Montag, 7. Oktober 2013 - Down to ManhattanFrüh am Morgen rollen wir los. Nachts hat es gestürmt und wir haben den Regen draußen prasseln gehört. Das Regengebiet scheint von Nord nach Süd gezogen zu sein, denn wir holen es langsam wieder ein und fahren eine ganze Weile in starkem Regen Richtung New York. Unterwegs halten wir an einem IHOP zum Frühstück. Obwohl wir mit IHOP bisher nie richtig warm geworden sind, wollen wir dem Laden noch mal eine Chance geben und es war auch seine letzte. Ne, endgültig, seit 1997 immer mal wieder an den verschiedensten Plätzen reingeschaut, das war es jetzt wirklich, glaube ich. Mein Omelett schmeckt einfach nach nichts. In Tims Toast kann man einen Docht reinstecken, dann hat man eine Kerze, so fettgetränkt ist der und der Kaffee, nun ja, der passt irgendwo dazu.
Also rollen wir weiter Richtung New York. Ziel soll aber nicht der Flughafen JFK sein, wo wir das Auto abgeholt haben. Es geht an den Flughafen LaGuardia zur Fahrzeugrückgabe. Der Grund ist einfach der, dass man von von LaGuardia aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr einfach nach Manhattan gelangen kann. Dazu fährt man mit dem Express-Bus Q70 zur Jackson Height Station und steigt dort in die Subway, die einen ohne Umsteigen bis an den Times Square bringt. Das Ganze für unschlagbare $2,50 pro Person. Da wir noch nicht viel Gepäck haben, sollte das auch ohne größere Anstrengungen machbar sein.
Zunächst müssen wir aber den Wagen abgeben und als wir in die Nähe des Flughafens kommen, folgen wir einfach der Ausschilderung „Rental Car Return“. Auf dem Hertzgelände ist die Hölle los. Die Linien für die Rückgabe sind hoffnungslos überfüllt und alles steht kreuz und quer. Die Mitarbeiter dort nehmen es aber mit einer Gelassenheit, die ansteckend wirkt. Also stellen wir das Auto nach bestem Wissen und Gewissen irgendwo in der Nähe des Rückgabebereichs ab und ein Mitarbeiter macht sich auch gleich auf den Weg zu uns um die Rückgabeformalien abzuwickeln. Das dauert keine zwei Minuten. Wir wollen gerade Richtung Shuttlebus laufen, da hält ein Bus neben uns und der Fahrer fragt, ob wir mit möchten zum Flughafen. Ja, klar – Mensch das ist aber nett! Die Frage nach der Airline beantworte ich mit der Gegenfrage, ob er vielleicht irgendwo in der Nähe vom Busbahnhof halten kann, dort wo die Q70 abfährt. Klar, macht er gerne und er setzt uns wenig später direkt vor dem schon wartenden Express-Bus ab.
Beim Einstieg in den Bus wollen wir die Fahrt bis an den Times Square bezahlen und fragen nach, ob wir hier auch gleich die 7 Tage Metro-Card kaufen können, mit der wir dann die nächsten Tage nach Herzenslust die Subway nutzen können. Leider können wir die Metro-Card erst an der Station in Jackson Height, dem Ziel des Express-Bus, kaufen. Als die Fahrerin aber hört, dass wir das vor haben, erlässt sie uns auch die $2,50, da das dann mit der Karte gedeckt wäre. Wow, das nenn ich mal unkompliziert und kundenfreundlich!
Nach wenigen Minute fahrt sind wir auch schon an der Jackson Height Station. Raus aus dem Bus, rein in die Metro-Station. Hier spüren wir zum ersten Mal den Atem New Yorks. Jeder scheint in Eile zu sein und wenn man irgendwo im Weg stehen bleibt um sich zu orientieren, dann wird man mehr oder weniger genervt um kurvt. Zuerst sind wir am Schalter der Metro Station und wollen dort unsere 7 Tage Karten kaufen. Die Abfertigung am Schalter läuft ganz im Takt der Stadt. Noch während die gerade bediente Person das Wechselgeld in ihrem Geldbeutel verstaut und sich sortiert schnarrt schon ein „Next Please!“ aus der Sprechanlage. Entsprechend knapp fällt die Info aus, dass ich für die Mehrtageskarten zum Self-Service Automat gehen soll und noch während ich die Information im Kopf verarbeite knarzt das „Next Please!“ aus dem Lautsprecher und sagt mir „Beweg Dich! Egal wohin, aber beweg Dich erst mal und mach Platz für den nächsten, der auch keine Zeit hat!“ Fast schon lethargisch wirkt da die Technik des Self-Service Automaten, der meine Kreditkarte liest und prüft und mir dann irgendwann ein dünnes Pappticket mit Magnetstreifen ausspuckt. Den Vorgang wiederhole ich noch zwei Mal, während Petra und Tim ein Stück entfernt beim Gepäck warten.
