Autor Thema: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe  (Gelesen 129941 mal)

Paula

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #165 am: 16. November 2013, 14:59:42 »
Das für uns idyllische Landleben ist für die Menschen dort bestimmt sehr hart. Wenn ich mir vorstelle ich müßte mein Wasser nach Hause tragen  :o

Die Kuh mit den bemalten Hörnern finde ich total schön, ich finde man sieht da die Wertschätzung für die Tiere. Und Flughunde sind ja echt genial! Hast du welche fliegen sehen? In der Luft sehen sie aus wie Flugsaurier.
Viele Grüße Paula

Birgit

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #166 am: 16. November 2013, 15:52:53 »
Ja, Flicka, am Abend sind wir doch schon in Udaipur angekommen.

Und "leichte Palastmüdigkeit" trifft es genau, sodass die Tage mit viel Landschaft sehr gut getan haben.

So richtig spannend wurde es dann erst in Varanasi wieder, das ist echt eine krasse Stadt und ich war auf mich allein gestellt.

Paula, solche Flughunde habe ich auf Bali schon näher gesehen:

http://www.331days.de/asien.php5?mod=cbArticle&op=show&article=Bali_2010&page=4

In dem Baum in Indien sind sie mal zwischendurch ein bisschen geflattert, aber leider nicht genug um sie mal eben abzulichten. Die sind ja wohl auch nachtaktiv.

Birgit

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #167 am: 16. November 2013, 18:19:55 »
Octopussy lade ich mir gerade mal runter. Ich nehme mir immer mal wieder vor James Bond zu schauen, aber finde es dann langweilig und schweife ab. Das wird mir bei dem Film hoffentlich nicht passieren, wenn ich ihn mit anderen Augen sehe.

Birgit

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #168 am: 16. November 2013, 18:26:01 »
DO, 25.10.: Sightseeing Udaipur

Der Tag gehört Udaipur und mir. Zum Frühstück gefällt mir das Restaurant mit dem Blick über den noch etwas dunstigen Pichola Lake schon besser. Gegen 9 Uhr breche ich zu Fuß auf in die Stadt. Zum Glück habe ich google Maps auf dem Handy und kann es auch offline nutzen. Ein bisschen verlaufe ich mich in den Gassen, finde den Weg zur Fußgängerbrücke nicht gleich. Aber das gibt mir die Gelegenheit ein bisschen das hiesige Leben abseits der Touristenpfade zu sehen. Ein Mann sitzt in der Gasse und formt kleine Tonnäpfe. Er fragt, ob ich fotografieren will. Seine Kinder kommen aus dem Haus. Die Tochter kann ein bisschen englisch. Wir tauschen ein Namaste aus und sie und ihr kleiner Bruder bekommen jeweils einen Bogen Aufkleber.



 

Ich suche mir einen Weg zum See, das ist hier gar nicht so einfach, zumindest habe ich innerhalb der Altstadt keine Stelle gefunden, an der ich ein bisschen am See entlang gehen kann. ich kann dort aber ein bisschen herumstehen, die Menschen beim Baden und Wäschewaschen beobachten.







Fast von allein komme ich beim zentral gelegenen Tempel an. Mann, ist die Treppe steil! Es ist nicht sehr viel los hier. Touristen und Gläubige halten sich in der Anzahl die Waage. Auch hier darf man sich das Glück vor einem Spiegel wieder selbst auf die Stirn malen. Jemand erklärt mir, ich solle doch besser links herum gehen, das sei besser für das Glück. Wenn Glück durch einen einfachen Richtungswechsel zu erhalten ist, komme ich dem doch gerne nach.





Ein verkrüppelter Bettler sitzt an der Tempelwand. Er fragt auf Englisch, was der Euro wert ist, den er mir entgegenhält. Ich sage ihm, es seien 80 bis 85 Rupies. Er möchte ihn offenbar gewechselt haben und ich gebe ihm 100 Rupies.

