Samstag, 13. AugustNetterweise wacht mein Körper um halb sieben auf, auch ohne Wecker, und so bin ich zwanzig Minuten später auf dem Weg zurück in den Grand Teton Park. Die Mormon Row will ich heute auf jeden Fall besuchen und dann mal schauen, was noch so passt, denn heute will ich noch bis Vernal fahren.
Der Himmel ist klar – bis auf die Wolken im Osten, das passt natürlich gar nicht zu Fotos in der Morgensonne. Immerhin scheint die Sonne die Farmen an der Mormon Row an, aber die Berge sind teilweise von Wolken beschattet. Überhaupt ist das Licht nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Schon gestern hatte ich den Eindruck, dass es diesig ist, heute morgen ist es nicht anders. Vielleicht hängt Staub in der Luft oder es gibt irgendwo in der Nähe Waldbrände? Aber immerhin, die Wolken geben schließlich doch mehr Licht für die Berge frei, und bevor der Parkplatz an der Moulton Barn sich langsam füllt, kann ich das bekannte Motiv noch ohne herumspazierende Konkurrenzknipser ablichten.
Weiter geht’s zu Schwabachers Landing. Dort sind schon mehr Leute unterwegs, und vor allem scheinen die Enten langsam aufzuwachen. "Little Critters", schimpft ein Konkurrenzfotograf. Ich schaffe es noch, ein paar Bilder mit glatter Wasseroberfläche zu machen, dann arbeiten sich die Enten langsam den Fluss entlang, und das Wasser kräuselt sich.
Als letztes Ziel für heute Morgen habe ich mir die kleine Chapel of the Transfiguration ausgesucht. Die finde ich sehr pittoresk, und dazu gibts sogar schon ein wenig herbstliche Laubfärbung.
Damit ist der Besuch im Grand Teton NP abgeschlossen. Auch auf die Gefahr, dem Park nicht gerecht zu werden: Ein bisschen eintönig ist es hier ja schon. Die Berge im Hintergrund sind ja immer die gleichen, was ändert es da schon, ob man eine Scheune oder eine Ente in den Vordergrund schiebt. Außerdem hatte der Park es in der Hand, mich für sich einzunehmen, indem er mir ein paar Elche präsentiert hätte. Die Chance hat er nicht genutzt, Pech gehabt. Ich bin jedenfalls froh, dass ich bei meinem ursprünglichen Plan geblieben bin und alle verfügbare Zeit im Yellowstone NP verbracht habe. Wenn es mich nochmal in die Berge zieht, dann wird es wieder Südtirol. Dort kann ich dann auch gleich wieder auf einem Haflinger reiten. ;-)
Zurück im Hotel skype ich noch ein wenig, dann checke ich aus und mache mich gegen viertel nach zehn auf den Weg nach Vernal. Das Navi erklärt mir, dass ich bis dahin 5 Stunden 19 Minuten brauchen werde, inklusive 6 Minuten Verzögerung, wobei ich keine Ahnung habe, welche 6 Minuten Verzögerung das Navi meint, aber vielleicht meint es die gefühlten 6 Minuten die ich brauche, um vom Hotel aus nach links auf die Hauptstraße abzubiegen. Dann ist das endlich geschafft und die Fahrt beginnt.
Ich höre eine Best of - CD von John Denver und singe eifrig bei „Country Roads“ mit, während die Country Roads mich nach Süden führen. Viele Orte liegen nicht auf der Strecke. Einer der ersten ist Hoback (wenn ich mich nicht irre) mit ein paar hundert Einwohnern, aber immerhin einer Grundschule und einem Postamt. Später komme ich nach Pinedale. Der Ort mit über 2000 Einwohnern kündigt auf einem Schild bei der Ortseinfahrt an, er biete „All the civilization you need“. Das passt mir gut, denn es ist jetzt halb zwölf und Zeit für ein frühes Mittagessen. Leider erspähe ich beim Durchfahren nichts, was mir wirklich passt, und plötzlich liegt der Ort hinter mir. Huch, schon vorbei? Okay, dann fahre ich halt 99 Meilen bis Rock Springs.
Auf dem Weg nach Rock Springs läuft zum dritten mal „Country Roads“, das geht gar nicht mehr, jetzt muss ABBA ran. Ich drehe laut auf und singe mit und komme durch einen Ort namens Farson mit ein paar Einwohnern. Am Straßenrand auf einem Feld steht ein riesiges Schild mit der Aufschrift „You could live here“, was ich eher als Drohung empfinde, aber offenbar will man mit diesem Schild das Grundstück an den Mann bringen, denn darunter steht noch eine Telefonnummer.
