Donnerstag, 10. Oktober 2013 - LegendsSo langsam bekommt der Tagesablauf in New York ein wenig Routine: Petra und ich frühstücken, während Tim versucht das Maxmimum an Schlaf heraus zu holen, bevor es dann endgültig zu unserem letzten vollen Tag in New York losgeht. Im Ginger´s, dem Restaurant des Hotels in dem auch das Frühstück serviert wird, bedient uns wie an den Tagen zuvor wieder Solomon. Es war bisher immer sehr reserviert und hat fast traurig gewirkt. Heute lächelt er und man könnte fast meinen, er sucht das Gespräch mit uns. Wie sich herausstellt, ist er aus Ghana und ohne seine Familie hier in New York. Mit ein paar seiner Landsleute teilt er sich eine Wohnung und versucht so viel Geld nach Hause zu schicken, wie es ihm möglich ist. Als er „yes, nice City“ sagt, wird Petra und mir klar, dass er das auf keinen Fall so meint, wie wir als Touristen. Es hatte mehr den Klang, als wolle er sagen „ja, die Stadt gibt mir Geld und sie nimmt mir Geld und wenn sie mir weniger nimmt, als sie mir gibt, dann ist es gut.“ Irgendwie stimmt uns das nachdenklich und bis heute bin ich ein wenig bedrückt, wenn ich an ihn zurück denke.
Während Petra Tim aus dem Bett und ins Bad scheucht bringe ich noch schnell bei FedEx, gleich um die Ecke, den defekten Pol-Filter zurück auf den Weg zum Hersteller. Über Nacht kam die Mail, mit der Anweisung für den Austausch. Ersatz soll ich Portofrei nach Deutschland nachgeliefert bekommen. Na dann, hoffentlich stimmt danach alles mit dem Zeugs.
Wir wollen heute Morgen zuerst noch ein paar Einkaufsziele abarbeiten. Oben auf der Liste steht ein Convers-Laden der Schuhe nach Wunsch bedrucken soll. In der Nähe des Union Square soll er sein. Wir finden die Straße und schließlich auch die Hausnummer. Kann das sein, dass die Info auf der Webseite „etwas“ veraltet ist? Wir stehen jedenfalls mitten in New York vor einer Home Depot Filiale…
Nachfragen in den umliegenden Geschäften ergeben auch kein besseres Bild. Man teilt nur unsere Verwunderung über die Straßenangabe auf der Homepage, denn das wäre zweifelsfrei hier.
Nun, denn. Auf zum nächsten Ziel, dem flächenmäßig größten Barnes & Noble Store direkt am Union Square. Petra als Bücherwurm wollte sich das mal anschauen und natürlich gehen wir nicht ohne ein paar Bücher raus.
Es geht schon auf die Mittagszeit zu, als wir den Laden verlassen. Wir wollen zunächst zum Hotel, die Beute aufs Zimmer bringen und dann erst noch ne Kleinigkeit essen, bevor es dann zum Central Park gehen soll.
Als wir wieder aus dem Hotel rauskommen, parkt schräg gegenüber ein Truck. Seine Ladefläche ist an einer Seite geöffnet und Musikinstrumente und Boxen sind zu sehen. Ein paar Absperrgitter stehen daneben und es sind ein paar Polizisten vor Ort, die aber eher gelangweilt rumstehen. Nirgends ist ein Hinweis zu erkennen, welche Veranstaltung oder Kundgebung hier geplant ist. Wir witzeln bereits, dass Lady Gaga nun selbst schauen wird, wie ihr Album-Cover auf der Video-Wand aussieht und bei dem Gedanken würden wir lieber die Flicht ergreifen als auf sie zu warten. Trotzdem siegt die Neugier und ich Frage einen der Polizisten, was hier geplant ist. Der meint nur „Wait a few minutes and you will see Paul McCartney here playing a few songs”.
Was? Das gibts doch gar nicht! – Wann hat man schon die Chance Sir Paul live zu sehen? Und dann noch auf dem Times Square in New York! Also, wir bleiben und wenn es sein muß auch gerne länger als „a few minutes“. Der Times Square füllt sich in den nächsten Minuten, ein paar Fernsehkameras werden aufgestellt und dann springt er auch schon auf die Bühne, zusammen mit seinen Musikern.
Er stellt sein neues Album „New“ vor und vier Lieder darf er spielen, dann ist die Zeit rum, die man ihm für den Auftritt gestattet hat. „Nicht mehr als 15 Minuten auf der Bühne und nicht länger als eins Stunde durfte der Auftritt angekündigt sein“ – das waren die Auflagen seitens der Ordnungsbehörden für diesen Überraschungsauftritt. Trotzdem hat es gelangt, dass in diesen fünfzehn Minuten der Verkehr um den Timessquare mehr und mehr zum Erliegen kam.
