Dienstag 15. Juli 2014Frühstück gab es heute im Wintergarten unserer schönen B&B Villa. Es saßen bereits andere Gäste beim Frühstück, das hat fast schon Hotelcharakter. Der Eigentümer, der beim Frühstück bediente, war sehr langsam und umständlich. Warum müssen auf der Wurstplatte nur 4 Scheiben liegen wenn 10 Leute beim Frühsück sind? Er kam mit dem Nachfüllen kaum nach. Ich kann kaum zuschauen wenn jemand so unpraktisch arbeitet, schaffte es aber immer genügend Aufmerksamkeit zu finden so dass er meine Kaffeetasse rechtzeitig nachfüllte.
Leider war es heute stark bewölkt, aber auf den Glockenturm in Brügge wollten wir trotzdem noch steigen. Am Ticketschalter steht ein Schild dass nie mehr als 50 Leute auf den Turm dürfen, es ist also gut wenn man gleich morgens kommt wenn er öffnet, wir waren mit die ersten. Die Treppe war anfangs gut zu gehen, wird weiter oben aber so eng dass niemend mehr vorbei gehen kann und diese Wendeltreppe muss man später auch wieder runter gehen (da gabs dann auch Stau). Auch oben ist es extrem eng, da passen niemals 50 Leute auf den schmalen umlaufenden Balkon.
Man steht bei der obersten Fensterreihe
Im Innenhof war der Eingang zum Turm
Der Blick von oben war natürlich toll wäre aber bei besserem Wetter noch viel schöner. wir hatten aber immerhin das Glück dass gerade das Glockenspiel spielte als wir auf dem Turm oben waren. Obwohl wir direkt unter den Glocken standen war es nicht unangenehm laut. Blick auf Brügge:
auf dem Rückweg zum B&B wo wir unser Auto stehen lassen durften haben wir in einen Innhof geschaut, das hier sind ganz normale Wohnungen, hier würde es mir auch gefallen!
ein kleiner Supermarkt lag auch auf dem Weg, da haben wir unsere Getränkevorräte aufgestockt und waren um hab 12 wieder am Auto. Wir mußten zur Toilette und haben am B&B geklngelt. Wähernd ich auf meinen Freund gewartet habe, habe ich dem Besitzer beim Abräumen der Frühstückstische zugeschaut, ja der war um halb 12 immer noch mit dem Abdecken beschäftigt. Echt ich habe noch nie jemand so umständlich arbeiten sehen. Ich war kurz davor ihm das Geschirr aus der Hand zu nehmen. Seine Frau war nicht zu sehen, an ihrer Stelle würde ich mir das aber auch nicht antun.
Gestern hatte sie mir erzählt dass ihr Gärtner erkrankt sei und daher der Garten so verwildert ausschaut. Bei dem Tempo das ihr Gatte drauf hat ist natürlich zusätzliches Rasenmähen nicht mehr drin. Ich dachte bisher immer wenn man selbständig ist muss man besonders viel arbeiten, aber hier ist es definitiv umgekehrt, wenn ich mir vorstelle dieser Mann wäre in einem Hotel angestellt, da wäre er spätestens nach 3 Tagen wieder entlassen.
Weil das Wetter nicht so toll war (kein Badewetter) sind wir zuerst nach Bergues in Frankreich gefahren, da wollten wir eigentlich morgen hin, aber unser nächstes Ziel in Belgien war der Badeort De Haan und Badewetter war heute definitiv nicht!
Bergues liegt nahe der belgischen Grenze im Hinterland von Dünkirchen. Bestimmt war noch keiner von euch dort. Und wir sind auch nur auf die Idee gekommen weil wir den französischen Film "Willkommen bei den Sch'tis (Bienvenue chez les Ch'tis)" klasse fanden und den Ort besichtigen wollten wo er gedreht worden ist. Und auf der Webseite des Ortes Bergues habe ich entdeckt dass es eine spezielle Führung zu dem Film durch den Ort gibt. Wenn man bedenkt dass der Film von 2008 ist und die Führung trotzdem noch täglich angeboten wird kann man sich vorstellen dass dies wirklich der erfolgreichste Film aller Zeiten in Frankreich ist (so steht es jedenfalls in Wikipedia).
Also auf nach Bergues. Den Stadtplan hatten wir uns heruntergeladen und parkten am Rand der Altstadt auf dem ersten Parkplatz den wir fanden. Bergues ist ein kleiner Ort und so waren wir schnell im Ortszentrum. Es war erst 13 Uhr und die Touristeninfo hatte Mittagspause bis 14 Uhr. Also haben wir uns hier niedergelassen:
Im Film hieß dieses Café übrigens Café de la Porte nicht Café de la Poste. Dazu gibt es eine witzige Geschichte die uns später bei der Führung erzählt wurde: der Film handelt von einem Postangestellten und spielt natürlich auch in der Post. Eigentlich sollte nur an Originalschauplätzen gedreht werden. Weil der Regisseur aber mal einen Sketch über die französische Post gedreht hatte und die Verantwortlichen wohl ziemlich sauer auf ihn waren wurde ihm keine Drehgenehmigung in der Post erteilt. Ein leer stehendes Gebäude etwas am Rand der Stadt wurde zur Post umgebaut. Der Regisseur ist ein echter Perfektionist und hat befürchtet dass die Zuschauer merken wenn neben dem Café de la Poste gar keine Post ist. Daher wurde das Schild geändert für den Film. Mir wäre das bestimmt nicht aufgefallen.
