Autor Thema: Wolkenspiegelungen, Schäfchenwolken und dramatischer Himmel - Finnland im Juni 2024  (Gelesen 1648 mal)

Susan

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Wow, das war ja eine lange Tagestour!

Die Holzkirche finde ich sehr schön, wirklich mal was ganz anderes. Witzigerweise haben ausgerechnet Mormonen (Colins damalige Gastfamilie) uns gefragt, warum in keiner unserer evangelischen Kirchen ein Bild von Martin Luther zu finden ist (im Gegensatz zu Joseph Smith & Co bei denen). Was mir vorher nie auf- oder gar eingefallen wäre. 

Gut für dich, schade für die Führerin, dass die Reiseleiter die Tour abgekürzt haben. Wahrscheinlich haben die bei ihrer Zeitplanung auch nicht mit so vielen Nachfragen gerechnet  ;)
Liebe Grüße
Susan

Silv

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Die Landschaft erinnert mich sehr an Schweden.  :)

Das deutsche Paar hatte vielleicht vorher einen Streit und wollte nur noch zum Auto zurück  :weissnicht:  Wenn ich irgendwo anders wandere, bin auch jedenfalls auch nur am schauen. Auch auf dem Fahrrad, da bin ich einmal auf Andy geknallt, weil ich nicht nach vorne geschaut hab  ::)
Liebe Grüße
Silvia

Ilona

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Das deutsche Paar hatte vielleicht vorher einen Streit und wollte nur noch zum Auto zurück  :weissnicht: 

Oder er hat Reizdarm und es pressierte :cool2:, weil er gleich auf die Toilette ist.

Zitat
Hier überholt mich ein deutsches Paar (vermutlich aus dem Womo am Parkplatz), das den Weg entweder schon mal gegangen ist oder sich nicht für die Landschaft interessiert, ohne jegliche Fotos oder Pausen zum Betrachten, wandern sie am See entlang, am Rastplatz mit Feuerstelle, Feuerholz und Unterstand nutzt der Mann die Toiletten, die Frau geht kurz auf den Steg am See, dann gehen beide weiter, der Mann hat sich den See nicht mal angeschaut, sehr merkwürdig.

Man kann nicht hinter die Kulissen schauen und sollte deshalb nicht vorschnell urteilen.

Zitat
Jetzt habe ich aber wieder eine blöde Zeit erwischt, die Kirche ist zwar offen, es stehen aber tatsächlich gleich zwei Reisebusse davor und die Kirche ist völlig überfüllt.

Da bist du die meiste Zeit ziemlich alleine unterwegs und gerade an der Kirche stoppten gleich zwei Reisebusse. Aber gut, dass die etwas Vorlauf hatten.
Liebe Grüße

Ilona

"Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat" (Erich Kästner)


Christina

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Die Holzkirche finde ich sehr schön, wirklich mal was ganz anderes. Witzigerweise haben ausgerechnet Mormonen (Colins damalige Gastfamilie) uns gefragt, warum in keiner unserer evangelischen Kirchen ein Bild von Martin Luther zu finden ist (im Gegensatz zu Joseph Smith & Co bei denen). Was mir vorher nie auf- oder gar eingefallen wäre. 

Interessant, ich hab da auch noch nie darüber nachgedacht.

Das deutsche Paar hatte vielleicht vorher einen Streit und wollte nur noch zum Auto zurück  :weissnicht:  Wenn ich irgendwo anders wandere, bin auch jedenfalls auch nur am schauen. Auch auf dem Fahrrad, da bin ich einmal auf Andy geknallt, weil ich nicht nach vorne geschaut hab  ::)

Das mit dem Streit könnte natürlich sein.
 ;D Deshalb nutze ich im Urlaub das Fahrrad eher nicht, so was könnte mir sonst aus dem gleichen Grund auch passieren.


Da bist du die meiste Zeit ziemlich alleine unterwegs und gerade an der Kirche stoppten gleich zwei Reisebusse. Aber gut, dass die etwas Vorlauf hatten.



