5. Tag – Dienstag, 23. 11.
Heute möchte ich meine Besichtigung der Innenstadt von Kopenhagen dort fortsetzen, wo ich gestern Mittag abgebrochen habe und fahre daher mit der S-Bahn von der Station beim Hotel zur Station „Nørreport“. Von dort gehe ich zum Rundetårn und dann in die Altstadtgassen um den Gråbrødretorv. Sehr bunt und hübsch hier.
Durch die Fußgängerzone geht es weiter zum nächsten Platz, dem Amagertorv, der mir sehr gut gefällt, leider hat die frühe Uhrzeit (9 Uhr) wie in allen Städten zwar den Vorteil, dass wenige Leute unterwegs sind, aber den Nachteil, dass überall Lieferanten-LKW rumstehen. Es hat übrigens nicht geregnet, auch wenn der Boden danach aussieht, das kommt von der hohen Luftfeuchtigkeit, die heute herrscht, auch ist es heute deutlich wärmer als gestern.
Den Abschluss der Fußgängerzone der Innenstadt bildet der große Platz Kongens Nytorv, hier „verschandelt“ wieder ein Weihnachtsmarkt den Anblick. Die französische Botschaft befindet sich hier, das 5-Sterne Hotel „D’Angleterre“ und das traditionelle Kaufhaus Magasin du Nord.
Direkt an den Kongens Nytorv schließt eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten von Kopenhagen an, der Nyhavn. Die Weihnachstsmarktbuden sind hier immerhin in dezentem weiß gehalten (da stört Jonny Depp doch deutlich mehr

) und so kann ich die allgemeine Begeisterung über den bunten Kanalabschnitt teilen, das ist schon sehr schön hier.
Wo der Nyhavn Kanal in den breiten Inderhavnen Kanal mündet steht das Schauspielhaus von 2008. Es gibt ein Café im Erdgeschoss und eine große Terrasse über dem Wasser, gegenüber ist die Oper zu sehen.
Nun spaziere ich am Wasser entlang nach Süden. An der alten Börse (heute Büro- und Veranstaltungsräume der dänischen Handelskammer) vorbei (die schraubenförmige Turmspitze besteht übrigens aus vier ineinander verdrehten Drachenschwänzen)
erreiche ich Schloss Christiansborg – das Zentrum der Macht in Dänemark, denn im Schloss befinden sich sowohl das Parlament, als auch das Oberste Gericht, sowie das Büro des Premierministers (wer die Serie „Borgen“ kennt, dem kommt der Anblick des Schlosses bekannt vor, ich habe sie nach meinem Kopenhagen Aufenthalt angeschaut), Abgeordnetenbüros und die königlichen Empfangsräume.
Ich spaziere erstmal durch die verschiedenen Innenhöfe des Gebäudes und der gegenüberliegenden königlichen Bibliothek, sowie zur marmorverkleideten Brücke, von der man einen schönen Blick auf den Reithof und die Rückseite des Schlosses hat.



