7.Tag, Freitag 4.8.2023Neben dem Steinkreis von Brodgar gibt es einen weiteren Ort auf Orkney den sich kaum ein Besucher entgehen lässt – das Steinzeitdorf Skara Brae.
Da unsere Unterkunft nur einen Steinwurf davon entfernt ist bietet es sich an, das gleich am Morgen, wenn die Kultstätte öffnet, zu besuchen. Graham unser Vermieter hat uns noch geraten vorzubuchen aber wir denken gleich am Morgen müsste das auch so klappen.
So sind wir in weniger als 5 Minuten zum Parkplatz von Skara Brae gefahren und werden ohne Internetreservierung nur mit viel Gutmütigkeit der Ordnerin nicht abgewiesen. Also hier eine klare Empfehlung in der Saison den Rechner im Vorfeld zu bemühen.

Wir haben also Glück und betreten das Museum und sehen einen Film über die Anlage.

Wenn man das Besucherzentrum verlässt trifft man auf ein rekonstruiertes Steinzeitgebäude ...

... und kann sich wie ein Bewohner vor 5000 Jahren fühlen.


Danach führt ein kurzer Weg an die Küste und an die Ausgrabungsstätte Skara Brae.

Eine Archäologin sagte einmal „man braucht auf den Orkneys nur einen Stein umzudrehen, und schon stößt man mit großer Wahrscheinlichkeit auf eine neue Stätte“. Manchmal muss man nicht einmal das tun. Im Jahr 1850 fegte ein Sturm in der Bucht von Skaill, an der Westküste der Hauptinsel Mainland, einige Sanddünen weg und legte ein erstaunlich gut erhaltenes steinzeitliches Dorf frei. Man spricht bei Skara Brae deshalb auch vom schottischen Pompeji. Archäologen datieren Skara Brae auf etwa 3100 v. Chr., und sie sind überzeugt, dass das Dorf mehr als 600 Jahre lang bewohnt war.
Skara Brae muss zu seiner Zeit ein gemütliches Plätzchen gewesen sein. Rundliche Steinbehausungen, verbunden durch überdachte Wege, drängten sich zum Schutz gegen die harten Winter eng aneinander. Im Inneren gab es Feuerstellen, die Wohnräume waren mit steinernen Bettstellen und sogar Schränken ausgestattet.

Das bühnenbildhafte der Ansiedlung und der Einblick, den das Dorf in den Alltag des Neolithikums (Jungsteinzeit) gewährt, machte Skara Brae zum spektakulärsten Fund der Orkney-Inseln – bis jetzt.
Dabei gibt es zwei Bauperioden, die Zweite verdeckt Teile der Ersten. Aber natürlich möchte kein Wissenschaftler die jüngere Schicht abtragen, es würde die jetzigen Häuser zerstören …

Heute ist es etwas windiger als an den beiden ersten Tagen aber immerhin trocken.
Das ermutigt uns zu einer kurzen Wanderung. Am Küstenabschnitt nordwestlich von Stromness finden sich einige der beeindruckendsten Klippen Orkneys.

Dort wo der ungestüme Nordatlantik gegen die hohen Klippen von Yesnaby kracht, offenbart die Insel ihre wilde, raue Seite.

Die Kraft der Erosion lässt sich an dieser Küste mit ihren Felsabbrüchen, Brandungspfeilern und diversen Löchern in den Felsen besonders eindrucksvoll erleben.

Schon der Blick vom Yesnaby Car Park wäre die Anfahrt in den Westen der Insel wert.

Wir folgen einem Pfad nach Süden ...

... und erreichen nach einer halben Stunde einen großen Sea Arch.

Gleich nebenan steht der Brandungspfeiler Yesnaby Castle mit seinen Beinchen in der See. Eine ungewöhnliche Laune der Natur.

Heute wollen wir uns die Bereiche von Mainland ansehen die wir bisher noch nicht gesehen haben. Die Fahrt ins Zentrum der Insel zeigt typische Ansichten der größten Orkney Insel. Grüne saftige Wiesen, garniert mit blauen Gewässern.