Mit den Reisebussen bin ich dann doch mal wieder auf dem Boden der touristischen Tatsachen gelandet - das blieb aber zum Glück das einzige Mal im gesamten Urlaub, interessant wäre gewesen zu erfahren, wo die Holländer als nächstes hingefahren sind.


LG Christina

Christina

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9. Tag – Mittwoch, 12.06.

Schon sind die Tage am Hiddeniemi Campingplatz vorbei und es steht wieder ein Unterkunftswechsel an: von diesem nördlichsten Punkt meiner Reise geht es einige hundert Kilometer nach Südosten an den östlichsten Punkt des Urlaubs. Wanderungen sind heute keine geplant, aber kürzere Stopps werden die lange Fahrt auflockern.

Um 8.45 Uhr verlasse ich den Campingplatz und verbringe die nächsten drei Stunden im Auto, unterbrochen von einer Pause zum Beine vertreten und auf die Toilette gehen.

Um 11.45 Uhr erreiche ich das 10.000 Einwohner Städtchen Leppävirta, dort möchte ich mir die Kirche anschauen. Diese wurde 1846 vollendet, Architekt war wiedermal C.L. Engel, zu dem ich nun wohl nichts mehr schreiben muss. Die Kirche öffnet um 12 Uhr, so dass ich noch kurz warte, um auch den Innenraum anschauen zu können. Zur Öffnung gehen aber auch recht viele Leute, hauptsächlich ältere, in die Kirche und setzen sich auf die Bänke, es findet wohl gleich ein Gottesdienst/Zusammenkunft statt, so dass ich mir nur wenig Zeit für die Innenbesichtigung nehme. Das Kircheninnere ist schlicht und in freundlichem gelb gehalten, passend zum Äußeren.



Etwas außerhalb des Stadtzentrums kann man direkt am Saimaa Kanal (an anderer Stelle des weitläufigen Saimaa See und Kanal war ich im letzten Urlaub auch schon) Spazierengehen und vor allem Angeln. Jetzt vor Ferienbeginn und unter der Woche bin ich fast alleine hier, das Ausflugsrestaurant mit Spielplatz und altem hölzernen Schiff ist geschlossen.


Ich gehe zur modernen Schleuse, leider ist kein Schiff in Sicht. Den Schleusenkanal kann man auf einer Eisenbrücke überqueren, ich bin mir aber nicht sicher, ob das „einfach so“ erlaubt ist, das Schild mit viel Text ist nur auf Finnisch. Daher spaziere ich auf dieser Seite des Kanals entlang und esse dabei ein sehr leckeres belegtes Brötchen, das ich in einem Café unterwegs gekauft habe, als ich dessen Toilette genutzt habe.



Auf dem Rückweg zum Auto kommt mir eine Familie, Eltern mit erwachsenen Söhnen (vermutlich) entgegen und überquert den Schleusenkanal auf dieser Eisenbrücke, also ist es erlaubt und ich gehe gleich hinter her. Der Weg führt über zwei weitere Schleusenkanäle, diese sind wesentlich älter und schmaler und vermutlich nicht mehr in Benutzung.


Dann geht es auf Holzbohlen über Stromschnellen zu einer kleinen Insel. Dort ist ein Rastplatz mit Grillmöglichkeiten und Möglichkeiten ans Ufer zu gehen zum Angeln, weiter führt der Weg nicht. Hier sind wieder zahlreiche Mücken, kein Wunder bei Wald und Wasser, daher verlassen sowohl die Familie als auch ich die Insel recht schnell.





Das war eine sehr nette Fahrtunterbrechung, gegen 13.15 Uhr geht es weiter.