Im Tempel wird lautstark und fröhlich gebetet. Dass Fotografieren und Filmen hier verboten ist, bekomme ich zum Glück erst später mit. Ich lasse mich still nieder und höre zu. Der zahnlose alte Mann außen hat sichtlich Spaß und bewegt sich ausdrucksvoll zu der stimmungsvollen Musik. Die Frauen stimmen einen anderen Gesang an und werden von den Männern mit den Instrumenten unterstützt. Eine Frau verteilt kleine Happen Essen an die im Zentrum sitzenden Gläubigen. Ich kann mich kaum losreißen und könnte den ganzen Tag hier bleiben.







Im Hinduismus gehört es dazu sich um die Armen zu kümmern. Andernfalls könnten die vielen Armen hier sicher auch nicht überleben. Hinter dem Tempel ist ein Platz, auf dem die Armenspeisung stattfindet, sicherlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber immerhin sehen die Menschen so aus, als ob sie zumindest satt geworden seien.





Erst nach einer Weile verlasse ich den Tempel und gehe ein paar Schritte weiter zum City Palace. Ein Geldautomat ist so nett mir eine Menge Rupies zu geben. Das ist gut so, denn ich muss noch die zweite Hälfte des Autos bezahlen und das Hotel. Kreditkartenzahlung ist zumindest in diesen relativ einfachen Hotels eher unüblich.

Im City Palace ist es voll, jede Menge Inder, Franzosen und auch viele Deutsche sind hier unterwegs. Prachtvoll, das Gebäude, und auch der Blick auf den Lake Palace (ja, den aus "Octopussy") ist nicht zu verachten.





 





Ich gehe zurück durch die Stadt. der Basar hier ist riesig, allerdings nur ein kleiner Teil besteht aus den üblichen Shops für Touristen. Die Basarstraße führt in einer großen Runde um die Stadt, für die ich mindestens eine Stunde Zeit brauche. Spannend ist es hier nicht unbedingt wegen des Shoppingerlebnisses für mich, sondern vielmehr, weil ich in weiten Teilen des Basars die einzige Touristin bin. Das besorgt offenbar eine Gruppe Schuljungs, als ich an einer Ecke anhalte und überlege, wie ich weitergehen will. Einer spricht mich ganz lieb und höflich an, ob ich Hilfe brauche. Ich verneine, die Jungs wünschen mir noch einen schönen Tag. Wir winken uns nochmals zu und gehen alle unserer Wege.

Unterwegs werde ich aus einem Tuk Tuk heraus angesprochen, ob ich mitfahren will. Selbst wenn ich wollte, wüsste ich nicht, wo in diesem mit bereits etwa 8 Passagieren besetzten motorisierten Dreirad noch Platz für mich sein sollte.



 

Etwas geschafft komme ich wieder am Picholasee an und habe ein bisschen Hunger. Ich setze mich in ein Café mit Blick und bestelle mir Lassi und Pizza. Nun ja, auch die Pizza schmeckt eher indisch als italienisch, sodass ich reumütig beschließe, wieder zu indischen Gerichten zurückzukehren.

 

Irgendwie treffe ich in Indien immer dieselben Gesichter, nämlich Touristen mit ähnlicher Route und ihre Fahrer. Hier treffe ich einen Mitarbeiter des Hotels in Ranakpur. Er habe frei und wolle sich Udaipur ansehen. Na, so ein Zufall. Wir wechseln ein paar Worte miteinander, wie uns Udaipur gefällt. Auch eine Touristin aus Australien treffe ich zum wiederholten Mal.

Eine Stunde Pause im Hotel und Anil erwartet mich unten. Es geht los zu einer abendlichen Tour mit Blick auf die Stadt. Anschließend fährt er mich zu einem Restaurant. Abends isst Anil immer spät, leistet mir aber Gesellschaft auf eine Cola. Ich esse Tandoori Chicken, werde so langsam mutiger in Sachen Essen. Und auch Anil lässt sich überreden ein paar Bissen mitzuessen.




Silvia

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #169 am: 17. November 2013, 14:15:30 »

So, jetzt bin ich schnell die letzten Tage hinterher gehechelt. Bei dem Verkehr in Indien ist das ja nicht immer einfach euch nicht im Getümmel zu verlieren.  ;D

Mhhh herrliche Szenen am Straßenrand, die du da eingefangen hast. Aber auch die Paläste sind da oben im Norden wirklich beeindruckend!


