Autor Thema: Wal-O-Mat  (Gelesen 29570 mal)

Rainer

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Re: Wal-O-Mat
« Antwort #15 am: 22. September 2013, 13:53:19 »
Zitat
Richtig ist, dass die Langzeitarbeitslosigkeit zu hoch bleibt. Und dass zu viele Menschen mit geringen Qualifikationen noch immer zu oft ohne Beschäftigung sind. Für beide – die Langzeitarbeitslosen wie die Geringqualifizierten – ist der Mindestlohn jedoch keine Chance, sondern eine Bedrohung. Liegt er zu tief, ist er nutzlos, liegt er zu hoch, verringert er die Chancen von Arbeitslosen, wieder in ein reguläres Beschäftigungsverhältnis zurückzufinden – das gilt ganz besonders für die Langzeitarbeitslosen und die Geringqualifizierten.

Wirkungsvoller und damit klüger ist es, die Löhne von bestimmten Arbeitnehmern durch staatliche Zuschüsse zu ergänzen. Diese müssen so gestaltet sein, dass die Gesamteinkommen nach Steuern und Transfers steigen, wenn der Lohn zunimmt. So haben die Beschäftigten ein Interesse an höheren Löhnen, und es ist nicht möglich, dass die Arbeitgeber den Lohn auf Kosten der Allgemeinheit nach unten drücken.

Nehmen wir nur dieses Beispiel (und im Moment ist es ja fast genau so - wer zu wenig verdient, kann auf Kosten des Steuerzahlers aufstocken). Das bedeutet, dass Arbeitgeber vom Staat und Steuerzahler unterstützt werden, miserable Löhne zu zahlen und die Gewinne zu maximieren und im Zweifel selbst einzustecken.

Die Behauptung, dass ein Mindestlohn eine reguläre Anstellung bedroht, ist nicht nachgewiesen. So lange der Arbeitgeber dennoch insgesamt am Arbeitnehmer verdient (und das ist die entscheidende Schwelle), wird er doch ein Interesse haben, ihn einzustellen. Mehr noch: wenn er an jedem Arbeitnehmer nur wenig verdient (aber immerhin verdient), wird er sicher ein Interesse haben, mehr Leute einzustellen, wenn es ihm auch mehr Umsatz und Gewinn bringen kann.

Also diese Logik kann man in jede Richtung ausbreiten - Tatsache ist aber, dass im Deutschland von jetzt und heute mehr Menschen denn je zu horrenden Bedingungen angestellt sind und damit immerhin medienwirksam aus der Arbeitslosenstatistik herausfallen. Und die Schlechtverdiener haben nicht einmal mehr eine Chance, sich in Gewerkschaften zu organisieren (auch wenn Gewerkschaften zu sehr unangenehmen Arbeitskämpfen bereit sind). Aber Schlechtverdiener haben keine Lobby und können sich keine Gewerkschaft leisten, selbst wenn sie es wollten.

Der Schreiber dieses Artikels gehört sicherlich nicht zu den schlechtbezahlten. Und sicher haben wir hier auch im Forum ein relativ solventes Umfeld. Aber ich kenne eben auch die andere Seite der Medaille, weil ich u.a. jahrelang zur ReHa gefahren bin. Lass dir mal von einem Taxifahrer Arbeitszeit und Lohn erklären. Und speziell hier Gladbach gibt es sehr viele verarmte Menschen und Wohngegenden - das ist keine Prachtstadt wie manch andere.

Und das ängstliche Geschrei um das Hochziehen des Spitzensteuersatzes - warum musste man den überhaupt senken? Als ich in der glücklichen Lage war, ein fettes Gehalt zu verdienen, lag der Spitzensteuersatz bei 53% und meine Gesamtabgaben waren gut die Hälfte meines Gehalts. Ich habe trotzdem nicht gejammert, weil immer noch genug übrig blieb und ich hatte immer noch mehr, als viele meiner Bekannten und Freunde. Und jetzt ist Deutschland so verschuldet wie nie, weil man ausgerechnet in den langen Jahren nach der Wiedervereinigung, die sicherlich ein unglaublicher finanzieller Kraftakt ist und war, die Steuern gesenkt hat.

