3. Tag – Montag, 15.05. (Colorado Provençal, Roussillon)
Beim Aufstehen um 6 Uhr sind meine Kopfschmerzen zum Glück weg, wir frühstücken, ich mache den Abwasch, dann nehmen wir uns die Liste der Einrichtungsgegenstände vor, die wir heute abgeben müssen.
Da die Rezeption erst um 9.00 Uhr öffnet, haben wir dafür genügend Zeit. Die brauchen wir dann auch, da sich das Ausfüllen als sehr aufwendig herausstellt. Die Gegenstände sind auf Französisch und Englisch gelistet und die meisten sind auch problemlos zu verstehen und durchzuzählen. Es werden sogar die Anzahl der Balkontische und Stühle abgefragt, die Anzahl der Nachttischchen, der Tischlampen und natürlich der Küchengegenstände. Und da wird es teilweise kompliziert, da wir bei der Bezeichnung verschiedener Töpfe und Pfannen weder auf Englisch noch auf Französisch ganz sicher sind, auch das Wörterbuch hilft meist nicht. Na ja im Ausschlussverfahren können wir alles bis auf zwei Dinge klären: Couteau d’Office = Office Knife und Range-Couvert (das englische Wort dazu weiß ich nicht mehr).
An der Rezeption ergibt sich dann, dass ersteres ein kleines Messer bezeichnet, das wir wohl Obstmesser nennen würden, der zweite Begriff meint einen Besteckkorb bzw. Besteckkasten. Schön, wieder etwas gelernt. (Ein Obstmesser war in unserer Küche nicht vorhanden, sonst hätten wir das sicherlich als Messer zugeordnet, das Besteck war tatsächlich in einem Besteckkasten, aber auf diesen Begriff wären wir niemals gekommen.)
Wir werden nochmal zum heute Mittag stattfindenden Umtrunk eingeladen, mit Hinweis auf das schöne Wetter und unsere Ausflugspläne lehnen wir aber ab.
Dann können wir endlich unser eigentliches Urlaubstagesprogramm starten. Bei der Planung hatte ich abwechselnd einen Tag Wanderung, einen Tag (Stadt)Besichtigung vorgesehen. Demnach wäre heute eigentlich Besichtigungstag. Da das Wetter aber so perfekt ist, ziehen wir die Wanderung durch und um den Colorado Provençal de Rustrel vor, für die bunte Landschaft ist Sonne und ein Wochentag (am Wochenende ist es zu voll) Bedingung.
Auf dem Weg nach Rustrel (ca. 30 km von Les Beaumettes entfernt) stoppen wir bei einem Supermarkt in Apt, um für das Mittagessen einzukaufen.
Den Parkplatz des Colorado Provençal erreichen wir gegen 11.00 Uhr. Wir bezahlen die Park- und Eintrittsgebühr von EUR 5,00 bei der Dame an der Einfahrt und bekommen dafür zwei Broschüren bzw. Pläne für den Colorado. Der Parkplatz ist schön angelegt mit den hier üblichen niedrigen Bäumchen, im mittleren Teil befinden sich Picknickbänke, es gibt Toiletten und ein kleines Restaurant. Der Parkplatz ist ungefähr zu einem Viertel bis zur Hälfte belegt, bei den ausländischen Fahrzeugen überwiegen Belgier und Deutsche.
Wir wollen natürlich den Rundweg durch die Ockerbrüche hindurch gehen, aber auch eine Wanderung aus dem Wanderführer, die außen herum führt. Entgegen dem Vorschlag im Wanderführer erst die Wanderung zu machen, entscheiden wir uns als erstes durch die Ockerbrüche zu gehen. Nach der Wanderung sind wir sicherlich zu erschöpft, um den Colorado genießen zu können, außerdem wird es dann wesentlich mehr Besucher haben und auch die Temperaturen werden steigen.