Birgit

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #170 am: 17. November 2013, 15:54:18 »
FR, 26.10.: Sightseeing Udaipur

Noch ein voller Tag in Udaipur. Heute bekomme ich die etwas außerhalb liegenden Sehenswürdigkeiten zu sehen. Erst geht es in einen schönen und gepflegten tropischen Garten. Ich schlendere ein bisschen zwischen schön angelegten Beeten herum. Immer wieder laufen mir indische und westliche Reisegruppen ins Bild. Die Gruppe von bunt gekleideten Schülerinnen kommt mir als Farbtupfer gerade recht. Ich denen aber offenbar auch. Plötzlich bin ich umringt von einer Traube Mädchen samt Lehrerin, die mich erst einmal mit ihrem Handy fotografiert. Wir machen ein paar Spaßfotos. Das Zeitalter der digitalen Fotografie macht es ja möglich ein paar Aufnahmen aus Spaß zu machen. Die Mädchen probieren all ihre Englischkenntnisse aus, umringen und umarmen mich.











Das nächste Ziel ist wieder mal ein Memorial für die Angehörigen der Maharjafamilien. Hier ist nichts los, es gibt nur einen Wärter. Fotografieren verboten, steht überall, aber ich kann es nicht lassen und schieße heimlich ein paar wenige Fotos.



Wir fahren wieder in die Stadt. Bootfahren ist angesagt. Ich lade Anil mit ein. Vom Boot aus kann ich tolle Blick auf den Stadtpalast und den Lake Palace erhaschen. Vor mir eine Familie von Sikhs, der kleine Junge trägt noch keinen Turban, aber ein Tuch auf dem Kopf.















Und nun, weil es so schön war, das Ganze nochmals von oben. Ich fahre mit der Seilbahn auf einen Berg. Auf der Fahrt und oben angekommen wieder tolle Blicke über die Stadt, den glitzernden See. Ein kleiner Junge führt gegen Geld Zaubertricks vor. Ich engagiere ihn nicht.

An der Seilbahnstation ist ein Restaurant. dort könne ich essen, meint Anil. Hier ist es sehr günstig. Es gibt keine nordindische Küche, sondern südindische. Ich bestelle mir zwei Dosa-Gerichte und bekomme eine Art Omelett mit Gemüse und Käse und ein sehr dünnes crêpeartiges Brot, gefüllt mit einer würzigen Gemüsepaste. Nach Südindien muss ich auch mal, beschließe ich genau hier und jetzt und genieße bei einem Lassi den Blick.





 

Wieder unten angekommen, ist das Sightseeing für heute beendet. Nun wäre ein bisschen Liegestuhl am Pool schön. Mangels Pool und Liegestuhl bleibt mir aber nur das Zimmer oder die Dachterrasse, die allerdings ein Restaurant und überdacht ist. Hierüber bin ich ein bisschen unglücklich und ich beschließe die Zeit zu nutzen mein Gepäck schon mal für morgen fertig zu machen.

Im schönen sanften Nachmittagslicht geht es nochmals los. Ich bitte Anil mich zu begleiten. Ich bin gerne allein unterwegs, aber wenn er dabei ist, fällt die Kommunikation leichter. Er kann mir einiges erklären, und wenn es um Essen zweifelhafter Hygiene am Straßenrand geht, ist er mir immer ein guter Berater.

Wir gehen auf den Markt, der hauptsächlich von Einheimischen besucht wird. An einem Stand mit Tonkrügen finde ich, dass allein ein solcher Krug schon leer zu schwer und zu unpraktisch ist. Ach nein, die sind doch nicht schwer, widerspricht Anil. Aus Spaß setze ich mir einen auf den Kopf und habe sofort eine Meute junger Männer als Zuschauer da stehen. Anil fotografiert mich. Erst später erkenne ich auf dem Bild, dass ich den Krug auch noch schief halte. Kurz darauf begegnet uns eine Frau, die einen Korb mit bestimmt acht solcher Krüge auf dem Kopf trägt, diesen nicht einmal festhält. Hochachtung!



