Mittwoch 10. Juli 2019 von Görlitz nach Bad MuskauMorgens gab es ein hervorragendes Frühstück im Hotel, es waren noch ein paar andere Gäste hier, aber voll war es nicht. Das Büffet habe ich vergessen zu fotografieren, wir würden das Hotel bestimmt wieder wählen.
Anschließend haben wir unser Zimmer geräumt und durften das Auto bis Mittags am Hotelparkplatz stehen lassen und sind zu Fuß zur Touristeninformation gegangen und haben uns für die Stadtführung angemeldet. Es kamen etwa 15 Personen zur Führung aus den verschiedensten Ecken Deutschlands.
Der Guide war ein älterer Görlitzer der quasi alles zur Geschichte Görlitz wußte, ein wandelndes Lexikon. Er hatte sehr viel zu erzählen, ich konnte mir natürlich nur einen Teil merken.
Im Mittelalter war das eine reiche Handelsstadt (u.a. Tuchhandel) und Görlitz liegt an der Via Regia von Kiew nach Santiago de Compostella. Das zeigt sich in prachtvollen Renaissance-Gebäuden und Hallenhäusern der Kaufleute.
Im zweiten Weltkrieg wurden nur 37 Häuser zerstört, d.h. die alte Bausubstanz war am Ende der DDR-Zeit noch vorhanden und dann wurde aufwendig renoviert, überwiegend von Privatleuten. Es gibt einen berühmten aber unbekannten Spender der seit 1995 jedes Jahr 1 Million € für den Wiederaufbau gespendet hat unter der Auflage dass niemand versucht herauszufinden woher die Spenden kommen. Sollte sein Name bekannt werden würde er das Spenden einstellen. Sein Wunsch wurde gewährt, er hat insgesamt 11 Millionen € gespendet (und man weiß bis heute nicht wer der edle Spender ist!).
In Görlitz gibt es viele leerstehende Mietwohnungen obwohl der Quadratmeter hier nur 4 € Miete kostet (das muss der absolut niedrigste Wert in Deutschland sein...). Die Stadt hat sich was einfallen lassen und Mietwohnungen zum Probewohnen angeboten: man durfte einen Monat umsonst testen ob einem die Wohnung gefällt, so hat die Stadt 100 Wohnungen vermietet. Solche Zustände wünsche ich mir in München... Die Arbeitslosigkeit liegt aber bei 11 % und da ist es natürlich kein Wunder wenn junge Leute abwandern.
Görlitz ist außerdem Filmstadt, der Guide sprach von Görliwood, also davon habe ich noch nie gehört aber es gibt etliche auch bekanntere Filme die hier gedreht wurden, wegen der vielen alten Häuser ist das natürlich eine schöne Kulisse.
Ich habe heute nicht viele Fotos gemacht, die Route war unserer gestern sehr ähnlich. Dieser Brunnen liegt etwas versteckt, es gibt eine lustige Geschichte dazu, ich habe mir jetzt stundenlang den Kopf zerbrochen aber es fällt mir nicht mehr ein. Irgendwas in der Art dass die Figur im Brunnen nackt ist und ein amerikanischer Tourist nachgeschaut hat ob er "vollständig" ist
falls mal jemand von euch in Görlitz eine Stadtführung macht fragt bitte nach
was wir bei unserem Spaziergang gestern auch nicht gesehen haben ist die Jugendherberge mitten in der Altstadt von Görlitz:
Die Fassade zur Straßenseite ist Altbau, aber dahinter wurde aufwendig umgebaut und renoviert, das ist sicher auch eine gute Adresse für eine Übernachtung in Görlitz und einen schönen Innenhof hat sie auch
Danach haben wir das Haus des berühmtesten Sohnes der Stadt besichtigt:
ich muss gestehen dass ich von dem Mann noch nie etwas gehört habe...
Wir sind dann noch bis zur Altstadtbrücke und zur Kirche gegangen (ich weiß nicht mehr warum wir nicht in der Kirche waren...) und dann ging es zurück zur Touriinfo. Weil uns das Museum "Kaufmannspaläste an der Via Regia" sehr zum Besuch empfohlen worden ist und es ganz in der Nähe lag haben wir uns das anschließend noch angeschaut. Es ist in einem der ehemaligen Kaufhäuser untergebracht:
das Haus ist von 1593
Aus der Museumsbeschilderung:
Angebot, Präsentation und Qualitätsprüfung kostbarer Tuche erforderte sichere, großflächige und Tageslicht helle Räumlichkeiten.
....
An der Wende von der Spätgotik zur frühen Neuzeit trafen hier die innovativen Einflüsse der Zeit zusammen und inspirierten das Baugeschehen. Die Profanarchitektur fand ihren Höhepunkt in der Bauidee der "Zentralhalle", einer in den Hauskern eingefügten Licht- und Treppenhalle. Sie stellt ein komfortables neues Erschließungskonzept dar und vereint die Funktionalität für den Handel mit repräsentativer Großzügigkeit. Mit dieser Neuerung schufen sich die Tuchhändler nach dem Vorbild der Herrschaftsarchitektur exklusive "Kaufmannspaläste"
hier sieht man schön wie das Licht reinfällt
ein Modell solch eines Kaufmannspalastes
es sind bisher nur wenige Räume ansatzweise im Originalzustand renoviert wie der folgende Raum
es gab auch eine Fotoausstellung mit Bildern anderer Kaufhäuser
während der DDR Zeit waren mehrere Wohungen in den Gebäude untergebracht, was man an etlichen Räumen noch gut sehen konnte
hier ist noch viel zu renovieren, der Eintritt war übrigens frei. Wir fanden das insgesamt sehr interessant und mein Freund fotografiert sowieso gern halbverfallene Gebäude und so haben wir uns ziemlich lange hier aufgehalten
auf dem Rückweg zum Hotelplarkplatz haben wir noch einen kleinen Umweg zur Synagoge von Görlitz gemacht, leider konnte man sie nicht besichtigen da dort gerade Baustelle war (sieht man auf dem Foto nicht, der hintere Teil war eingerüstet), schade das wäre interessant gewesen.
