So, dann gibt es jetzt einmal ein Update. Bin jetzt seit 2,5 Wochen wieder zu Hause und bin selbst positiv überrascht, wie gut ich mit berappele!
Am Freitag, 24.06. habe ich am Abend notfallmäßig die Katheteruntersuchung gehabt, zwei Stents wurden gesetzt wegen einer 98%gen Stenose (Verengung) einer großen Herzarterie ("Riva"). Auf einer Strecke von 4cm war die Arterie fast komplett zu, zwei Stents a 2cm halten sie nun offen.
Am Sonntag, 26.06. bin ich am Mittag umgezogen von der Intensivabteilung auf die Station, ich bekam (auf meinen Wunsch) zunächst ein Einzelzimmer mit eigenem Bad. Im Laufe des (Sonntag) Abends kam eine Schwester herein und fragte mich, ob ich es erlauben würde, das Zimmer mit jemandem zu teilen, ein Patient hätte sich notfallweise vorgestellt und im ganzen Haus gäbe es nur noch dieses eine Bett neben mir. Habe ich nicht nein gesagt, obwohl ich eigentlich ein Anspruch auf ein Einzelzimmer hätte, aber wenn ich derjenige gewesen wäre, der jetzt in der Aufnahme wartet, hätte ich auch gehofft, dass ich aufgenommen werde.
Sylvia kam dann auch dazu und auf meinen Wunsch hin habe ich das Bett verlassen um zu duschen. Da habe ich dann bemerkt, wie unfassbar schwach ich war. Ich war (trotz Rollator) nach drei Schritten total außer Puste, an stehend Duschen war überhaupt nicht zu denken, zum Glück stand ein Duschstuhl in der Dusche, aber selbst sitzend duschen hat mich tierisch angestrengt. Trotzdem tat die Dusche gut, ich war total verschwitzt und verklebt davor.
Als ich 4 Tage später entlassen wurde, haben wir uns von der Station einen Rollstuhl geliehen, ich war zu schwach um selbst zum Parkhaus zu laufen. Eigentlich wollte Sylvia mich schieben, aber ein netter Pfleger hat unsere Not erkannt und hat mich dann bis zum Auto geschoben, Sylvia konnte dann meinen Rollator und alles Gepäck mitnehmen.
Ich war schon in diesen 4 Tagen wieder etwas kräftiger geworden, ich konnte schon wieder selbst auf die Toilette gehen (statt die Urinflasche zu benutzen...). Zu Hause hatte mir mein nächst jüngerer Bruder einen richtigen Duschstuhl vorbeigebracht, aber schon am ersten Morgen (Samstag) konnte ich stehend duschen. Es kam mir vor wie ein Wunder! Es war natürlich anstrengend, aber nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte.
Von da an ging es steil bergauf. Ich hatte (und habe immer noch etwas) Probleme mit zu niedrigem Blutdruck (da muss ich aufpassen, dass mir schwarz wird vor den Augen), aber auch das geht ständig besser, ich habe allerdings (auch in Rücksprache mit dem Hausarzt) erst einmal einen der beiden Entwässerer abgesetzt, der senkt den Blutdruck zu stark. Ich habe dann nur noch 90/60, das ist zu wenig.
Im Laufe der Tage ging es jeden Tag besser und am ersten Donnerstag nach Entlassung (genau nach einer Woche) bin ich Morgens zum Hausarzt (mit Sylvia), um eine Blutprobe abzugeben. Meine Nieren sind leider wohl chronisch nicht gut und haben zusätzlich von dem starken Kontrastmittel bei der Katheteruntersuchung einen Knacks abbekommen. Aber die Werte hatten sich auch verbessert und - das ist das ganz große Wunder - ich konnte sogar ein großes Stück wieder laufen, ohne angestrengt zu sein. Vor der Praxis war kein Parkplatz frei, so mussten wir ca. 50m laufen (eine Woche vorher noch vollkommen unvorstellbar), war überhaupt kein Problem.
Inzwischen habe ich vorsichtig wieder mein tägliches Programm mit Spazieren gehen angefangen, erst mal nur 10 Minuten und auch nur die Auffahrt vor unserer Haustür (die ist aber 50m lang, da kann man prima hin und her laufen). Aber vor drei Tagen bin ich zum ersten Mal wieder zur Brücke über die Niers gelaufen, noch ein paar Meter weiter und wieder zurück, das sind ca. 15-20 Minuten insgesamt. Für Herzschwächepatienten ist das schon eine wichtige Leistungsmarke. Vorgestern sind wir über den benachbarten Friedhof geschlendert und gestern wieder zur Brücke, diesesmal aber noch ein paar Meter weiter. Und so arbeite ich mich langsam nach vorne, bin aber jetzt schon so "fit", dass ich mit dem Erreichten auch Leben kann. Ich bin aber sicher, da kommt auch noch mehr.
Die Nieren müssen wir noch weiter beobachten, da ist noch nicht alles Gold was glänzt, aber gut Ding will Weile haben. Im Moment trinke ich keinerlei Alkohol (ich bin sonst zugegebenermaßen ein Saufkopp, ich trinke jeden Abend ein paar Flaschen Bier normalerweise, das setze ich jetzt mal für unbestimmte Zeit aus), das ist sonst nicht gut für das Herz. Im August werden wir zusammen mit einer guten Freundin und mit meinem ältesten Bruder für zwei Wochen in unser Ferienhaus nach Holland fahren, das war natürlich unsicher geworden nach dem Infarkt, aber jetzt sehe ich da kein Problem mehr. Und auch die lange geplante USA Reise sollte eigentlich stattfinden, von meiner Seite sehe ich da eigentlich kein Problem. Man weiß eben nur nicht, was sich am chaotischen Flugverkehr oder in Sachen Corona bis dahin tut. Ich habe die Reise jetzt aber mal optimistisch in die Signatur übernommen.
So sieht es aus im Moment, heute und die nächsten zwei bis drei Tage werde ich allerdings nicht spazieren gehen, draußen ist es viel zu heiß, das ist lebensgefährlich für Herzpatienten. Auch Gesunde sollten vorsichtig sein. Für Morgen zeigt unsere Wetterstation 40(!) Grad an.
So sieht es aus im Moment, mit geht es nicht schlecht, bin gut gelaunt und harre der Dinge, die da kommen.
Grüße aus MG
Rainer
P.S.: Die Installation der Klimaanlage vor zwei Jahren (im Wohnzimmer und im Schlafzimmer) ist eine der besten Entscheidungen in meinem Leben gewesen. Das ist GOLD wert! Kann ich jedem nur empfehlen, ist bei weitem nicht so teuer, wie manch einer vermutet (ich hatte auch vollkommen falsche Vorstellungen) und wenn andere Nachts schwitzen und sich im Schweiß wälzen, schlafen wir bei bequemen 19-20 Grad im Schlafzimmer.... das ist einfach unbeschreiblich. Wir hätten das schon viel früher machen sollen, natürlich sind immer nur ein paar Tage im Jahr so heiß (obwohl das ja auch immer schlimmer wird), aber es ist trotzdem einfach nur klasse! Das ist definitiv ein Stück Lebensqualität.