Uns begegnen Männer, die Betelnüsse kauen. Sie haben dick aufgeblasene Backen, spucken dann aus. Einmal sprüht ein Schwall der roten Suppe aus einem Bus direkt vor meine Füße. Schwein gehabt!

Ob ich Zuckerrohrsaft probieren will? Na klar! Aber der Stand, an dem wir dann landen, scheint ein bisschen von zweifelhafter Sauberkeit zu sein. Anil bittet den Besitzer Glas und Maschine zu säubern. Na, ich weiß ja nicht, ob das etwas geholfen hat. Das verstaubte Zuckerrohr jedenfalls wird nur notdürftig mal eben unter Wasser gehalten und dann mehrfach durch die Maschine gejagt, eine halbe Zitrone dazu, ein bisschen Salz ins Glas und fertig ist der Drink. Schmeckt ein bisschen wie alkoholfreie Margarita, aber ich trinke nicht aus, so ganz geheuer ist mir das nicht.



Etwas später möchte ich aber eine grüne Kokosnuss austrinken, sie wird vor meinen Augen geschlachtet. Eine indische Frau will auch eine Kokosnuss, ihr Mann kauft eine, wir grinsen uns gegenseitig an.

Nun sind Süßigkeiten angesagt. Ich bekomme an einem Stand drei sehr süße in Honig ausgebackene Bällchen. Einen großen geschmacklichen Unterschied zwischen ihnen kann ich nicht feststellen.

Noch etwas später kaufe ich Räucherstäbchen, die sicherlich wie die Gewürze später bei mir vergammeln werden, aber ein paar der Gerüche Indiens möchte ich doch gerne mitnehmen und um mich haben, wenn auch nicht unbedingt jeden Geruch.

So langsam sind wir wieder im engeren Innenstadtbereich. Vorbei gehen wir im Abendlicht am Tempel. An der Stelle hinter dem Tempel, an der man ans Wasser kann, ist viel los. Frauen baden und waschen ihre leuchtenden Saris, Touristen sitzen hier und schauen aufs Wasser.





   

Nach Sonnenuntergang bringt Anil mich zum Hotel zurück. Ich esse dort im Restaurant, habe keine Lust gehabt in der Stadt zu suchen. Auch ist morgen früh um 4 Uhr die Nacht herum, um 5 Uhr muss ich zum Flughafen starten. Heute wähle ich ein anderes Gericht, das schmeckt mir besser. Ein bisschen bedauere ich meine Entscheidung, denn ein Lokal direkt im Stadtzentrum mit Blick auf den City Palace wäre sicher toll gewesen. Aber egal. Lokale mit Blick auf Wasser und die Szenen im und am Wasser werden mich in Varanasi noch in Hülle und Fülle erwarten. Dort habe ich dann auch wieder einen Pool zur Verfügung.

Ilona

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #171 am: 17. November 2013, 17:12:47 »
 :respekt:, dass die Frauen die Krüge so toll ausbalancieren können :beifall:. Du hingegen solltest noch ein bisschen üben  :zwinker:. Vielleicht in Goa  :toothy9: ?
Liebe Grüße

Ilona

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Silke

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #172 am: 17. November 2013, 19:27:06 »
Die Räucherstäbchen helfen übrigens gut gegen Mücken. Wir haben im Sommer abends draußen immer welche an.

Birgit

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #173 am: 18. November 2013, 16:10:30 »
Ja, ich sehe es ein. Das mit den Krügen muss ich noch üben. Das werde ich dann sicher auf einer Reise machen, für die ich den Süden (ab / bis Chennai oder Bangalore) ins Auge gefasst habe, was aber wohl bis Anfang 2015 warten muss, da es blöderweise im Herbst dort regnet.

Bis dahin müssen die vorhandenen Räucherstäbchen reichen ;)

Ilona

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #174 am: 18. November 2013, 16:59:42 »
Das werde ich dann sicher auf einer Reise machen, für die ich den Süden (ab / bis Chennai oder Bangalore) ins Auge gefasst habe, was aber wohl bis Anfang 2015 warten muss, da es blöderweise im Herbst dort regnet.