Dann mache ich mich auf die Suche nach dem Eingang zu den königlichen Empfangsräumen, die ich besichtigen möchte. Die zu finden ist nicht so leicht, denn es gibt im Schloss eine Vielzahl von unterschiedlichen Besichtigungsmöglichkeiten, alle mit verschiedenen Eingängen: den Ausblick vom Schlossturm bekommt man kostenlos und es geht sogar per Lift nach oben, leider zur Zeit aus unbekannten Gründen geschlossen; eine Parlamentsbesichtigung ist nur mit Führung möglich, zu meiner Zeit auf Englisch nur am Samstag, da hatte ich ja andere Pläne; die Kapelle des Schlosses kann zur Zeit nur Sonntags besichtigt werden; die Stallungen sind im Winter geschlossen; bleiben für mich heute noch die Küche (also die historische, nicht die aktuell genutzte), die Ruinen (d.h. Überreste von Vorgängerbauten des heutigen Schlosses) und eben die königlichen Empfangsräume und nur die letzteren interessieren mich. Da ich den Eingang dazu nicht finde, frage ich bei der Küche nach und erfahre, dass die Empfangsräume heute Vormittag außerplanmäßig nicht besichtigt werden können, da sich die Königin gerade dort aufhält (die Eingangsschilder wurden entfernt, deshalb habe ich den Zugang nicht gefunden). Ok, so nah war ich einem Mitglied einer königlichen Familie wohl noch nie, da habe ich aber nichts davon und muss meinen Plan ändern, Besichtigung ist dann ab 12 Uhr wieder möglich.
Nicht weit von Christiansborg entfernt steht das BLOX, aus ineinander verschachtelten Würfeln gebaut, was man am besten von der anderen Kanalseite aus sieht, wie ich gestern Morgen feststellen konnte. Im BLOX gibt es Wohnungen, ein großes Fitnessstudio, Büros und das DAC, das Dansk Arkitektur Center mit Wechselausstellungen zum Thema Design und Architektur. Der Eintritt ist in der Copenhagen Card inkludiert.
Als erstes schaue ich mir eine Ausstellung über die Designerin Cecilie Manz an („The Needle in the Haystack“), am Beispiel verschiedener Projekte von ihr wird der Weg von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt dargestellt. Sehr interessant und die fertigen Stücke sind wunderbar, typisch dänisch schlicht und trotzdem (un)auffällig schön.

Eine sehr große Fläche nimmt die Ausstellung zum Thema nachhaltiges Wohnen „Living Better Lives“ ein. Es wird am Beispiel des Architekturbüros Vandkunsten die Entwicklung der dänischen Wohnarchitektur in den letzten 50 Jahren gezeigt und in Modellräumen bzw. -häusern, die mich an die Möbelausstellung von Ikea, bei der man ja auch verschiedene vollständig eingerichtete Räume betreten kann, erinnert, dargestellt, wie man zu viert auf 37 qm wohnen kann. Dies wird hauptsächlich durch das Sharing Konzept verwirklicht, d.h. alle möglichen Geräte und Gegenstände sollen von möglichst vielen Menschen/Haushalten gemeinsam genutzt werden, so dass nicht unnötig Platz für das Aufbewahren dieser Gegenstände in den individuellen Häusern/Wohnungen gebraucht wird. Dazu gehören Waschmaschinen, Küchengeräte, die man eher selten nutzt, handwerkliche Maschinen, die man nur hin und wieder braucht, aber auch Bücher und gemeinsam genutzte Gärten und Gewächshäuser. Toll gemacht, inhaltlich für mich aber nicht überzeugend, denn gerade Corona hat doch gezeigt, wie schnell es geht, dass man zu Hause bleiben muss und dann froh ist, über jeden Quadratmeter mehr, den man hat (und die Wahrscheinlichkeit, dass es weitere Pandemien geben wird, recht groß ist), darüber hinaus habe ich selbst in unserer Schweizer Zeit erlebt, was es heißt, die Waschmaschine mit anderen Familien zu teilen, das führt im besten Fall zu vielen Einschränkungen und im schlechtesten Fall zu sehr viel Streit. Auch wenn es natürlich im Hinblick auf die Umwelt sicherlich gut ist, den Platzverbrauch des Einzelnen einzuschränken.

Nun ist es Zeit fürs Mittagessen und da es im DAC auch ein Restaurant gibt, kann ich erstmal hierbleiben. Vom Restaurantbereich hat man auch Zugang zur Dachterrasse mit Blick über die Gebäude entlang des Kanals, da gerade aber einige Wolken aufgezogen sind, möchte ich erst nach dem Essen rausgehen, vielleicht scheint dann wieder die Sonne. Ich und eine Handvoll weiterer Individualbesucher des DAC, die hier essen wollen, werden etwas stiefmütterlich behandelt, da eine große Gruppe (eventuell eine Firma, jedenfalls keine Touristen) zum Mittagessen da ist. Schließlich findet sich aber noch ein Sitzplatz für uns alle und nach einer längeren Wartezeit bekommen auch wir unser Essen. Ich trinke einen Chai Latte und esse das Tagesgericht, auch heute kein Smørrebrød, sondern sehr leckere Rindfleischstreifen auf Kartoffeln mit Salat (EUR 23,53).


