3. Tag – Sonntag, 21.11.Heute steht der zweite Ausflug in die Umgebung von Kopenhagen an, wie gestern habe ich wieder für Vor- und Nachmittag zwei Ziele an unterschiedlichen Orten. Auf das bzw. die Vormittagsziele freue ich mich schon ganz besonders.
Da gerade die Sonne scheint, mache ich aber auf dem Weg zur S-Bahn Station einen Abstecher auf die Dachterrasse des Hotels. Das mittlere schwarze Verbindungsgebäude zwischen den beiden Dreiecksbauten hat nämlich ein begrüntes Dach mit Spazierwegen und Bänken. Es führt sogar eine durchgehende Verbindung zum Tivoli Hotel und weiter bis zum Ende des Häuserblocks, leider ist der Durchgang zum Tivoli Hotel aber verschlossen. Von „meinem“ Hoteldach habe ich einen schönen Ausblick über den Hauptbahnhof zum Rathausplatz und Tivoli Vergnügungspark.
Einen zweiten Abstecher mache ich zum Wasser rund um die Fisketorvet Mall, die gläsernen Hausfassaden werden herrlich von der Sonne angestrahlt. Direkt vor der Mall befindet sich ein Schwimmbad (von diesen Kanalschwimmbädern gibt es in Kopenhagen mehrere, das Wasser ist tatsächlich sauber genug zum schwimmen) und die Cykelslangen (Fahrradschlange) Brücke (die das höhere Straßenniveau mit dem Niveau des Kanals verbindet, nur für Fahrradfahrer, Fußgänger müssen die Treppe nehmen).
Dann geht es aber endgültig zur S-Bahn-Station (Dybbølsbro, von der Brücke über die Bahnschienen gibt es einen Abgang zur S-Bahn-Station).
Mit der S-Bahn fahre ich nach Norden in den an der Ostsee liegenden Ort Klampenborg.
Nur wenige Gehminuten sind es vom Bahnhof Klampenborg zum ersten Highlight heute, gleich mehreren Bauten des berühmten dänischen Architekten Arne Jacobsen (1902 -1971; ihr erinnert euch an die Schule auf Helgoland, die einem Schulgebäude Jacobsens nachempfunden ist?), alle direkt am Strand bzw. nur durch die Straße vom Strand getrennt: das Bellvue Teatret von 1936 (leider stark mit Efeu bewachsen);
die Bellavista Wohnsiedlung von 1934 (an der deutschen Bauhaus Architektur orientiert, die Jacobsen als Student kennenlernte),
daran angrenzend die Søholm Häuser, die nach dem Krieg gebaut wurden, in einem davon wohnte Jacobsen von 1951 bis zu seinem Tod)
und der Bellevue Strand mit den von Jacobsen entworfenen blau-weiß gestreiften Bademeistertürmen und den weißen Umkleidehütten.
Angrenzend an die Søholm Häuser sind dann weiße Villen, wie es sie in diesen Küstenorten nördlich von Kopenhagen zahlreich gibt.
Am Strand betätigen sich zahlreiche Sportler, beim Aufwärmen, beim Joggen, beim Hunde-Gassi-Gehen und, wie gestern schon erlebt, tatsächlich beim Schwimmen, ach ja, auch hier ist wieder überwiegend Nacktbaden angesagt
. Deshalb muss ich wieder einige Zeit warten, bis ein Steg frei wird, damit sich niemand durch mein Fotografieren gestört fühlt.
Nach diesen wunderbaren Eindrücken spaziere ich ca. eine halbe Stunde lang durch den Ort und angrenzenden Wald, vorbei an vielen Villen und einer Galopprennbahn (mit schönen alten roten Holzgebäuden, vom Weg leider nicht richtig zu sehen) zum Ordrupgaard Museum.
Kern des Museums ist das ehemalige Wohnhaus (gebaut 1918) des Kunstsammlers Wilhelm Hansen und seiner Frau Henny, die Haus und Kunstsammlung nach ihrem Tod dem dänischen Staat vermachten. Schwerpunkte ihrer Sammlung waren die französischen Impressionisten und dänische Malerei aus dem 19. und frühen 20. Jh.
