9. Tag – Mittwoch, 23.03.
An meinem letzten vollen Urlaubstag starte ich nochmal mit der Tram, für die ich ein 1-Tagesticket für EUR 7,50 kaufe, in Richtung Südwesten. Ziel heute ist Nieuwpoort. Der Ort unterscheidet sich von den anderen Küstenorten durch seine Lage an der Yser / Ijzer-Mündung. Der Fluss entspringt in Frankreich und mündet hier in die Nordsee. Das Eindringen des Meereswassers wird mittels einer großen Schleusenanlage geregelt in deren Nähe sich Nieuwpoort-Stad entwickelt hat, direkt am Meer liegt Nieuwpoort-Bad.
Gegen halb zehn steige ich an der Station Nieuwpoort-Stad aus der Tram und gehe zum Besucherzentrum Westfront, direkt an der Schleuse. In diesem geschichtlichen Museum geht es um den Herbst 1914. Damals entschied die belgische Armeeführung, die Schleusen zu öffnen, (erst die Süßwasserschleusen, das reichte aber nicht, dann eben auch noch Salzwasserschleusen), damit das gesamte Hinterland zu fluten und dadurch den bevorstehenden Vormarsch der Deutschen zu stoppen. Der Plan funktionierte, der Preis war aber hoch, da der vom Salzwasser durchdrungene Boden auf viele Jahre nicht mehr nutzbar war.
Das Museum öffnet in wenigen Minuten, aufgrund des schönen Wetters und der bereits auf die Öffnung wartenden Schulklasse, beschränke ich mich auf den Blick von außen. Auf dem Gebäude steht ein riesiges Denkmal mit der Reiterstatue des belgischen Königs Albert I., der den Plan zur Öffnung der Schleuse unterstützte. Das Denkmal gibt es bereits seit 1938, das Besucherzentrum seit 2014.
An der großen Gezeitenschleuse Ganzepoot vorbei spaziere ich in Richtung Innenstadt, es geht durch ein Wohnviertel, dort stehen die Überreste des Sint-Laurentius-Turm, die Kirche wurde im Ersten Weltkrieg fast völlig zerstört. Daran anschließend befinden sich die Überreste des Pulvermagazin Bommenvrij aus dem 19 Jh.
Bald darauf erreiche ich den schönen Marktplatz mit dem Rathaus im Stil der Neorenaissance von 1922, der Liebfrauenkirche (ursprünglich aus dem 15 Jh,. im Ersten Weltkrieg völlig zerstört, 1922 nach alten Plänen wieder aufgebaut, 1940 durch die Engländer erneut zerstört und schließlich 1946 in der heutigen Form wiedererrichtet) und der Stadthalle mit Belfried. Außerdem gibt es einige nette Cafés und Geschäfte.
Durch weitere Wohngebiete und Grünanlagen entlang des Flusses erreiche ich den heute noch aktiven Fischerhafen.
Ich folge der Flussmündung in Richtung Meer. Auf der anderen Fluss Seite und entlang einer kleinen Halbinsel im Fluss liegt der große Jachthafen. Zur Flussinsel mache ich einen Abstecher, dort befindet sich eine weitere Beaufort Skulptur, das farbenfrohe «Le Vent souffle où il veut» («Der Wind weht wohin er will») von Daniel Buren, der damit den Eindruck eines Waldes erwecken wollte. Ich finde die bunten Farben machen gute Laune, leider weht der Wind gerade schwach, so dass Windfahnen etwas herunterhängen. Von hier hat man auch einen schönen Blick über die Ijzer und den Leuchtturm am gegenüberliegenden Ufer.
Ich verlasse die Halbinsel und finde an der Flusspromenade das Restaurant «Seastar Sailor’s Bar» mit nettem Außenbereich, wo ich mir gerade noch einen Platz sichern kann, bevor alle Tische belegt sind. Erfreulicherweise gibt es neben den üblichen Kroketten ein bisschen mehr Auswahl, ich bestelle Spaghetti Carbonara und einen Eis Tee (EUR 18,10). Das rohe Ei inmitten der Nudeln erstaunt mich etwas im Hinblick auf die Salmonellen Gefahr, aber gut, das wird hier wohl den gastronomischen Hygiene Regeln entsprechen.
