Autor Thema: Menschen fotografieren...  (Gelesen 26986 mal)

Rainer

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Re: Menschen fotografieren...
« Antwort #30 am: 12. Januar 2014, 20:08:09 »
Wir Reisen hier in aller Herren Länder umher, da gelten höchst unterschiedliche Regeln und Gesetze.

Wobei ja die Wahrscheinlichkeit mehr als nur hoch ist, dass man im Zweifel die örtlichen Gesetze so gut wie gar nicht kennt, wenn man ja nicht einmal die zu Hause geltenden Rechte wirklich kennt.

Was mich (eben vor allem in den mir bekannten Fotoforen) an der ganzen Materie stört, das ist die Selbstverständlichkeit, mit denen einzelne Fotografen einfach "eigene Regeln" aufstellen und die als das Maß der Dinge verkaufen. In den wenigsten Fällen dürfte das mit der Rechtssprechung übereinstimmen, selbst wenn, dann eher zufällig.

Letztendlich muss das natürlich jeder für sich verantworten, ich kritisiere ja auch keine Bankräuber (mal überspitzt ausgedrückt), jeder kann tun und lassen was er will. Das muss jeder in letzter Instanz ja auch selbst verantworten, auch wenn es wohl nur selten zu wirklichen Problemen führt. Ich störe mich eher an der Selbstverständlichkeit, wie es manchmal verkauft wird, denn für mich sind manche dieser Dinge überhaupt nicht selbstverständlich, auch wenn es altmodisch erscheinen mag. Ich brauche sicherlich einen Lernprozess, um "härter" zu werden. Und frage mich natürlich, ob ich das wirklich will.

Unbenommen gebe ich zu, dass das natürlich ein extrem interessantes Gebiet ist. Aber rechtfertigt das die freie Einstellung, die manche Fotografen dazu haben? Ich weiß es nicht.

Horst

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Re: Menschen fotografieren...
« Antwort #31 am: 12. Januar 2014, 20:10:21 »
Oh jemine, was habe ich hier denn angezettelt?
Ein interessante und, wie ich finde, sehr vielseitige Diskussion mit einem gepflegten Meinungsaustausch. Eigentlich nix schlimmes in einem Forum.. ;-)
Genau - herzlichen Dank für die Idee Birgit.  :D

Ich bin mit dem, was Du sagst, nicht einverstanden, aber ich werde bis zum Tod Dein Recht verteidigen, es zu sagen. Voltaire.

DocHoliday

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Re: Menschen fotografieren...
« Antwort #32 am: 12. Januar 2014, 20:37:28 »
Ich versuche mal auf ein paar Sachen einzugehen:

Menschen im Gebet. Ich sehe es so, dass ich dabei weniger ein Foto des Individuums mache sonder eine Situation, eine Szene, eine Symbolik festhalte. Das Gebet ist das wichtige, nicht die Person, die deshalb nicht zu erkennen sein sollte. Natürlich wird sein Sohn oder seine Frau den Mann auch von hinten erkennen aber er ist eben nicht für jeden erkennbar als Person im Internet ausgestellt.
Für mich macht das einen Unterschied. Ich kann aber durchaus verstehen, dass man anderer Meinung sein kann und solche Fotos ablehnt. Ich erkenne auch, dass ich hier heimlich fotografiert habe, also von dem Schuss aus der Entfernung mit dem Tele gar nicht so weit weg bin. Der Unterschied ist für mich, dass ich kein Portrait mache und die Person nicht für jeden erkennbar ist.

Der Mann mit dem Handy hat nur noch hilflos gegrinst - ist das wirklich eine Zustimmung oder nur die Resignation vor der Tatsache, dass eine Diskussion zu einem Streit führen kann, auf den er jetzt einfach keinen Bock (und keine Zeit) hat?

Du warst dabei? Leider stimmt nichts davon.
Der gute Mann hatte vorher schon gesehen, dass ich ihn fotografieren wollte, sich dann aber im Gespräch noch einmal abgewendet, als ich abgedrückt habe. Anschließend hat er mich angeschaut, laut gelacht und mich auf deutsch angesprochen, ob ich ihm das Bild mailen könnte. Man kann also wohl davon ausgehen, dass er einverstanden war.