Schließlich haben wir unsere Metro-Karten und wir machen uns auf den Weg zu den Drehkreuzen. Gegenüber, nur ein paar Meter entfernt, stehen fünf oder sechs Polizisten zusammen, unterhalten sich und beobachten das Geschehen. Tim zieht seine Karte durch den Schlitz, das Licht springt auf grün und er geht mit dem Handgepäck-Koffer durch das Drehkreuz. Petra hat die kleinere der beiden Reisetaschen und macht das genauso. Dann bin ich dran mit der etwas größeren Reisetasche. Karte durchziehen, Licht auf grün, durchs Drehkreuz und die Tasche dabei hinterhergezogen – so zumindest der Plan.
In der Realität bleibt die Tasche vor dem Drehkreuz hängen, weil etwas zu breit. Zu dem Zeitpunkt bin ich aber schon halb durch das Drehkreuz und der Durchgang wird als solcher gewertet. Das Drehkreuz blockiert nun erst mal und ich stecke wortwörtlich mitten drin. Ich drehe mich zur Tasche um und dann beginnt dieses verdammte Drehkreuz rückwärts zu drehen und ich verliere allmählich die Balance. Eine Hand noch an der Tasche, kippe ich langsam nach hinten über und hänge, nur von der Tasche gehalten, über dem Drehkreuz. Wenn ich jetzt loslasse, falle ich wie ein Maikäfer auf den Rücken und das ist überhaupt keine gute Idee, weil ich da meinen Fotorucksack trage. Während ich so über dem Drehkreuz hänge und überlege wie es nun weiter geht, sehe ich die Polizisten gegenüber. Mein flehender Blick geht zu Ihnen, die sehen mich aber nur teilnahmslos an und beschließen erst mal nichts zu machen, außer eben cool dazustehen. Ich lege den Kopf in den Nacken, nur um zu sehen wie Petra und Tim Mühe haben vor Lachen auf den Beinen zu bleiben. Auch von dieser Seite ist wohl kurzfristig keine Hilfe zu erwarten. Schließlich ziehe ich mich an der verkeilten Tasche hoch und wieder in die Senkrechte und schaffe es damit zurück und vor das Drehkreuz.
Jetzt bin ich schlauer, ich gebe die Tasche vorher über das Drehkreuz zu Petra, die auf der anderen Seite wartet. Nun will ich federnden Schrittes durch dasselbe Drehkreuz spazieren, was mich noch kurz zuvor so gedemütigt hat. Dabei habe ich die Rechnung ohne den Kartenleser bzw. dessen Software gemacht. Der sagt nämlich nach dem Durchziehen der Karte auf seinem Display „Sorry, card has already been used“. Ist natürlich clever gemacht, denn damit verhindert man, dass eine Metro-Card immer wieder zurückgereicht und damit von mehr als einer Person gleichzeitig genutzt wird. Das System betrachtet mich als hätte ich bereits das Drehkreuz passiert, tatsächlich befinde ich mich aber noch vor dem Drehkreuz. In gewisser Weise ähnelt das einem Überlagerungszustand, wie wir ihn aus der Quantenphysik kennen, nur dass er hier erfolgreich auf die makroskopische Welt übertragen wurde! Ich möchte aber nicht weiter berühmt werden und beende das Paradoxon, in dem ich einfach über das Drehkreuz springe.