Schon eine Stunde später erreiche ich mein nächstes Ziel, das orthodoxe Kloster Uusi-Valamo (Neu-Valamo). Ich befinde mich nun im Landesteil Karelien, der direkt an Russland grenzt und sich vor Winter- und Fortsetzungskrieg (1939-40 und 41-44) bis weit ins heutige Russland ausdehnte. Finnland musste am Ende dieser Kriege einen großen Teil Kareliens an Russland abtreten, zahlreiche Karelier flohen in den finnischen Teil. So auch die Mönche des Valamo Kloster, das sich auf einer Insel im Ladogasee befand, der ebenfalls an Russland fiel. Hier in der Nähe der Stadt Joensuu an einem Seeufer errichteten sie ein neues Kloster, galten zunächst als „orthodoxe Fundamentalisten“, die den Patriarchen in Moskau als Oberhaupt ansahen, seit den 1970iger Jahren sind sie aber Teil der finnisch-orthodoxen Staatskirche und haben ihr Kloster sowohl für Tagesbesucher als auch Übernachtungsgäste, die an verschiedenen Kursen teilnehmen können, geöffnet.

Am großen Parkplatz vor dem Kloster warte ich erstmal den sehr kräftigen Regenschauer ab, der mich schon auf den letzten Fahrtkilometern begleitet hat. Nach einer Viertelstunde hört der Regen erwartungsgemäß auf und ich kann mir das Klostergelände trocken anschauen.

Auf dem sehr gepflegten Gelände befinden sich eine ältere, kleinere Kirche und eine größere, neuere, verschiedene Unterkünfte für die Mönche und für Übernachtungsgäste, ein Restaurant, ein Souvenirshop und ein Museum. Außerdem gibt es einen 4,5 km langen Pfad über den unbebauten Teil des Geländes, der zu einem Kreuz am Seeufer und zum Hafen mit kleiner Kapelle führt.

Auf der anderen Seeseite gibt es einen Campingplatz und einen Badestrand.

Größere Spaziergänge sind mit meinem Bein nicht möglich, ich schaue mir die beiden Kirchen auch von innen an, dort gibt es wie immer in orthodoxen Kirchen viel Gold und viele Ikonenbilder zu sehen, es gibt noch ein Museum über Ikonenbilder und sonstige Themen der orthodoxen Kirche, dieses kostet Eintritt, da verzichte ich, so sehr interessiere ich mich nicht für das Thema, wäre es kostenlos, wäre ich mal durchgeschlendert und hätte das eine oder andere angeschaut.





Auch den Souvenirshop lasse ich aus und gehe abschließend in das Restaurant wo es einen Kaffee und einen mit Marmelade gefüllten Munkki für mich gibt. An der Theke werden allerlei im Kloster hergestellte Kekse, Kuchen usw. zum Mitnehmen verkauft.



Gegen halb vier mache ich mich auf die letzte Etappe für heute, mit einem Einkauf im Supermarkt brauche ich noch knapp zwei Stunden bis zu meiner Unterkunft etwas außerhalb des Örtchens Kovero.

Die Vermieterin hat mir im Lauf des Tages geschrieben, dass sie bis 18 Uhr in der örtlichen Tankstelle arbeite, der Schlüssel zum Apartment aber in der Tür stecke.

Ich parke vor dem Gebäude, einer ehemaligen Schule, die Vordertür ist nicht verschlossen und innen steht an einer Tür mein Name und im Schloss steckt der Schlüssel.

Die Unterkunft entspricht leider nicht so ganz meinen Erwartungen, ich hatte lange gezögert diese zu buchen, da schon von den Fotos klar war, dass die letzte Renovierung sehr lange zurückliegt. Da aber die Bewertungen allesamt recht positiv waren, vor allem nichts enthielten, was mich persönlich abgeschreckt hätte, habe ich mich aufgrund des günstigen Preises (und weil ich es mag, wenn alte Gebäude weiter genutzt werden) schließlich dafür entschieden.