Das Haus wurde zwischenzeitlich zweimal erweitert, einmal mit einem Anbau der Architektin Zaha Hadid aus viel Glas und Beton im Jahr 2005
und - erst in diesem Jahr abgeschlossen - einer unterirdischen Galerie des norwegischen Architekturbüros Snøhetta, von der nur das Stahldach von außen/oben zu sehen ist.
Im Park hinter dem Museum (auch zum Museum gehörend) befindet sich mein zweites Highlight heute, das Original-Wohnhaus des Architekten und Designers Finn Juhl (1912-1989), Haus samt Einrichtung sind von ihm selbst entworfen, dort lebte er von 1942 bis zu seinem Tod.
Das Museum öffnet um 11 Uhr (Dänemarks Museen haben wirklich extrem kurze Öffnungszeiten
), daher muss ich ein paar Minuten warten. Dann erledige ich im Museum den Impfnachweischeck und kaufe mir ein Ticket (Copenhagen Card), damit gehe ich dann als erstes zum Finn Juhl Haus, hier möchte ich mich möglichst nicht mit allzu vielen anderen Besuchern durchdrängen, ist schließlich nur ein Wohnhaus. Und ich habe Glück, neben dem Wärter ist nur ein Vater-Sohn-Gespann mit mir im Haus. Und das Haus und dessen Einrichtung ist herrlich, da würde ich sofort einziehen (ok, die Küche würde ich modernisieren), das schnörkellose Design der Möbel und die kräftigen Farben gefallen mir sehr gut. Ich gehe zweimal durch alle (zugänglichen) Räume und freue mich, dass es eine tolle Broschüre dazu gibt, die neben vielen Fotos auch eine genaue Beschreibung der einzelnen Möbelstücke und der Kunstgegenstände, die sich im Haus befinden, enthält. Insgesamt ein wunderbares Erlebnis.
Im „Hauptmuseum“ ist es nun relativ voll, insbesondere in der aktuellen Sonderausstellung des schwedischen Malers Anders Zorn (1860 -1920). Ein schon zu Lebzeiten bekannter und erfolgreicher Maler, hauptsächlich für seine Portraits damaliger Promis. Aber er malte auch seine schwedische Heimat, meist lichtdurchflutet und eher düstere Motive europäischer Großstädte. Gerade die schwedischen Motive gefallen mir sehr gut.
Durch die Ausstellung der französischen Impressionisten gehe ich etwas schneller durch, ich war früher ein großer Fan des Impressionismus, das hat sich etwas gelegt, wobei es hier durchaus ein paar Bilder gibt, die mich begeistern, wie die Hafenszene von Arnaud Guillaumin
und die Tänzerinnen von Degas.
Ganz neu für mich sind dann die Bilder in der dänischen Sammlung. Hier bin ich fasziniert vom Maler Laurits Andersen Ring (1854 – 1933) mit seinen klaren, fast fotoähnlichen Bildern von dänischen Dörfern und Landschaften.
Mittagessen gibt es im Restaurant des Museums, auch hier natürlich Smørrebrød, ich wähle ein Vollkornbrot mit Rote Beete Gemüse (wohl ein Lieblingsgemüse der Dänen, bei fast allen Gerichten, die ich in dieser Woche esse, sind Rote Beete dabei), Hüttenkäse, Ackersalat und Chips aus Roter Beete und Karotten, dazu einen Rhabarbersaft (EUR 15,06).
Nach dem Essen spaziere ich noch durch den Museumsgarten, erst von hier kann man sowohl das ursprüngliche Gebäude als auch den Hadid Flügel richtig sehen.
Nicht weit vom Museum ist eine Bushaltestelle, die Linie 388 verbindet die meisten Orte entlang der Küste nördlich von Kopenhagen. Etwa 30 km sind es bis zu meinem nächsten Ziel, dem Louisiana Museum of Modern Art in Humlebæk. Die Fahrt ist herrlich, bei strahlendem Sonnenschein führt die Straße fast immer direkt am Öresund entlang, mal Steilküste, mal Sandstrand und auf der anderen Straßenseite reihen sich die weißen Villen aneinander, viele davon schon weihnachtlich geschmückt, Elche in Überlebensgröße aus Draht (nachts sicherlich beleuchtet) sind ein beliebtes Motiv.