Nach ungefähr zehnminütigem Fußweg ab Parkplatz steht man vor der ersten bunten Felswand bzw. sind es ja keine wirklichen Felsen oder Steine, sondern Ockersand, der durch Erosion und den Menschen freigelegt wurde. Das gesamte Gebiet des sog. Colorado Provençal wurde bis in die 1960iger Jahre als Ockerbruch genutzt, der Ocker wurde dort abgebaut und in nahe gelegene Fabriken transportiert. Dort wurde der Ocker in einem langwierigen und komplizierten Verfahren bearbeitet, bis man ihn als Farbe zum Beispiel für Hauswände benutzen konnte. In der Gegend hier gab es mehrere Ockerbrüche und Fabriken, fast alle sind heute geschlossen, da Farben wesentlich preisgünstiger künstlich hergestellt werden können.
Die Landschaft leuchtet herrlich in verschiedenen Rot- und Gelbtönen, der Kontrast zum blauen Himmel verstärkt das Ganze noch. Man kann auf die großen Ockerhügel sogar hinaufsteigen und hat von oben einen tollen Rundblick.
Wir gehen den ausgeschilderten Fußweg entlang, genießen die Farben und fotografieren ausgiebig. Leider ist es schon sehr heiß, man ist ja in einer Art Talkessel und hier staut sich die Wärme.
Wir sind deshalb froh, als der Weg nach einiger Zeit zwischen Bäumen hindurch führt, so hat man wenigstens ein bisschen Schatten. Dann ist erst mal nichts mehr Buntes zu sehen, der Waldpfad geht leicht bergauf.
Plötzlich stoße ich mit dem Fuß gegen einen Stein oder eine Wurzel, denke mir erst noch nichts dabei, aber beim Wiederaufsetzen des Fußes ist wohl wieder ein Hindernis im Weg und ehe ich es richtig bemerke, liege ich der Länge nach auf dem Boden.
Mein erster Gedanke gilt meiner Kamera, die ich an einem Gurt schräg über den Körper trage. Wunderbarer Weise bin ich auf meine linke Seite gefallen, während die Kamera rechts hängt und sie hat tatsächlich keine einzige Schramme, nicht mal die Gegenlichtblende ist gebrochen. Allerdings ist sie voller Sand bzw. Erde, wie ich im Übrigen auch. Vorsichtig setze ich mich auf und versichere den vielen Leuten, die stehengeblieben oder sogar umgedreht und zurück gekommen sind, dass alles in Ordnung ist. Peter hilft mir dann beim Aufstehen und sammelt Broschüren, Wanderführer und sonstiges Zeug ein, das in den offenen Außentaschen meines Rucksacks war und beim Sturz rausgefallen ist. Es scheint nichts gebrochen zu sein, Knie und Arm schmerzen etwas, aber erst Peter bemerkt, dass sich unterhalb meines linken Ellbogens eine ca. 10 cm lange Schürfwunde befindet, die blutet.
Mit Feuchttüchern, die ich immer dabeihabe, säubere ich mich und die Kamera so gut es geht, Pflaster habe ich auch dabei, die sind aber zu klein, um die gesamte Wunde abzudecken, ich lasse sie daher offen, im Auto haben wir dann ja Verbandszeug.
Zum Glück haben wir den größten Teil des Rundwegs schon hinter uns, es gibt nun aber noch schöne Ausblicke auf die Umgebung mit den bunten Felsen als Vordergrund und Blicke in die bunte Landschaft hinunter.
Nach insgesamt ungefähr einer Stunde sind wir wieder am Parkplatz zurück. Peter legt mir einen Druckverband an, dann setzten wir uns an einen der Picknicktische und essen zu Mittag.
Gegen 12.30 Uhr starten wir dann unsere Wanderung (Müller Wanderführer Nr. 17). Es geht nochmals in Richtung des Eingangs zu den Ockerbrüchen, dann wendet sich der Weg nach links und führt am Rande der Ockerbrüche vorbei. Der Weg ist breit und geschottert, es geht nur leicht bergauf. Immer wieder hat man tolle Blicke auf bunten Ockerformationen.
Es ist allerdings sehr heiß und der Weg liegt hauptsächlich in der Sonne, so dass die Zitat Wanderführer „… gemächliche, kinderfreundliche Rundwanderung um die Ockerbrüche ohne größere konditionelle oder sportliche Herausforderungen“ zu einer schweißtreibenden, anstrengenden Angelegenheit wird.