Die Fotos im Internet entsprechen aber nicht mehr der Realität, jetzt herrscht bei den Vorhängen, Tisch-Sets und Bettwäsche ein Durcheinander von grellen Farben, statt einem Doppelbett und einer Couch gibt es drei Einzelbetten und eine Couch (und auch nicht die auf den Fotos, sondern eine hässlichere). Und im Küchenbereich ist es nicht sehr sauber, insbesondere die Mikrowelle bräuchte eine ausführliche Grundreinigung, das gleiche gilt für die Außenseite der Dusche. Na ja, so eine deutliche Fehleinschätzung ist mir seit es die Onlinebuchungsmöglichkeiten mit Bewertungen gibt, soweit ich mich erinnere, bisher erst einmal passiert, nun das zweite Mal. Immerhin ist die Dusche eine „richtige“ Dusche (weil nachträglich eingebaut), um Wasser auf dem Badezimmerboden muss ich mir hier keine Gedanken machen (allerdings ist die Aufhängung für den Duschkopf gebrochen, man muss den Duschkopf in der Hand halten, was mich nicht stört, aber für mich ein Zeichen für die Nachlässigkeit der Vermieterin ist).




Wetter: vormittags trocken, teils sonnig, nachmittags mehrere Schauer, ca. 13° - 18°C
Kosten: 4 Nächte Ferienwohnung in Kovero, inkl. Bettwäsche, Handtücher, Endreinigung, EUR 180,00 (gebucht über booking.com)



LG Christina

Susan

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Ein sehr schöner Spazierganmg dort bei den Kanälen. Zu schade, dass euch die Mücken vertrieben haben. Weiß grad nicht, ob ich es schon mal gefragt habe: gibt es eigentlich in Finnland spezielles Mückenspray? Kenne das so aus Schottland für die Midge dort.

Dann waren das ja zwei im Innern recht unterschiedlich gestaltete Kirchen. Haben aber jede ihren Reiz.

Das Schulhaus schaut ja hübsch aus. Schade, dass die Wohnung(en) da drin nicht so gepflegt werden.
Liebe Grüße
Susan

Silvia

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Hej Christina, nach und nach komme ich den Berichten hinterher und habe mir jetzt deine finnische Auszeit gegönnt. Einige deiner Moor-Bilder katapultieren mich direkt nach Schweden zurück und ich kann die Ruhe förmlich spüren - zum Glück allerdings so ganz ohne lästige Mücken  ;D

Die Altstadt von Rauma ist ja wirklich sehenswert - danke für die vielen Fotos, die bringen die Eindrücke sehr gut rüber.

Die Kirche von Petäjävesi gefällt mir auch sehr, schön das du die Reisebusse abwarten konntest. Solche Busreisen sind oft ziemlich getaktet - die hatten bestimmt für's Mittagessen reserviert und mussten deshalb den Guide so rüde abwürgen  ::)

Christina

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Hallo Silvia, ich nehme an auch in Schweden gibt es je nach Jahreszeit Mücken? Du hast ja auch Berichte über deine Schwedenreisen geschrieben, ich kann aber nicht erinnern, wie es mit Mücken war. Bei meinen ersten beiden Finnlandreisen bin ich ja von Mücken verschont geblieben, dieses Jahr nicht ganz, es war aber noch erträglich. Zur Mückenhochsaison dort im Juli bis Mitte/Ende August würde ich nicht unterwegs sein wollen.

Susan, ja es gibt dort auch Mückenspray, ob das besser wirkt als das, was ich aus Deutschland dabei hatte, weiß ich nicht, ich habe dort keines gekauft, ich bezweifle es aber, denn wenn es da was gäbe, was toll wirkt, könnten die Finnen selbst mit der Mückenplage recht gelassen umgehen. An einem der nächsten Tage habe ich Waldarbeiter gesehen, die hatten genau wie ich ein Mückennetz über Gesicht/Kopf. Und ein anderes Mal eine finnische Familie, zu der schreibe ich dann noch was. 


LG Christina

Christina

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10. Tag – Donnerstag, 13.06.