Wieviele dieser "impliziten" Zustimmungen wären real auch erfolgt, wenn man (wie es eigentlich selbstverständlich wäre) vorher gefragt hätte, anstatt einfach vollendete Tatsachen zu schaffen?


Das hättest Du aber auch bekommen, wenn Du vorher fragst. Dann will dieser Mensch das. Aber einfach machen und implizit hinterher die fehlende Ablehnung als Einverständnis zu interpretieren geht mir zu weit.

Ich bin aber auch schon auf Menschen zu gegangen und habe einfach gefragt, ob ich ein Foto machen darf, egal ob hier in D oder auf Reisen.

Bei dem Harfenspieler  und seinem weiblichen Fan habe ich beide angeschaut, auf meine Kamera gezeigt und ein fragendes Gesicht gemacht (für mehr reicht mein spanisch leider nicht). Beide haben gelächelt, genickt, sich wieder umgedreht und sich nicht weiter um mich gekümmert. In Afrika habe ich das gelegentlich genau so gemacht. Manchmal bekomme ich ein nicken, manchmal eine Ablehnung, die ich natürlich respektiere.


Es ist für mich ein grundsätzliches Problem, weil es ein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte darstellt.

Nicht wenn die fotografierte Person damit einverstanden ist.

Ich bin jetzt nicht der große Street- und Menschenfotograf aber ich kann durchaus nachvollziehen, dass es Leute gibt, die Landschaften und leere Straßen völlig öde finden und nur Menschen fotografieren wollen.

Ja, aber diese Menschen müssen ihrerseits respektieren, dass anderen Menschen eine Würde besitzen und ein Persönlichkeitsrecht.

Und wer sagt, dass sie das nicht tun? Das muss ja nicht immer verbal passieren.
Ich bin im Herbst mehrfach in Holland Hirsche in der Brunft fotografieren gewesen. Dabei bin ich mit dem Großen Stativ mit Kamera und 500er Tele über der einen und einer zweiten Kamera über der anderen Schulter die Straße auf und ab gelaufen. Dabei habe mich mehrfach Radfahrer und Spaziergänger geknipst. Meist gab es einen fragenden Blick und ich habe genickt oder gelächelt. Das Einverständnis war damit gegeben. Und natürlich hätte ich kein Problem damit, nein zu sagen. Ich hätte mich ja nur schnell weg drehen müssen.

Wenn diese Art der Kommunikation als Einverständnis nicht ausreicht, könnte es nie wieder Reisereportagen, Dokumentationen, etc. aus "exotischeren" Ländern geben, bei denen Menschen irgendwo auf der Welt bei ihrer täglichen Arbeit zum Beispiel auf dem Feld gezeigt werden oder das farbenfrohe Straßenleben in Indien zum Beispiel. Keine Fotos, keine Videos dieser Art wären möglich, wenn man Deine Bedenken konsequent umsetzen würde. Denn man könnte sich ja nie sicher sein, ob eine Zustimmung "wirklich eine Zustimmung [ist] oder nur die Resignation vor der Tatsache, dass eine Diskussion zu einem Streit führen kann, auf den er jetzt einfach keinen Bock (und keine Zeit) hat? " Wobei ich persönlich finde, dass es auch in Ordnung ist, wenn dem Betroffenen offensichtlich sein Persönlichkeitsrecht einfach so unwichtig ist, dass er keinen Bock hat, etwas dafür zu tun ;)

Wie gesagt, eine absolute Wahrheit gibt es bei diesem Thema sicher nicht. Aber ich finde die Diskussion sehr interessant und nehme sie als Anlass, noch einmal über meine Position nachzudenken.

Interessant finde ich auch, dass derjenige mit der strengsten Auslegung des Persönlichkeitsrechts, der die meisten "Bauchschmerzen" damit hat, andere zu fotografieren, selber komplett gegen seine Regeln verstößt und sogar heimlich knipst, wenn das Motiv interessant genug ist. Und Du hast zwar nachher Deine Probleme damit, das Bild veröffentlichst Du aber trotzdem.
Das soll jetzt kein persönlicher Angriff sein. Ich glaube das dokumentiert einfach ganz gut, den Unterschied zwischen der reinen Lehre und der Praxis. Die Versuchung, eine bestimmte Szene oder ein bestimmtes Motiv zu knipsen, auch wenn man damit gegen die eigenen Regeln verstößt, kann manchmal sehr groß sein.

