6. Tag – Dienstag, 02.10.
Das Wetter soll heute ziemlich schlecht werden, viel Regen und das nicht nur in den Bergen, sondern auch an der Küste. Und tatsächlich regnet es während wir beim Frühstück sitzen. Peter meint, eine größere Stadt wäre da genau das richtige. Die gibt es hier aber im näheren Umkreis nicht und mit dem Auto weit fahren und dann auch noch in eine Großstadt hinein wollen wir nicht. Daher schauen wir im Internet, was es so an Bahnverbindungen ab Caernarfon Bahnhof gibt. Tja, die Idee ist genauso schnell wieder gestorben, wie sie geboren wurde – egal wohin (Liverpool, Manchester, Cardiff), viele Stunden Fahrt mit mehrmaligem Umsteigen.
Ich schlage vor, als erstes in den kleinen Ort Beddgelert im Snowdonia NP zu fahren und dann je nach Wetter über das nächste Ziel zu entscheiden.
Und so starten wir gegen 8.30 Uhr in Richtung Beddgelert, der Regen hat inzwischen aufgehört. Auch diese Straße durch den National Park ist, wie erwartet, sehr eng und sehr kurvig, aber heute sind wir fast alleine unterwegs, so dass es trotzdem entspannt bleibt.
Nach 27 km erreichen wir eine halbe Stunde später Beddgelert.
Auf dem recht großen Parkplatz haben wir freie Platzwahl. Wir bezahlen £ 2,50 für 4 h am Automaten und bummeln dann durch den Ort. Ach, was ist das für eine Idylle! Selbst bei dem trüben Wetter, das den Blick auf die umliegenden Berge verhindert, erscheint das Dorf wirklich wie aus dem Bilderbuch oder aus einem Inspector Barnaby Film.
Nach unserem Rundgang ist es immer noch trocken von oben, so dass wir einen der Spazierwege in Angriff nehmen, die eben über eine Wiesenfläche (oder Hochmoor?) führen. Natürlich gehen wir auch am Grab vorbei, das den Ort bekannt gemacht hat (und vielleicht genau zu diesem Zweck von einem Hotelbesitzer erfunden wurde? Beddgelert bedeutet Gelerts Grab und Gelert war, wenn man diese Geschichte glaubt, ein Hund, der Llywelyn dem Großen gehörte. Llywelyn tötete den Hund, weil er dachte, er hätte seinen kleinen Sohn zu Tode gebissen. Danach kam heraus, dass der Hund den (vergeblichen) Versuch gemacht hatte, den Sohn vor einem Wolf zu beschützen. Das Ganze geschah im 13. Jh und im 18. Jh wurde vermutlich das Grab von einem Hotelier errichtet, der den Tourismus fördern wollte). Ein Foto ist mir das Grab nicht wert, wir genießen lieber die herbstliche Landschaft hier, die tiefhängenden Wolken sorgen mal wieder (wie schon bei der Wanderung um den Llyn Idwal) für eine mystische Stimmung.
Die Wege sind scheinbar auch beliebt bei den Hundebesitzern des Ortes, wir begegnen mehreren und bis kurz vor Ende gibt es keine Probleme, die Hunde interessieren sich nicht für uns. Dann passiert mal wieder das unvermeidliche, ein fast ponygroßer Hund (keine Ahnung was das für eine Rasse ist), der zusammen mit seiner Besitzerin, einer älteren Dame uns entgegenkommt und nicht angeleint ist, setzt sich plötzlich in unsere Richtung in Bewegung, nimmt Geschwindigkeit auf und stürmt in vollem Galopp auf uns zu. Die Besitzerin ruft ihn nicht mal zurück und für mich wird mal wieder ein Alptraum wahr. Ich versuche mich, irgendwie hinter Peter zu verstecken, natürlich vergeblich, der Hund hüpft bellend um uns herum, bis endlich die Besitzerin ankommt und den Hund am Halsband nimmt. Eine Entschuldigung? Fehlanzeige! Irgendetwas in die Richtung von «der tut nichts, aber er ist wohl doch zu groß» oder so murmelt die Dame.
