Na gut, vielleicht lasse ich euch doch alle erst mal kostenlos mitfahren, bis ich euch so weit angefixt habe, dass ihr das Doppelte bezahlt.
Wer mag, darf sich nun hier exklusiv auf eumerika noch eine Art Countdown vor der Reise durchlesen, um die Wartezeit bis zum morgigen Startschuss zu verkürzen.
Ich weiß ja nicht, wie es euch geht, aber ich kann mich nach der Reise oft gar nicht mehr so richtig erinnern, wie aufgeregt ich davor war und was alles noch zu machen war, bevor es richtig losgehen konnte. Diesmal habe ich darüber ein paar Notizen gemacht und finde es heute ziemlich lustig, über was ich mir so den Kopf zerbrochen habe.
13.3.14 – 27.3.14: Countdown13.3.14Heute abend schreibe ich eine E-mail an die Touristeninformation in Shirakawago. Die Mitarbeiter haben sich auf meine E-mail von Anfang März nämlich bereit erklärt, die benötigten Busreservierungen für zwei Fahrten am 13. und 14.4. für mich zu erledigen. Bei der japanischen Busgesellschaft kann man nur telefonisch reservieren, und das würde ich gerne umgehen, wenn es sich vermeiden lässt. Den Tipp mit der Touristeninformation habe ich aus dem tollen englischsprachigen Japan-Reise-Forum.
14.3.14Als ich heute morgen meine E-mails checke, gibt es noch keine Antwort von der Touristeninformation. Ein bisschen besorgt bin ich schon, ob alles klappt, denn eine der benötigten Busfahrten soll nach Takayama gehen, wo gerade zu dieser Zeit ein bekanntes und beliebtes Festival stattfindet, das regelmäßig zur Überlastung von Übernachtungs- und Transportmöglichkeiten führen soll.
Zwei Stunden später trudelt dann doch eine E-mail ein. Der Text beginnt mit „We are so sorry for our silly mistakes“. Zerknirscht erklärt mir die Mitarbeiterin der Touristeninformation, man habe mir bei meiner Anfrage vor zwei Wochen die falschen Busverbindungen übermittelt. Der Plan ändere sich ab dem 1.4., und ob ich bitte die neuen Reservierungswünsche übermitteln könne?
Bleibt zu hoffen, dass dieser Vorfall für niemanden in Shirakawago Anlass war, heute abend Seppuku zu begehen. Ich überprüfe meine Pläne, setze eine neue E-mail auf, bedanke mich vielmals für die Informationen über die geänderten Abfahrtszeiten, die bisher nicht einmal der Busbetreiber auf seiner englischen Internetseite aktualisiert hat und gebe meine geänderten Reservierungswünsche durch. Jetzt ist es in Japan schon Freitag Nacht. Ob die wohl Samstags arbeiten?
15.3.14Entweder arbeiten sie Samstags nicht oder der Busbetreiber arbeitet nicht oder alle Busverbindungen sind ausgebucht und sie trauen sich nicht, mir das mitzuteilen. Vielleicht haben sie aber auch gestern abend gemeinschaftlichen Seppuku begangen, und jetzt ist die Touristeninformation in Shirakawago völlig verwaist. Jedenfalls kommt keine E-mail bei mir an.
Dafür habe ich inzwischen herausgefunden, dass die Anrede -sama, die in der gestrigen E-mail als Anredeform an meinen Namen angehängt wurde, eine sehr höfliche Anrede gegenüber Kunden, hochgestellten Personen und Göttern ist und nicht einfach, wie ich zuerst dachte, einfach eine weibliche Form von -san.
Gleichzeitig musste ich aber lesen, dass ich mich offenbar grob unhöflich verhalten habe, indem ich in meiner Antwort die Mitarbeiterin der Touristeninformation – geben wir ihr einfach mal den fiktiven Namen Keiko - einfach mit „Dear Keiko“ angesprochen habe. Eine Anrede ohne Namens-Suffix geht in Japan offenbar gar nicht, und die Anrede mit Vornamen und ohne Namens-Suffix außerhalb des engsten Familien- oder Freundeskreises ist offenbar am plumper Vertraulichkeit nicht zu überbieten. Eine alternative höfliche Anrede will sich mir aber nicht erschließen, denn Keiko hat mir gegenüber nur ihren Vornamen genannt und die Anrede „Keiko-san“ wäre unter Fremden auch nicht angemessen, sondern bleibt dem engen Freundeskreis vorbehalten. Puh, ich bin noch gar nicht in Japan angekommen und offenbar schon ins erste Fettnäpfchen getappt. Hoffentlich übt man mit mir, der unwissenden Ausländerin, Nachsicht. Oder ist die ausbleibende E-mail bereits ein Zeichen dafür, dass man mit mir keine Nachsicht übt?
