Donnerstag, 28.03.2013 - Freilichtmuseum Göreme, die "drei Schönen", Besuch der unterirdischen Stadt bei Özkonak und Besichtigung eines Tuff-Hauses bei GöremeGeweckt wurde ich ziemlich früh, allerdings nicht von meinem Wecker sondern von dem Geräusch, welches die vielen Heißluftballons, die über unser Hotel fuhren, machten. Ursprünglich wollte ich ja auch diese Attraktion mitmachen, kurz vor dem Urlaub kam es allerdings in Ägypten zu einem Absturz eines solchen Ballons und deshalb baten mich meine Männer doch von einer solchen Fahrt abzusehen, was ich dann auch tat.
Einige Mädels nahmen jedoch am nächsten Morgen daran teil und waren total begeistert. Eine ca. eineinhalbstündige Fahrt kostete 150 €. Bei meinem nächsten Aufenthalt in Kappadokien werde ich auf jeden Fall an einer Ballonfahrt teilnehmen.
Um 6.30 Uhr ging ich dann duschen, was doch einiges akrobatisches Geschick benötigte, denn der Einstieg in die Badewanne war ziemlich hoch – ich denke für unsere älteren Mitreisenden war das gar nicht so einfach. Gestern Abend war mir das gar nicht so aufgefallen, aber morgens habe ich mit gymnastischen Übungen aufgrund meines chronischen Rheumas und der damit verbundenen Morgensteifigkeit immer mehr Probleme
.
Um 7.30 Uhr ging ich zum Frühstück, was ebenfalls sehr gut war. Man konnte sich Eier zubereiten lassen, es gab viel frisches Gemüse und Salat, Obst sowie Käse, Wurst, Marmelade, Honig und knusprig frisches Weißbrot. Auch der Kaffee, bzw. Cappuccino war prima.
Nach dem Frühstück putzte ich mir noch schnell die Zähne und packte den Rucksack, denn wir würden erst wieder am Abend ins Hotel kommen. Dann ging ich nach draußen und machte ein paar erste Fotos rund ums Hotel.
Wow! Ich war wirklich in Kappadokien!
„Seit Entstehung der Berge
Schweigend und ruhig bis heute
Still, still, still
Berge, die das Schweigen brechen sind hier
Überfluten die Gegend unbarmherzig mit Feuer
Und jagen der Welt Furcht ein
Bringen aber gleichzeitig Schönheit rein
Und schaffen Wunder wie Kappadokien
Eines dieser Berge sind Erciyes und Hasan“Das ist das Vorwort meines gekauften Buches über das Freilichtmuseum Göreme.
Aber vielleicht sollte ich zunächst einige Information zur Entstehung dieser traumhaften Landschaften geben:
Vor tausenden von Jahren hatte die aus dem Vulkan Erciyes ausströmende Lava ca. 20 000 km² Land bedeckt. Nach Erlöschen des Vulkans waren Lava und Asche über hunderte von Jahren einer starken Erosion durch Wind und Wasser ausgesetzt. Als Ergebnis dieser Erosion wurde die Erde ständig weniger und die gegenüber Wettereinflüssen widerstandsfähigen Felsen schälten sich heraus. Auf ihren Spitzen blieben kleinere Felsbrocken liegen und so entstanden die berühmten Feenkamine.
Die Christen, die vor dem Ansturm der Araber im Tal von Göreme Zuflucht gesucht haben, nannten das Tal „Göremi“, was so viel wie „Du siehst mich nicht“ bedeutete. Diese Bezeichnung wandelte sich zu Karama und dann wieder bis in den heutigen Tag hinein zu Göreme.
In dem von Nevsehir und Ürgüp 17 bzw. 6 km entfernt liegenden Avcilar Tal lenken sehr interessant geformte Feenkamine und Felsenkirchen die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich.
Paulus betrachtete Göreme für die Ausbildung von christlichen Missionaren als sehr geeignet. Göreme war wahrscheinlich damals sehr viel größer, bedeckt heute jedoch nur noch das Tal.
Vom 6. bis zum 9. Jahrhundert war Göreme eines der großen Zentren des Christentums und zählte über 400 Kirchen verstreut in den Dörfern Zelve, Mustafa Pascha, Avcilar, Uchisar, Ortahisar und Cavusin. Im Freilichtmuseum von Göreme selbst stehen einige berühmte Felsenkirchen.
