Ja, ja, es wäre sehr nett, könnte man sich in anderen Ländern wie ein Entdecker fühlen wie zu den Zeiten, als man noch mit Kutsche, Segelschiff und Kamelkarawane reiste...
Das ist heute aber nicht mehr so, und ich bin froh darüber. Denn wäre es heute noch so, würde ich wahrscheinlich weder über Bergketten, noch über Meere, noch über Wüsten hinweg reisen.
Nee, wir Reisenden heutzutage sind keine Entdecker mehr, auch wenn wir nicht als Pauschaltouristen die Orte aufsuchen, an denen es Bier und Schnitzel mit Pommes gibt und die schon im TUI-Katalog alle gleich aussehen.
Und ich finde, dass jeder gleichermaßen das Recht hat ein Land auf seine Weise zu entdecken, individuell oder in der Gruppe. Wo es schön ist, spricht sich herum, heute nicht mehr durch die Tagebücher wirklicher Abenteurer und Individualisten, sondern eher durch Blogs in schlechter Sprache und mit grottiger Rechtschreibung und so einfallsreichen Titeln wie "die 10 besten X, die du in Y besucht haben musst".
X= Wahlweise Burgen, Strände, Berge, Dörfer, Aussichtsplattformen, Katzencafés...
Y= Beliebiger Ort.
Ich mag mich nicht über andere erheben und mich als etwas Besseres fühlen, nur weil ich subjektiv der Meinung bin, dass ich mich schließlich bemühe mich anzupassen. Ich bin sicher, dass ich Fettnäpfchenspürnase schon oft für nachsichtiges Lächeln oder erzürnte Blicke gesorgt habe durch Benehmen, das sich nicht gehörte, und das mir selbst gar nicht aufgefallen ist.
Habe ich das Recht anderen abzusprechen, dass sie auch den Grand Canyon, das Taj Mahal, die Malediven oder den Tafelberg sehen wollen? Definitiv nicht!
Da gibt es Deutsche, die vor Ort nicht mit anderen reden oder nur englisch miteinander reden in der Annahme, dass ihre Nationalität verborgen bleibt. Warum? Was soll das Spielchen? Klar ist es nett, zwischen Locals unterzutauchen, aber man tut schließlich nur so für ein paar Tage. Hat es einen besonderen Gewinn in NYC zielstrebig zur Subway zu gehen in der Annahme für eine Einheimische gehalten zu werden? Und auch wenn ich selbst es immer wieder spannend finde, wenn ich als allein reisende Deutsche irgendwo auftauche, wo sonst nur Einheimische sind, macht es das Erlebnis zwar zu etwas Besonderem für mich, ist aber dennoch nichts Besonderes für die Welt. Da gibt es wirklich Menschen, die krasser drauf sind als ich.
Aber ich für mich nehme die Challenge gerne an und suche auch danach an Orte zu reisen, an denen eben nicht alles ist wie daheim und wie ich es von früheren Reisen schon kenne. Andererseits habe ich nun in den USA durchaus gesehen, wie nett es ist, eben nicht immer Neues haben, was den Blutdruck hochtreibt, sondern einfach Vertrautes neu zu erleben.
Dennoch: Stupide vor sich hinstarrende Chinesen im Pulk fallen mir auch immer wieder negativ auf, da pflege ich meine Vorurteile und bin fast erleichtert, wenn ich irgendwo auf der Welt saufende Schweden, neureiche aufgetakelte Russen oder Franzosen ohne Fremdsprachenkenntnisse oder laute raumgreifende Amerikaner bei 2 Grad in ihren Shorts oder deutsche Wanderer im Partnerlook in ihren Jack Wolfskin Outfits sehe. Da kann ich mich immerhin so lange beruhigt zurücklehnen und mich als etwas Besonderes in meinem Bemühen um Angepasstheit fühlen, bis sich ein Einheimischer neben mich setzt, mich freundlich und vorurteilsfrei lächelnd ansieht und mir erst einmal erzählt, dass der Ort derzeit ja so beliebt sei bei uns Europäern, dass immer wieder Franzosen, Italiener, Deutsche und Holländer kämen und man sich freue uns alle im eigenen Land begrüßen zu können...