Das Museum liegt etwas außerhalb des Orts und hat wie das Ordrupgaard Museum seine „eigene“ Bushaltestelle. Hier ist einiges los, der Parkplatz ist bis auf den letzten Platz gefüllt und vor dem Museumseingang wartet schon eine ganze Reihe Besucher. Es geht erfreulicherweise schnell voran, an der Kasse (Copenhagen Card) wird zum ersten (und um es vorwegzunehmen, zum einzigen) Mal, mein Impfnachweis mit der entsprechenden Check App geprüft (und nicht nur angeschaut). Im großen, zweistöckigen Museumsshop drängen sich die Leute etwas, ansonsten verteilt es sich gut.
Das Louisiana Museum liegt in einem Park direkt am bzw. über dem Meer und der Park ist Teil des Museums, hier sind zahlreiche Skulpturen aufgestellt. Diesen Park schaue ich mir als erstes an, unter anderem zu sehen sind die Skulpturen „Reclining Figure No. 5“ von Henry Moore,
„The Gate“ von Richard Serra
und mehrere Werke von Alexander Calder.
Daneben noch weitere Skulpturen, deren Erschaffer und Name ich nicht (mehr) weiß.
Im Inneren des Museums schaue ich mir die Skulpturen des Bildhauers Alberto Giacometti (1901-1960) genauer an, ein Schweizer Künstler, dessen Werke ich schon mal in einer Ausstellung während meiner Zeit in der Schweiz gesehen habe.
Der dänische Maler Jens Adolf Jerichau (1890 – 1916, nicht zu verwechseln mit einem Bildhauer gleichen Namens) hat, insbesondere im Hinblick auf sein kurzes Leben (er beging in Paris Selbstmord), sehr unterschiedliche Motive gemalt, angefangen mit Figuren der Antike über biblische Motive bis zu Landschaften in Frankreich. Letztere gefallen mir sehr gut, mit den ersten beiden kann ich nicht so viel anfangen.
Von ihm inspiriert wurde der sehr bedeutende dänische Maler Asger Jorn (1914 – 1973).
Sehr interessant und eine ausführlichere Betrachtung wert sind die Werke, hauptsächlich Fotografieren, der Grönländerin Pia Arke (1958 – 2007), die die Kolonialisierung Grönlands durch Dänemark (und die negativen bis heute andauernden Folgen), aber auch grönländische Traditionen thematisieren. Leider ist meine Aufnahmefähigkeit inzwischen etwas eingeschränkt, so dass ich diesen Ausstellungsteil nur noch überfliege und dann ins Museumscafé gehe, mit Meerblick schmecken mir Cappuccino und Brownie (EUR 10,67) besonders gut.
Nach Kopenhagen zurück bringt mich der Regionalzug ab der Bahnstation von Humlebæk, dorthin gehe ich vom Museum in ca. 10 Minuten. Die Zugfahrt dauert ungefähr eine halbe Stunde und gegen 17 Uhr steige ich am Hauptbahnhof von Kopenhagen aus. Von dort ist der Rathausplatz nicht weit, dort gibt es eventuell Motive für die Nachtfotografie und Sonntagspätnachmittag müsste es dort recht ruhig sein. Letzteres ist allerdings eine völlige Fehleinschätzung, es sind Unmengen an Menschen unterwegs, man kommt kaum vorwärts auf den Gehwegen (da bin ich sehr froh, den Tag heute außerhalb der Stadt verbracht zu haben).
Damit hat sich das Fotografieren erledigt und ich spaziere ins Hotel zurück. Nach einer kleinen Pause gehe ich nochmal raus, die Vorräte müssen aufgestockt werden und der Lidl in der Fisketorvet Mall hat auch heute am Sonntag bis 22 Uhr geöffnet.
Gegen 18.30 Uhr bin ich endgültig im Hotel zurück und beginne mit der üblichen Abendgestaltung.
Wetter: überwiegend sonnig, vormittags kurzer Schauer (als ich in der S-Bahn sitze) und kurzzeitig stärkere Bewölkung, ca. 8°C