Hier und dort verstreut liegen Häuser, Höfe mit Schafen und Rindern, kleine Ortschaften, in der Ferne Windkrafträder, das Meer ist niemals weit

Vorbei am Ring of Brodgar halten wir heute an den benachbarten Standing Stones.
Es sind nur drei aber mit einem Alter von bis zu 5000 Jahren flößen die 6 Meter hohen Riesen Respekt ein.

Eine Sage empfiehlt sich hier nicht in einer Neujahrsnacht herumzutreiben, denn die Steine seien versteinerte Riesen die dann zum Leben erweckt werden. Sie zu beobachten brächte Unglück.
Bis Neujahr wollen wir sowieso nicht warten also fahren wir weiter.

Gleich um die Ecke findet sich das Hügelgrab Maeshowe, ca. 5200 Jahre alt und damit älter als die Pyramiden.
Ufologen und Wissenschaftler rätseln über Bedeutung und Entstehung.
Unterirdisch soll es hier eine große Kammer geben aber das Grab kann nur im Rahmen einer Führung besucht werden und das schenken wir uns, weil uns gerade mehr nach der Erkundung einer Kaffeebohne ist ...

... und die erwarten wir uns in der Hauptstadt Orkneys in Kirkwall.
Kirkwall ist mit seinen 7000 Einwohnern das Mexico-City der Orkneys.
Viele der Steinhäuser stammen noch aus dem 17. Und 18.Jahrhundert. Es gibt einige schöne Straßen, nette Geschäfte und natürlich auch für uns ein Cafe.

Clan-Kultur im Schottenrock

Whiskey Distillerien wie Highland gibt es im ganzen Land, so auch auf den Orkneys.



Den Mittelpunkt von Kirkwall bildet die 850 Jahre alte nördlichste Kathedrale Großbritanniens – die St. Magnus Cathedral im übrigen im Eigentum des Volkes und nicht der Kirche. Die Kathedrale hat auch eine Gedenktafel für die Opfer des U-Boot-Angriffs auf das Schlachtschiff Royal Oak, die 1939 durch das deutsche U-Boot 47 in der Bucht von Scapa Flow versenkt wurde.
Der Untergang der HMS Royal Oak riss 833 Seeleute hinab in den Tod über hundert davon waren unter 18 Jahre alt.
Für die Deutschen war der Angriff mit dem unbemerkten Eindringen des deutschen U-Bootes in den Naturhafen von Scapa Flow ein Husarenstück. Für die Briten war es ein Schock, der die Inseln bis heute verändern sollte.
aus WikipediaDiese Veränderung ermöglicht es uns weiter auf Mainland nach Süden zu fahren ohne eine Fähre zu benutzen.

Nach dem Desaster mit dem Untergang der Royal Oak ordnete Winston Churchill an, die südöstlichen Inseln bei Scapa Flow durch massive Barrieren zu verbinden. Zwischen den damals voneinander getrennten Inseln South Ronaldsay, Burray, Glimps Holm und Lamps Holm sollten Dämme aufgeschüttet werden um die Bucht von Scapa Flow besser kontrollieren zu können. Folglich wurden diese Dämme letztendlich auch zu Landverbindungen auf Mainland – die Churchill Barriers.

Unser nächster Stopp auf der Fahrt nach Südosten ist wieder eine Kirche, wenn auch diesmal eine Kleine dafür aber wesentlich berühmter – die italienische Kapelle auf Lamb Holm. Auch die ist eine letztendlich durch den Untergang der Royal Oak und die Errichtung der Churchill Barriers entstanden. Die Italian Chapel ist sicher eine der kuriosesten Sehenswürdigkeiten Orkneys, da sie so deplatziert wirkt.


Gebaut haben sie italienische Kriegsgefangene im zweiten Weltkrieg die hierher transportiert wurden um die Churchill Barriers zu errichten. Beim Bau der Kirche wurden sie von der Lagerleitung unterstützt.
Vollendet wurde die Kirche von ihrem Gründer und Erbauer dem Kriegsgefangenen Domenico Chiocchetti (links im Bild) tatsächlich erst nach dem Krieg, der als letzter freiwillig länger blieb um seine Kirche fertig zu stellen. Solche Kirchen von Gefangenen gab es einige während des zweiten Weltkrieges. Die anderen verschwanden mit der Auflösung der Camps.

