Tag 20 - Teil 2
Windhoek
Übernachtung: Hotel Safari bzw. Hospital
Als nächstes sollten wir Ultraschall machen lassen.
Nach dem Telefonat war mir zum Weinen, aber es flossen keine Tränen. Irgendwie fing ich an, ganz praktisch zu denken, was sind jetzt die nächsten Schritte, was müssen wir jetzt unternehmen, was muss organisiert werden …
Die Managerin war mittlerweile auch an der Rezeption und unterstütze uns noch sehr. Sie machte eine Reservierung im Safari Court Hotel, eine Unterkunft, die recht verkehrsgünstig lag und die wir von unser allerersten Namibia-Reise kannten. Uns war nicht danach, jetzt noch nach einem netten kleinen Guesthouse zu recherchieren. Wir wollten jetzt eigentlich nur noch schnell in die Klinik, um Ultraschall machen zu lassen.
Die Managerin gab uns noch ihre Telefonummer, mit dem Hinweis, wir könnten sie jederzeit anrufen, wenn wir Hilfe benötigen. Man half uns noch mit dem Gepäck, fuhr uns zum Lodgeparkplatz, wo wir in unseren Mietwagen stiegen und mit einem sehr mulmigen Gefühl Richtung Windhoek fuhren. Wir hielten zuerst am Safari Hotel, das direkt am Weg lag und checkten in Windeseile ein. Alles Dinge, die man zuhause in solchen Fällen nicht berücksichtigen/organisieren muss, da fährt man zum Krankenhaus und gut ist’s. Vielleicht hätten wir das auch hier machen sollen, aber ich fühlte mich soweit okay, dass ich diese Reihenfolge vorzog.
In der Klinik angekommen, nachdem wir Deposit hinterlegt hatten, ich den Papierkram erledigt, rief mein Mann schon einmal unsere Reiseauslands-Krankenversicherung an. Zu diesem Zeitpunkt tickten wir beide wie ein Uhrwerk.
Wir wurden dann in einen Raum geführt, wo die Behandlungsbereiche mit Vorhängen abgetrennt waren. Eine Schwester kam und ein Arzt untersuchte mich. Er war sich gleich sicher, dass Herr Appendix übellaunig ist … Ich hingegen, war immer noch der Hoffnung, dass es einen anderen weniger schlimmeren Grund gab, auch wenn diese Hoffnung von Minute zu Minute mehr schwand … der Doc erklärte mir mit ruhiger Stimme, käme ich jetzt auf die Idee, die Klinik zu verlassen oder gar mit dem Gedanken spielen würde, nach Hause zu fliegen, würde ich mit meinem Leben spielen und dieses Spiel würde höchstwahrscheinlich nicht gut ausgehen.
Okay, ich bleibe selbstverständlich in der Klinik – die „Message“ war definitiv bei mir angekommen.
Für meinen Mann gab es schon vorher keine Diskussion. Ich glaube, er war besorgter als ich.
Der Arzt telefonierte mit dem Chirurgen, dieser wies an, den „Ultrasound-Doctor“ in die Klinik zu holen, damit der Ultraschall gemacht wird.
Prima, genau deshalb waren wir ja hier …
Ich kam mir vor wie in einem amerikanischen Film, als ich in einen Rollstuhl gesetzt wurde und einmal quer durch die Klinik zum Ultraschallbereich geschoben wurde – nur leider war ich gerade nicht im Film, das hier war Realität.
In den Raum, in den wir gebracht wurden, standen modernste Geräte - soweit wir das beurteilen können. Das fanden wir sehr beruhigend. Der „Ultrasound-Doctor“ war mittlerweile auch anwesend. Er sagte nicht viel, antwortete auch kaum auf meine Fragen, nur einmal sagte er, als er so ziemlich genau über der Stelle war, wo ich den übellaunigen Genossen vermutete, er leicht das Gerät aufsetzte und ich vor Schmerz zusammenzuckte. „I see the problem“. Danke ja, schön zu hören …
Wir mussten dann noch ein wenig warten, bis er seinen Bericht geschrieben hatte, den er mir im verschlossenen Umschlag in die Hand drückte. Auf der Rückfahrt (ich im Rollstuhl) öffnete ich diesen, die Seite war vollgeschrieben, aber mir beim Lesen klar, was nun folgen würde.
Ich weiß gar nicht mehr, was ich in diesem Moment weiter gedacht habe, aber wundere mich noch heute, dass ich das ganz ruhig meinem Mann sagte. Gott sei Dank, dass er die ganze Zeit an meiner Seite war und dass auch er – zumindest schien es mir so – ganz ruhig blieb.
Damit war aber leider die heutige Odyssee noch nicht vorbei. Uns wurde gesagt, wir müssten die Klinik wechseln, da der Chirurg, der operiert, in einer anderen Klinik seinen Dienst tut. Auch diese Nachricht nahmen wir recht gelassen hin und so fuhren wir noch einmal für nicht zu lange Zeit durch Windhoek zur anderen Klinik.
Nach Ankunft ging das übliche Prozedere los: Aufnahmepapiere ausfüllen und ganz wichtig, Deposit hinterlegen. Zum Glück nahm man auch hier Kreditkarte, soviel Bargeld hätten wir nicht dabei gehabt.
Das Zweibettzimmer, auf das ich gebracht wurde, war absolut in Ordnung. Ein Einzelzimmer gab es leider nicht mehr, überhaupt wurde mir gesagt, dass ich das letzte freie Bett bekommen hätte. Die ganze Klinik machte einen sehr guten Eindruck auf uns.
Meinen Chirurgen empfanden wir beide sofort als äußerst sympathisch, zu dem wir sofort Vertrauen fassten. Er untersuchte mich noch einmal, meinte, der Eingriff hätte Zeit bis morgen früh und verordnete, dass ich über Nacht Infusionen mit Antibiotika bekam. Außerdem beruhigte er mich, als ich ihm sagte, dass ich noch nie eine OP hatte und es ihm zudem nicht entging, dass ich doch ein wenig besorgt war.
Morgen früh als erster Termin käme ich dann ins Theatre … klasse dachte ich nur, ein „Theaterbesuch“ in Windhoek.
Es wurde die erste Nacht einer gemeinsamen Urlaubsreise meines Mannes und mir, die wir getrennt verbrachten, er im Hotel und ich im Krankenhaus mit der unschönen Aussicht auf den morgigen Aufenthalt im Theatre.