Horst

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Re: Menschen fotografieren...
« Antwort #33 am: 12. Januar 2014, 21:01:15 »
Wobei ja die Wahrscheinlichkeit mehr als nur hoch ist, dass man im Zweifel die örtlichen Gesetze so gut wie gar nicht kennt, wenn man ja nicht einmal die zu Hause geltenden Rechte wirklich kennt.
Na ja die wesentlichen Gegebenheiten kann man in jedem durchschnittlichen Reiseführer nachlesen und ich muss sagen, daß recherchiere ich immer bevor ich zum ersten mal in ein neues Land gehe, wobei, so ein wieder mal völlig bescheuertes Gesetz wie das, das Rolf gepostet hat, mit den Rindviechern in den USA (hinter dem Zaun und denen die die Gesetzgebung zu vertreten haben), war mir auch nicht bekannt.
Es könnte sogar sein, daß mich eine sehr restriktive Haltung sogar von einem Besuch des Landes abhalten könnte.

Auf meinen Reisen ist es mir eigentlich noch nie passiert, daß ich Ärger wegen einer Aufnahme bekommen habe - einzig und alleine wenn ich mit der Filmkamera und dem Stativ Gebäude aufnehme kommt gerne mal jemand vorbei und belehrt mich daß ich das nicht darf - was ich dann zwar befremdlich finde (wenn das jemand mit der DSLR macht wo man auch filmen kann sagt dann keiner was) aber daran muss man sich dann eben auch halten.
Ich bin mit dem, was Du sagst, nicht einverstanden, aber ich werde bis zum Tod Dein Recht verteidigen, es zu sagen. Voltaire.

Hatchcanyon

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Re: Menschen fotografieren...
« Antwort #34 am: 12. Januar 2014, 22:21:54 »

Na ja die wesentlichen Gegebenheiten kann man in jedem durchschnittlichen Reiseführer nachlesen und ich muss sagen, daß recherchiere ich immer bevor ich zum ersten mal in ein neues Land gehe, wobei, so ein wieder mal völlig bescheuertes Gesetz wie das, das Rolf gepostet hat, mit den Rindviechern in den USA (hinter dem Zaun und denen die die Gesetzgebung zu vertreten haben), war mir auch nicht bekannt.

Ich denke mal, viele von uns kennen die vor Ort geltenden Regeln nicht, egal ob sie für uns einsichtig sind oder nicht. Wichtiger erscheint mir, dass wir als Fremde die Regeln einer anderen Gesellscaft akzeptieren - schliesslich sind wir nur Gäste - und uns daran halten.

Wer meint, seine eigenen Regeln den anderen aufbürden zu müssen, der ist für mich nichts anderes wie ein Kolonialist, also jemand der mit seiner Ethik zwei Jahrhunderte im Rückstand ist. Schande über solche Ausbeuter.

Gruss

Rolf

Rainer

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Re: Menschen fotografieren...
« Antwort #35 am: 12. Januar 2014, 22:24:08 »
Menschen im Gebet. Ich sehe es so, dass ich dabei weniger ein Foto des Individuums mache sonder eine Situation, eine Szene, eine Symbolik festhalte.

Die Frage, die sich mir nur stellt, ist: ist es die Ansicht des Fotografen, die hier zählt, oder die des Menschen, der fotografiert wird aber nicht nach seiner Ansicht gefragt wird? Für mich (ohne wenn und aber) letzteres.

Du warst dabei? Leider stimmt nichts davon.

Natürlich war ich nicht dabei. Ich kann ja nur das verwerten, was hier dazu geschrieben wird.

Der gute Mann hatte vorher schon gesehen, dass ich ihn fotografieren wollte, sich dann aber im Gespräch noch einmal abgewendet, als ich abgedrückt habe. Anschließend hat er mich angeschaut, laut gelacht und mich auf deutsch angesprochen, ob ich ihm das Bild mailen könnte. Man kann also wohl davon ausgehen, dass er einverstanden war.