Das Freilichtmuseum war von unserem Hotel aus mit dem Bus nach ca. 5 Minuten erreicht. Ismail gab uns einige grundlegende Informationen und dann hatten wir ca. zwei Stunden Zeit, die Felsenkirchen auf eigene Faust zu erkunden.
In den Kirchen durfte nicht fotografiert werden und manchmal musste man doch länger anstehen, bis man eine Kirche besuchen konnte, denn es waren eine Menge Besucher im Freilichtmuseum. Was jedoch auffiel – es gab wirklich keine einzige Kopftuchträgerin im gesamten Gebiet, in Konya gestern hatten wir doch ganz anderes gesehen.
Aziz Basil Şapeli - Die "St. Basilius Kapelle" ist etwas dunkel und bietet drei Apsiden, die mit Fresken versehen sind. Im Vorraum befinden sich Mulden, die früher als Gräber dienten.
Elmalı Kirche - Die "Apfelkirche" stammt aus dem 11. bzw. 12. Jahrhundert. Der Grundriss ist ein Kreuz, auf dem sich neun Kuppeln, vier Säulen und drei Apsiden befinden. Auf diesen sind zahlreiche Szenen aus dem Neuen und Alten Testament dargestellt. So findet man z.B. das Abendmahl, die Auferstehung des Lazarus oder Jesus am Kreuze, aber auch die Gastfreundschaft des Propheten Abraham und die Verbrennung der drei Jünglinge im Feuerofen wieder. Die sehr farbenfrohen Fresken sind in einem ausgezeichneten Zustand.
Barbara Kilise - Die "Barbarakirche" aus dem 11. Jahrhundert ist ein wenig schlichter gestaltet. Auch diese hat einen kreuzförmigen Grundriss und ist neben vorgetäuschten Mauerwerk und Ornamenten in roter Farbe mit relativ einfachen Zeichnungen versehen. Doch diese haben durchaus ihren Reiz. Besonders die Darstellung des Drachentöters St. Georg mit dem Drachen kämpfend ist gut gelungen. Im rechten Flügel ist die Darstellung der St. Barbara zu finden.
Yılanlı Kilise - Die "Schlangenkirche" war ursprünglich als Grabkammer angelegt. Diese sind immer noch in der Südseite zu finden ( Der Eingang liegt an der Nordseite ). Der Ausbau zur Kirche ist nie vollendet worden, so liegt die Apsis beim Eintritt zur linken Seite immer noch halb fertig gestellt. Den Namen trägt sie aufgrund der Darstellung der Drachentöter St. Georg und St. Theodorus bzw. des schlangenähnlichen Drachens. Gelegentlich wird diese Kirche auch die "St. Onuphrios Kirche" genannt, da sich im westlichen Teil eine Darstellung der nackten Onunphrios vor einer Palme befindet.
Yemekhane - Hier sind neben dem Speisesaal auch ein paar Lager und Nutzräume zu sehen
Karanlık Kilise - Die "Dunkle Kirche" stammt aus dem 11./12. Jahrhundert und hat einen kreuzförmigen Grundriss. Nachdem man ein zusätzliches Eintrittsgeld entrichtet und sich an die Dunkelheit gewöhnt hat, offenbart sich einem die wohl perfekteste Freskenmalerei in Kappadokien. Im gleichen Stil der Elmalı Kirche sind hier ein paar Szenen aus dem Alten Testament (wiederum die Gastfreundschaft des Propheten Abrahams und die Verbrennung der drei Jünglinge im Feuerofen) und nahezu die gesamte Geschichte des neuen Testaments dargestellt. Durch den geringen Lichteinfall befinden sich die Fresken in einem ausgezeichneten Zustand.
Azize Catherine Şapeli - Die "Katharinen Kirche" stammt aus dem 11. Jahrhundert und liefert im Vorraum und Hauptraum jeweils ebenfalls einen kreuzförmigen Grundriss. Im Vorraum befinden sich 11 Gräber (9 im Boden und 2 in den Wänden. Im Hauptraum befinden sich viele Fresken, die u.a. die Deesis, Medaillons, die Kirchenväter Gregor, Basileos, Johannes Chrysostomos und St. Katharina darstellen. Der Bau der Kirche wurde übrigens von einer Dame namens Anna in Auftrag gegeben.
