Mittwoch, 29.10.2014: BarbadosWieder werde ich früh wach und will den Tag ausnutzen. Erstmal Frühstück mit Kaffee und Cornflakes und einem Stück Kuchen, das ich mit frechen Federfreunden auf dem Balkon teile.
Etwas routinierter als gestern packe ich gleich zwei Taschen: Eine Badetasche für den Kofferraum, damit ich nicht bei jedem Halt alles ein- und wieder auspacken muss und meine kleine Schultertasche, in der ich alles habe, was ich auch bei Besichtigungen dabei habe, sowie den derzeit seeeehr wichtigen externen Akku für das Handy.
Moky findet, ich habe nicht ordentlich geduscht und schenkt mir (ausschließlich auf der Fahrerseite) mehrere Schwalle des Regenwassers von gestern und letzter Nacht.
Ich möchte die Westküste hoch fahren, nach Holetown und Speightstown. Gesagt, getan. Der Weg ist leichter zu finden als gestern, potenziell halt immer links in Richtung Wasser bis es blau-türkis zwischen Bäumen und Gebäuden durchschimmert.
Den geneigten Leser erwartet auch heute überwiegend keine Einsamkeit, dafür pompöse britische Villen, die leider unfotografiert blieben, der eine oder andere Strand, der durch strahlende Sonne, schönen Sand und ruhiges karibisch blaues Wasser überzeugt, allerdings nicht unbedingt durch Weitläufigkeit und an dem offenbar unvermeidliche Geschäftemacher unterwegs sind, allerdings von der netten nicht zu penetranten Sorte. Das bedeutet, dass es keineswegs über eine malerische Küstenstraße geht, sondern über eine, die ziemlich bebaut ist.
Ich sehe mir Holetown an: Ganz nett, sehr nobel, leider führt die volle Straße mitten durch den Ort. Einen netten Strand gibt es hier. Vielleicht wäre es rein von der Lage her die praktischere Destination für mich gewesen.
Es folgt Speightstown: Nicht ganz so nett, nicht ganz so nobel, aber hier wird es schon einsamer und der Ort ist weniger für Touris als vielmehr für´s normale Leben gemacht. Ab hier sind übrigens mit kostbarem Rum beladene Segler in See gestochen um die Menschen in der alten Welt mit dem Gold der Karibik ebenso glücklich zu machen wie es die Menschen hier sind.
Ich fahre ganz in den Norden der Insel zum Animal Flower Cave und genieße tolle Aussichten auf Steilküste, tiefblaues Meer und grüne Wiesen mit Ziegen drauf, die vielleicht eher nach England passen würden.
Auf dem Rückweg halte ich bei einem Verkäufer, dem ich das auf dem Hinweg versprochen habe. Er findet mich toll, weil ich mein Versprechen halte. Ob ich verheiratet sei? Nein? Wie das denn sein könne, wenn ich doch solch eine wunderschöne Frau sei. Aha, so läuft das also! Nee, ich will aber niemanden, auch wenn er trotz einer gewissen Verlebtheit und Abgerissenheit was hermacht und eine sehr angenehm sanfte Stimme hat. Charmant ist er, sodass der Smalltalk mit Flirtanteilen for free Spaß macht. Und man merkt, dass er gerne seine Insel vermitteln würde. Die Fischerboote und kleinen Häuschen auf den Bildern, die er unter anderem verkauft, sind das wahre Barbados, nicht die stylischen Hotels und Bars. Ganz meine Meinung! Wir tauschen noch ein paar gut gelaunte Scherze und ich fahre weiter. I made his day, weil ich etwas bei ihm gekauft habe und he made my day, weil er irgendwie lustig war und mir eine Kusshand zum Abschied zuwirft.
An der Kirche St. Lucy vorbei finde ich zur St. Nicholas Abbey, einer schön restaurierten Plantage mit Sugar Mill und zum Museum ausgebauten Wirtschaftsräumen und Sugar Cane Feld zum spazierengehen nebenan.
Nach dem Genießen des zufällig gefundenen Ausblicks auf die Ostküste einige Meter weiter (s. letztes Bild oben) suche ich den Farley National Park. Der Eintritt ist mit 53 Barbados-Dollar (mehr als 20 Euro) sauteuer, und ich frage, ob ich mit Karte zahlen kann. Geht nicht, aber ich habe kein Bargeld dabei (zumindest will ich nicht auf den letzten Dollar blank sein, was ich der Dame aber nicht sage) und darf so rein, sie erlaubt mir den kurzen Rundkurs einmal zu fahren, das finde ich echt lieb. Keine Ahnung, was es sonst dort zu sehen gegeben hätte, rein für das, was es auf der Runde gibt, wäre es mir den Eintritt nicht wert gewesen.
Und natürlich fahre ich wieder in die falsche Richtung, weil die Navi mal wieder nicht weiß, wo wir sind. Ich fahre links ran und versuche mich zu orientieren: Im Osten geht die Sonne auf, im Süden steigt sie hoch hinauf...“ Jetzt ist es äääääähhh, wie spät? Wo ist der Schatten? Fahre ich nun in Richtung Ostküste oder zurück zur Westküste?… Wieder hält ein Auto, es ist die Polizei. ob es mir gut geht, will man wissen, beschreibt mir den Weg und ermöglicht mir mit Trara das Wenden durch das Einschalten der Signale, während dahinter schon andere Autos warten. Wie wäre es in Deutschland gelaufen? Wahrscheinlich eine Durchsage über Lautsprecher, dass ich den Verkehr behindere und doch bitte weiter fahren soll.
Die Fahrt zurück dauert etwas, aber der Weg ist leicht zu finden. Ich beschließe einen Abstecher nach Bridgetown zu machen, denn ich habe wieder mal den ganzen Tag nicht gemerkt, dass ich Hunger bekommen habe und will nicht immer nur in St. Lawrence Gap essen.
Das Auto findet einen Platz im Parkhaus und ich einen im Außenbereich eines Lokals an der Careenage mit Ausblick auf die Stadt. Von meinem Platz aus kann ich Beach Boys at work beobachten. Sonst ist nicht viel los. Etwas zu essen und viele kühle Getränke tun gut, und so breche ich auf Bridgetown zu erobern. Auch diese Stadt ist nicht sehr spektakulär. Es gibt ein Denkmal und ein Parlament und zwei Einkaufsstraßen: Auf der einen ist es billig und es ist viel los, die andere ist teuer und unbelebt. Etwas Schönes zu kaufen finde ich nicht.
OK, also nun wirklich nur noch zum Hotel und einmal kurz ins Meer hüpfen.
Als die Frösche beim Dunkelwerden ihr Konzert beginnen, mache ich mich auf die Suche nach etwas Essbarem. Den Tag beende ich in der Kneipe nebenan mit Flying Fish und Rum Punsch, begleitet vom Beschreiben der letzten beiden Reisetage.
Die Erkenntnis des Tages: Karibik bedeutet die Freundlichkeit zu finden, die ich in den USA immer zu finden hoffe, die aber den Menschen dort schon ein bisschen verloren gegangen ist und durch ritualisierten small Talk abgelöst wurde.