Notiz an mich: „In New York gibt es Situationen, da hilft Dir weder die Polizei noch Deine Familie“.Wir steigen in die Linie 7, die als Endstation Times Square hat. Zunächst fährt der Zug noch oberirdisch und durch die weniger bevorzugten (Wohn)gegenden. Was man da so im Vorbeifahren sieht, lässt einen staunen. Winzig kleine Zimmer, direkt an der Bahntrasse. Hinterhöfe, in denen Autos um lackiert werden und Obdachlose, die sich neben Müllcontainern eine Nische gesucht haben. Das geht eine ganze Weile so, bis die Bahn in den Tunnel eintaucht, der ein informationsloses Dunkel über die Fenster der Wagons legt. Wenig später haben wir die Endstation Times Square erreicht und folgen dem Strom der Menschen hoch zum Tageslicht. Als wir uns den Drehkreuzen nähern, die man am Ausgang passieren muss, sehen wir vor uns einen Mann, der ein Fahrrad schiebt. Jetzt bin ich gespannt, wie der damit durch das Drehkreuz kommt. Der versucht das aber erst gar nicht, sondern nimmt einen Seitenausgang, der nach der Beschriftung eher ein Notausgang ist, wohl aber auch für großes Gepäck genutzt werden darf. So, als würden wir das seit Jahren jeden Tag machen, nehmen wir mit den großen Taschen ebenfalls diesen Weg und die Drehkreuze haben damit endgültig Ihren Schrecken für mich verloren. Blöde Dinger!
Wir erreichen das Tageslicht und staunen erst mal, denn wir stehen mitten drin in der glitzernden Welt Manhattans. Unser Hotel, das Double Tree Suites Times Square, ist schnell gefunden. Mit einem Aufzug geht es in die Lobby im dritten Stock, wo wir einchecken. Es ist noch etwas früh (wussten wir) und unser Zimmer ist noch nicht fertig (haben wir auch nicht wirklich erwartet). Wir geben das Gepäck schon mal ab und gehen erst mal wieder raus auf den Times Square. Ah ja, so fühlt sich also New York an.
Wir genehmigen uns bei Jamba Juice leckere Smoothies und im Anschluss bei Starbucks einen Kaffee, den wir draußen drinken, während wir einfach das Treiben auf dem Times Square beobachten. Dabei fallen uns ein paar Fernsehkameras auf, die alle auf eine der vielen Videowände zielen. Wir rätseln, warum man denn eine Videowand abfilmen soll und fragen schließlich einen Menschen, der an einer dieser Kameras steht. Des Rätsels Lösung: Hier wird in wenigen Minuten das Cover von Lady Gagas neuem Album enthüllt. O.k. – so ändern sich die Zeiten. Früher hätte die Platte irgendwann im Laden gestanden und dann hätte man sie kaufen können oder eben nicht, aber so ein Brimborium, ne, ne.
Es fängt leicht zu regnen an und es wird auch Zeit, wieder ins Hotel zurück zu gehen. Unser Zimmer sollte jetzt fertig sein. Ist es auch beinahe und nach zehn Minuten bekommen wir die Zutrittskarten, sowie Frühstücksgutscheine für zwei Personen (das verdanken wir unserem Kundenstatus bei Hilton) und obendrauf noch einen weiteren Frühstücksgutschein für die dritte Person im Zimmer als Entschädigung, weil unser Zimmer nicht vor der Check-In Zeit für uns fertig war (was wir aber eigentlich nicht erwartet hatten).
Das Zimmer ist ganz oben, in der 42. Etage mit Blick hinunter zum Times Square.
An der Stelle auch gleich die Bilder vom Zimmer, die Petra sehen wollte. Das Schlafzimmer mit den beiden Queen-Betten
und das Wohnzimmer mit dem Durchgang zum Schlafzimmer. Hinter mir ist eine Spüle mit Kühlschrank und Mikrowelle und ebenfalls hinter mir das Bad, welches ebenfalls Wohnzimmer und Schlafzimmer verbindet. In dem hatte ich für die Aufnahmen vom Zimmer Petra und Tim eingesperrt, damit die nicht ins Bild laufen.
Inzwischen regnet es stärker und der Regen prasselt gegen die Scheiben. Unter uns die Lichter des Times Square:
Trotz des Regens ist es erstaunlich warm draußen und wir beschließen gleich wieder aufzubrechen, schließlich haben wir noch viel vor. Nicht alles will und kann heute erledigt werden, aber wir fangen jetzt und hier schon mal damit an.
Wir wollen am liebsten draußen herumlaufen, durch die Straßen stöbern und nach jeder Ecke über neue Sachen staunen. Welch ein Zufall, dass wir dabei genau bei B&H PhotoVideo, dem weltgrößten Fotogeschäft, rauskommen.
