Dienstag, 08. Oktober 2013 - Living HistoryWir haben himmlisch geschlafen heute Nacht und wachen voller Tatendrang auf in New York City! Ein gutes Frühstück ist die Grundlage für einen erfolgreichen Tag und wir beschließen das Hotelfrühstück auszuprobieren, zumal es für uns im Preis eingeschlossen ist. Der geneigte Leser ahnt es an dieser Stelle bereits: Wir, das sind dann wieder Petra und ich. Tim verzichtet nur ungern auf seinen Morgenschlaf.
Das Frühstück ist in Buffet Form und wirklich sehr lecker und reichhaltig in der Auswahl. Ergänzt wird das Buffet von einer Theke, an der Frenchtoast, Waffeln und alle möglichen Eierspeisen nach Wunsch zubereitet werden. Besonders lecker ist auch der frisch gepresste Orangensaft.
Da wir Dank unseres Kundenstatus das Frühstück inklusive haben, bleibt uns nur den Tip zu hinterlassen und dabei stellen wir fest, dass das Frühstück pro Person 30$ gekostet hätte. Das ist irgendwo schon heftig.
Wir wecken Tim und während der sich durchs Bad schleudert schaue ich aus dem Fenster. Heute scheint gutes Wetter zu sein. Der Himmel ist blau, die Sonne scheint sich durch zu setzen und klettert die Hochhäuser herunter.
Damit ist klar was unser erstes Ziel für heute werden wird. Etwas, bei dem ich Sonne brauche um es so zu fotografieren, wie ich das möchte.
Es geht zu einem Geburtstagskind – und nicht zu irgendeinem. Nein, zu einem, das in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden ist und das ganze Jahr über feiert. Ein Gebäude, was zusammen mit dem Eifelturm in Paris und dem Chrystal Palace in London in einem Atemzug genannt wird. Ein Gebäude was in jedem Jahr von mehr als doppelt so vielen Touristen besucht wird, wie der gewiss nicht unattraktive Louvre in Paris. Es geht zur Grand Central Station!
Von unserem Hotel aus sind es nur zwei Metro-Stationen bis wir irgendwo im Bauch der Grand Central Station aussteigen. Noch ist nichts von der Monumentalität zu ahnen, die uns gleich, in der Haupthalle empfangen und überwältigen wird.
Unser erster Weg führt uns aber zum Büro des „Station Master“, denn ich brauche eine Erlaubnis für die Nutzung des Stativs im Bahnhof. Ich habe mich vor Antritt der Reise erkundigt, wo und wie ich das bekommen kann. Dort angekommen erfahre ich dann leider, dass momentan keine Permits ausgestellt werden, frühestens nächsten Montag wieder. Warum, das kann (oder will) man mir nicht sagen. Mein Hinweis darauf, dass wir vorher bereits deswegen in Korrespondenz waren, bringt ebenfalls nichts. „Sorry Sir, there is nothing we can do for you”. Na gut, das schränkt mich zwar sehr in der Gestaltung der Aufnahmen ein, aber davon soll die Welt auch nicht untergehen. Muss ich eben improvisieren bzw. Motive suchen, die ich frei Hand umsetzen kann. Zurück in der Halle suche ich erst mal nach Motiven und mir fällt auf, dass praktisch in jeder Ecke Polizisten stehen. Auch in der Gegend von der aus ich fotografieren will. Petra und Tim verabschieden sich in Richtung Apple-Store und da ich erst gar keine weiteren Problem aufkommen lassen will, frage ich die beiden Polizisten, ob es denn o.k. wäre, wenn ich hier fotografieren würde (natürlich ohne Stativ). Ja, das wäre o.k. Also mache ich mich an die Arbeit, als mich die beiden Polizisten wieder ansprechen. Warum ich hier stehen müsste und ob ich nicht auch woanders hingehen könnte, ein paar Meter weiter bitte. Na gut, ich dachte zwar, es wäre o.k. wenn ich hier stehe, aber wenn sie wollen, dann stelle ich mich eben ein paar Meter weiter. Es scheint ihnen zu passen, sie sagen nix. Dann, nach vielleicht einer Minute, kommen sie wieder zu mir und fragen mich, warum ich denn hier stehen würde und ob ich mich nicht irgendwo anders hinstellen könnte. Klar gerne, wohin denn bitte, wo ich nicht störe? Das sei ihnen egal, nur eben woanders hin und bitte besser gleich. Es scheint ihnen Spaß zu machen, mir gegenüber ihre Macht zu demonstrieren. O.K. Jungs, danke, aber auf das Spielchen mag ich nicht einsteigen. Ich packe meine Sachen zusammen und gehe in einen Bereich, der außerhalb des Sichtfeldes meiner beiden neuen Freunde liegt. Dabei gehe ich eine Treppe ein paar Stufen hoch und treffe dort oben zwei andere Fotografen. Die nutzen das Steingeländer zur Kameraauflage und damit in gewisser Weise als Stativersatz. Wir kommen ins Gespräch, ich erzähle von meiner Begegnung eben und die winken nur ab. Ja das kennen sie, sie Fotografieren öfter hier und wissen um die Launigkeit der Polizisten, gerade hier in der Grand Central Station.