Hauptziel des Tages ist der Patvinsuo Nationalpark. Für ungefähr 1h45 min geht es durch ländliches Gebiet in Richtung Norden. Als ich gegen 10 Uhr im Nationalpark ankomme, entlädt sich mal wieder ein heftiger Regenschauer. Ich fahre auf der wie üblich unbefestigten Straße durch den Park (diese unbefestigten Straßen lassen sich auch bei Nässe erstaunlich gut fahren, da hatte ich befürchtet, dass es rutschig werden könnte, das ist nicht der Fall) zum Parkplatz (Surkanpuro) für die von mir ausgesuchte Wanderung. Dort steht ein VW-Up aus EIC oder EI in Deutschland – wow, in so einem kleinen Auto den langen Weg von Thüringen oder Bayern nach Finnland zurückzulegen, ist sicher auch nicht die bequemste Reiseart.

Ich muss noch einige Zeit im Auto bleiben, bis der Regen aufhört. Dann steige ich aus – und werde von Mücken und noch schlimmer, Wespen (oder ähnliches) umschwirrt. Besonders diese Wespen sind richtig schlimm, sie stechen zwar wohl nicht, sind aber so zahlreich und aufdringlich, dass man beim Türe und vor allem Kofferraum öffnen, extrem schnell und vorsichtig sein muss, dass sie nicht ins Auto gelangen.

Ich ziehe schnellstmöglich meine Wanderschuhe an, ziehe das Kopfnetz über und gehe dann auf die Toilette (diese Trockentoiletten sind ja eh schon nicht sehr angenehm, stören mich im Normalfall aber nicht weiter, aber wenn so viele fliegende Insekten unterwegs sind, wird es richtig „nett“, denn die können ungehindert rein- und rausfliegen, während man sich selbst auf der Toilette sitzend kaum „wehren“ kann). Als ich wieder raus komme, steigt gerade aus dem VW-Up ein sicher 2 m Mensch aus (noch mehr Respekt für die lange Anreise im kleinen Auto) – komplett in einen Schutzanzug aus Mückennetz gekleidet (ob das wirklich so viel hilft, bin ich mir nicht sicher, da das Netz nicht auf der Haut aufliegen darf, sonst stechen die Mücken durch, das lässt sich beim Kopfnetz durch einen Hut bzw. eine Kappe darunter erreichen, bei „Jacke“ und „Hose“ aber nicht).

Ich starte meine Wanderung – nur schnell weg von den Wespen. Der Pfad führt durch lichten Wald zunächst parallel zur Parkstraße


und erreicht bald das Ufer des Suomunjärvi. Das Kopfnetz kann ich zum Glück abnehmen, es gibt kaum noch Insekten. Am See gibt es einen schönen Sandstrand (nicht künstlich aufgeschütteter, sondern natürlicher Sand, den die Eiszeitgletscher beim Abschmelzen durch die Fließbewegung vom Granitstein abgeschliffen haben), im Wald dahinter ist ein Rastplatz (Kurkilahti) mit Feuerstelle, Sitzbänken, Toiletten und Infotafel.

Ich lege eine kurze Pause ein und erfreue mich wieder an den Wolkenspiegelungen im Wasser.





Dann geht es weiter, nun weg vom See und durch den Wald. Bald wird aus dem Pfad ein Holzbohlenweg und ich stehe vor einer freien Moorfläche, die ich überqueren muss. Leider sieht der Himmel ziemlich bedrohlich aus und ich zögere eine ganze Weile, ob ich es wagen soll, weiterzugehen. Ein Gewitter im Wald ist ja schon nicht ungefährlich, aber im offenen Moor, wo ich im weiten Umkreis die höchste Erhebung bin, scheint mir noch risikoreicher. Eine blöde Situation und natürlich ist mal wieder weit und breit kein anderer Wanderer zu sehen (der Riese aus Bayern und ein Ehepaar, die auch am Surkanpuro Parkplatz waren, sind wohl einen anderen Weg gelaufen).


