9. Tag – Dienstag, 28.09. – von Cuxhaven nach HelgolandAuch heute steht also wieder eine Schifffahrt an, anders als gestern kann ich es heute Morgen jedoch gemütlich angehen lassen, das Schiff legt erst um 10.15 Uhr ab.
Ich frühstücke auf dem Zimmer, vom Reisetag gestern habe ich noch ein Brötchen übrig (war über Nacht im ebenfalls im Zimmer vorhandenen Kühlschrank/Minibar) und mache mir mit der Nespresso Maschine eine Tasse Kaffee dazu (das Hotel bietet ein großes Frühstücksbuffet für EUR 18 an, das ist mir eindeutig zu viel für ein Frühstück).
Gegen neun Uhr checke ich aus und gehe bei strahlendem Sonnenschein zum Schiffsanleger. Nun geht es also nach Helgoland – endlich klappt es mal. Während meines ersten Aufenthalts an der Nordsee, im Schullandheim auf Spiekeroog sollte ein Teil der zwei Wochen, die die Klassenfahrt dauerte, auf Helgoland verbracht werden. Dieser Vorschlag unseres Lehrers wurde leider von der Mehrheit der Eltern wegen der zusätzlichen Kosten durch die zusätzliche Schifffahrt abgelehnt, ich fand das sehr schade. Als ich 2018 im Sommer in Hamburg war, habe ich über einen Tagesausflug nach Helgoland nachgedacht, es aber wegen der kurzen Aufenthaltszeit auf der Insel nicht gemacht. Für meinen jetzigen Aufenthalt war ich ziemlich unschlüssig, wie lange ich bleiben sollte, die Insel ist ja extrem klein (zusammen mit der Nebeninsel Düne ca. 1,7 qkm), wird es mir da nach einem oder zwei Tagen langweilig oder gibt es doch genug zu sehen? Ich habe mich für 4 Nächte entschieden und bin gespannt.
Am Schiffsanleger hat sich schon eine recht lange Schlange gebildet, da stelle ich mich auch an, der Koffer muss aufgegeben werden (das ist immer so, allerdings kann man den Koffer normalerweise am Anleger in Helgoland wieder in Empfang nehmen, wegen Corona werden nun alle Koffer bis in die Unterkunft gebracht, natürlich gegen eine zusätzliche Gebühr), ich gehe davon aus, dass man ihn am Ende der Schlange abgibt, zumindest ist nichts Anderes ausgeschildert. Nach einiger Wartezeit wird der Impf-/Testnachweis (für die Fahrt nach Helgoland gilt 3G, nach Borkum gab es keine Einschränkungen) kontrolliert und es gibt ein grünes Kärtchen. Den Koffer kann ich allerdings (noch) nicht hier aufgeben, da muss ich zuerst an einen Schalter, zu dem ich mich mehrmals durchfragen muss, es ist ein Container mit der Aufschrift «Schifffahrten zu den Seehundbänken». Dort kaufe ich eine Banderole mit meinem Namen und der Hotelanschrift (und bekomme auch für die Rückfahrt schon eine passende Banderole), damit kann ich mich dann wieder in die erste Schlange einreihen, meinen Koffer abgeben, mit dem grünen Kärtchen nachweisen, dass ich schon auf 3G kontrolliert wurde und nach der Ticketkontrolle endlich an Bord gehen.
Das Schiff ist ziemlich neu, fährt mit Flüssiggas und ist von der Einrichtung her einem Kreuzfahrtschiff nachempfunden mit mehrstöckigem Atrium, Aufzügen, modernen Sitzlandschaften, Liegestühlen an Deck, Souvenirshop usw. Das ist erstmal recht nett, aber bald schon wünsche ich mich auf eines der einfachen Schiffe zu den Ostfriesischen Inseln zurück, wo man tun und lassen kann was man möchte, hier gibt es viele Regeln, die immer wieder per Lautsprecher durchgesagt werden.
Rucksäcke müssen in der Hand getragen werden (es könnten sich Kinder verletzen), man darf sich nicht auf den Bänken auf Deck hinlegen (was man sowieso nur macht, wenn es genug Platz hat und was spricht denn dann dagegen), an allen möglichen Stellen darf man nicht stehen, Rucksack oder sonstiges Handgepäck darf man nicht neben sich auf die Bank stellen, sondern nur auf den Boden und so geht es weiter.