Irgendwie ist das seltsam. Nach mittlerweile irgendwas um die zwanzig USA Reisen, hat mein Bild von der Freundlichkeit und Offenheit der Leute hier und heute einen kleinen Riss bekommen. Ausgerechnet in der Stadt, die sich mit einem Symbol der Freiheit schmückt, begegnet mir eine Willkür, die man hier nicht vermuten würde – zumindest hatte ich das nicht. Man merkt sicher auch noch an dem Platz, dem ich dem Geschehen hier einräume, dass das an mir gekratzt hat.
Jetzt aber wieder zur Grand Central Station. Die Position hier oben auf der Treppe ist nicht schlecht, das Geländer recht stabil und so beschließe ich, bei den beiden anderen Fotografen zu bleiben, auch um ggf. nicht noch mal alleine auf die beiden Polizisten von eben zu treffen
Der Grund warum ich hier morgens bei Sonnenschein her wollte, ist der, dass die Sonne dann direkt durch die Fenster der Ostwand fällt und schöne Gegenlichtsituationen entstehen.
Das Deckenmotiv der Grand Central Station übrigens zeigt die zwölf Sternzeichen, allerdings spiegelverkehrt, so wie Gott sie sehen würde.
In der Mitte der großen Halle steht ein Informationskiosk in dessen Mitte sich eine Uhr mit vier Zifferblättern befindet.
Diese Uhr ist ein sehr bekannter Rendezvous-Punkt und viele Leute verabreden sich hier, so wie wohl auch diese beiden Herren. „Meet me at the clock“ist ein bekannter Satz und bezieht sich genau hier auf diesen Treffpunkt.
Bereits mehr als hundert Jahre ist unser nächstes Ziel alt, die Public Library am Bryant Park hat im Jahr 1911 in diesem Gebäude eröffnet und der Grund, warum wir sie besuchen wollen ist vielleicht bekannt, jedoch liegt er etwas versteckt. Es ist der Reading Room im dritten Stock der Bibliothek. Hier ist gleich zu Beginn der Heinweis, dass man nicht fotografieren soll und ein Wachdienst ist ebenfalls in dem Raum präsent. Neues Spiel, neues Glück, denke ich mir und sage bei dem Wachdienst guten Tag. Nach ein paar Sätzen, wie toll das hier ist und der Versicherung, dass meine Kamera ganz leise ist, bekomme ich die Erlaubnis ohne Stativ und ohne Blitz zu fotografieren.
Anschließend setzten wir uns vor der Bibliothek in den angrenzenden Bryant Park und genießen bei einem Starbucks Tall Vanilla Latte die Herbstsonne. Dann bummeln wir langsam zurück.
Wieder am Hotel wollen wir uns was zu essen suchen. Wenn wir schon mal in New York sind, dann wollen wir auch wie echte New Yorker zu Mittag essen. So war zumindest der Vorsatz den wir noch zu Hause gefasst hatten und dabei hatten wir mehr oder weniger den klassischen Hot Dog Stand vor Augen. Irgendwie finden wir den aber nicht, zumindest nicht so einen, wie wir ihn uns vorstellen. Hmm, mal sehen, wo die ganzen Büromenschen sonst noch hingehen. Gerade mal einen Block weiter werden wir fündig. Da ist ein kleiner Eckladen, „Smilers“ nennt er sich und von außen scheint er über frisches Obst, Sandwiches, Getränken in jeder Form bis hin zu warmen Essen zum Mitnehmen alles zu haben.
Tim hat (tags darauf) daran gedacht eine Außenaufnahme davon zu machen:
Apropos „Tim hat daran gedacht eine Außenaufnahme davon zu machen“. Es freut einen als Vater ja ganz besonders, wenn der Sohn sich ein ähnliches Hobby aussucht. Nun, für die Naturfotografie konnte ich Tim bisher nicht wirklich begeistern und ich habe mich schon damit abgefunden, dass ich er einzige bin, der gerne eine Kamera ans Auge nimmt. Durch Apps wie Instagram oder Snapseed hat Tim aber Spaß daran gefunden, Szenen aus dem Alltag festzuhalten. Mich freut es sehr, dass er offensichtlich darüber Spaß daran gefunden hat, kreativ tätig zu werden.