Hier saßen wir und aßen ein sehr leckeres Ch'ti Brot. Das habe ich nur wegen des Namens bestellt. Es entpuppte sich als mit einem würzigen Käse überbackenes Mischbrot, sehr schmackhaft und übrigens auch sehr preiswert, genauso wie der leckere cafè au lait
eine Familie mit 2 Kindern saß am Nachbartisch, die Frau sprach uns an: ob wir aus Deutschland seien? Ja aus München. Darauf bekamen wir eine Lobeshymne auf die deustche Nationalmannschaft zu hören und Glückwünsche zur gewonnen WM. Wir waren einigermaßen verblüfft und erfreut. Die Frau sprach französisch und mein Französisch ist schon ziemlich holprig aber für eine einfache Unterhaltung reicht es. Die Familie kam auch Belgien und machte in Dünkirchen Urlaub. Sie interessieren sich für historische Bauten und sind deshalb nach Bergues gefahren. Kann ich gut verstehen dass man als Belgier in Frankreich Urlaub macht wo das Essen doppellt so gut und nur halb so teuer ist. In Dünkirchen waren wir leider noch nicht, aber seit diesem Urlaub steht die Nordküste Frankreichs auch auf unserer Todo-Liste.
Auch am Hauptplatz des Ortes stand das Rathaus und davor diese riesenhafte Figur:
Le gánt représente un bourgeois grand electeur de l'époque de Lamartine (1833)
Leider habe ich keine Ahnung was das bedeuten soll.
Dann sind wir zur Touristeninformation gegangen, die sich im Gebäude des Glockenturms befindet. Der Turm spielt auch eine Rolle im Film. Der Turm sieht zwar alt aus stammt aber erst aus den 60er Jahren. Bergues wurde im zweiten Weltkrieg fast komplett zerstört, es gibt nur noch 2 historische Gebäude im Ort. Der Ort wurde möglichst originalgetreu wieder aufgebaut.
Von oben hat man einen sehr schönen Blick, ist natürlich alles etwas kleiner als in Brügge
hier sieht man das Rathaus sehr schön:
und dieses Karree mit seinem Innenhof gefiel mir besonders gut
wenn ich diese Bilder sehe bekomme ich sofort wieder Lust nach Frankreich zu fahren. Danach haben wir uns die Ausstellung zu den Filmarbeiten in einem Nebenraum der Touriinfo angeschaut. Weil niemand mit dem riesigen Erfolg des Films gerechnet hatte (der Regisseur Dany Boon war damals noch weitgehend unbekannt) sind die meisten Requisiten nach Drehende vernichtet worden, ein Teil der Posteinrichtung war noch vorhanden
Um 15 Uhr begann dann die Führung, es waren immerhin 20 Leute gekommen, wir waren die einzigen Ausländer. Die Führung war klasse! Der Guide, wohl ein Angestellter der Stadt vom Typ her eher trockener Beamter, hat sehr ausführlich von den Dreharbeiten erzählt und uns die Drehorte gezeigt:
es wurde in den Häusern der Einheimischen gedreht die ihre Wohnung dafür zu Verfügung gestellt haben und auch alle Statisten kamen aus Bergues. Es hat wohl die halbe Stadt mitgemacht, da war drei Wochen lang richtig was los in dem Örtchen!
Wenn man den Film nicht kennt sind die Bilder natürlich nicht so interessant, es waren aber auch mehr die Geschichten drumherum die die Tour für uns so interessant gemacht haben. So hat er zum Beispiel erzählt dass die Verpflegung der Truppe ein Problem war. Die Filmcrew mit Technikern und Darstellern umfaßte 50 Personen und in dem kleinen Ort gab es kein Restaurant das Platz für 50 Leute bot und schließlich könne man nicht jeden Tag Spaghetti Bolognese anbieten... So hat man einen Sternekoch engagiert und ein großes Verpflegungszelt im Ort auf gebaut. Nach zwei Wochen fanden die Dreharbeiten am anderen Ende des Ortes statt so dass der Fußweg zum Zelt länger als 7 Minuten dauerte (nagelt mich nicht auf die Zahl fest, vielleicht waren es auch 10 Minuten aber nicht mehr). Weil es eine Vereinbarung mit der Gewerkschaft gibt dass der Weg nicht länger dauern darf, wurde das Zelt ans andere Ende des Ortes verschafft
ich schätze mal in Deutschland werden belegte Brötchen verteilt, wenn überhaupt...Man merkt schon dass der Film in Frankreich einen ganz anderen Stellenwert hat als in Deutschland.
