18.Tag, Dienstag 13.9.2011 In Kanada sind die Preise spürbar höher als in Alaska. Deshalb tanken wir heute morgen auch nicht voll, wir kommen ja am Ende des Tages zurück in die USA – zumindest für knapp 24 Stunden.
Es ist kurz nach 9 Uhr als wir zunächst ein paar Kilometer zurück nach Norden – bis zu den Five Finger Rapids - zurücklegen.
Kaum zu glauben, daß diese wunderschöne Flußlandschaft einst der Schrecken der Pioniere war; viele Schiffe bekamen an den Stromschnellen große Probleme und die Goldsucher verloren auf dem Weg zum Klondike ihr Hab und Gut.
Das Einzige, das sich hier bei uns reduziert ist die freie Kapazität unserer Speicherkarten – eine schöne Stelle, ringsum Herbstlaub, die Sonne strahlt – mit solchen Motiven darf der Tag weitergehen.
Gegen Mittag erreichen wir die Hauptstadt des Yukon Territoriums – Whitehorse.
Die 25.000-Einwohner-Stadt macht beim Durchfahren der Downtown einen freundlichen Eindruck. Wenn wir einige Dinge erledigt haben, wollen wir uns hier ein wenig umsehen.
Erste Anlaufstelle ist das Visitor Center.
Dort gibt es ein Telefon. Wir rufen bei Alaska Marine Highway an, um für morgen Mittag die Fähre von Skagway nach Haines zu reservieren. Petra gibt ihren Namen durch – und – der ist bereits im Computer !
Sie war nun lange Jahre seit 1997 dort eine Karteileiche und ist soeben wiederauferstanden.
Allerdings haben wir uns im Vorfeld mit der Abfahrtszeit verguckt, sind wohl auf den falschen Tag gerutscht. Morgen geht mittags keine Fähre sondern nur früh um 7 Uhr (und um 5 Uhr sollen wir die Tickets abholen!).
Mist. Das ändert unser Programm völlig. Dann müssen wir den Skagway- Rundgang bereits heute noch reinquetschen. Hier in Whitehorse und Umgebung müssen wir dafür weit mehr Gummi geben als gedacht.
Es kommt halt immer anders …..
Eine kleine Runde durch die Downtown von Whitehorse gönnen wir uns trotzdem.
Wirklich ein nettes Städtchen mit herrlicher Lage am Yukon.
Bei Walmart wollen wir Lebensmittel einkaufen – aber der ist hier ein absoluter Saftladen und wir finden nichts Brauchbares.
Also geht es schnell noch in den Real Canadian Superstore – eine deutlich bessere Wahl.
Für Bier müssen wir trotzdem noch extra in einen Liquor-Store – und kaufen einen Sixpack sauteures Bier (fast doppelter Preis wie in USA) – aber was sein muss, muss sein.
Das war's dann leider schon mit unserem Whitehorse Besuch – schade – aber mehr geht heute leider beim besten Willen nicht.
Einzig bei der SS Klondike, einem Schaufelraddampfer aus dem vorigen Jahrhundert, der auf der Strecke Whitehorse – Dawson City verkehrte, stoppen wir noch einmal kurz.
Dann verlassen wir die City Limits und fahren zum 9 Mile Canyon, den wir erhöht von einem Aussichtspunkt ...
... und direkt von einem Parkplatz an der Schlucht besichtigen.
Weiter geht es auf dem Highway 2 nach Süden.
Nach dem Pflichtstop am Emerald Lake, den die Einheimischen Regenbogensee nennen, ...
... erreichen wir die Carcross Desert- die „kleinste Wüste der Welt".
Das Wetter hatte sich die letzte Stunde etwas zugezogen – aber in dem Moment als wir am Parkplatz der Dünenlandschaft halten bricht die Sonne durch und zaubert eine so phantastische Lichtstimmung in diese für den Hohen Norden schon bizarr anmutende Landschaft, daß wir wie kleine Kinder mit unseren Kameras im Sand hopsen. Nein - ...