Na ja, egal, ich finde einen windgeschützten Sonnenplatz und genieße die Fahrt trotzdem (und mein Rucksack darf neben mir sitzen
). Zunächst hat man einen schönen Blick auf Cuxhaven und seine Strände, dann geht es aufs offene Meer, man sieht nur noch Wasser und hin und wieder alle möglichen Schiffe, auch große Segler.
Zweieinhalb Stunden dauert die Fahrt, ich kaufe mir zwischendrin ein Lachsbrötchen, was ich kurz darauf bereue, denn trotz Sonnenschein und augenscheinlich ruhigem Meer schaukelt es während der letzten Stunde extrem (und das trotz der tollen neuen Stabilisatoren mit denen die Reederei wirbt), ich kann mein Brötchen bei mir behalten, bin aber sehr froh, als endlich die Insel zu sehen ist. Leider umrundet man die Insel bei der Anfahrt nicht, man hat nur einen kurzen Blick auf den bebauten Teil von Helgoland.
Noch bis vor wenigen Jahren konnte die Fahrgastschiffe nicht am Hafen von Helgoland anlegen, die Gäste mussten «ausgebootet» werden, d.h. vom Schiff musste auf ein Ruderboot umgestiegen werden, mit dem dann an Land gerudert wurde. Heutzutage ist das nicht mehr nötig, es gibt einen neuen Hafen, in dem die Fahrgastschiffe anlegen können. Die Ruderboote, genannt Börteboote sind aber inzwischen ein Wahrzeichen von Helgoland geworden, seit 2018 sind sie Teil des immateriellen UNESCO Weltkulturerbes. Wir sehen einige Börteboote, die auf dem Weg ins Winterquartier sind
und wer möchte kann sich bei einem kurzen Stopp unseres Schiffs vor dem Einlaufen in den Hafen ausbooten lassen. Mir reicht das Zuschauen und ich hoffe, dass ich während meines Aufenthalts die Gelegenheit habe mit einem Börteboot eine Inselumrundung zu machen. Für heute Nachmittag gibt es Termine, da es meinem Magen aber eben eh schon nicht gut geht nach der Überfahrt hierher, muss ich heute darauf leider verzichten.
Das Aussteigen läuft auch unter militärisch anmutenden Kommandos ab, dann spaziere ich vom neuen Hafen in Richtung Dorf.
Ein paar Fakten zu Helgoland: sie ist die einzige «Hochseeinsel» Deutschlands, d.h. keine andere Insel liegt so weit vom Festland entfernt, nämlich 48,5 km von St. Peter Ording und 70 km von Cuxhaven (Borkum: 20 km zum deutschen Festland, 12 km zum niederländischen). Helgoland ist keine «Sandinsel» wie die anderen Nordseeinseln, sondern ein Fels, der ursprünglich Teil des Festlands war, unterhalb des Wasserspiegels ist sie umgeben von niedrigen Felsen, bei Ebbe kann man manchmal einen Teil davon sehen.
Gleich als erstes komme ich an den bunten Hummerbuden vorbei, eines der Wahrzeichen der Insel. Sie wurden nach dem Zweiten Weltkrieg als Schuppen für die Fischer gebaut (zur Architektur und Geschichte der Insel schreibe ich später noch etwas) und beherbergen heute Souvenirgeschäfte und Imbissbuden. Im Sonnenlicht ein wirklich hübscher Anblick.
Ich gehe weiter in Richtung Dorf, wo sich zentral das Hotel Quisisana befindet. Die Inhaber sind auch Vermieter meiner Ferienwohnung und im Hotel kann ich den Wohnungsschlüssel abholen. Das ist schnell erledigt und nun geht es für mich hinauf ins Oberland. Die 40 Höhenmeter können entweder per Fahrstuhl oder über 184 Treppenstufen überwunden werden. Da ich ja kein Gepäck zur Wohnung mitnehmen muss, nehme ich natürlich die Treppe.