Schließlich entscheide ich mich weiterzugehen, entspannt Wandern ist aber was anderes, ich gehe so schnell wie es mit meinem Bein möglich ist, um vor dem möglichen Gewitter den nächsten Wald zu erreichen. Das gelingt mir auch und Zeit für ein Bilder mit den dramatischen Wolken nehme ich mir trotzdem.



Bald ist dann aber auch das nächste Waldstück zu Ende und ich stehe erneut vor einer offenen Moorfläche. Na ja, nun ist Umdrehen keine sinnvolle Möglichkeit mehr und ich gehe weiter. Der Wechsel zwischen Wald und Moor wiederholt sich noch öfter, das Wetter hält sich.


Vom Rundweg gibt es einen Oneway Abstecher zu einem Aussichtsturm, den ich gerne gemacht hätte, aber 3 km zusätzlich kann ich meinem Bein nicht zumuten und will es auch im Hinblick aufs Wetter nicht. Kurz nach dem Abzweig kommt mir der Mann aus Bayern und bald darauf das Ehepaar entgegen, die sind also die Runde andersherum gegangen, lassen sich aber auch nicht durch das Wetter abhalten.

Die letzten Kilometer bis zum Parkplatz führen nur noch durch Wald, es ist nicht mehr weit und so bin ich entspannt genug für eine kurze Mittagspause mit meinen belegten Brötchen auf einem Baumstamm. Hier entdecke ich einige fast reife Beeren (sind das die bekannten finnischen Moltebeeren?), die habe ich letztes Jahr nicht gesehen, dafür viel mehr Wollgras, das dieses Jahr häufig schon verblüht ist. Kurz vor dem Parkplatz donnert es, Glück gehabt.



Am Auto wechsle ich die Schuhe (die Wespen und Mücken sind immer noch da) und fahre dann ein paar Kilometer zum Parkplatz Suomo. Hier ist die Informationshütte des Parks mit Café, kleiner Ausstellung und Souvenirshop, sowie ein Zeltplatz und Hütten zum Mieten direkt am Seeufer. Ich schaue mir die Ausstellung (leider nur auf Finnisch) zu Fauna und Flora des Nationalparks kurz an, stöbere durch den Shop (finde aber nichts, es gibt leider keine T-shirts) und kaufe dann einen Kaffee und eine Pulla (Hefegebäck, manchmal eine Zimtschnecke, hier ein Stück Hefezopf) (EUR 5,00).




Dann fahre ich nochmal zum Rastplatz mit Sandstrand am See (Kurkilahti), an dem ich vorhin bei der Wanderung vorbeigekommen bin. Ich möchte mich eine Weile am Strand in die Sonne setzen. Daraus wird leider nichts, denn als ich aussteigen will, beginnt es wieder zu Regnen. Wieder mal nur ein kurzer Schauer, den ich geduldig im Auto abwarte. Die Sonne scheint bald wieder, aber nun sind der Sand und jegliches Holz (Baumstämme, Bänke) auf das ich mich setzen könnte, nass (das war ja eigentlich klar). Schade, schade, das wird nichts mit der Sonnenpause am Seeufer.

Nun gut, eine weitere Wanderung ist mit meinem Bein nicht möglich, ich entscheide mich daher gegen 15.15 Uhr den Park zu verlassen und ein weiteres Ziel anzusteuern.

Eine gute Stunde dauert die Fahrt zur Ausstellung der Holzkünstlerin Eva Ryynänen etwas außerhalb des Orts Paateri gelegen. Diese Ausstellung wird in allen Reiseführern, Reiseberichten, Tourismuswebsites usw. als sehenswert genannt, was mich genau erwartet, weiß ich aber nicht. Die letzten Kilometer geht es auf einer schmalen Schotterstraße durch den Wald und dann erreiche ich auf einer Lichtung einen erstaunlich riesigen Parkplatz, zum Glück stehen aber nur zwei, drei Autos da. Ich parke und kann etwas erhöht ein rundes Häuschen mit geschnitzten Holztüren sehen. Dorthin gehe ich nun. An einem Außenschalter zahle ich den Eintritt (EUR 10,00) und bekomme einen laminierten Flyer auf Deutsch (zum wieder zurückgeben), im Häuschen nutze ich die Toilette, es gibt außerdem ein schönes, helles Café und einen kleinen Souvenirshop.