Wir sind froh, als wir nach ungefähr einer dreiviertel Stunde den höchsten Punkt der Wanderung erreichen (580 m). Nun geht es eben an grünen Getreide- und Lavendelfeldern (der Lavendel blüht natürlich noch nicht) vorbei mit Blick über kleine Dörfer bis zum Großen Luberon.
Hier treffen wir auch auf die einzigen anderen Personen während der gesamten Wanderung, eine Fahrradfahrerin und eine Gruppe Wanderer, die gerade ein Picknick macht.
Schließlich geht es durch den Wald – endlich Schatten! – wieder bergab.
Man hat nochmal schöne Blicke auf den Ocker, aber es wird richtig steil und steinig.
Hier ärgern wir uns wieder, wie schon gestern, über den Wanderführer, der wie gesagt, diese Wanderung als „ohne größere sportliche Herausforderung“ beschreibt und auch im Text diesen Abstieg nur als Abstieg ohne jegliche weitere Ausführung erwähnt. Aufgrund dieser Beschreibung hätten wir die Wanderung bedenkenlos mit jemandem gemacht, der z.B. aufgrund von Knieproblemen nicht steil bergab gehen kann. Dann wäre einem nichts anderes übrig geblieben als umzudrehen.
Als wir endlich den Abstieg hinter uns haben, führt der restliche Weg eben, aber in der Sonne an einigen Bauernhöfen und Häusern vorbei zurück zum Parkplatz. Das war extrem anstrengend und jetzt im Nachhinein gesehen, wäre es wohl besser gewesen, aufgrund der Hitze auf die Wanderung zu verzichten.
Es ist bereits 15.30 Uhr, die eigentlich geplante kurze Besichtigung von Rustrel streichen wir nun und fahren weiter nach Roussillon. Auch hier gibt es Ockerbrüche, aber auch der Ort selbst ist aufgrund der mit den Ockerfarben gestrichenen Häuser einen Besuch wert.
Wir parken etwas unterhalb des Zentrums (2 EUR) und bummeln dann durch den Ort. Hier geht es ziemlich touristisch zu, es hat sehr viele Souvenirgeschäfte, Galerien, Restaurants und Cafés. Alles relativ geschmackvoll und der Besucherandrang hält sich zum Glück in Grenzen, es hat aber dennoch einige Asiaten und Amerikaner, die uns mit ihren Selfies, ihren feinen Kleidchen und Schühchen (trotz Kopfsteinpflaster) etwas nerven.
Das Dorf ist mit den engen Gässchen und den in der Spätnachmittagssonne leuchtenden roten Häusern einen Besuch wert.
Nach einiger Zeit setzen wir uns in ein Café, wo es immerhin Galettes und Crêpes gibt, wir haben nämlich Hunger und etwas anderes zum Essen gibt es leider nicht um diese Uhrzeit. Wir essen also Galette mit Ei und Schinken und trinken einen Kaffee dazu.
Dann setzen wir die Besichtigung fort, leider habe ich schon wieder leichte Kopfschmerzen, so dass ein anschließender Besuch der Ockerbrüche hier nicht mehr in Betracht kommt. Wir kaufen noch für unsere Nachbarin, die aufs Haus aufpasst und die seit einiger Zeit das Malen als Hobby für sich entdeckt hat, eine Schachtel mit mehreren kleinen Döschen Ockersand in verschiedenen Farben inkl. Anleitung zur richtigen Nutzung der Farbe je nach Maltechnik als Dankeschön, dann gehen wir zurück zum Auto.
Gegen 17.30 sind wir wieder in der Ferienwohnung. Dort entferne ich den Verband an meiner Schürfwunde, es hat sich zum Glück schon eine leichte Kruste gebildet, so dass die Wunde nun an der Luft heilen kann. Um 21 Uhr sind wir auch heute wieder bettreif.
Wanderung lt. Wanderführer:
Gehzeit 2.20 h (unsere Gesamtzeit 3 h) (plus Rundweg im Ockerbruch 1 h)
Strecke 8,9 km (plus Rundweg im Ockerbruch 4 km)
Aufstieg 320 m
Wetter: sonnig, ca. 28 °C