Wir gehen in den Laden rein und wissen: Hier sind wir richtig! Das Ding ist innendrin proppenvoll geräumt mit Lebensmitteln aller Art. In der Mitte sind zwei Buffettheken aufgebaut. Eine mit warmen asiatischen Gerichten und eine mit Salaten. Die Spezialität von dem Laden scheinen aber Paninis zu sein. Es gibt eine eigene Theke dafür und eines sieht leckerer aus als das andere.
Mit drei halben Paninis und etwas warmem von der China-Theke ziehen wir uns kurz aufs Hotelzimmer zurück. Soviel sei an der Stelle schon verraten: Die Paninis schmecken genau so lecker wie sie aussehen und wir waren nicht das letzte Mal in dem Laden. Yammi!
Mittlerweile habe ich Nachricht vom Concierge, dass für mich ein Päckchen eingetroffen ist. Das ist der Filterhalter. Ich hole gleich die Sendung ab und siehe da, diesmal ist es der richtige Halter. Natürlich bin ich jetzt neugierig, wie sich der Polfilter daran macht. Also montiere ich den Halter an dem Objektiv und schraube anschließend den Polfilter in das Gewinde. Macht soweit einen guten Eindruck. Ich drehe den Polfilter ein wenig und da passiert es auch schon, er fällt einfach auseinander. Das Glas kann ich gerade noch auffangen. Oh Mann, das gibt es doch gar nicht! An der Stelle hat der Spaß aber ein Loch. Beim Versuch den Hersteller zu kontaktieren geht nur die Voicemail ran. Also schnell ein Foto davon mit dem Handy gemacht und per mail an den Hersteller. Bin mal gespannt, wie es jetzt weitergeht, denn die Zeit für eine Ersatzlieferung wird langsam knapp.
Für den Nachmittag haben wir uns einen Besuch am Ground Zero vorgenommen. Hier gibt es eine Ausstellung, die ich gerne besuchen möchte und für die wir die erste der drei Eintrittsoptionen von unserem New York Explorer Pass nutzen. Mit der Subway geht es von der Station gleich neben unserem Hotel in Richtung Downtown. An dem Ground Zero Memorial vorbei, geht es zu dem Museum. Die Ausstellung mit Video- und Audio-Sequenzen von dem Tag, sowie Fundstücken aus den Trümmern geht uns total unter die Haut. Zahlen von Opfern bekommen hier plötzlich Gesichter und Einzelschicksale werden greifbar. Immer noch – oder gerade wieder durch diesen Besuch – ist es unfassbar, was hier passiert ist. Es nimmt mich viel mehr mit, als ich es hier beschreiben kann und will.
Noch eine ganze Weile nach dem Besuch sind wir sehr ruhig und es ist klar, was jeden gerade bedrückt. Allmählich finden wir in das jetzt und hier zurück und da heute ein sonniger Tag ist, wollen wir das Top of the Rock besuchen. Das Rockefeller Center ist ca. fünf Gehminuten von unserem Hotel entfernt. Es braucht zwei Versuche, bis wir den Eingang gefunden haben, der zu dem Kartenschalter führt (immer noch keine schlechte Quote, bei einem Haus, das mindestens vier Seiten hat). Dass wir die richtige Seite gefunden haben, erkennen wir schon an der ca. 70 Meter langen Schlange, die sich auf dem Bürgersteig davor gebildet hat. Wollen die alle da rauf? Ja, die wollen und die haben auch alle noch keine Karte. Es soll aber einen Schalter geben, nur für den New York Explorer Pass. Den gibt es normaler Weise auch, aber es ist heute Abend so viel los, dass man diesen Schnellservice heute nicht anbieten will. Von einem Mitarbeiten bekommen wir die Info, dass es vom Ende der Schlange (also da, wo wir jetzt ungefähr stehen) bis hinauf noch ca. drei Stunden dauern soll. Das ist uns dann doch zu lange, denn da wäre es auch bereits dunkel und wir wollten ja die Dämmerung da oben erleben. Also beschließen wir, das Unternehmen auf morgen zu vertagen.
Stattdessen bummeln wir noch ein wenig durch die Straßen und als wir wieder am zum Times Square angekommen sind ist es dunkel und wir haben wehe Füße und außerdem Hunger. Irgendwie findet sich kein Favorit für das Abendessen und irgendwann schlägt Tim vor: „Pizza aufs Zimmer und runtergucken!“ Das klingt gut und so machen wir es dann auch. Zwei Ecken weiter gibt es Rays Pizza, die einzelne große Stücke verkaufen. Jeder sucht sich seine Favoriten aus und es geht damit zurück ins Hotel. Schuhe aus, Bier auf, ein leckeres Stück Pizza und die Lichter der Stadt genießen – was will man mehr? Noch ein Bier oder zwei, aber auch das lässt sich organisieren.
Gute Nacht New York, Du hast mich neugierig auf mehr von Dir gemacht.