Von diesem Eingangsbereich führt ein Fußweg durch lichten Wald leicht bergan. Oben angekommen sieht man drei Gebäude: eine Kirche, ein Wohnhaus und das Atelier von Eva Ryynänen.

Ich gehe als erstes zur Kirche und bin beeindruckt.


Schon von außen sieht sie wunderschön aus, gebaut mit Holz und ganz viel Glas. Im Innenraum bestehen Wände, Boden, Bänke und Altar aus Holz, durch die großen Glasfenster kommt sehr viel Licht herein. Die Kirche wurde von Eva Ryynänen selbst entworfen und mit Hilfe ihres Mannes Paavo und 2 Zimmerleuten aus dem Ort gebaut. Das Holz stammt von 300-500 Jahre alten Kiefern, die Eva aus Russland geschenkt bekommen hat, weil sie zu groß für den Gebrauch in der Forstwirtschaft waren. Das Holz der Türen ist aus Zedern aus Kanada. Das Altarholz stammt aus Finnland. Die Kirche wurde teilweise vom Ort Paateri (oder der nahegelegenen Stadt Lieksa?) finanziert, der auch Eigentümer der Kirche war und ist, auch weil Eva als Einzel-/Privatperson keine Kirche bauen durfte. Die Kirche wurde von 1989 bis 1991 gebaut und ist das größte Werk von Eva Ryynänen. Zwei Jahre nach der Kirche hat Rynnänen auch noch den Eingangspavillon samt Einrichtung entworfen und geschnitzt, schon damals gab es viele Besucher.


Als nächstes schaue ich mir das Wohnhaus von Eva und Paavo an. Von der Veranda vor der Haustüre hat man einen schönen weiten Blick auf den unterhalb fließenden Arm des Pielinensees.



Eva (1915 - 2001) wurde als Kind einer Bauernfamilie in einem Dorf in Mittelfinnland geboren und schnitzte schon als Kind Spielzeug. Mit 18 schuf sie eine größere Skulptur, aufgrund derer sie an einer Kunstakademie in Helsinki angenommen wurde und dort dann mehrere Jahre Kunst studierte. Während des Zweiten Weltkriegs arbeitete Eva in einem Militärkrankenhaus in Helsinki und lernte dort Pavoo kennen, der seinen verletzten Bruder besuchte.

Pavoo stammte aus Paateri und dorthin zogen die beiden nach ihrer Heirat 1944. Auf diesem Grundstück wohnten sie die ersten Jahre in einer Hütte am See, ab 1953 dann im Wohnhaus, das heute noch steht. Sie arbeiteten als Bauern, Eva schnitzte in ihrer Freizeit weiterhin. Mitte der 1970iger Jahre, also mit Anfang 60 hatte Eva eine Ausstellung in Helsinki und wurde dadurch Finnland weit bekannt. Die beiden konnten nun von der Holzschnitzerei leben, gaben den Bauernhof auf, Pavoo half Eva bei den groben Arbeiten.

Eva und Pavoo starben kinderlos und vermachten ihr Grundstück samt Bauten der Stadt Lieksa/Ort Paateri mit der Auflage, es als Museum geöffnet zu halten.

Das Wohnhaus besteht aus drei Etagen, im Keller ist eine Sauna, im Erdgeschoss das Wohnzimmer und Küche und im ersten Stock zwei Schlafzimmer. Besuchern zugänglich ist nur das Erdgeschoss. Auch hier dominieren natürlich Elemente aus geschnitztem Holz.



Neben dem Wohnhaus sind Eva und Pavoo unter einer von Eva geschaffenen Engelskulptur begraben.