Aber - ich war gerade wählen - und da die Linke und die SPD ja definitiv nicht koalieren wollen, habe ich auch keine Linken gewählt. Bin aber ehrlich, genau diese Überlegung war auch maßgeblich. Meine größte Hoffnung ist und bleibt, dass die FDP die 5% Hürde nicht packt. Dann kommt wenigstens etwas Bewegung in den politischen Alltag - ob es spürbar für die Menschen ist, weiß natürlich keiner. Aber so wie in den letzten 4 Jahren kann es aus meiner Sicht nicht weitergehen. Auch wenn es (ehrlicherweise) mich selbst direkt kaum betrifft. Aber ich finde es ungerecht (wie Peer Steinbrück auch seinen Wahlkampf ausgestaltet hat).

Hatchcanyon

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Re: Wal-O-Mat
« Antwort #16 am: 22. September 2013, 14:02:16 »
Wir waren gegen 12 Uhr im Wahllokal. Die Wahlbeteiligung schien uns relativ hoch zu sein.

Gruss

Rolf

Rainer

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Re: Wal-O-Mat
« Antwort #17 am: 22. September 2013, 14:13:37 »
Bei uns war auch richtig was los. Da trägt natürlich auch das aktuell recht milde Wetter seinen Teil bei, das ist ja eine erwiesene Tatsache, dass bei schlechtem Wetter auch manch Wähler lieber zu Hause bleibt.

Es wäre schade, wenn die Wahlbeteiligung schlecht ist, jeder der nicht wählt, hat eigentlich seine Meinung verschenkt. Natürlich macht ein einziges Stimmlein genau gar nichts aus, aber so darf man eben nicht denken und man muss für sich entscheiden, dass man wählen geht.

Und wenn man "Die Partei" wählt. Hat inzwischen jemand außer mir im Wahl-O-Mat deren Begründungen gelesen? Ich kann es nur empfehlen, es ist ziemlich skurril (aber auch lustig).

Rainer

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Re: Wal-O-Mat
« Antwort #18 am: 22. September 2013, 14:18:57 »
So. Bis zur Wahlentscheidung machen wir ein wenig Bildungsprogramm...  :o

Jeder hier kennt ja den Begriff "Hochrechnung"und weiß auch ungefähr, was sich dahinter verbirgt. Im Prinzip ist es eine Wahrscheinlichkeitssausage, mit welcher Stichprobenauswahl man eine qualitative Aussage machen kann, mit welcher Wahrscheinlichkeit in Abhängigkeit des Stichprobenumfangs der endgültige Ausgang eines Ereignisses berechnet werden kann.

Auf welchen Mathematiker geht dieses Verfahren zurück? (Wird nicht jeder kennen, aber im Studium mit Elementen aus Statistik oder Stochastik wird der Name sicherlich genannt). Mal ein Rätsel der anderen Art und nicht immer nur Bilder.

Andrea

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Re: Wal-O-Mat
« Antwort #19 am: 22. September 2013, 14:23:13 »
Dann sollte ich den eigentlich kennen...  :-[
Liebe Grüße, Andrea



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Rainer

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Re: Wal-O-Mat
« Antwort #20 am: 22. September 2013, 14:27:42 »
Dann sollte ich den eigentlich kennen...  :-[

Ja, mit Sicherheit hast Du den Namen gehört (das ist eine gewagte Behauptung von mir, aber es ist in der Stochastik ein wichtiger Name).

Andrea

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Re: Wal-O-Mat
« Antwort #21 am: 22. September 2013, 14:29:46 »
Naja, war halt ein Pflichtfach. Gemocht habe ich es nicht.  ;D Ich bin ein Fan von Algebra...
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Rainer

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Re: Wal-O-Mat
« Antwort #22 am: 22. September 2013, 14:41:00 »
Naja, wenn Du es schon nicht weißt, dann wird es kaum einer rausfinden. Im Wikipedia steht es nicht einmal drin (also nicht unter Hochrechnung - aber der mathematische Hintergrund beruht auf diesem Herrn).

Vielleicht kennst Du den Namen auch wirklich nicht (wir haben das sogar in der Schule gehabt im Leistungskurs Mathematik). Der Name ist leicht eingedeutscht (der Mathematiker kommt aus Russland) und das Theorem nennt sich .... "Tschebyscheff-Ungleichung".

Der russische Name ist Tschebyschow (ist so aber seinerseits nicht bekannt), der Name Tschebyscheff sollte eigentlich jedem Stochastiker bekannt sein. Je gehört? Oder klingelt gar nichts?