Der Laden ist echt der Wahnsinn. Nicht nur von der Fläche und dem Sortiment ist er beeindruckend (die haben praktisch alles!), auch von der Logistik. Man zieht zunächst eine Nummer, ähnlich wie an der Käsetheke im Supermarkt. Die wird dann an einem Schalter aufgerufen und man kann dort seine Wünsch vortragen (was übrigens unglaubliche Zurückhaltung verlangt). Dann fängt der Zauber an: Die gewünschten Artikel werden irgendwo im Keller zusammengepackt und in einer großen Kiste gelangen sie auf einem Gepäckfördersystem, ähnlich dem vom Flughafen, binnen Sekunden direkt an den Platz an dem man gerade bedient wird. Man nimmt dort die Sachen in Augenschein und wenn man die haben möchte, verschwindet die Kiste wieder. Man selbst bekommt nur einen Ausdruck und geht damit zur Kasse. Die Kassen haben eine Wartereihe und wenn man am ersten freien Schalter bezahlt hat, erhält man eine Quittung, mit der man dann zur Warenausgabe geht. Dort wurde auch die große Kiste hingesteuert und es wartet schon eine Tragetasche mit den Einkäufen, fix und fertig gerichtet. Dank dieser ausgefeilten Logistik gelingt es mir in weniger als zwanzig Minuten mit einer prall gefüllten Tragetasche in der Hand und um einen mittleren dreistelligen Dollarbetrag leichter wieder vor dem Geschäft zu stehen. Speedshopping für Fotografen!
Wir bummeln durch die Straßen zurück zum Times Square und verstauen die Beute im Hotel. Dann wird es auch schon Zeit zum Abendessen. Unsere Wahl fällt auf das Bubba Gump am Times Square. Wir waren schon ewig nicht mehr in einem Bubba Gump und haben heute Abend richtig Lust auf Shrimp und die Atmosphäre bei Bubba. Der Laden ist gut Besucht, es gibt eine kurze Wartereihe in der die Mitarbeiter mit kleinen Spielen den wartenden die Zeit vertreiben. Als wir vorne angekommen sind, frage ich nach einem Platz am Fenster zum Times Square hin und rechne eigentlich mit einem wortreichen „sorry“, denn sicher will da jeder sitzen. Es heißt aber nur „no problem, just give us one minute“. Gerne doch und nach ein paar Minuten haben wir unseren Tisch von dem wir das Treiben auf dem Times Square bestaunen können.
Nachdem zwei Bier, ein Eistee, sowie drei leckere Gerichte mit Shrimp den Weg in unser Inneres gefunden haben, hat es auch aufgehört zu regnen und wir wollen wir noch mal raus in die Straßen. Schnell die Rechnung verlangt und als die an der 100$ Marke kratzt, wird mir wieder bewusst: New York ist teuer! Petra meint noch im Spaß, wir hätten jetzt doch sicher Teile an dem Lokal erworben, da gibt uns der Kellner auch schon einen zweiten Quittungsabschnitt. Wenn wir den im Giftshop vorlegen, bekommen wir zwei Biergläser mit dem Bubba Gump Logo drauf. Danke, das ist nett, aber teuer war es trotzdem. Schräg gegenüber vom Bubba Gump ist eine Filiale von Walgreens, da spazieren wir kurz rein, um für einen Nachbarn zu Hause eine Salbe zu kaufen, die er hier nicht bekommt, auf die er aber schwört. Bei der Gelegenheit nehmen wir uns auch noch Getränke mit, schließlich hatten wir unsere Vorräte in New Hampshire auf null reduziert und hier sind wir noch ein paar Tage. Nach der Sache mit Bubba Gump habe ich schon damit gerechnet, dass es hier auch merklich teurer wird, als draußen auf dem platten Land. Das ist aber nicht der Fall, eine halbe Gallone Snapples Pfirsich Eistee (so ziemlich mein Lieblingsgetränk) erstehen wir für weniger als drei Dollar. Dazu noch ein paar Dosen Bier und ich bin froh, dass ich die Einkäufe nicht weit tragen muss.
Wir bringen alles aufs Hotelzimmer und setzen uns noch mal runter an die TKTS Stufen auf dem Times Square. Hier beobachten wir einfach nur das Treiben und die Leute. Irgendwann werden wir dann müde und gehen auf unser Zimmer.
Gute Nacht New York, morgen werden wir uns näher kennenlernen!