... kein bildhafter Vergleich.
Genial. Ein unerwartetes Highlight – zumindest für eine gute halbe Stunde.
Der starke Wind vom nahen Lake Bennett verhindert eine intensive Vegetation. Nur wenige Pinien und Pflanzen mit kleinen Blättern konnten hier Wurzeln schlagen.
Auch wir können aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit keine Wurzeln schlagen.
Gleichzeitig mit der Ankunft eines Busses voller Japaner verschwindet die Sonne – ein Hinweis weiterzufahren ?
Scheint zumindest so.
Nächster kurzer Stop ist im Örtchen Carcross, nur 5 Autominuten entfernt. Carcross war einst ein Jägercamp und später Umschlagplatz auf dem Weg zu den Goldfeldern.
Der Kramladen des Matthew Watson General Store ist seit 110 Jahren in Betrieb.
Wir fahren am Windy Arm und etlichen bewaldeten Inseln entlang.
Auch wenn wir für Stops eigentlich keine Zeit haben, halten wir ständig. Das Prozedere- Auto abstellen-aus dem Wagen springen-Kamera und (bei mir) Stativ packen und aufbauen-Aufnahmen machen–alles wieder wegpacken-ins Auto springen und weiter bis zum nächsten Stop der teilweise nur 500 Meter entfernt ist haben wir schon als Synchron-Duett im Programm.
Die Pracht der Herbstwälder scheint sich an dieser Strecke noch einmal zu steigern.
Gelb-orange Teppiche belagern die Berge soweit das Auge reicht.
Natürlich halten wir auch an der alten Venus Mine für einige schnelle Aufnahmen.
Inzwischen sind wir vom Yukon Territorium in die kanadische Provinz British Columbia gewechselt und fahren wenn auch nach wie vor mit (zu) vielen Stops in Richtung US-Grenze und Skagway.
Die Straße führt nun hinauf in die Berge und die Gegend wird immer spektakulärer.
Passend dazu bietet der Himmel einen dramatischen Sonne-Wolken-Mix, der unglaubliche Ansichten der Berge, Täler, Flüsse und Seen im wabernden Nebel bietet, auf den einzelne Sonnenstrahlen wie ein Laserschwert herabstürzen.
Es geht hinauf auf den White Pass. Die Wolken scheinen zum Greifen nah und die Raubvögel kreisen über uns:
Wenigen Minuten später hat uns der Nebel verschluckt und wir können kaum mehr die Hand vor Augen erkennen.
Die Einreise in die USA geht im Handumdrehen – die üblichen Fragen von wo wir unsere Reise starteten und was der Grund unserer Reise ist. Das war's auch schon. Man fragt sich warum die Immigration am Flughafen nicht auch in diesem eher entspannten Stil ablaufen kann. Nicht jeder, der sein sauer verdientes Geld als Tourist in Amerika ausgeben will, ist ein potentieller Terrorist.......
Jetzt dürfen wir wieder unsere Uhr umstellen – was uns zum einen eine wertvolle Stunde Gewinn bringt und zum anderen für morgen wichtig ist, wenn es um die Fährfahrt nach Haines geht.
Der Nebel verschwindet und nach 8 Meilen erreichen wir die Stadtgrenze von Skagway. Bevor wir in das Städtchen fahren biegen wir zuerst auf die Dyea Road ab, eine 8 Meilen lange ungeteerte Stichstraße.
Die Straße bietet gleich nach kurzem Anstieg einen tollen Aussichtspunkt über die ehemalige Boomtown Skagway ...
... und führt dann landschaftlich reizvoll bis zum Beginn des berühmten Chilkoot Trail, von dem die Goldsucher 1896 zum Klondike aufbrachen, nachdem sie in Skagway mit dem Schiff anlegten.
