Autor Thema: Viele Dellen, heiße Quellen: Denver - Yellowstone - Denver im Sommer 2016  (Gelesen 142791 mal)

Andrea

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    • Anti walks...
Hm, ich muss zugeben, dass mich diese Tour nicht annähernd so überzeugt hat wie die Paddeltour. Liegt es an deiner Beschreibung oder liebe ich das Wasser dann doch mehr als WildWest-Romantik? Vielleicht von beidem ein bisschen.
Liebe Grüße, Andrea



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Flicka

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Beide Touren sind natürlich schwer miteinander zu vergleichen.

Mich hat an der Cookout-Tour die Diskrepanz zwischen der ständig beschworenen Exklusivität und der faktischen Massenabfertigung gestört. Mir ist natürlich klar, dass bei einem solchen Ritt auf Anfänger-Niveau geritten wird, und dass die Tour nicht individuell zugeschnitten ist. Was mich schon überrascht hat, waren die vielen Leute beim Cookout. Man musste da teilweise richtig lang an der Essensausgabe in der Schlange stehen, die Reiter hatten allerdings Vorfahrt, weil sie später angekommen sind als die Planwagenfahrer und früher wieder aufgebrochen sind.

Es war alles gut organisiert, und sowas findet ja auch jeden Tag statt. Aber gemacht haben die, als wäre man gerade der erste Mensch, der dort seinen Fuß aufs Gelände setzt. Und zum Schluss bekamen wir dann einen langen Vortrag darüber, dass wir gerade ganz exklusiv im Back Country unterwegs waren und wie wir uns dadurch vom gemeinen Tourist unterscheiden. Es war halt so ein aufgesetztes Begeisterungs-Getue. Aber wie ich an meinen Tischnachbarn festgestellt habe, waren die ja auch begeistert, oder haben zumindest glaubwürdig so gemacht als ob. Dabei sind die auf dem direkten Weg mit dem Planwagen zum Cookout und zurück gefahren.

Paula

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Also das ist ja wirklich Wildwestromantik pur  :)
Ich bin noch nie auf dem Rücken eines Pferdes gesessen, wäre nach Auskunft deines Veranstalters also geradezu prädestiniert für diesen Ausflug. Also mir hats gefallen!
Viele Grüße Paula

Flicka

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Damit kein falscher Eindruck entsteht: Mir hats auch gefallen, und  zwar sehr gut. Die kritischen Anmerkungen sind wirklich Jammern auf hohem Niveau, verstärkt von heftigem Yellowstone-Abschiedsschmerz.

Die Zeit im Park war schneller vorbei als gedacht, und ich hatte zu Hause noch vieles herausgesucht und ausgedruckt, was ich dann gar nicht unternommen habe. Komisch, dass ich vor neun Jahren überzeugt war, dass wir in 2,5 Tagen alles gesehen haben, und dass ich jetzt nach 12 Tagen das Gefühl hatte, unheimlich viel ausgelassen zu haben.

Andrea

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    • Anti walks...
Das ist wohl der Unterschied: Will man jeden Stein umdrehen oder möglichst viel sehen? Mittlerweile neige ich dazu eher jeden Stein umzudrehen und Urlaub lieber entspannter anzugehen. Zumindest empfinde ich das bei meiner aktuellen Reiseplanung so und würde mein Traumziel Namibia ähnlich planen. Wenn ich allerdings einmal (und vermutlich nur einmal!) nach Neuseeland käme, würde ich vielleicht wieder die stressigere Variante wählen. Hm, schwierig.

Auf jeden Fall finde ich in deinem Fall das entspannte Reisen und Genießen (!) total schön.
Liebe Grüße, Andrea



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Flicka

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Vielleicht ist es beim zweiten Besuch leichter als beim ersten, sich mehr Zeit für ein Ziel zu nehmen. Man hat schon eine Ahnung, was einen erwartet und vor allem ob es einem grundsätzlich gefällt.  Ein paar Wochen vor dem Urlaub hatte ich eine Bekannte getroffen, die bei dem Gedanken, 12 Tage im Yellowstonepark verbringen zu müssen, ziemlich entsetzt war. Sie war vor Jahren mit ihren Eltern dort und fand die vielen Quellen und Geysire wohl tödlich langweilig.