Doch bei der kleinen Kapelle machten die Arbeiter die das Gefangenenlager abreißen sollten ehrfürchtig halt. Der langsame Verfall setzte trotzdem ein. Die Kirche war aus Resten entstanden und nicht für die Ewigkeit gebaut. 1958 gründeten die Bewohner Orkneys (Orkadier) ein Komitee zur Erhaltung der Kirche und man lud Domenico Chiocchetti ein seine Werke in der Kirche selbst zu restaurieren. Am Ende seiner Arbeit verließ er die Orkneys in tiefer Verbundenheit mit den Bewohnern.

Wir fahren weiter über die Churchill Barriers und halten bei einem U-Bootwrack. Und wieder trifft uns eine Geschichte aus den Weltkriegen bei Scapa Flow – und wieder spielen die Deutschen dabei die Hauptrolle nur diesmal im Ersten Weltkrieg.
Scapa Flow – der Selbstmord der deutschen Kriegsmarine.
Ohne einen Schuss abzugeben, versank der Stolz des Kaiserreiches. 52 deutsche Schiffe gingen unter. Ihre Besatzungen hatten ein letztes Mal die Flagge des Kaisers gehisst, bevor sie ihre eigenen Schiffe fluteten und in die Tiefe schickten.
Nach dem Waffenstillstand von 1918 wurden 74 Schiffe der deutschen Hochseeflotte in Scapa Flow interniert. Die Übergabe der deutschen Hochseeflotte an die Alliierten war eine der Bedingungen des Waffenstillstands, der den Ersten Weltkrieg im November 1918 beendete. 70 deutsche Schlachtschiffe, Kreuzer und Zerstörer unter dem Kommando von Konteradmiral Ludwig von Reuter trafen am 21. November an der schottischen Küste ein, um die Flotte der britischen Admiralität zu unterstellen.
Dort harrten die Schiffe und ihre Besatzung mehrere Monate bis zur Unterzeichnung des Vertrags von Versailles am 21. Juni 1919 aus. Bevor die Schiffe am 23.Juni an die Briten übergeben werden mussten gab Admiral Reuter noch am 21.Juni den Befehl, die Schiffe zu versenken. Die Seeventile wurden geöffnet und erst als sich das Schlachtschiff Friedrich der Große zur Seite neigte und die Crew das Schiff in Richtung der Rettungsboote verließ, reagierten die wachhabenden britischen Soldaten. Neun deutsche Soldaten wurden erschossen, als sie in ihren Rettungsbooten an Land ruderten. Es waren die letzten Toten des Ersten Weltkrieges.
Zurück blieben die rund 70 versenkten Schiffe in der Bucht von Scapa Flow. Inzwischen hat man einige gehoben um sie wegen der Metalle auszubeuten aber einige ragen noch als Mahnmale der Geschichte aus der Meeresbucht bei Scapa Flow.

In St. Margeret’s Hope, dem drittgrößten Ort der Inseln auf South Ronaldsay halten wir uns nur kurz auf, obwohl der Ort recht malerisch an einer Bucht liegt. Es sollen noch einmal für ein Stündchen die Beine geschwungen werden.

Ein Mix aus Küste und Geschichte findet sich bei Hoxa Head.

Der Weg bietet den Blick auf die Südküste und hinüber zur Isle of Hoy und Ruinen der Bunker und Verteidigungsanlagen auf den Orkneys am Hoxa Head aus dem Zweiten Weltkrieg.

Auf dem Rückweg legen wir noch einen Fotostop an der Graemshall Battery aus der Ferne ein ...

... und halten am Inganess Beach wo ein Schiffswrack malerisch vor sich hinrostet.
Dann ist es für heute wirklich gut. Wer hatte gedacht, dass man ausgerechnet im Norden Schottlands so viel über Geschichte und die Weltkriege lernen kann.
Die nächsten Tage werden sich dann eher wieder der tollen Natur und Küste entlang der NC500 widmen.
Übernachtung: Apartment Quolou, Orkney 117 €