16.3.14Erwartungsgemäß trifft auch heute, am Sonntag, keine E-mail der Touristeninformation ein. Ich verbringe trotzdem den halben Vormittag am PC, denn gestern ist mir klar geworden, dass vermutlich nicht nur die Busverbindungen rund um Shirakawago zum April umgestellt werden, sondern für alle Busse und Züge neue Fahrpläne gelten. Wie ich jetzt feststelle, gibt es tatsächlich überall Änderungen. Manchmal sind es nur Verschiebungen im Bereich von einer oder zwei Minuten, manchmal fallen ganze Züge weg oder andere kommen dazu. Ich drucke mir die in Frage kommenden Verbindungen neu aus und hefte sie in meinem immer dicker werdenden Ordner ab.
Bald muss ich entscheiden, welche Reiseliteratur ich nach Japan mitnehme. Die Lonely-Planet-Reiseführer zu Japan, Kyoto und Tokio, die platzsparend auf meinem Kindle gespeichert sind, kommen auf jeden Fall mit an Bord, der dicke Ordner auch, und auch auf das kleine Reisewörterbuch mit wichtigen Phrasen will ich nicht verzichten. Der Rest wird wohl zuhause bleiben.
17.3.14Hm, schon wieder keine E-mail aus Japan. Ich werde ein bisschen nervös. Angeblich scheuen sich Japaner sehr davor, negative Botschaften zu überbringen, und ein klares „Nein, das geht nicht“ ist praktisch unmöglich. Ich stelle mir deshalb vor, wie irgendwo in Japan die fiktive „Keiko“ vor ihrem PC sitzt, gründlich überlegt, wie sie der unhöflichen Ausländerin möglichst höflich und ohne Gesichtsverlust mitteilen kann, dass schon alle Plätze in den angefragten Bussen ausgebucht sind und dann beschließt, lieber gar keine Mail zu schicken.
Also formuliere ich eine vorsichtige Anfrage, die ich diesmal lieber nicht plump vertraulich an „Keiko“, sondern (hoffentlich) höflich an die „Ladies and Gentlemen“ richte, und erkundige mich, ob man denn meine Mail bekommen habe. Dabei werde ich leider das Gefühl nicht los, dass ich mit einer solchen Nachfrage locker eine weitere Stufe auf dem Weg zur unhöflichsten Ausländerin des Jahres erklimme. Japan ist schwierig.
18.3.14Hurra, Keiko hat geantwortet! Für die Fahrt von Kanazawa nach Shirakawago ist meine gewünschte Busverbindung reserviert. Für die Strecke Shirakawago - Takayama habe ich auch eine Reservierung, allerdings nicht für die Verbindungen, die ich als erste und zweite Wahl genannt hatte, sondern für die vorsichtshalber beigefügte dritte Wahl. Ob die anderen Busse schon ausgebucht sind oder ob man dort einfach keine Reservierungen vornehmen kann, wird mir auch aus dem Rest der E-mail nicht so ganz klar, ist mir aber letztlich egal. Ich habe eine Reservierung und muss im Notfall weder an der Bushaltestelle stundenlang Schlange stehen, um in einen nicht reservierbaren Bus zu klettern, noch im sündhaft teuren Taxi den Weg nach Takayama antreten. Und die gebuchte Verbindung ist nur eine Stunde später als meine erste Wahl. Jetzt muss ich nur noch am Tag vor der ersten Fahrt in Kanazawa die Tickets kaufen.
Ich bedanke mich vielmals – und wähle wieder die plump vertrauliche „Dear Keiko“-Anrede, weil mir immer noch nicht klar ist, wie ich eine Frau anreden soll, die einfach mit Keiko unterschreibt. Vielleicht wird sich dieses Mysterium im Laufe meiner Japan-Reise klären. Ich freue mich jedenfalls schon sehr. Nur noch 10 Tage bis zum Abflug.
19.3.14Als ich heute abend auf die Japan-Guide-Seite surfe, prangt bereits auf der Hauptseite der Link zum Beitrag „Kyoto booked out?“, in dem Tipps gegeben werden, um trotz der bevorstehenden Hochsaison zur Kirschblüte noch ein Zimmer in der Stadt zu finden. Zum Glück steht meine Reservierung für Kyoto schon seit mehreren Monaten. Ich hatte mich ja immer für die Königin der Vorbucher gehalten, aber die Japaner stehen mir da offenbar in nichts nach.