Andrea

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Re: Wal-O-Mat
« Antwort #23 am: 22. September 2013, 14:48:00 »
Den Namen habe ich schon mal gehört, aber es klingelt dennoch nichts. Wenn du mir jetzt erzählt hättest, dass es ein berühmter Springreiter gewesen sei, dann hätte ich das vermutlich auch geglaubt.  :-[  Mit Laplace, Kolmogorov oder Markov oder so hätte ich was anfangen können. merkwürdig... Ist aber auch schon fast 20 Jahre her mit meinen Mathematik-Versuchen.

Und bei Statistiken bin ich kritisch wie Churchill: Glaube nur einer Statistik, die du selbst gefälscht hast. (sinngemäß)  ;)
Liebe Grüße, Andrea



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Rainer

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Re: Wal-O-Mat
« Antwort #24 am: 22. September 2013, 15:00:40 »
Und bei Statistiken bin ich kritisch wie Churchill: Glaube nur einer Statistik, die du selbst gefälscht hast. (sinngemäß)  ;)

Wobei Statistik und Stochastik (Wahrscheinlichkeitsrechnung) nicht das gleiche ist, wenn auch es in der gleichen Vorlesung abgehandelt wird.

Ich erinnere mich aber auch noch an den Leistungskurs, wo wir (auf Anfrage des Lehrers) uns ein wenig Stochastik gewünscht hatten (nicht ahnend, wie kompliziert das manchmal ist). Das war teilweise ziemlich lustig, weil es immer wieder Aufgaben gab, wo jeder eine andere Lösung herausbekam (nicht soo schlimm), aber jeder beweisen konnte, dass seine Lösung richtig ist (dann doch schlimm...). Das große Problem besteht in der Wahrscheinlichkeitsrechnung darin, das richtige "Modell" für den Praxisfall zu finden. Wenn man sein falsches Modell nur plausibel genug erklärt, dann glauben alle anderen daran - und der Rest (inkl. falsches Endergebnis) ergibt sich dann von alleine.

P.S.: "Markov" kenne ich auch noch, die sog. "Markov Ketten". Auch da kenne ich einen sehr bekannten Anwendungsfall aus der Praxis (es handelt sich bei Markov Ketten um eine Folge von Ereignissen mit wechselnder Wahrscheinlichkeit pro Ereignis), nämlich das Spiel "Black Jack". Das gerät aber unter rein mathematischer Betrachtung so komplex, dass man es schnell aufgegeben hat und man einfach Computer millionenfach hat spielen lassen. Inzwischen ist das Spiel sogar komplett durchkalkuliert und basierend auf den Ergebnissen gibt es bestimmte Strategien, ob man noch eine Karte nimmt oder nicht.

Andrea

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Re: Wal-O-Mat
« Antwort #25 am: 22. September 2013, 15:17:32 »
Ich weiß, dass es einen Unterschied zwischen Stochastik und Statistik gibt. Aber das mit den unterschiedlichen Modellen kenne ich aus meiner Abiklausur in Physik. Die drei besten Schüler des LK hatten bei einer Aufgabe zur speziellen Relativitätstheorie 3 völlig unterschiedliche Lösungen. Wir wurden einzeln ins Gespräch gebeten, wie wir denn auf das entsprechende Modell gekommen wären. Wir drei hatten alle irgendwie recht. Da waren sich die Physiklehrer unserer Schule einig.  ;) Die Klausuren wurden dann Uni-Professoren vorgelegt und man kam zu dem Ergebnis, dass nur eine Lösung die richtige ist. Meine leider nicht. So wurden aus 14 oder 15 Punkten leider nur 10...

Aber zurück zum Thema: Ich habe aus lauter Spaß jetzt doch mal den Wahl-O-Maten gefragt. Demnach sollte ich die Piraten wählen  :schreck: Mag ja sein, dass ich mit einigen Ideen von denen konform gehe, aber wenn man sich diesen Chaotenhaufen anschaut, dann kann man sein Schicksal eigentlich nicht in deren Hände legen wollen.  ;)

Und vom taktischen Wählen halte ich auch nichts. Wenn das alle machen, dann brauchen wir bald kaum noch Auswahl. Nein, danke! 
Liebe Grüße, Andrea



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Horst

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Re: Wal-O-Mat
« Antwort #26 am: 22. September 2013, 15:49:50 »
Es wäre schade, wenn die Wahlbeteiligung schlecht ist, jeder der nicht wählt, hat eigentlich seine Meinung verschenkt.
und es stärkt extreme Parteien was es in einer Demokratie als erstes zu verhindern gilt.