Gegen ein Uhr erreiche ich endlich Rock Springs und kehre kurz vor der Abbiegung auf die Interstate beim mexikanischen Schnellimbiss Taco Time ein. Frisch gestärkt und mit weiteren 2 Stunden 15 Minuten Fahrzeit vor mir nehme ich für ein paar Kilometer die Interstate nach Westen, dann geht die Fahrt weiter auf der Landstraße Richtung Süden. Die Straße ist hier ziemlich rumpelig, und die Dancing Queen geht mir inzwischen auch auf den Keks. Jetzt darf mal Kiss ran, der schräge Gesang passt besser zu ruppigen Straßen. Die Landschaft ändert sich, ich passiere den Staudamm am Flaming Gorge und kann schon mal unterschiedliche Gesteinsschichten bewundern. Inzwischen bin ich schon in Utah, und die Leute hier haben am Straßenrand informative Schilder dazu aufgestellt, auf welcher Gesteinsschicht man gerade fährt und was dort früher war, z.B. Sanddünen oder Ozeanboden oder der Boden, auf dem Raubsaurier jagten. Am besten gefällt mir ja die Humbug Formation. Ich weiß zwar nicht mehr, was dort war, aber es klingt jedenfalls, als hätte diese Gesteinsschicht lange darum kämpfen müssen, allgemein anerkannt zu werden.
Etwa 20 Minuten bevor ich Vernal erreiche will ich noch eine kleine Wanderung unternehmen, und zwar im Red Fleet State Park zu Dinosaurierfußspuren am Seeufer. Während ich mich bemühe, dieses Fotos aus dem Auto zu machen,
hätte ich besser mal auf die Ausschilderung achten sollen (auch wenn ich bezweifele, dass es eine gab), denn ich fahre an der richtigen Abbiegung vorbei.
Ein paar Meilen weiter ist zwar eine Abzweigung zum State Park, aber zum südlichen Ufer des Sees. Als ich dort ankomme, erklärt mir die Mitarbeiterin den richtigen Weg und schickt mich wieder zurück. Die Straße führt von der Hauptstraße aus hinein in tolle Gesteinsschichten, da müssen dann gleich schon die nächsten Fotos her.
Am Trailhead parke ich, lade zwei Flaschen Wasser ein, setze den Hut auf und wandere los. Hier ist es deutlich heißer als gestern nachmittag in Jackson, aber gerade versteckt sich die Sonne hinter Wolken, so sind die Temperaturen erträglich. Der Weg führt über Felsen und vorbei an kleinen Juniper Trees (?), und nach einer halben Stunde ist das Seeufer erreicht. Passenderweise kommt jetzt auch die Sonne wieder raus. Am Ufer sind auch andere Leute, die sind von dort, wo ich vorhin drehen musste, mit dem Kajak rübergepaddelt, das wäre ja auch ganz nett gewesen.
Die Dinospuren finde ich zuerst überhaupt nicht, dabei zeigt eine Schautafel, wo man suchen muss, und der Wasserstand im See ist jetzt im Hochsommer auch so weit gesunken, dass man einige Spuren sehen müsste.
Dann entdecke ich aber doch den ersten, großen und tiefen Fußabdruck.
Danach weiß ich, wie ich suchen muss und finde noch einige andere. Je mehr Zeit vergeht und je tiefer die Sonne steht, desto besser sind die Spuren auch zu erkennen.
Gegen halb sechs mache mich auf den Rückweg und komme ganz schön ins Schwitzen, aber die Landschaft ist einfach toll, da kommt man doch gerne ein wenig außer Puste. Man kann die Gesteinsschichten erkennen, teilweise läuft man über die Gesteinsgrate. Wahrscheinlich berührt man da mit jedem Fuß mehrere hunderttausend Jahre gleichzeitig. Auch die Bäume sind äußerst fotogen.
Trotzdem bin ich froh, als ich schließlich die Straße erreiche. Die Felsen auf der anderen Straßenseite müssen natürlich auch noch auf die Speicherkarte,
dann mache ich mich auf die Weiterfahrt und erreiche gegen viertel vor sieben Vernal. Während des Eincheckens im Best Western Antlers erwähnt die Mitarbeiterin einen Pool. Pool? Der kommt mir jetzt gerade recht. Es ist immer noch über 90 Grad heiß, also plantsche ich fröhlich im Wasser und bekomme natürlich schnell mit, dass die Familie, die sich hier auch austobt, aus Deutschland ist. Ja, sie fahren in den Yellowstonepark erklären sie auf meine Frage, also schenke ich ihnen meinen Bärenspray.
Abends kann ich mich zu nichts mehr aufraffen, sondern schaue noch ein wenig Olympia, schreibe Reisetagebuch und helfe mir mit ein paar Snacks über den kleinen Hunger. Die mexikanische Mahlzeit heute mittag war doch ziemlich reichhaltig gewesen.
Morgen geht’s wieder aufs Wasser.
Gute Nacht!