder Wendy's, eine Fastfood-Kette. Ich entscheide mich für ein Roti mit Rind und Kartoffeln und bin echt positiv überrascht. Es ist die indische Variante eines Wrap bzw. Burrito und schmeckt wirklich indisch. Mit der Cola dazu bringt es mich wieder in Form, und so lasse ich Bridgetown bei der Durchfahrt links liegen und fahre die wenigen Kilometer zurück direkt zum Hotel, wo tatsächlich mal ein entspannter Pool- bzw. Strandnachmittag auf mich wartet, während in der Laundry meine Wäsche ihre Runden in Waschmaschine und Trockner zieht.
Ich habe Lust noch ein bisschen Abendstimmung zu genießen und hoffe, diese am South Point zu finden. Den Leuchtturm dort kann ich vom Hotel aus sehen.
Es geht durch das volle Oistins im Schneckentempo. Der Leuchtturm selbst liegt unspektakulär, die Küste ist auch hier verbaut, oder besser bebaut mit einem sehr nobel wirkenden Wohnviertel. So bin ich schnell wieder zurück.
Ich stelle Moky wieder am Hotel ab und gehe zum örtlichen Sportplatz. Hier scheint heute etwas los zu sein. Bis weit stadtauswärts ist der Straßenrand zugeparkt, hier dröhnt laute Musik. Fast nur Einheimische sind hier, und irgendwie fühle ich mich wie ein Störenfried.
Ich kaufe mir etwas zu essen. Aber die Damen hinter dem Stand sind etwas ratlos, was sie mir anbieten sollen. Ich werde sozusagen durchgereicht, bis eine mir beherzt auf meine Bestellung von Fisch mit Reis und Gemüse eine Box mit Tunfisch, Reis und Salat in die Hand drückt. Das gewünschte Gemüse lasse ich mir noch oben drauf geben. Hatten wohl alle schon ein bisschen viel Rum, und irgendwie glaube ich, man wäre hier gerne unter sich.
Die Veranstaltung ist sicher so etwas ähnliches wie ein Dorffest, zu dem in Deutschland mit eins- zwei- tap-eins-zwei-tap zu Wolfgang Petry getanzt würde. Und so beobachte ich, wie die meist älteren Menschen hier tanzen wie die Achtzehnjährigen. Und das hat mit dem Dorftanz in Deutschland, bei dem vorwiegend steife Damen von unwilligen und ungeschickten Herren über die Dielen des Festzeltes geschoben werden, so rein gar nichts zu tun. Eine swingende und tanzende Omi ohne Zähne und mit Krückstock fasziniert mich. Sie ist wirklich wie aus dem Film!
Lange bleibe ich nicht. Auf noch mehr Rum habe ich heute keine Lust und außer den Tanzenden zuzusehen kann man hier als Fremdkörper sonst nicht viel tun, wenn man schon satt ist.
Ich entscheide mich für einen Rest des Abends auf dem Balkon, und das ist wohl ganz gut so gewesen.
Auf dem Rückweg werde ich von einem Verkäufer angesprochen. Er verkauft Mangos und Kokosnüsse. Leeeeeecker! Eine frische Kokosnuss schlachtet er mir, holt sie extra von drinnen, wo sie gekühlt wurde. Und die Mango esse ich morgen zum Frühstück. Ich frage ihn nach dem Fest und er erklärt mir, es sei ein bekannter Radiomoderator, der jeden Donnerstag an einem anderen Ort auf Barbados auflegt. Seine Musik sei das nicht, obwohl auch einige junge Menschen das mögen, die Musik sei schon 30 bis 40 Jahre alt. Er läuft noch hinter mir her, hat die von mir ausgetrunkene Kokosnuss noch ganz geschlachtet. Ich soll sie mit dem Löffel auslöffeln oder mit einem Buttermesser das Fruchtfleisch herausheben, nicht mit einem scharfen Messer, sonst verletze ich mich. Ich bekomme noch einen herzhaften Klaps auf die Schulter von ihm und er trollt sich wieder zu seinem Stand.
Mir hat er wieder mal gezeigt, warum ich reise: weil es mir immer wieder nach kleinen Enttäuschungen, deprimierenden oder anstrengenden Augenblicken zeigt, dass die Welt überwiegend freundlich ist und es gut meint mit mir.
Die Erkenntnis des Tages: Barbados mag seine Gäste, aber Barbados hat auch eine Privatsphäre, bei der man als Touri einfach nicht mitreden kann.