Noch besser war die Geschichte die uns der Guide am Ende der Tour erzählte als die anderen Teilnehmer schon gegangen waren: eine der Hauptdarstellerinnen des Films - wohl eine sehr bekannte Schauspielerin, eine "grande dame" - hat es abgelehnt in so einem Kaff wie Bergues zu übernachten. Auch im nächsten größeren Ort Dünkirchen fand kein Hotel Gnade vor ihren Augen. So wurde sie jeden Abend vom Taxi zum Bahnhof nach Dünkirchen gebracht, fuhr mit dem TGV (entspricht unserem ICE) nach Paris wo sie wiederum vom Taxi abgeholt und in ihre Wohnung gebracht wurde. Und morgens das ganze Spiel in die andere Richtung! Wohl gemerkt: auf Kosten des Films, und das bei einer fürstlichen Gage! Und in Frankreich wird der Film öffentlich gefördert, sie fuhr also auf Steuergelder! Wir konnten es kaum glauben! Und der Guide hat uns erzählt dass er diese Story auch immer erzählt hat aber dann haben sich Franzosen aufgeregt wieso er sich darüber mokiert das sei doch das gute Recht der Frau usw. Seither erzählt er das nur noch den deutschen und italienischen Touristen
Das ganze ist wohl auch ein psychologisches Problem: die Frau stammt aus der Gegend um Bergues und diese Region hat in Frankreich einen schlechten Ruf, das ist wohl das "Ostfriesland" Frankreichs. Sie hatte nun den "Aufstieg" nach Paris geschafft und wollte mit dieser Gegend nicht identifiziert werden. Der Regisseur, der auch von hier stammt, hat diese Vorurteile zum Thema des Films gemacht und wollte Werbung für seine Heimat machen, was ihm auch gelungen ist: seither kommen viele Touristen, sogar aus Deutschland und Italien.
Ich kann den Film "Willkommen bei den Sch'tis" sehr empfehlen, es ist eine lustige Komödie!
eine der bekanntesten Szenen des Films spielt auf dieser Brücke:
hier pinkeln die beiden Hauptdarsteller (ziemlich angetrunken) in den Fluß. Zu dieser Szene gibt es auch eine lustige Geschichte: es gab nämlich eine ziemlich komplizierte Apparatur mit Plastikbeutel und künstlichem Urin den die beiden umgeschnallt bekamen und das hat nicht funktioniert. Der Regisseur (der auch eine der beiden Hauptrollen spielt) hat dann beschlossen ein paar Bier trinken zu gehen und realiter in den Fluß zu pinkeln. Das hat wohl einge Beteiligte irritiert
manchmal sind sie schon anders die Franzosen! Ich kann mir nicht vorstellen dass bei einem deutschen Film irgendjemand ein Problem hätte wenn ein Darsteller wohin pinkelt wenn das halt so im Drehbuch steht!
Wir haben uns wirklich sehr amüsiert bei der Führung
die Führung endete wieder an der Touriinfo und wie ihr sehen könnt ist das Wetter deutlich besser geworden:
wir sind dann noch durch den Ort spaziert und haben die historischen Gebäude gesucht, es gibt nämlich noch eine alte Befestigungsanlage aus dem Mittelalter. Zunächst haben wir die Reste der Benediktinerabtei gefunden, die während der französichen Revolution geschleift wurde:
Fotos von den Zerstörungen im ersten Weltkrieg gab es auch:
und dieses Denkmal für die Toten des ersten Weltkriegs wurde von deutschen Soldaten bei der Eroberung Frankreichs im zweiten Weltkrieg zerschossen, das hat uns der Guide während der Führung erzählt:
putziger Dachschmuck
von der alten Befestigungsanlage konnten wir nur dieses Stadttor entdecken
dann hat es uns auch gereicht und ich habe in der zweiten Kneipe die im Film eine Rolle spielt das passende Bier getrunken (mein Freund bekam Kaffee, der mußte noch fahren)
Dann sind wir nach de Haan gefahren, einem belgischen Badeort. Dort hatten wir im Hotel Au bon Auberge ein Zimmer gebucht. Leider war das Zimmer absolut winzig, ich wußte kaum wohin mit meinem zweiten Koffer. Mehr als schlafen konnte man da nicht, wir sind zum Strand gegeangen der wirklich sehr schön war und wollten dann zum Abendessen gehen. Das Restaurant das Tripadvisor empfohlen hatte war nicht zu finden, es muss wohl geschlossen haben. Also haben wir uns spontan wo Platz war niedergelassen (die meisten Restaurants waren voll). Ich hatte wie so oft in Belgien ein Steak (was von der Qualtität hervorragend war) mit Pommes, Josef Miesmuscheln mit Pommes (das zweite typisch belgische Essen, das gab es auch überall im Hinterland), dazu ein guter Weißwein, damit waren wir sehr zufrieden und wir saßen in der Sonne draußen beim Essen.
Im Hotel habe ich mir im Bett (Sitzplätze im Zimmer waren nicht vorhanden, der einzige Stuhl mußte den zweiten Koffer tragen) am Tablet die Ankunft der Helden in Berlin angeschaut, Internet war im Hotel überall verfügbar und superschnell.