Den Namen habe ich schon mal gehört, aber es klingelt dennoch nichts. Wenn du mir jetzt erzählt hättest, dass es ein berühmter Springreiter gewesen sei, dann hätte ich das vermutlich auch geglaubt.  :-[
Aber Andrea, die Russen hatten doch nie gute Springreiter.  :))


Wobei Statistik und Stochastik (Wahrscheinlichkeitsrechnung) nicht das gleiche ist, wenn auch es in der gleichen Vorlesung abgehandelt wird.
Da ich es von der Schule bis zu späteren Weihen immer mit der technischen Mathematik zu tun hatte, hatte ich Statistik und Stochastik zum Glück nur als Randthema und habe es inzwischen erfolgreich verdrängt. 8)
Ich bin mit dem, was Du sagst, nicht einverstanden, aber ich werde bis zum Tod Dein Recht verteidigen, es zu sagen. Voltaire.

Rainer

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Re: Wal-O-Mat
« Antwort #27 am: 22. September 2013, 15:59:30 »
Ich habe übrigens gestern(!) erst gelesen, dass die heutige Wahl anders ausgewertet wird, als es bislang der Fall war. Die Überhangmandate (Direktmandate aus der 1. Stimme) werden nun durch sog. "Ausgleichsmandate" wieder ausgeglichen, so dass faktisch jetzt wirklich nur noch die 2. Stimme über die prozentuale Vertretung einzelner Parteien im Bundestag entscheidet.

Bislang war es so, dass durch die Überhangmandate die prozentuale Verteilung ggf. leicht anders war, als es die 2. Stimme eigentlich ergeben hatte. Durch das neue Verfahren kann der Bundestag enorm aufgebläht werden, das käme dann auf den speziellen Fall darauf an.

Insgesamt halte ich das für einen Vorteil zu Gunsten der kleineren Parteien, da diese ja nur sehr selten in den Genuss von Überhangmandaten (durch Direktmandat) kommen und so in der Vergangenheit eher weniger Sitze im Bundestag hatten, als es die 2. Stimme mathematisch auswies. Das ist jetzt nicht mehr möglich, wer jetzt 10% holt (und kein einziges Direktmandat), bekommt dennoch seine 10% Sitze, selbst wenn eine Partei alle Direktmandate gewinnt und in der 2. Stimme nur sehr schlecht abschneidet (das wäre der Extremfall, der den Bundestag aufbläht).

Da man über den Ausgang der Direktmandate keine gute Voraussage machen kann (nicht vergleichbar mit der Auswertung der 2. Stimme), entscheidet es sich definitiv erst ganz am Ende der Auszählung (wahrscheinlich in den frühen Morgenstunden), wieviele Sitze überhaupt im Bundestag vergeben werden. Es steht sehr wohl vorher die relative Verteilung fest, aber nicht die absolute Zahl der Anzahl Sitze.

Horst

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Re: Wal-O-Mat
« Antwort #28 am: 22. September 2013, 16:05:20 »
Insgesamt halte ich das für einen Vorteil zu Gunsten der kleineren Parteien
Aktuell wird ja gerade diskutiert die 5 % Hürde für den Einzug in den Bundestag zu kippen.
Was haltet Ihr davon ?
Ich bin mit dem, was Du sagst, nicht einverstanden, aber ich werde bis zum Tod Dein Recht verteidigen, es zu sagen. Voltaire.

Hatchcanyon

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Re: Wal-O-Mat
« Antwort #29 am: 22. September 2013, 17:53:46 »
Aktuell wird ja gerade diskutiert die 5 % Hürde für den Einzug in den Bundestag zu kippen.
Was haltet Ihr davon ?

Nichts!

Das gab es schon mal und führte zu den sog. "Weimarer Verhältnissen" - im Endeffekt in die Katastrophe.

Die grosse Mehrheit der demokratischen Staaten hat Sperrklauseln. In Deutschland ist die 5%-Regelung ja auch nicht ganz starr. Wer 3 Direktmandate erringt, zieht auch entsprechend dem Stimmenanteil in den Bundestag ein.

Gruss

Rolf