Das Atelier befindet sich im ehemaligen Kuhstall, hier gibt es einige unvollendete Werke zu sehen und einen Film zum Leben von Eva Ryynänen, leider nur auf Finnisch ohne Untertitel. Eva hat ungefähr 500 Skulpturen geschaffen, ca. 50 davon wurden ins Ausland verkauft. Jedes einzelne Werk wurde aus einem einzigen Baumstamm oder Holzstück geschaffen, die Motive fand Eva hauptsächlich in der Natur, aber auch Menschen, insbesondere Kinder gehörten zu ihren Motiven.



Ich bin begeistert von der Ausstellung, so etwas umfangreiches, interessantes und einzigartiges habe ich nicht erwartet.

Gegen halb sechs Uhr mache ich mich auf den Rückweg. Für einige Zeit führt die Straße direkt am Pielinen See entlang und an einem Rastplatz halte ich an und setze mich für einige Zeit ans Ufer – auf der gegenüberliegenden Uferseite, allerdings nördlich von hier, liegt der Koli Nationalpark, dessen Berge bzw. Granithügel ich in der Ferne ahnen kann, dort war ich letztes Jahr. Auch hier spiegeln sich die Wolken wunderschön im Wasser.



Gegen 18.50 Uhr bin ich dann zurück in meiner Ferienwohnung.

Wetter: teils Schauer mit Gewittern, teils sonnig, ca. 16 - 19°C
Wanderung: Wanderung im Patvinsuo Nationalpark, 7,6 km



LG Christina

Paula

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wow das war wirklich ein toller Tag, das Museum ist ja fantastisch! Besonders gut gefallen mir die Bänke in der Kirche aus einem Baumstamm. Auf die Idee eine solche Kirche zu bauen muss man erst mal kommen, absolut bewundernswert! Da hast du ja großes Glück gehabt, normalerweise würde man das als touristischen Hotspot und völlig überlaufen erwarten.
Alles wirkt so idyllisch und entspannend vor allem immer die Wolkenspiegelungen im Wasser, das liebe ich  ^-^
Viele Grüße Paula

Christina

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Da hast du ja großes Glück gehabt, normalerweise würde man das als touristischen Hotspot und völlig überlaufen erwarten.

Also aus der Größe des Parkplatzes schließe ich, dass es dort ab Mittsommer bis Mitte/Ende August und zu früherer Uhrzeit (ich war ja kurz vor Schließung dort), schon recht voll werden kann.


LG Christina

Silvia

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Zu der Moltebeere:  Ja, das ist eine, allerdings alles andere als fast reif. Moltebeeren sind rot wenn sie grün (unreif) sind und orange/gelb wenn sie reif sind

Die Holzkirche ist absolut beeindruckend und wenn man die Fotos genauer ansieht entdeckt man immer mehr Details - auch beim Wohnhaus. Manchmal lohnt es sich durchaus sich auf so etwas einzulassen  :thumb:

Christina

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Zu der Moltebeere:  Ja, das ist eine, allerdings alles andere als fast reif. Moltebeeren sind rot wenn sie grün (unreif) sind und orange/gelb wenn sie reif sind


Ah, danke, da habe ich immerhin mal eine Moltebeere gesehen, die kannte ich bisher nur von Bildern auf z.B. Marmelade. Und wegen der Bilder, auf denen die Beere immer orange ist, hätte ich selbst drauf kommen können, dass rot nicht reif bedeutet, aber nun weiß ich Bescheid ;D


LG Christina

Horst

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Die Spiegelungen am See sind ein Hammer.  :D
So ein windstilles Wetter hätte ich mir vor 2 Jahren im Lake District in England gewünscht.

Ich bin mit dem, was Du sagst, nicht einverstanden, aber ich werde bis zum Tod Dein Recht verteidigen, es zu sagen. Voltaire.

Ilona

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Die Spiegelungen gefallen mir, die nervigen Mücken eher weniger.
Liebe Grüße

Ilona

"Man muss viel laufen. Da man, was man nicht mit dem Kleingeld von Schritten bezahlt hat, nicht gesehen hat" (Erich Kästner)