Aber völlig überheblich.
Finde ich nicht, es ist eben so. Es versteht ja auch nicht jeder chinesisch, was ist daran überheblich, wenn es der eine kann, der andere nicht? Es ist kein Zufall, dass es die gleichen Menschen sind, die Klassik hören und verehren wie die, die viele Jahre musikalisch ausgebildet wurden. Ist das überheblich, wenn man etwas kann nach vielen Jahren Ausbildung, was andere offensichtlich nicht können?
Das hat auch mit "Geschmack" nichts zu tun. Das ist das Totschlagargument schlechthin. Sicherlich gibt es Graduierungen in der Wahrnehmung, die man mit Geschmack begründen kann, aber man kann nicht sämtliches musikalisches Empfinden mit Geschmack begründen. Das ist einfach zu wenig. Da ist selbstverständlich auch der Faktor "verstehen" elementar und in sehr großem Maß vorhanden.
Und schreib nicht ich wäre musikalisch ungebildet. Ganz im Gegenteil. Ich habe auch jahrelang ein Instrument gespielt (so eines mit weißen und schwarzen Tasten).
Das ist mindestens extrem außergewöhnlich, damit bist Du definitiv der erste(!) und einzige(!) Mensch den ich kenne, der selbst Klavier gespielt hat und nichts mit Klaviermusik (hier von Bach) anfangen kann. Vor allem nicht mit diesem einen Stück. Und ich kenne wirklich extrem viele Musiker.
Hast Du den Klavierunterricht möglicherweise gehasst, war das nicht Deine eigene Entscheidung, hast Du früh abgebrochen? Spielst Du heute noch Klavier? Und wenn ja, was?
Ich kenne wirklich sonst keinen guten Musiker, der nicht die klassische Musik in all ihren Facetten um Welten lieber hört als heutige kommerzielle Musik. Da würde ich es genau anders herum sagen: da sind "nette" Stücke bei, manche gut gesetzten Arrangements, aber im Vergleich zu vielen klassischen Werken klingt es sehr schnell langweilig und dünn. Das geht eigentlich allen Musikern so.
Und speziell Klavierspieler haben zusätzlich noch eine weitere "Ader" (da tun sich dann in der Tat selbst sonst gute Musiker auch schon manchmal schwerer, je nach Werk und Komplexität), dass sie einen guten Klavierklang (wie ihn beispielsweise ein Steinway Flügel wie aus dem Video besitzt) "an sich" schon verehren. Die meisten würden ihr letztes Hemd dafür hergeben, selbst so ein Instrument zu besitzen.
Ich habe sicherlich keine Ausbildung in Musik, ja ich spiele nicht mal ein richtiges Instrument.
Genau das macht es aber aus. Wenn man jahrelang (schon im Kindesalter) in erheblichem Umfang mit Musik konfrontiert wird, dann entwickelt sich definitiv ein anderes Verständnis und eine andere Wahrnehmung. Das kann man später sicher auch noch erwerben, aber in der Kindheit geschieht das natürlich viel einfacher und selbstverständlicher.
Ein Musikkurs in der Oberstufe und der Besuch von ein paar Konzerten kann das natürlich NICHT ersetzen. Man kann es vielleicht vergleichen mit dem Erlernen einer Sprache - das ist sicherlich ähnlich komplex.
Aber mir geht bei ernster Musik (blöder Ausdruck, da diese Musik ja auch fröhlich sein kann) keiner ab. Echt nicht.
Weil es (wie in dem Mozartfilm) "zu viele Noten" sind. Die Szene ist ja ganz witzig gemacht und eigentlich ist da so ein Funken Wahrheit dran. Aber wenn Du in meiner Signatur die Bemerkung über J.S. Bach liest, dann muss Dir ja klar sein, dass es Menschen gibt, für die es nichts vergleichbares überhaupt auf der Welt gibt, wie solche Musik.
Man kann es ja auch so schlecht vergleichen (obwohl der Versuch mit der Sprache ist vielleicht gar nicht so schlecht), aber auch ein Gourmet wird sich nicht Pommes und Currywurst zufrieden geben, auch wenn das "mal" schmeckt. Man kann sicher nicht erklären, warum Musik diese Wirkung hat, aber diese Wirkung ausschließlich auf "Geschmack" abzustellen, das akzeptiere ich nicht. Dafür ist der Zusammenhang zwischen Ausbildung und Wahrnehmung viel zu eklatant und offensichtlich.