Das kann man natürlich so nicht wissen, weil diese nachfolgende Darstellung klingt um Welten anders und darauf basiert meine Antwort:

Dieser kommunikative Herr hat erst nachher mitbekommen, dass ich ihn fotografiert habe. Hat dann aber nur gegrinst und war offensichtlich einverstanden.

Dass jetzt aus "hat nur gegrinst und war offensichtlich einverstanden" jetzt ein längerer deutschsprachiger Dialog wird, kann niemand hier ahnen. Wobei es nicht einmal darum geht, dass es dann doch ganz anders war, sondern dass es mit Sicherheit sehr viele Fotografen gibt, für die eben dieses (hilflose? zustimmende?) Grinsen ausreicht.

Wie es zusammenpasst, dass der Herr "vorher schon gesehen hatte", dass er fotografiert wird, anderseits dann aber auch "erst nachher mitbekommen hat", dass er fotografiert wird, ist für mich jedenfalls nicht wirklich zu verstehen.

Horst

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Re: Menschen fotografieren...
« Antwort #36 am: 12. Januar 2014, 22:41:44 »
Interessante Fotos von Menschen zu machen ist jedenfalls auch eine Gabe die nicht jedem gelingt.

Michael Martin macht in dieser Hinsicht sehr gute Aufnahmen und ich habe schon einige Dokumentationen mit/über ihn gesehen. Sein "Trick" ist mit den Menschen ins Gespräch zu kommen und sie dann entspannt zu fotografieren.
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Horst

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Re: Menschen fotografieren...
« Antwort #37 am: 12. Januar 2014, 22:53:59 »
Wer meint, seine eigenen Regeln den anderen aufbürden zu müssen, der ist für mich nichts anderes wie ein Koloniealist, also jemand der mit seiner Ethik zwei Jahrhunderte im Rückstand ist. Schande über solche Ausbeuter.
Sollte sich das hier auf das Thema Fotografieren beziehen und Du damit einen Teil unserer User als "Ausbeuter " bezeichnest möchte ich darauf hinweisen, daß dies nicht der Ton ist der hier bei eumerika akzeptabel ist.
Ich bin mit dem, was Du sagst, nicht einverstanden, aber ich werde bis zum Tod Dein Recht verteidigen, es zu sagen. Voltaire.

DocHoliday

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Re: Menschen fotografieren...
« Antwort #38 am: 12. Januar 2014, 23:08:28 »
Wie es zusammenpasst, dass der Herr "vorher schon gesehen hatte", dass er fotografiert wird, anderseits dann aber auch "erst nachher mitbekommen hat", dass er fotografiert wird, ist für mich jedenfalls nicht wirklich zu verstehen.

Er hat mich vorher mit der Kamera gesehen, dann fleissig weiter in beide Handys gequatscht. Daher hat er erst danach gesehen, dass ich ihn so fotografiert hatte. War etwas ungeschickt formuliert.
Dann hat er gegrinst/gelacht und mich angequatscht, ob er das Foto haben könnte.  Natürlich konntest Du die weitere Geschichte nicht kennen. Deshalb war ich ja so verwundert, dass Du wusstest, dass er nur hilflos gegrinst hat und eigentlich gar nicht fotografiert werden wollte.

Trägt aber so oder so eigentlich nichts zum Thema bei. Er war definitiv damit einverstanden, fotografiert zu werden, nur das ist wichtig.

DocHoliday

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Re: Menschen fotografieren...
« Antwort #39 am: 12. Januar 2014, 23:11:58 »
Interessante Fotos von Menschen zu machen ist jedenfalls auch eine Gabe die nicht jedem gelingt.

Ist m.E. die schwierigste Disziplin der Fotografie. Man braucht dazu nicht nur technische und künstlerische Fertigkeiten sondern auch andere Qualitäten. Eben auf Menschen zu gehen zu können, auf sie einzugehen, ihnen Vertrauen einflößen, etc., etc.

Landschaften sind da deutlich einfacher, Wildlife liegt so etwa in der Mitte.