Nach dem Essen spaziere ich weiter in Richtung Strand, dabei kann ich die bunten Windsäcke auf der Halbinsel nochmal von weitem sehen und im weiteren Verlauf der Flussmündung mehrere Robben, leider auf der anderen Flussseite und damit für das bloße Auge oder mein 24-100 mm Objektiv nur sehr klein zu erkennen (das Teleobjektiv habe ich leider nicht dabei). Ich beobachte die Tiere dennoch eine ganze Weile, schaue zu, wie sie hin -und herschwimmen, mal tauchen, mal sich auf dem Sand sonnen. Auch der Leuchtturm ist in der Ferne wieder zu sehen.
Schließlich erreiche ich das Meer, die Flusspromenade geht in einen Pier über, auf der anderen Flussseite befindet sich ein identisches Bauwerk. Im Juli und August verkehrt mehrmals täglich eine kostenlose Fußgängerfähre zwischen den durch die Ijzer Mündung getrennten Strandabschnitten, zurzeit fährt sie leider nur am Wochenende, somit muss ich heute auf «meiner» Seite bleiben.
An der Strandpromenade und am Strand von Nieuwpoort-Bad entlang gehe ich weiter in Richtung Süd-Westen. Hier gibt es die üblichen Hochhäuser, daran anschließend aber auch wesentlich netter anzuschauende Mehrfamilienhäuser, eine kleine Kirche (Sint-Bernarduskerk) und eine bunt bemalte Fassade. Und natürlich eine weitere Skulptur, «Men» von Nina Beier. Zusammengesetzt aus alten Reiterdenkmälern und auf einem Gestell fest im Boden verankert, wird die Skulptur (also der untere Teil natürlich nur) bei Flut vom Wasser überspült, schade, dass gerade Ebbe ist. Auch die üblichen weißen Badehäuschen sind hier zu finden.
Ich spaziere am Strand entlang weiter bis zum nächsten Ort, Oostduinkerke-Bad. Dort entdecke ich ein nettes Café mit Sitzplätzen direkt am Strand, ich bestelle einen Latte Macchiato und einen Cheesecake Citron (EUR 9,30), der etwas merkwürdig im Schüsselchen serviert wird, aber bestens schmeckt.
Windgeschützt in der Sonne sitzend wird es mir dann tatsächlich bald zu warm und ich gehe weiter auf der Strandpromenade. Hier weisen ein paar rosa Hasen wohl auf Ostern hin (vermute ich mal, das dazugehörige Plakat war auf Niederländisch, daher weiß ich nicht genau, weshalb die Hasen da standen), direkt dahinter und etwas tiefer gelegt (daher von mir nicht bemerkt) ist das Freibad, das einzige Strandbad Flanderns.
Am Strand steht ein Denkmal für die Krabbenfischer. Zwischen April und Oktober kann man heute noch hin- und wieder ein paar Fischer beobachten, die traditionell zu Pferd auf Krabbenfang gehen. Dabei gehen die Pferde durch das flache Wasser und ziehen Schleppnetze durch den Sandboden hinter sich her, in denen die Krabben gefangen werden. Die Garnelen werden dann noch am Strand von den Fischern aus dem Netz geholt und in den großen Korb geladen, der an den Flanken der Pferde hängt. Diese Tradition wurde 2013 von der UNESCO als zugehörig zum immateriellen Kulturerbe der Menschheit erklärt. Da es erst März ist, muss ich mich mit den Skulpturen begnügen.
Auch eine Beaufort Skulptur findet sich wieder, ein abgestorbener Baum – «Windswept» von Els Dietvorst.
Noch ein Stückchen gehe ich weiter bis Koksijde-Bad, an der Straße, die zur Haltestelle führt stoße ich auf ein Restaurant in Schiffsform, «De Normandie».
Gegen 17.30 Uhr fahre ich mit der Tram zurück nach Ostende, dort gehe ich ein letztes Mal in den Spar, Brötchen und Belag als Reiseproviant für morgen muss noch besorgt werden.
Gegen 18.30 Uhr bin ich nach einem erneut wunderbaren Tag zurück in der Unterkunft, wo heute neben der üblichen Abendbeschäftigung auch schonmal ein bisschen was gepackt wird.
Wetter: sonnig, ca. 18°C
Strecke zu Fuß: 20,46 km