Der Chilkoot Trail war im Winter 1897 und in den Folgejahren der Schicksalsweg für viele Stampeder – wie man die Goldsucher damals nannte, weil sie wie wildgewordenes Vieh ausbrachen und durch nichts aufzuhalten waren.
100.000 von ihnen versuchten sich tagelang auf diesem Trail – mehr als die Hälfte von ihnen sollte den Klondike nie erreichen. Auf der Passhöhe wurden die Reisenden von den kanadischen Mounties empfangen. Wer die Grenze nach Kanada übertreten wollte musste Lebensmittel für ein Jahr sowie Ausrüstung für das Überleben in der Wildnis vorweisen – eine Auflage die vielen Goldsuchern damals das Leben rettete.
Wer sich keine Träger leisten konnte (und das war die Mehrzahl), musste die 500-1000kg Last portionsweise voranschleppen. So waren sie mehrere Wochen unterwegs und legten im Schnitt 3000 Kilometer zurück um ihr Gepäck auf dem 53km langen Chilkoot Trail ans Ziel zu bringen. Eine Wahnsinnsschinderei und heute unvorstellbar.
Wir fahren die Stichstraße zurück und erreichen das alte Skagway.
Im Sergeant Preston Motel kommen wir für 97 $ unter – und bekommen, weil der Motelbesitzer meint, daß heute wohl keiner mehr kommt, sein „bestes Zimmer" das auch wirklich sehr gut ist.
Die Koffer bringen wir später aufs Zimmer – jetzt nutzen wir ohne weiter Zeit zu verlieren das letzte Licht des Tages und stürzen uns in die kleine Downtown und damit in ein Stück Alaska-Geschichte, die zwischen Souvenirläden, Saloons und Mode aus Taiwan noch immer spürbar ist.
Entgegen der Wettervorhersage ist es immer noch trocken – zum Glück – so macht das Fotografieren und Filmen natürlich noch mehr Spaß.
Da stören nicht mal die 3 vor Anker liegenden Kreuzfahrtschiffe, da die meisten „Kreuzfahrer" wohl bereits wieder zurück auf dem Schiff sind.
Wir spazieren entlang des Broadway – um den sich die interessantesten Gebäude des alten Skagway gruppieren.
Diese Gebäude stammen aus den Jahren 1897-1899 in denen Skagway Landehafen und Ausgangspunkt für die Klondike-Goldsucher, und mit mehr als 20.000 Einwohnern die größte Stadt Alaskas war.
Also wie damals so auch heute noch, kommen die meisten Besucher vom Meer und aus den Lower 48.
Heute hat das historische Dorf am Ende des fjordartigen Lynn-Kanals 850 Einwohner und lebt ausschließlich vom Tourismus.
Fast die komplette Ortschaft wurde zum Klondike Gold Rush Historical Park erklärt und unter Denkmalschutz gestellt.
Wir fotografieren und filmen bis auch das letzte Körnchen Licht hinter dem Fjord verschwunden ist.
Skagway hat uns großen Spaß gemacht, wie dieser Tag überhaupt, der so vielseitig und schön war, wie man ihn sich auf so einer Reise nur wünschen kann.
Wir kaufen noch Bier ein, betanken das Auto und dann geht es zurück aufs Zimmer wo wir Tortillas als kleine Pizzen umfunktionieren und fantasievoll belegt in die Mikrowelle schieben.
Gegen 22 Uhr werden wie üblich noch ein paar Stichworte für diesen Bericht aufgeschrieben und dann ziehen wir die Decke über die Ohren – morgen heißt es um 4:30 Uhr aufstehen – wir wollen mit der Fähre von Skagway nach Haines.
Übernachtung: Sergeant Preston Motel, Skagway
Preis: 90 $ / 97 $ (mit Steuer)
Kommentar: super Zimmer – tolle Ausstattung (Kühlschrank, DVD-Player …. alles da)
Bild des Tages:Zauberlicht in der Carcross Desert