20.3.14Heute wurden die Prognosen für die Kirschblüte wieder aktualisiert. In Kyoto und Kanazawa werde ich die Blütezeit wohl perfekt treffen und in Tokio werde ich vielleicht noch zum Beginn der Blütezeit sein.
Heute abend habe ich im Kino den Trailer für den neuen „Godzilla“ gesehen. Dem will ich in Tokio lieber nicht begegnen.
21.3.14Endlich Freitag, und nur noch eine Woche bis zum Abflug. Nachdem ein Kollege mich heute gefragt hat, ob man denn für Japan ein Visum bräuchte (man braucht keins), kommt mir abends der Gedanke, dass ich meinen Reisepass schon länger nicht mehr gesehen habe. Zum Glück liegt er genau dort, wo er liegen sollte.
Darunter liegen die japanischen Yen, die ich schon vor einiger Zeit bei der Sparkasse umgetauscht hatte. Das war allerdings nicht ganz ohne Kampf gegangen. Im Gegensatz zu mir, die ich immer dachte, ich könnte mit meinem Geld machen, was ich wollte, war die Mitarbeiterin der örtlichen Sparkassenfiliale offenbar anderer Meinung. Bei meinem Versuch, japanische Yen zu bestellen, bekam ich nämlich die Antwort, zuerst müsse die Hauptstelle prüfen, ob das bei mir überhaupt sinnvoll sei. Außerdem habe ihr Kollege ihr gerade gesagt, dass es auch in Japan Geldautomaten gebe.
Mein Geld konnte ich dann übrigens doch noch umtauschen, und zwar direkt bei der Mitarbeiterin der Hauptstelle, die sich erwartungsgemäß wenig für meine Pläne oder die Existenz von Geldautomaten in Japan interessierte, sondern nüchtern-professionell das benötigte Formular ausfüllte. Allerdings musste ich für die Lieferung der Yen einen Termin vereinbaren und das Geld auch am selben Tag abholen. Begründung: Der Chef wolle nicht, dass Bargeld herumliege. Ah ja. Ich hatte immer gedacht, sowas gehöre zum Kerngeschäft einer Bank.
24.3.14Am Wochenende hatte ich es nur mit halbem Ohr mitbekommen, aber heute wird mir bewusst, dass das böse Wort „Warnstreik“ evtl. auch mit mir etwas zu tun haben könnte. Am Dienstag und Mittwoch sind Busse und Bahnen in Hessen betroffen, am Donnerstag soll am Frankfurter Flughafen gestreikt werden. Ich fliege am frühen Freitagabend und vertraue jetzt einfach mal darauf, dass bis dahin wieder alles normal läuft und auch die Flugpläne nicht völlig durcheinandergewirbelt werden. Komisch: Die Entscheidung, ab Donnerstag Urlaub zu nehmen, aber erst am Freitag zu fliegen, hatte ich irgendwann am Anfang der Planung ziemlich willkürlich getroffen. Und vielleicht macht jetzt diese willkürliche Entscheidung den Unterschied zwischen Verspätungschaos und reibungslosem Start in den Urlaub.
Eine neue Kirschblütenprognose gibt es übrigens auch wieder: In Tokio soll es doch zwei Tage früher losgehen, und das würde auch ganz gut zu meiner Reisezeit passen.
25.3.14Die japanischen Kirschbäume legen einen Zahn zu: Überraschend – zumindest für mich – hat die Kirschblüte in Tokio bereits heute begonnen und nicht wie gestern noch prognostiziert in drei Tagen. Zum kommenden Wochenende soll in Tokio alles in voller Blüte stehen. Bei mir steigt das Reisefieber rasant an. Eigentlich könnte es sofort losgehen.
27.3.14Erster Urlaubstag und letzter Tag vor dem Abflug. Ich versuche, schon mal ein wenig Zeitumstellung vorzuziehen und arbeite mich um halb vier morgens aus dem Bett. Da legt man am Frankfurter Flughafen gerade die Arbeit nieder. Über 500 Flugstreichungen gibt es, aber als ich abends nochmal die Fraport-Seite aufrufe, sehe ich, dass die Flüge jetzt schon wieder halbwegs pünktlich starten. Auf Flightstats kann ich den Flug OZ 542, den ich morgen nehmen werde, schon auf dem heutigen Flug verfolgen. Gerade ist der Flieger über Polen.
Pünktlich zum ersten Urlaubstag hat heute auch die Kirschblüte in Kyoto begonnen. Der Koffer ist fast fertig gepackt, der Reisepass und die japanischen Yen liegen bereit. Morgen geht es los!