Zwei Segen der modernen Zeit, Youtube und die Einbindung davon hier im Fourm durch Rainer, ermöglichen mir, euch nochmal am Auftritt von Sir Paul teilhaben zu lassen:
So plötzlich, wie er aufgetaucht ist, verschwand Paul auch und während der Times Square sich wieder leerte, haben wir immer noch überlegt, ob das jetzt eben wirklich passiert ist. Ach ja, wir wollten ja was essen gehen. Jetzt kann es eigentlich nur ein Ziel dafür geben: Das Hard Rock Cafe, gleich hier in der Nähe. Bei loaded Potato-Skins und zwei, drei (Root
-)Bier lassen wir das eben geschehene noch mal Revue passieren. Irre!
Für heute Nachmittag soll der Central Park unser Ziel sein. Wir fahren mit der Subway bis an den Südosteingang an der Fifth Avenue. Ganz in der Nähe ist auch der bekannte Spielzeug Laden „FAO Schwarz“, den wir aber bei einem kurzen Besuch nicht unbedingt ansprechender finden, als die gefühlt einemilliondreihundertelfundzwanzig anderen Spielzeuggeschäfte ähnlicher Machart auf dieser Welt. Jetzt aber in den Park! Warum wir den Park nun ausgerechnet von Südostecke aus betreten, hat einen besonderen Grund. Zur Erinnerung an jemanden, der Großes geleistet hat, wurde dort im Jahr 1925 eine Bronze-Statue aufgestellt. Da Tim Schlittenhunde sehr mag, ist die Freude entsprechend groß, als wir auf einmal vor der Statue von Balto, dem wohl bekanntesten Schlittenhund der Welt, stehen.
Für alle Interessierten, hier der
Wiki-Eintrag zu Balto.
Wir bummeln weiter, kreuz und quer durch den Park. Es ist schon erstaunlich, was man hier, mitten in Manhattan und umgeben von der Metropole New York, für eine Ruhe finden kann. Wäre ich New Yorker, könnte man mich hier öfter finden. Irgendwann verlassen wir den Park wieder und laufen auf Central Park West erneut Richtung Süden und zu einer Adresse, die traurig in die Musikgeschichte eingegangen ist. 1 West 72nd Street - wir stehen vor dem Dakota Building. Hier, unmittelbar vor seiner Wohnung, wurde am 8. Dezember 1980 John Lennon erschossen. Vor dem Eingang des Dakota-Building, stehen zwei Doormen und beantworte geduldig und freundlich Fragen von Passanten. Einer der beiden ist aus Puerto Rico. Von ihm erfahren wir, dass die Preise für die Wohnungen im Dakota Building von $2 Mio. bis $25 Mio. reichen. Wobei die $2 Mio – Bude ein kleines Appartement mit Blick hintenraus, zum Parkhaus ist. O.k. – das ist dann nicht unbedingt das, was man sich unter einer „Wohnung direkt am Central Park“ vorstellt. Der Doorman meint dann auch ganz trocken: „You know, if would take my two million dollards to Puerto Rico, I could buy half of the island!”
Ganz in der Nähe des Dakote Building, auf der anderen Straßenseite beginnt der Central Park und die Gegend dort trägt den Namen „Strawberry Fields“. Hier ist auch das bekannte „Imagine“ Mosaik eingelassen, dass an John Lennon erinnern soll. Hier sind sehr viele Leute, die sich hier auf oder neben dem Mosaik in den unterschiedlichsten Posen fotografieren lassen. Dazwischen immer wieder Fans von John Lennon, die sichtlich gerührt an diesem Platz stehen und auch mich berührt es hier. Dazu das Herbstlaub auf den Steinen, das ist irgendwie schon gewaltig.
Wir bummeln noch einmal quer durch den Park, Central Park Zoo vorbei und zurück zur Subway. Es wird schon dunkel, als wir wieder am Hotel angekommen sind. Kurz aufs Zimmer, die Füße nochmal lüften und dann auf zum letzten Abend in New York City – so lautet zumindest der Plan.
Auf dem Zimmer angekommen schaffen wir es noch die Schuhe auszuziehen, dann klinken sich auch schon die ersten Mitreisenden in der Form aus, dass sie auf einmal schlafend im Sessel hängen. Na gut, kann ja nix schaden, so ein fünf Minuten kleines Schläfchen. Wach werde ich irgendwann, als Petra versucht mir einen Zettel in die Hand zu schieben. „Was ist das, bitte?“ - „Eine Bestell-Liste fürs Abendessen!“ Sandwiches von Smilers, dazu zwei Stück Pizza von Papa Johns. Ein Blick in die Gesichter meiner Familie bestätigt mir dann, dass die das ernst meinen und heute Abend wirklich nicht mehr großartig fort wollen. Wenn ich ganz ehrlich bin, kann ich mich damit sogar anfreunden. Zu Hause wurden wir deswegen zwar reihenweise für bekloppt erklärt, weil wir am letzten Abend nicht noch mal Essen waren, aber ganz ehrlich – ich würde das wieder so machen. Der Tag war jedenfalls gigantisch für uns und kaum haben wir die letzten Biervorräte aufgebraucht, siegt endgültig die Müdigkeit.
Gute Nacht New York – morgen heißt es Abschied nehmen.