Rainer

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Re: Menschen fotografieren...
« Antwort #40 am: 12. Januar 2014, 23:27:08 »
Deshalb war ich ja so verwundert, dass Du wusstest, dass er nur hilflos gegrinst hat und eigentlich gar nicht fotografiert werden wollte.

"Gewusst" habe ich das keinesfalls (und auch nicht so formuliert), nur ließ Deine erste Darstellung diese Option durchaus zu. Und (wie gesagt) geht es nicht (nur) um diesen Einzelfall, sondern eben um die sicherlich weit verbreitete Methode, erst zu fotografieren und danach zu schauen, ob es OK war.

Trägt aber so oder so eigentlich nichts zum Thema bei. Er war definitiv damit einverstanden, fotografiert zu werden, nur das ist wichtig.

Das verträgt sich aber nicht wirklich mit dem Zitat aus Michaels Beitrag (das ich übrigens nicht einmal kannte), dass es (mindestens in D) sehr wohl darauf ankommt, erst das Einverständnis einzuholen und dann abzudrücken - und nicht umgekehrt:

Zitat
Für den Fotografen ist daher zu beachten, stets die Einwilligung der Person einzuholen, die fotografiert werden soll. Einwilligung bedeutet übrigens die *vorherige* Zustimmung.

Von daher fand (finde) ich meine Stellungnahme dazu durchaus zum Thema passend, ich kann ja wie gesagt nur das kommentieren, was ich hier lese.

Andrea

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Re: Menschen fotografieren...
« Antwort #41 am: 13. Januar 2014, 06:34:14 »
Diese Diskussion finde ich sehr interessant. Daher habe ich jetzt mal über mein eigenes Verhalten nachgedacht. Ich fotografiere ja eigentlich nie, da Heiko das übernimmt. Dennoch fällt mir einiges dazu ein:

Jeder macht wohl in vielen Dingen seine eigenen Regeln. Zum Beispiel in einem Restaurant würde ich niemals auf des Nachbars Teller mit meiner Gabel herumstochern, um mal zu probieren, wie sein Essen schmeckt. Aber wäre es verboten? Grenzwertig. Ähnlich verhält es sich mit der Fotografie. Auch da macht man seine eigenen Regeln, obwohl es da scheinbar gesetzliche Regelungen gibt, die aber Ottonormalbürger gar nicht kennt. Da verlässt man sich dann eben auch auf sein Bauchgefühl und macht seine eigene Regel.

Nun ist das Bauchgefühl nicht bei jedem gleich. Genau wie Rainer würde ich einen betenden Menschen nicht fotogrfieren, jedenfalls nicht so, wie Dirk es getan hat. Das erlaubt mein Bauchgefühl nicht. Andererseits finde ich das Bild sehr gelungen und mich interessiert der betende Mann auf dem Bild nicht, sondern die Stimmung bzw. der Eindruck, der mit dem Bild erzeugt wird. Jemand, der den Mann (er)kennt oder der Mann selbst, wird das Bild mit ganz anderen Augen betrachten als ich, die ihn nicht kennt.

Andersherum würde es mir nicht gefallen, wenn zum Beispiel mich jemand fotografiert, während ich zum Beispiel esse oder aus einem Auto aussteige oder sonstwas. Selbst wenn er mir hinterher erklärt, dass das Bild ein Teil einer wunderbaren Collage oder Sammlung wird, wo mein Foto nicht mich und meine Persönlichkeit darstellt sondern einfach nur die Situation des Essens oder Aussteigens. Es bliebe ein befremdliches Gefühl. Hätte ich vorher die Erklärung gehabt, hätte ich noch die Möglichkeit gehabt, das Foto abzulehnen, was ich je nach Bauchgefühl (da isses wieder!) getan hätte. Im Nachhinein ist das schwierig.

Wenn ich aber auf einem Foto eines beliebigen Touristen drauf bin und auch zu erkennen, weil ich eben gerade genau wie er auf dem Markusplatz stehe oder am Delicate Arch, dann ist das eben so. Dann bin ich zufällig auf dem Bild. In der Regel spiele ich dann auch nicht die Hauptrolle in dem Bild, auch wenn ich vielleicht als Größenvergleich diene. An solchen Orten muss ich damit rechnen, auf fremden Fotos zu sein.