Zum Glück erreichen wir kurz darauf, ohne weitere Hundebegegnung wieder das Dorf.
Gegen 10.30 Uhr fahren wir weiter. Da es immer noch trocken ist, entscheiden wir uns, auf die Halbinsel Llyn zu fahren. Erster Stop dort ist nach ca. 25 km der Ort Criccieth mit seinem Castle bzw. dessen Ruine. Die Burg wurde von dem uns aus Beddgelert bekannten walisischen Prinzen Llywelyn im 13. Jh. errichtet und von den Engländern unter Edward I. (der u.a. die Burgen von Caernarfon, Beaumaris und Conwy bauen liess) erobert. Zerstört wurde sie aber von den Walisern, als sie die Burg im 15. Jh. wieder von den Engländern zurückeroberten.
Wir parken auf dem großen Parkplatz direkt am Strand, bezahlen £ 1,00 (für 4 h) und spazieren dann am Strand entlang zum Castle, das auf einem Felsen über dem Strand errichtet wurde.
Soweit wie möglich gehen wir am Strand entlang, das Castle immer im Blick, dann wechseln wir in den Ort, die Straße hinauf und dort ist auch schon der Eingang zur Ruine mit Visitor Centre. Wir bezahlen £ 11,00 zu zweit, schauen uns ein bisschen im Museum des Visitor Centre um, das die Geschichte der Burg erklärt und gehen dann über einen Erdpfad hinauf zur Ruine. Von hier hat man wunderbare Ausblicke in alle Himmelsrichtungen. Wir klettern ein bisschen in den Mauerresten herum und setzen uns dann auf eine Bank, um den herrlichen Blick über den Strand bis zu den Bergen zu genießen.
Zurück im Visitor Centre schaue ich mich noch im Gift Shop um und entdecke einen Sofakissenbezug, der wunderbar in unser Wohnzimmer passt, da kann ich nicht widerstehen.
Gegen 12 Uhr sind wir wieder am Auto, wo wir ein kleines Mittagspicknick abhalten. Wunderbarerweise hat es immer noch nicht angefangen zu regnen, so dass wir beschließen, noch auf der Llyn Halbinsel zu bleiben und ins ca. 40 km entfernte Dörfchen Aberdaron zu fahren, das ganz am westlichen Ende der Halbinsel liegt. Die eigentlich recht kurze Strecke zieht sich mal wieder, dank enger und engster Strassen, aber nach ungefähr einer Stunde Fahrt haben wir es geschafft. Der nur knapp 1000 Einwohner zählende Ort hat einen erstaunlich großen Parkplatz, verwaltet vom National Trust, Parkgebühr £ 4,00 für den Rest des Tages.
In einem netten Café gibt es dann (mal wieder
) Cream Tea für mich und Cappuccino und Kuchen für Peter. Dann folgen wir einem ausgeschilderten Rundweg um den Ort, der zunächst dem Klippenpfad folgt. Von hier wird die kuriose Lage des Dorfes und auch wie klein es tatsächlich ist, erst richtig deutlich.
Der Rückweg führt dann relativ langweilig durchs Hinterland wieder in den Ort. Nach diesem etwa einstündigen Spaziergang machen wir uns auf den Heimweg.
Während der Fahrt fängt es dann doch noch an zu regnen, ein weiterer ins Auge gefasster Stop bei einem Strand bei Caernarfon, fällt damit buchstäblich ins Wasser. Wir tanken und nehmen im Supermarkt eine Pizza zum Abendessen mit.
Gegen halb sechs Uhr sind wir in der Ferienwohnung, wo wir, da es beständig weiterregnet, den Rest des Abends verbringen.
Wetter: bewölkt, ab ca. 16.00 Uhr Nieselregen, ca. 15° C