Çarıklı Kilise - Die "Kirche mit Bauernschuh" aus dem 12./13. Jahrhundert hat zwei Säulen und zwei Eckpfeiler, ein Kreuzgewölbe, drei Apsiden und vier Kuppeln. Ihren Namen verdankt diese Kirche einer Mulde in Form eines Fußabdruckes unter dem Himmelfahrtsbild. Hier finden sich zahlreiche Fresken im Stile der Karanlık Kilise oder Elmalı Kirche. Auch diese sind noch recht gut erhalten. Bemerkenswert ist, dass hier auch Jesus auf dem Weg zur Kreuzigung und die Kreuzigung selber dargestellt werden, was in den anderen Kirchen nicht zu finden ist.
und schließlich noch das Rahibeler Manastırı(Nonnenkonvent). Hier finden sich in der ersten Etage ein Speisesaal, die Küche und einige Zimmer, in der zweiten eine eingestürzte Kapelle, in der dritten eine durch einen Felskamin erreichbare Kirche.
Schon außerhalb des Freilichtmuseums befinden sich zwei weitere Kirchen:
Saklı Kilise - Die "Versteckte Kirche" trägt ihren Namen nicht von ungefähr. Zwar findet man an der Hauptstraße ein Hinweisschild zur Kirche, doch man sollte sich die Kirche einfach zeigen lassen. Die Kirche liegt so versteckt, dass sie erst 1957 wiederentdeckt wurde. Im 11. Jahrhundert wurde diese wahrscheinlich mit ihren Fresken, die Bibelthemen zeigen, erbaut. Interessant ist einmal, dass hier die Bibelgeschichte in ihrer Darstellung in die kappadokische Landschaft mit Feenkamine verlegt wurde und zweitens aufgrund des guten Zustandes der Fresken, welches auf die versteckte Lage zurückzuführen ist. Eintritt frei.
Tokalı Kilise - Die "Kirche mit Schnalle" ist zweifellos eines der Highlights überhaupt. Die Kirche aus dem 10. Jahrhundert ist mit Sicherheit eine der größten und buntesten Kirchen in ganz Kappadokien. Auch ihr guter Zustand kann begeistern. Tafeln an den Wänden erläutern die einzelnen Bilder. Im Gestein über der Kirche sind weitere Kirchen enthalten, die aber wegen Einsturzgefahr geschlossen sind. Den Namen verdankt diese Kirche übrigens dem schnallenartigen Dekor im Gewölbe. Das Ticket für das Open Air Museum gilt auch hier.
Leider sind viele der wirklich schönen innerkirchlichen Wand- und Deckengemälde zerstört. Wundervolle Bilder findet man noch in der „Dunklen Kirche“ und in der Tokali-Kirche.
Hier zeige ich nur ein paar Impressionen, weitere Bilder findet man auf meiner Seite in der Galerie „Freilichtmuseum Göreme“.
Ca. um 11.55 Uhr machten wir uns auf den Weg zu den „Drei Schönen“ – ich weiß nicht, wie diese Felsformationen auf türkisch heißen, aber es sind „Hoodoos“ und wirklich schön, aber auch die Umgebung der drei Schönen konnte einiges bieten:
Leider war bisher das Wetter nicht optimal, das sieht man auf den Fotos.
Leckeres Mittagessen gab es im Oba – Restaurant in der Gegend um Göreme. Dort gab es vor dem Essen leider noch „etwas Stress“. Für unsere Reisegruppe war ein Tisch mit 32 Plätzen reserviert, ein Pärchen fand jedoch nicht nebeneinander Platz und unser Reiseleiter wollte einen „Alleinreisenden“ zum Umzug am Tisch animieren – dieser fand jedoch, dass es „scheißegal“ sei, wer neben wem beim Essen sitzt, womit ich ihm uneingeschränkt Recht geben muss – weshalb sollte man als Alleinreisende bzw. Alleinreisender seinen Platz räumen, nur weil ein Paar sich fürs Essen nicht trennen kann? Unser bis dahin sehr netter Ismail geriet ob der Ansprache des Alleinreisenden ziemlich aus der Fassung – es wurde sehr laut und ich musste mich wundern, mit welcher Inbrunst unser Reiseleiter hier vorging – wäre ich sein Gegenspieler bzw. seine Gegenspielerin gewesen, hätte ich mich bei Berge & Meer beschwert, denn seine Art war untragbar. Die Laune aller war dadurch beim Mittagessen sehr gedämpft. Deshalb habe ich wohl auch die Fotos vom Mittagessen vergessen, schade!
Nach dem Mittagessen fuhren wir nach Özkonak, denn dort wollten wir eine unterirdische Stadt besuchen.