Und was spricht gegen eine Frühlingsreise  :zwinker: ?
Liebe Grüße

Ilona

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Birgit

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #175 am: 18. November 2013, 17:46:36 »
Dass ich mich nicht teilen kann. Im kommenden Winter treibe ich mich doch in Kalifornien herum :)

Birgit

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #176 am: 18. November 2013, 21:14:38 »
SA, 27.10.: Udaipur to Varanasi

Ein wieder mal fremdländischer Tag, gespickt mit sehr viel Moderne. Heute ist der Ortswechsel per Flugzeug angesagt. Es geht mit Jet Airways über Delhi nach Varanasi, und ich bin wahnsinnig gespannt auf diese Stadt!

Morgens um vier klingelt in kurzer Folge gleich drei Mal das Telefon: Weckanruf vom Fahrer, vom Hotel und aus Deutschland, wo es jetzt 00.30 Uhr ist. So eine Angst habe ich zu verschlafen. So aber weiß ich nun, dass auch Anil wach ist und mich pünktlich um 5 Uhr abholen wird. Er steht bereits um 4.30 bei mir vor der Zimmertür. Wir schleichen durch das Hotel, in dem überall in den Sitzecken die Angestellten unter Decken liegen und schlafen.

Wir fahren etwa eine halbe Stunde durch das noch stockdunkle Udaipur zum Flughafen. Mir ist ein bisschen schlecht. Erstens ist es mir noch viel zu früh, zweitens habe ich ein bisschen Schiss vor dem nun Kommenden auf mich allein gestellt, drittens habe ich wohl irgend etwas gestern Abend nicht so gut vertragen, aber das ist alles nicht so schlimm.

Auf dem Weg zum Flughafen erinnere ich mich an meine erste Begegnung mit dem Land, an die Fahrt vom Airport in Delhi in die Stadt. Hier wiederholt sich so einiges. Irgendwie sind noch oder schon im Stockdunklen Leute unterwegs, Männer stehen um Feuer herum. Da es hier wirklich kühl ist, denn es ist in den letzten Tagen nachts merklich abgekühlt, freue ich mich über ein langärmeliges Shirt, das ich anhabe, während die Locals hier mit Mütze und Winterjacke unterwegs sind.

Unterwegs ein Unfall und ich erinnere mich an die Schilderung mit der Lynchjustiz. Trotz der frühen Stunde hat sich um den vorne stark demolierten LKW eine große Menschentraube versammelt. Wer oder was noch beteiligt war, ist nicht zu erkennen.

Kurz vor dem Flughafen tauchen am stockdunklen Straßenrand drei junge Männer beim Frühsport auf. Sie laufen. Daran übrigens habe ich seit meinem ersten Versuch in Agra keinen Gedanken mehr verschwendet.

Am Airport geht alles schnell. Hier darf ich nur mit Ticket rein, Anil verabschiedet mich also beim Aussteigen am Auto. Eine schnelle Umarmung und eine Aufmerksamkeit für ihn. Er hatte vor einigen Tagen mal gemeint, er brauche noch eine kleine Tasche für sein Rasierzeug, also auf gut Deutsch einen "Kulturbeutel", oder auf Neudeutsch einen "Waschsalon". Einen solchen habe ich in Udaipur bei meiner riesigen Runde durch die Stadt erstanden und mit einer Schachtel Marlboro und seinem großzügigen Trinkgeld bestückt, von dem er mir später per Skype mitteilt, dass sein Kollege neidisch gewesen sei. 9000 Rupies für gut zwei Wochen scheinen also viel zu sein...

Es geht alles fix an diesem modernen Flughafen, und der Sicherheitscheck wird wirklich ernst genommen. Es bleibt noch Zeit für einen Kaffee und einen Schokobrownie zum Frühstück und los geht es auf die Minute pünktlich, zunächst nach Delhi.

Hier trifft mich nach der vielen Kultur, dem vielen Schmutz, dem vielen Urindischen eine Art Kulturschock ob des Marks and Spencer, der modernen Apotheke, des Costa Cafés, der gut sortierten modernen Buchhandlung. Ich bin ein bisschen beruhigt, als ich am Gate eine Kakerlake am Hosenbein meines Gegenübers hinaufkrabbeln sehe. Ich bin also doch noch in Indien!