Aus diesen Dingen resultiert meine eigene Regel, wann ich Menschen fotografiere und wann nicht und wann ich sie wegen des Fotos fragen würde. Dazu kommen dann die Regeln, die zum Beispiel in Museen oder Kirchen oder so angeschlagen sind und wenn ich weiß, dass beispielsweise eine bestimmte Kultur nicht fotografiert werden will.
Liebe Grüße, Andrea



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Michael

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Re: Menschen fotografieren...
« Antwort #42 am: 13. Januar 2014, 13:29:44 »
Interessante Fotos von Menschen zu machen ist jedenfalls auch eine Gabe die nicht jedem gelingt.

Ist m.E. die schwierigste Disziplin der Fotografie. Man braucht dazu nicht nur technische und künstlerische Fertigkeiten sondern auch andere Qualitäten. Eben auf Menschen zu gehen zu können, auf sie einzugehen, ihnen Vertrauen einflößen, etc., etc.

Landschaften sind da deutlich einfacher, Wildlife liegt so etwa in der Mitte.

Jede Fotografie, die mehr als das blosse Abbild transportiert, also jenseits von Passbild, Dokumenation oder Bestimmungsbild ist, stellt besondere Anforderungen an den Fotografen. Den Fotografien, die bewegen, geht i.d.R. ausnahmslos eine intensive Beschäftigung des Fotografen mit dem Motiv und/oder der Situation voraus. Tierfotografen studieren oft wochen- oder gar monatelang eine bestimmte Spezies, bis "das eine" Bild entstanden ist, welches die Betrachter so fasziniert.

Grüße aus der Pfalz,
Michael
...nach der Reise ist vor der Reise...

Hatchcanyon

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Re: Menschen fotografieren...
« Antwort #43 am: 13. Januar 2014, 13:57:47 »
Wer meint, seine eigenen Regeln den anderen aufbürden zu müssen, der ist für mich nichts anderes wie ein Koloniealist, also jemand der mit seiner Ethik zwei Jahrhunderte im Rückstand ist. Schande über solche Ausbeuter.
Sollte sich das hier auf das Thema Fotografieren beziehen und Du damit einen Teil unserer User als "Ausbeuter " bezeichnest möchte ich darauf hinweisen, daß dies nicht der Ton ist der hier bei eumerika akzeptabel ist.

Es bezieht sich generell auf Leute, die in andere Länder reisen und meinen, dort nach den Regeln, die bei ihnen zuhause gelten - oder auch ihren eigenen - agieren zu müssen. Das ist unakzeptabel. Man darf sich schon bemühen, die Rechte anderer nicht zu verletzen. Wenn mir Regeln in einem Land nicht passen, dann fahre ich eben nicht hin.

Man kann nicht alle Regeln im Ausland kennen, das fällt zuhause schon schwer. Aber Regeln mutwillig zu verletzen nach "bei uns zuhause ist das aber anders" oder "ich mach das jetzt einfach, weil es für mich ein Vorteil ist" das hat ein ziemliches Geschmäckle. Genau das hatten die Herren Kolonialisten im 19. Jh. gemacht - nach ihren Regeln gelebt und die Rechte anderer unterdrückt. Diese Art von Lebenstil meine ich.

Gruss

Rolf

DocHoliday

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Re: Menschen fotografieren...
« Antwort #44 am: 13. Januar 2014, 14:45:28 »
Man kann nicht alle Regeln im Ausland kennen, das fällt zuhause schon schwer. Aber Regeln mutwillig zu verletzen nach "bei uns zuhause ist das aber anders" oder "ich mach das jetzt einfach, weil es für mich ein Vorteil ist" das hat ein ziemliches Geschmäckle. Genau das hatten die Herren Kolonialisten im 19. Jh. gemacht - nach ihren Regeln gelebt und die Rechte anderer unterdrückt. Diese Art von Lebenstil meine ich.

Und was hat das jetzt mit dieser Diskussion zu tun bzw. wem wirfst Du vor, so zu handeln?