Die Wohnung im Erdgeschoß für eine Person besteht aus Wohn-/Esszimmer mit offener Küchenzeile, Schlafzimmer und Bad. Anders als die Wohnung auf Borkum ist sie sehr gemütlich mit Helgoland Bildern an den Wänden und Dekogegenständen (auf dem breiten Fenstersims im Wohnzimmer stehen die Vögel der Insel aus Holz neben einem Stück Treibgutholz) ausgestattet, zum Empfang steht ein Fläschchen Sekt bereit, im Hausflur gibt es ein Bücherregal zum Leihen oder Tauschen. Vom großen Fenster im Wohnzimmer kann ich zwischen den Häusern den Leuchtturm sehen.
Zwei Häuser weiter ist einer der Edeka Märkte der Insel, dorthin gehe ich auch gleich für einen Ersteinkauf. Ein absolut winziger Laden, es gibt kaum Platz zum Durchgehen, so vollgestellt mit Waren ist es. Obst und Gemüse gibt es außerhalb im angrenzenden Hof, Diebe fürchtet man hier wohl nicht.
Nach meinem Einkauf steht auch schon mein Koffer vor der Tür. Perfekt, so kann ich nun gleich loslegen mit einem ersten Rundgang entlang der Klippen, wer weiß, ob ich nochmal so schönes Wetter wie heute haben werde.
Von der Ferienwohnung sind es nur ein paar Minuten, dann habe ich den Klippenrandweg erreicht. Wow - ist das schön hier. Aufgrund der erhöhten Lage braucht man keinen Aussichtsturm, sondern hat von überall aus einen wunderbaren Blick auf das Meer, die roten Felsen, den Leuchtturm und die Bebauung im Ober- und Unterland und auf die Nachbarinsel Düne. Ein Kreuzfahrtschiff fährt ein, zum Glück nur ein kleines. Anlegen kann es nicht, die Passagiere müssen in kleinen Schlauchbooten an Land gebracht werden.
Ich gehe den gesamten Rundweg, der ca. 3 km lang ist. Dabei komme ich an den Schrebergärten der Insel vorbei und «erklimme» den mit 61,30 m höchsten Berg nicht nur der Insel, sondern des gesamten Landkreises Pinneberg (Schleswig-Holstein) zu dem Helgoland verwaltungstechnisch gehört, den gleichnamigen «Pinneberg».
Dann erreiche ich ein weiteres Wahrzeichen von Helgoland, die «Lange Anna», ein 47 m hoher Felsblock, der bis 1860 durch eine Felsbrücke mit dem benachbarten Fels verbunden war. Damit nach dem Einsturz dieser Felsbrücke nicht auch noch die «Lange Anna» einstürzte, wurde Anfang des 20. Jh. eine Brandungsmauer gebaut, die dann nach und nach verlängert wurde und nun die gesamte Westküste vor der Brandung schützen soll – was sie bei näherem Hinsehen auch bitter nötig hat.
Die «Lange Anna» und die weiteren Felsen an der Nordwestspitze von Helgoland sind Deutschlands einzige Seevogelkolonie. Zurzeit sind nur wenige Vögel da, hauptsächlich Basstölpel, die erst seit 1991 hier brüten. Die Nester der Vögel befinden sich direkt hinter der Absperrung des Klippenrandwegs, man kann sie also aus nächster Nähe beobachten, das finde ich wirklich erstaunlich. Heute fotografiere ich mit meinem Weitwinkelobjektiv, in den nächsten Tagen möchte ich auch noch das Teleobjektiv nutzen. Man kann hier auch deutlich sehen, dass für die Seevögel inzwischen leider die farbigen Schnüre und Netze der Fischerboote, die im Meer herumtreiben, üblicher Bestandteil des Baumaterials für ihre Nester ist, obwohl sie sich oft darin verheddern und dann verenden.
Nach meinem Rundgang über das Oberland gehe ich nochmal ins Unterland. Dort gibt es Milchkaffee und Käsekuchen auf der Terrasse des "Strandhotels" und einen schönen Blick auf die bunten Bungalows der Düne.
Zurück in der Ferienwohnung packe ich meine Sachen aus und gegen 18.30 Uhr gehe ich nochmal an die Westseite der Insel, um die Sonnenuntergangsstimmung zu genießen.
Wetter: sonnig, ab Spätnachmittag zunehmend bewölkt, ca. 20 °C
Unterkunft: Appartementhaus Sabina, Appartement Baßtölpel EUR 211,00 inkl. Bettwäsche, Handtücher, Endreinigung, Kurtaxe (gebucht über Helgoland Tourismus Service)