2.Tag Samstag 24.3.2018Tagesstrecke: Getaria - San Sebastian - Sakoneta - Zumaia - Getaria
Das Licht, das an diesem Morgen durch die Verandatür fällt, lässt Hoffnung keimen, dass der Tag ein paar Strahlen Vitamin D bereithalten könnte. Am Hafen wo wir unseren Wagen geparkt hatten, schaukeln die Boote sogar in der Sonne.
Für den Vormittag steht ein Besuch in der Kulturmetropole des Baskenlandes – San Sebastian an. Etwas außerhalb von Getaria bietet sich an der Straße, die für einige Kilometer dem Küstenverlauf folgt, auch der Blick auf das schmucke Hafenstädtchen von Osten her an.
Nach einer guten halben Stunde ist San Sebastian, das auf baskisch Donostia heißt, erreicht.
Das Meer ist heute auf Krawall gebürstet und die Wellen peitschen in immer höheren Wellenbergen auf Felsen und Küste zu. Wir kreisen erst mal durch die Stadt. Die Auffahrt auf den Monte Igueldo bleibt uns nach einigen Anläufen wegen Bauarbeiten verwehrt.
Aber auch auf Meereshöhe gibt es in San Sebastian einiges zu sehen – zum Beispiel die "Peines del Viento" – die Windkämme – ein Kunstobjekt von Eduardo Chillida an seine Heimatstadt. Eduardo Chillida war also nicht der Erfinder des Chillis sondern folglich ein berühmter Bildhauer dessen raumgreifende Skulpturen u.a. auch an vielen Orten in Deutschland (Berlin Bundeskanzleramt) zu finden sind. Vielleicht hätte er mal den Berliner Flughafen probieren sollen … mehr als (abstrakte) Kunst kann man aus dem wohl auch nicht mehr machen ...
Am westlichen Ende der Bucht, umspült von Atlantikwogen, ragen drei große Eisenskulpturen – die Windkämme - aus dem Felsen hervor.
Immer wieder brechen die drei Greifer die hohen Wellen der lebhaften See. Der gebrochene Stein im Dreieck der Skulpturengruppe zeugt vom Kampf der Naturgewalten seit Millionen von Jahren. Ein gelungenes Schauspiel mit Spassfaktor - auf den nächsten großen Wellenbrecher zu warten und dabei möglichst selbst nicht nass zu werden.
Die Stadt selbst wird von einem altehrwürdigen Charme dominiert. Ein leicht in die Jahre gekommenes Seebad, das zusammen mit seinem französischen Pendant Biarritz schon vor Jahrzehnten die Anziehungspunkte an der Biskaya-Küste darstellte.
San Sebastian punktet auch in Sachen Kultur, Kunst, mit zum Teil einzigartiger Küchenkunst ....
... und als Hochburg für Surfer. Beim Blick auf den Wellengang heute kann letzteres wirklich nicht überraschen.
Wir drehen eine Runde durch die Stadt, erleben auch eine lautstarke Demonstration. Ein Anzeichen dafür, dass auch im Baskenland der Widerstand gegen die spanische Regierung und die Separatismusbestrebungen nicht ad acta gelegt wurden.
Die Basken bezeichnen sich selbst gerne als die „ältesten Europäer“. Über Jahrhunderte hinweg bewahrten sie ihre Traditionen gegenüber Römern, Mauren und der kastilischen Krone. Während der Franco-Diktatur hatten sie unter besonders scharfen Repressionen zu leiden, ihre Kultur und Sprache (das Euskera) wurden unterdrückt. So entstand 1959 die ETA (Euskadi Ta Askatasuna – Baskenland und Freiheit) und der bewaffnete Terror begann, bis er 2011 mit einem Beschluss der ETA endete.
Wir gönnen uns einen Kaffee gegen die doch frischen Temperaturen von rund um die 10°C, die bei der teilweise durchaus steifen Brise und gelegentlichen Regentröpfchen eine innerliche Erwärmung notwendig machen.