Weiter geht es mit leichter Verspätung nach Varanasi, und schon beim Aussteigen trifft mich der zweite Kulturschock des Tages und der erste echte Indienkulturschock, mit dem ich gar nicht mehr gerechnet habe. Varanasi ist eine Pilgerstadt, eine der ältesten Städte der Erde, wenn nicht gar DIE älteste Stadt der Erde. Und so kommen mit mir offenbar Pilgergruppen aller möglichen Kulturen an, ein buntes Menschengewimmel herrscht.

Das Surya Hotel holt mich ab, schickt mir einen spindeldürren kleinen Inder mit nettem Lachen, der mich gekonnt erst durch die sehr grünen Außenbezirke fährt, dann durch die staubig-trockene Stadt.

Ich checke erst ins Hotel ein, dann mache ich es mir am Pool bequem. Ich habe mir für diesen Urlaub vorgenommen regelmäßig zu essen und ausreichend zu trinken, was bei mir im Urlaub oft zu kurz kommt, denn Indien ist anstrengend genug- In Rajasthan hat Anil darauf geachtet, und nun merke ich, dass Cola und ein Happen und ein Nickerchen in der Sonne gut tun. SMS von Anil, ob ich gut angekommen bin und alles OK sei. Er selbst hat wohl etwa die Hälfte seiner mindestens 12 Stunden dauernden Fahrt zurück nach Delhi hinter sich.

Nach einer Dusche mache ich mich um 16 Uhr auf den Weg in die Stadt. Das Abenteuer Transport steht mir noch bevor, aber - nicht völlig unerwartet - stürmen gleich ein Tuk Tuk Fahrer und ein Cycle-Rikscha-Fahrer auf mich zu. 200 Rupies für ein Tuk Tuk finde ich frech, aber einen Hunderter für eine Cycle-Rikscha gebe ich gerne aus. Ohne Dach und in gemächlichem Tempo bekommt man von der Fahrt vieles mit.

Der Fahrer setzt mich am Endpunkt ab, den er mit der Rikscha befahren darf, rein zufällig kommt sein Freund vorbei, der selbstverständlich kein Guide ist und mir nur die Stadt zeigen will, damit ich keinem bösen Menschen auf den Leim gehe. Na prima! Ich entscheide, dass der Fahrer vielleicht doch besser nicht auf mich wartet, drücke ihm den vereinbarten Hunderter in die Hand und mache dem wohlmeinenden Freund etwas unwirsch deutlich, dass ich meinen Weg allein fortsetze.

Krass, der Verkehr hier. Krass die vielen merkwürdigen Gestalten, je näher ich den Ghats komme. Alles, was ich ansonsten in Indien nur vereinzelt gesehen habe, finde ich hier in geballter Ladung: Alte Leute, "komische Heilige", wunderschöne Hindupriester, profane Geschäftemacher und natürlich Bettler ohne Ende.

Mein erster Blick auf die Ghats ist beeindruckend, aber nur erst der Anfang. Im goldenen Nachmittagslicht laufe ich flussaufwärts, komme an Palästen und Tempeln vorbei, muss mir immer wieder meinen Weg über die Treppen suchen. Haufen von Unrat, das milchige Wasser vermischt sich mit dem Dreck an vielen Stellen zu Matsch, was viele nicht davon abhält hier ungerührt barfuß durchzuwaten oder direkt neben dem Dreck ein erquickendes Bad zu nehmen, igitt!

Andererseits herrliche Farben im Spätnachmittagslicht, malerische Gestalten, viele Badende, der Duft von Räucherstäbchen, moderne Musik, die Muezzine, Tempelglocken, aus der Ferne Hupen und Klingeln von Motorrädern und Fahrrädern, der sanft dahinfließende Fluss. Ich werde immer wieder angesprochen von Menschengrüppchen, die artig fragen, ob ich mich mit ihnen gemeinsam fotografieren lasse. Was die können, das kann ich auch. Ich fotografiere viel.