Nach dem Essen hat sich die Wolkendecke tatsächlich etwas gelichtet und ich möchte auf die Dachterrasse gehen. Die Tür ist aber verschlossen, obwohl ich vor und beim Essen einige Leute draußen gesehen habe. Ich frage bei einem der Mädels, die die Gruppe bedienen, nach. Ja, sie hätte die Tür verschlossen, weil das dauernde Öffnen und Schließen die Gruppe stören würde und nein, sie öffnet die Tür jetzt nicht für mich, ich solle mir die Ausstellungen anschauen und in ca. einer halben Stunde wiederkommen. Die Ausstellungen habe ich aber weitgehend schon gesehen und so lange warte ich bestimmt nicht, na ja, ich hatte gestern ja schon einige Ausblick von oben, aber in Ordnung finde ich so ein Vorgehen nicht.
Nach unten in Richtung Ausgang kann man entweder eine bunte Treppe nehmen oder eine gläserne Rutsche. Da bin ich ja schon in der Versuchung die Rutsche zu nehmen, dazu bräuchte ich aber jemand, der in dieser Zeit meinen Geldbeutel, Handy und Kamera hält, in solch einer Situation hat das Alleinreisen eben einen Nachteil. So beobachte ich nur, wie eine andere Besucherin die Rutsche nimmt.
Ich schaue mir noch die kleine Ausstellung über Architektur und Inneneinrichtung des SAS Royal Hotel hier in Kopenhagen (heute Radisson Collection Royal Hotel) an, das erste Design Hotel weltweit und vom Gebäude selbst bis zur Inneneinrichtung von Arne Jacobsen (der die weißen (Wohn)gebäude und den Strand in Klampenborg entworfen hat, wo ich am Sonntag war) entworfen.
Dann verlasse ich das DAC
und gehe zurück zum Schloss Christiansborg, wo die Königlichen Empfangsräume auf mich warten.
Das ist neben der Kleinen Meerjungfrau nun (erst) der zweite Ort, wo eine größere Zahl an Touristen vor Ort ist. An der Kasse muss ich tatsächlich in einer kleinen Schlange warten, allerdings wohl eher deshalb weil sich die Leute vorher nicht darüber informieren, was sie anschauen möchten. Bei beiden Personen vor mir muss die Dame an der Kasse erstmal ausführlich erläutern, was im Schloss alles besichtigt werden kann, wieviel es kostet und wo sich die Zugänge befinden. Bei mir geht dann alles ganz schnell, ich lege meine Copenhagen Card vor und bitte um ein Eintrittsticket zu den Königlichen Empfangsräumen.
Wie überall bisher muss/kann man auch hier Jacke und Tasche in kostenlose Schließfächer einschließen, zusätzlich muss man hier dann noch Plastiküberzieher über die Schuhe ziehen - witzig, ich kann man mich noch gut an die Zeiten erinnern, als man zu Schlossbesichtigungen riesige Filzpantoffeln überzog, nun also Plastik.
In den Räumen im ersten Stock ist es dann wieder erstaunlich leer. Wie zu erwarten sind diese sehr pompös, wie man es auch aus anderen europäischen Schlössern kennt, insgesamt gefällt es mir gut, es ist warm, die Sonne scheint durch die Fenster, die Anzahl der Räume erschlägt einen nicht und wenn es mal wieder zu wichtigen politischen Treffen in Dänemark kommen wird, erkenne ich vielleicht sogar einen der Räume wieder

. Im zweiten Stockwerk befindet sich das Büro des Premierministers, das natürlich nicht zugänglich ist.
Das Wetter ist immer noch recht sonnig, da zieht es mich nochmal raus „aufs Land“. Mit der U-Bahn fahre ich in Richtung Flughafen auf die Insel Amager, Stadtteil Ørestad, bis zur Station „Femøren“ (eine Haltestelle weiter ist dann schon der Flughafen). Von dort sind es nur ein paar hundert Meter bis zum Ostseestrand. Abgesehen von Strand und Meer, die immer einen Ausflug lohnen