Am frühen Nachmittag verlassen wir San Sebastian und fahren zurück nach Westen, nach Sakoneta (nähe Zumaia). Auf der Autobahn kommen wir in einen heftigen Regenguss, der uns schon stark an unserem Hauptziel des Tages zweifeln lässt. Eine enge einsame Straße (und noch mehr Zweifel) führen bis zu einem Bahnübergang. Hier parken wir den Wagen und laufen hinab zur Küste.
Immerhin lässt der Regen etwas nach und zumindest das Timing passt – Minusebbe von 1,5m (also 1,5 m unter normalem Meeresniveau) gute Bedingungen ...
... um die Schieferrippen – den „Flysch“ von Sakoneta freizulegen.
Wir tasten uns in den Rinnen nach vorne zum Meer, wo das Wasser an tieferliegenden Rinnen an uns vorbeispült ...
... und wir auf den Nachbarstrand blicken können, ...
... der eine Felswand präsentiert, die wie in Lamellen gerippt erscheint.
Immer wieder setzt Regen ein, dann müssen vor allem Kameras und Frisur (;-) ) gerettet werden – zumindest ersteres gelingt.
Sakoneta, das ist schon großes Kino – gerade bei diesen intensiven Bedingungen wirkt die Natur hier noch ein bisschen gewaltiger. Gelegentlich bricht die Sonne durch – manchmal gibt es auch Regen und Sonne gleichzeitig – das volle Programm von oben.
Wir wollen schon den Rückweg antreten, überlegen es uns kurzfristig anders und klettern bei äußerst weichem matschigem Boden auf einem Pfad den Hügel hinauf.
Während ich schon überlege, wie weit unten im Koffer meine Ersatzhose verstaut ist, wenn es mich gleich hinlegt, möchte die Natur noch eine Zugabe oben drauf setzen.
Von oberhalb des Gipfels – bietet sich nicht nur ein herrlicher Blick auf den Küstenverlauf...
... wir werden auch noch mit einem perfekten Regenbogen belohnt.
Ein Anblick, der sich tief in die persönliche Festplatte brennt.
Danach geht es ins benachbarte Zumaia. Dort lassen wir unsere Erlebnisse bei einem Cappuccino mit einem Teller Fisch-Tapas sacken.
Am Abend sind wir zurück in Getaria und kehren im Restaurant unterhalb unserer Unterkunft ein. Natürlich Fisch – genauer gesagt Seeteufel kommt uns auf den Teller. Schmeckt ganz ok, aber wenn teuflisch, dann eher der Preis mit 40€ (ohne Beilagen) für die 2 Personen-Platte, denn geschmacklich war das nun nicht unbedingt ein sexuelles Erlebnis für den Gaumen. Ok, aber eben nur ok und gewürzt wird im Baskenland sowieso eher zurückhaltend – also an alle Gourmetbanausen wie mich - Salzstreuer im Lokal gleich ins Visier nehmen.
Aber prinzipiell keine Sorge – wer mal nach Nordspanien möchte – die Preise sind sonst eher niedrig, dafür die Lebensfreude der Menschen hoch.
Noch eine kleine Anmerkung ganz anderer Art.
Auf Reisen bewährt sich oft so etwas wie ein Talisman, der zum guten Gelingen der Unternehmung beitragen soll. Etwas ungewollt und vielleicht auch etwas ungewöhnlich wird das bei uns eine Orange.
Gekauft zum kurzfristigen Verzehr, wird sie uns bis zum Ende als treuer Begleiter, auf jedem Zimmer abends aufs Neue entgegenblicken (scheinbar etwas vorwurfsvoll ,da sie auch an diesem Tag wieder verschmäht wurde) … und ungewollt die komplette Reise bis Santiago an unserer Seite sein – buenos dias muchacho …
Übernachtung:
Katrapona, Getaria, Baskenland