Am Rande des langgezogenen Dorfes liegt eine Höhlenstadt, die 1972 entdeckt wurde. Das unterirdische System führt bis zu zehn Stockwerke in die Tiefe, von denen jedoch nur fünf für den Tourismus zugänglich sind.
Rund 50 unterirdische Städte werden in Kappadokien vermutet, 36 davon wurden bereits entdeckt. Aber nur die wenigsten sind bislang dem Fremdenverkehr zugänglich. Man nimmt an, das bereits in der Hethiterzeit - also vor rund 4.000 Jahren - in Kappadokien die ersten unterirdischen Siedlungen entstanden.
Infolge der Christenverfolgung durch die Römer und im Zuge der Arabereinfälle im 7. Jahrhundert wurden sie als Fluchtstätten über mehrere Stockwerke ausgebaut. Bei Anzeichen von Gefahr zogen sich die Menschen "mit Kind und Kegel, Sack und Pack" teilweise bis zu 6 Monate in diese Unterwelt zurück. Zuletzt noch 1838 vor den ägyptischen Truppen. Zum Verschließen der Eingänge benutzte man sogenannte Rollsteintüren.
Zugänglich waren diese unterirdischen Städte durch gut getarnte Höhleneingänge. Ein ausgeklügeltes Belüftungssystem sorgte für Frischluft und es gab Vorratslager für Wein, Öl und Wasser. Um in Zeiten feindlicher Bedrohung zu verhindern, dass die Brunnen vergiftet wurden, besitzen einige davon keine Öffnung an der Erdoberfläche. Noch heute sind rußgeschwärzte Küchen zu sehen. Die Räume haben im Sommer und im Winter eine konstante Temperatur von 7 - 8°.
Bevor wir von Özkonak abfuhren, konnten wir noch dem Ruf der Muezzins lauschen.
Über Avanos fuhren wir dann zurück nach Göreme. Leider blieb für einen längeren Aufenthalt in Avanos keine Zeit. Die Stadt gefiel mir vom Bus aus sehr gut und ich wäre dort gerne etwas durch die Gassen und am Fluss entlang gelaufen. Zum ersten Mal ärgerte ich mich wirklich über die organisierte Reise.
Avanos hieß in der Antike Venessa und war schon unter den Hethitern ein Töpferzentrum, woran sich bis heute nichts geändert hat. Hier sind noch über 100 Töpfereien ansässig. Die rote Töpfererde und der Schlamm werden vom Roten Fluss (türkisch Kizilirmak) angeschwemmt.
In der Nähe unseres Hotels und des Freilichtmuseums Göreme besuchten wir schließlich ein Tuffstein-Haus von innen und der Inhaber Özer sang uns zwei Lieder vor und begleitet seinen Gesang auf einer Saz. Unser Reiseleiter versuchte uns diesen Besuch besonders schmackhaft zu machen, indem er erzählte, das „nur wir“ in den diesen besonderen Genuss des Besuches kommen würden.
Allerdings war Özer gleichzeitig Inhalt eines Artikels des Merian-Heftes „Kappadokien“, welches die meisten der Mitreisenden in ihrem Rucksack hatten
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Trotzdem war die Besichtigung sehr interessant, der Gesang von Özer wohl authentisch und danach konnte man gerne noch auf der Terrasse etwas trinken, musste aber nicht.
Übrigens als Saz bezeichnet man eine Gruppe von Langhalslauten, die vom Balkan bis Afghanistan verbreitet sind und unter anderem in der Musik der Türkei, der kurdischen, iranischen, armenischen, aserbaidschanischen und afghanischen Musik gespielt werden. Der Hauptvertreter dieser Zupfinstrumente in der Türkei ist die mittelgroße Bağlama. Die Bağlama ist das am meisten gespielte traditionelle Begleitinstrument der türkischen Barden, die man in Anatolien und im Kaukasus Aşık („der Liebende“) nennt.
Von der Terrasse des Cafes hatte man einen wunderbaren Blick auf die Tuffsteingebilde.
Anschließend fuhren wir die wenigen Meter zum Hotel.
Zum Abendessen ging ich um 18.30 Uhr und anschließend habe ich auf dem Zimmer Bilder überspielt, mit Peter telefoniert, geduscht und lag früh wieder mit Jeffrey Deaver im Bett :-)
Getränke (Wasser, Cola, Bier) konnten wir übrigens immer günstig im Bus erwerben und so war ich vor dem Verdursten in der Nacht gerettet.