Generell neige ich aber inzwischen auch dazu, weniger Sachen zu besuchen und sie dafür intensiver zu erkunden. Aber ich erwische mich dann doch dabei, wie ich bei der Detailplanung anfange, immer mehr reinzustopfen.

Andrea

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    • Anti walks...
Aber ich erwische mich dann doch dabei, wie ich bei der Detailplanung anfange, immer mehr reinzustopfen.

Oh ja, das Problem kenne ich. Jetzt wo feststeht, wo wir wohnen, schaue ich mir die Möglichkeiten alle an und mir gehen jetzt schon wieder die Tage aus, wenn ich sie nicht zu voll stopfen will. Aber sehen wir es mal pragmatisch: Es ist eine "Kann-" und keine "Soll-Liste"  ;D
Liebe Grüße, Andrea



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Rainer

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Wenn ich allerdings einmal (und vermutlich nur einmal!) nach Neuseeland käme, würde ich vielleicht wieder die stressigere Variante wählen.

Also "stressig" würde ich das nicht nennen, empfinde ich auch nicht so (Sylvia auch nicht). Dann würde ich es nicht machen, wenn es in Stress ausartet. Wir planen allerdings auch so gut wie gar nichts (mehr), sondern fahren einfach drauflos. Auch für den kommenden April haben wir noch nicht einmal eine generelle Richtung festgelegt, da spielt dann auch kurzfristig die Wetterlage eine Rolle. Einfach in den Urlaub fahren und machen, worauf man Lust hat - keine vorgebuchten Hotels, keine festgesteckte Route. Nur die Ankunftsnacht ist gebucht und die letzten Tage in Las Vegas. Dieses Jahr geht es ins MGM Grand, da waren wir erst einmal und das hat uns damals gut gefallen.

serendipity

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Mir geht es wie Andrea, mich hat der "Ritt" zum Cookout jetzt auch nicht aus dem Sattelvom Hocker gerissen, aber ich sitze auch nicht gerne auf dem Rücken dieser riesigen Viecher mit dem großen Zähnen  ;D. Gefällt mir aber, dass du den Ritt so mutig gegen alle Vorschriften für uns dokumentierst  8)

12 Tage Yellowstone - schon, Wahnsinn! Aber scheinbar ja immer noch nicht genug, wenn sich Wehmut breit macht und noch so viel auf deinen Listen steht.

Stressig finde ich das viel sehen auch nicht - wenn ich an Norwegen letzten Sommer zurück denke, war es für einen Erstbesuch genau richtig möglichst viel anzuschauen. Bei einem zweiten Besuch würde ich aber anders reisen und z.B. nur drei Übernachtungsorte wählen. So mache ich es ja dieses Jahr mit dem Lago Maggiore und in der Toskana. Dort muss ich nicht mehr in jede Stadt, möchte aber z.B. die Gegend um Pienza genauer erkunden, ebenso wie die Maremma. Das schließt aber nicht aus, dass ich 2018 evtl. wieder "stressig" Schottland besuchen möchte.

Flicka

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Gefällt mir aber, dass du den Ritt so mutig gegen alle Vorschriften für uns dokumentierst  8)


Na ja, was sollten sie machen? Mich auf halber Strecke rausschmeißen?  ;D

Ich lade gleich den nächsten Reisetag hoch, und dann verabschieden wir uns vom Yellowstone. Bis gleich!