, gibt es hier das „Kastrup Søbad“, eine moderne Holzkonstruktion am Ende eines Stegs, wo es Sitz- und Liegeflächen gibt, sowie Treppen ins Wasser. Badende sehe ich hier ausnahmsweise keine, aber es sitzen/liegen einige Leute auf den Holzflächen. Die Konstruktion erinnert mich an die Anlage zur Show „Water World“ in den Universal Studios in Los Angeles.
Ich genieße noch ein bisschen die Sonne und spaziere zum nahegelegenen Jachthafen, dann zurück zur U-Bahn-Station.
Ich möchte mir noch einige moderne Bauten eigentlich nicht weit von hier auch auf Amager anschauen, dazu muss ich aber die U-Bahn zurück in die Innenstadt nehmen, dort dann in eine andere U-Bahn-Linie wechseln, mit der es wieder in Richtung Süden und Flughafen geht. An der Station „DR Byen“ steige ich aus.
Zu sehen gibt es das Gebäude des öffentlich-rechtlichen Rundfunksenders DR von 2006, daneben das Konzerthaus des DR von Jean Nouvel von 2009 ganz in blau und einige sehr moderne Wohn“blocks“, darunter das runde „Tietgenkollegiet“, ein Studentenwohnheim, der Architekt hat sich an südchinesischer traditioneller Architektur orientiert.
Gegen 16 Uhr fahre ich wieder in die Innenstadt zur Station „Christianshavn“. In der Nähe habe ich heute eine Filiale der Kette „Espresso House“ gesehen, dort ruhe ich mich bei einem Café Latte und einem Jul-Muffin (Weihnachtsmuffin) aus (EUR 9,95).
Nun möchte ich nochmal bunte Lichter sehen und fahre mit der U-Bahn zur Station „Kongens Nytorv“, von dort gehe ich zum Nyhavn und anschließend zur Stelle vor Schloss Amalienborg, von wo aus man die hell erleuchtete Oper auf der anderen Kanalseite sieht (die taghell beleuchtete Baustelle direkt neben der Oper macht das Fotografieren leider etwas schwierig), auch der Blick auf das etwas entfernt liegende HOFOR Kraftwerk ist sehr interessant, der Rauch aus den Schornsteinen sieht wie Watte aus bei etwas längerer Belichtung.






Beim Schauspielhaus, also zwischen meinem Fotografiestandort und Nyhavn gibt es eine Haltestelle des Wasserbusses. Es gibt drei Wasserbuslinien, die nach Fahrplan wie andere öffentliche Verkehrsmittel fahren (und damit auch in der Copenhagen Card enthalten sind) und alle innerhalb des Inneren Hafens unterwegs sind. Bisher hat es leider nicht sinnvoll geklappt einen Wasserbus zu nutzen, aber nun gibt es die Gelegenheit. Ich muss zwar einige Zeit auf das nächste Schiff warten und es ist auch nicht besonders schnell unterwegs, aber es bringt mich direkt zur Fisketorvet Mall (Haltestelle „Bryggebroen“, ich muss nur die Brücke überqueren, da der Wasserbus auf der anderen Kanalseite hält), wo ich nochmal in den Supermarkt muss. Da der Lidl nicht wirklich viel Auswahl bietet und ich auch mal einen dänischen Supermarkt sehen will, wähle ich heute den Fotex aus, der sich ebenfalls in der Mall befindet. Dort gibt es unter anderem eine unglaublich riesige Auswahl an tiefgefrorenen Mikrowellengerichten, eine asiatische Suppe/Eintopf wird mein Abendessen werden.
Gegen 18.15 Uhr bin ich zurück im Hotel.
Wetter: teils sonnig, teils bewölkt, ca. 8° C