Als es dunkel wird, mache ich mich auf zum Hauptghat, wo ich auch angekommen bin. Mit der Dunkelheit beginnt hier die Abendzeremonie. Für diese stehen eine Reihe von wunderschönen Priestern in prachtvollen Gewändern auf kleinen Podesten. Mit Musik, Feuer, dem Duft von Sandelholz, Glocken und Kerzenschein beginnt ein buntes Szenario, dem außer den relativ wenigen ausländischen Touristen vor allem und mit Andacht Inder folgen.

Am Ufer werden Schalen aus Blättern mit Blüten und einer Kerze verkauft, die von den Gläubigen aufs Wasser gesetzt werden. Viele verenden schon im Gewimmel zwischen den Booten, aber später kann ich beobachten, wie in der Ferne auf dem Wasser das eine oder andere Licht flussabwärts treibt.











 





 



Ich bin völlig geflasht von dieser Stadt, der spürbaren Magie, völlig fasziniert und trotzdem hin- und hergerissen. Heftig, herrlich und herausfordernd. So etwas habe ich noch nie gesehen!

Nach der Zeremonie suche ich mir ein Lokal. Ich habe keine Lust auf Essen im Hotel. Das Rashmi Guesthouse sticht mit seinem Rooftoprestaurant ins Auge und sieht sehr ordentlich aus. Noch ein bisschen Blick ist mir recht und so genieße ich ein Curry mit Bier, anschließend einen Lemon Sugar Pancake und einen Mangolassi. Wohltuend, in diesem gepflegten Ambiente ein bisschen Abstand zu gewinnen. Varanasi in kleinen Dosen zu genießen, ist sicher kein schlechter Gedanke.

Ein bisschen mehr als sonst passe ich heute unterwegs auf. Auf dem Rückweg zu der Stelle, wo ich eine Rikscha oder ein Tuk Tuk anheuern kann, sind nur noch Inder unterwegs, allerdings immer noch sehr viele, die Geschäfte schließen so langsam. Tja, Indien ist wohl wirklich kein Land zum Bummeln für Nachtschwärmer.

Wieder wird mir ein teures Tuk Tuk angeboten und eine erschwingliche Cyclerikscha. Der Fahrer kündigt aber an, dass er wegen der Umleitung noch "good bakshish" will. Schon beim Annähern an diese Stelle werde ich von jemandem angesprochen. Er weiß, dass ich alleine hier bin und aus welcher Richtung ich gekommen bin auf dem Hinweg. Ich will gar nicht so genau wissen, was hier hinter den Kulissen so abgeht, und welche Argusaugen mich sonst noch so beobachten, wenn es um die Frage geht, ob man ein bisschen Geld verdienen kann.



Jedenfalls komme ich heile am Hotel an, lasse mich im Garten von den Mücken zerstechen und räche mich an ihnen, indem ich sie betrunken mache mit dem Tom Collins, den ich dann im Blut habe. Ich hoffe auf einen spannenden folgenden Tag.

Andrea

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #177 am: 18. November 2013, 22:28:25 »
Hm, irgendwie habe ich Lust, den Film "Gandhi" noch einmal zu sehen. Jetzt, wo ich Indien durch dich ein Stück kennengelernt habe... Einer der besten Filme, die ich kenne.
Liebe Grüße, Andrea



www.antiwalks.eumerika.de

Flicka

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #178 am: 18. November 2013, 22:34:11 »
Film ist ein gutes Stichwort. Ich dachte gerade, boah, das ist ja alles wie im Film. Unglaublich, wie eine riesige Kulisse.

Aber sag mal, Birgit, was hat es denn dort mit den Pilgern, den Ghats, den Zeremonien usw. auf sich?

Birgit

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Re: Incredible India - meine neue, große, bunte, aufregende Liebe
« Antwort #179 am: 18. November 2013, 22:39:15 »
Letztens vor einer Woche kam doch so eine zweiteilige Schnulze im Fernsehen. Da war vieles von dem zu sehen, was ich kurz vorher live gesehen hatte.

Und am Wochenende habe ich mir für 5,99 "Best exotic Marigold Hotel" gekauft und gesehen.

Wenn man mal drauf achtet, gibt es eine Menge Filme, die in Indien spielen.

Aber, Andrea, Gandhi habe ich mir nochmals auch angesehen. Früh ins Bett und drei Stunden Heimkino :)