Die Fahrt aus Görlitz raus war erst mal ein ziemliches Gegurke wegen der vielen Einbahnstrassen, zum Glück war sehr wenig Verkehr und so war das auch kein Problem.
Als nächste Zwischenetappe hatte mein Freund die Energiefabrik in Knappenrode bei Hoyerswerda ausgesucht, leider standen wir dort vor verschlossenen Toren, die Öffnungszeiten für Besichtigungen waren leider nicht im Internet verzeichnet - das ist nur an Wochenenden möglich.
In Hoyerswerda haben wir getankt und waren auf der Suche nach einem Café aber da war ein ziemliches Verkehrschaos wegen diverser Baustellen und so sind wir weitergefahren und haben irgendwo im Wald an einem Truckerstopp für einen Kaffe gehalten. Auf dem riesigen Parkplatz standen ganze 2 LKW, auch auf den Straßen war kaum Verkehr, uns kam das Land ziemlich ausgestorben vor
Wir sind weitergefahren nach Bluno, einem kleinen Örtchen mit einer im Reiseführer beschriebenen alten Kirche die leider auch geschlossen war (durch die Fenster reinschauen konnte man leider auch nicht)
die Kirche wurde 1673 erbaut, der Turm erst 1786
ein paar Kilometer nördlich von Bluno liegt der Tagebau Welzow Süd, am Aussichtspunkt Welzow-Stadt sieht man die riesigen Abbaumaschinen in Aktion
stark rangezoomt:
danach wollten wir noch zum Aussichtspunkt Steinitzer Treppe, aber den haben wir einfach nicht gefunden. Die Wegbeschreibung führte uns zur Kirche in Steinitz und der von dort beschriebene Weg endete im Nirvana und wir haben dann die Suche aufgegeben. Wie gesagt: die Urlaubsplanung war diesmal sehr spärlich.
So sind wir dann zu unserem Übernachtungsziel Bad Muskau weitergefahren das wie Görlitz unmittelbar an der polnischen Grenze liegt. Wir hatten eine Nacht im Kulturhotel Fürst Pückler Park gebucht. Das Hotel liegt direkt am Eingang zum besagten Park in dem wir eigentlich einen großen Rundweg geplant hatten, es war aber schon später Nachmittag, das Gegurke durch die sogenannte Energieroute in der Oberlausitz hat uns mehr Zeit gekostet als erwartet.
So wurde es eben eine kurze Runde im Fürst Pückler Park um das Schloss Muskau
das Wetter sah nach Gewitter aus, hat sich dann aber wieder gefangen
ich weiß nicht ob man das Schloß auch besichtigen kann, wir haben nicht gefragt da es für uns heute sowieso schon zu spät war
ein paar schöne Wirtschaftsgebäude gibt es auch
der ganze Park ist sehr gepflegt, alles wie aus dem Ei gepellt und nur eine Handvoll Besucher. Das ist uns in Mecklenburg-Vorpommern am meisten aufgefallen: wie menschenleer es überall ist, ein krasser Gegensatz zu unseren Münchner Verhältnissen
im japanischen Parkteil
und dann haben wir diesen Grünspecht entdeckt
er ist wie ein Huhn am Boden pickend rumgehüpft
man sieht ja in jedem botanischen Garten immer irgendetwas Neues und uns hat vor allem diese Pflanze fasziniert:
man konnte "reingehen" und drinnen war es wie ein lichter Wald
wir haben gerätselt was das wohl ist, leider gab es im ganzen Park keine Schilder an den Pflanzen, aber einer der wenigen anderen Besucher klärte uns auf: das ist eine nordamerikanische Buschkastanie! So haben wir auf unserer Deutschlandreise doch ein Stück USA gesehen
die Form ist ja nahezu perfekt. Ob das in freier Natur wohl genauso aussieht?
Wir sind dann ins Hotel zurückgegangen und haben nach einem Restaurant fürs Abendessen gesucht. Viel Auswahl gab es in Bad Muskau nicht, uns ist schon bei der Herfahrt aufgefallen dass der Ort ziemlich trist aussieht. In Fußgehweite gab es nur ein Restaurant, dort sind wir hingegangen, aber es war geschlossen und sah von außen auch überhaupt nicht einladend aus, so sind wir dann doch in unserem überteuerten Hotelrestaurant geblieben wo von 50 Tischen ungefähr 3 besetzt waren und wir einen Kellner quasi für uns alleine hatten.
Die Qualität war zum Glück so hoch wie der Preis
Josef hatte als Nachspeise einen Käseteller, ich hatte mich für das Fürst Pückler Eis entschieden - wenn schon denn schon
Hier noch ein Blick auf unser Hotelzimmer
morgen kommen wir dann in Rügen an