Flicka

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Freitag, 12. August


Heute morgen schaffe ich es nicht aus dem Bett, jedenfalls nicht um halb sieben, als ich aufwache. Gegen halb acht wuchte ich mich unter der Decke hervor. Mein Körper fühlt sich genauso an, wie man sich halt nach einem zweistündigen Ritt fühlt, wenn man vorher jahrelang nicht geritten war. Außerdem fühle ich mich irgendwie fahrig und zittrig. Alles dauert heute morgen ewig. Die letzte Fahrt ins Lamar Valley wird also gestrichen, stattdessen checke ich gegen halb neun aus und mache mich auf den Weg nach Süden.

Im Hayden Valley gibt es wieder Phantom-Tiere und echte Bisons zu sehen, aber auch ein Wapiti, das im Fluss Wasserpflanzen frisst. Und dann trabt am gegenüberliegenden Hang ein Koyote mit Beute im Maul vorbei. Da schaut auch das Wapiti lieber mal genauer hin und lässt vorsichtshalber schon mal ein wenig Ballast ab.








Als der Koyote schließlich im Wald verschwindet, kehrt auch bei dem Wapiti wieder Ruhe ein, und es widmet sich dem Frühstücksbuffet.




Weiter geht die Fahrt. Nur einen Stopp gibt es noch, an den Lewis Falls.






Und dann ist auch bald die Parkgrenze erreicht. Jetzt heißt es: Goodbye Yellowstone, hello Tetons.






Schon heute morgen war es bewölkt, und inzwischen hat es sich immer mehr zugezogen, manchmal kommt die Sonne raus, meist liegt aber Schatten über der Landschaft, und auch auf den Bergen zeigen sich große Schatten. Ich halte trotzdem für ein paar Fotos am See und an der Colter Bay Marina und stoppe anschließend noch am Oxbow Bend.






Ein Stück weiter südlich liegt die Cunningham Cabin, da versuche ich auch nochmal mein Fotoglück mit Bergen, Cabin und Pferden, aber die Sonne verschwindet immer länger hinter den Wolken. Der Blick über die weite Prärielandschaft mit den zerklüfteten Bergen im Hintergrund ist aber auch mit Schatten toll. Das Gebirge ist - zumindest geologisch gesehen - mit ca. 9 - 13 Millionen Jahren noch sehr jung. Auf unserer Tour 2007 waren wir entlang der Seen auf der westlichen Route Richtung Süden gefahren. Erst heute, auf der östlicheren Route, wird mir der Gegensatz zwischen der flachen Prärie und den hoch aufragenden Bergen richtig bewusst.












Die Mormon Row, Schwabachers Landing und die kleine Kapelle will ich mir für morgen früh aufheben, jetzt fahre ich weiter nach Jackson. Irgendwie habe ich richtigen Zivilisationshunger, und die Zivilisation wirft ihre Schatten voraus: Erstens kann man hier tatsächlich 55 (!) Meilen pro Stunde fahren, ich denke erst, ich habe mich verkuckt. Dann erschrecke ich, weil schräg neben mir ein Flugzeug im Landeanflug auftaucht. Und zum ersten mal seit fast zwei Wochen hole ich auch wieder das Navi aus dem Handschuhfach.

In Jackson habe ich mich in der Virginian Lodge etwas südlich der Innenstadt einquartiert und kann netterweise jetzt um halb drei schon ins Zimmer. Hier gibt es einen Fernseher, einen Kühlschrank, einen Gefrierschrank und eine Mikrowelle, eine lärmende Klimaanlage, Mülleimer ohne Mülltrennung und – ganz wichtig – Internetzugang!

Ich haue mich erst mal aufs Bett, schalte den Fernseher an, ach ja, Olympia läuft ja schon, daran hatte ich gar nicht gedacht, und weide mich am Internetzugang. Der hat mir doch gefehlt.

Nach einer Rast fahre ich dann nach Jackson. Wie ich vorhin schon gesehen habe, findet dort eine Art Fair statt. Ich finde zum Glück schnell einen Parkplatz, löhne 5 Dollar für den Besuch der vielen Zeltstände auf der Art Fair und schaue mir an, was da so angeboten wird. Viel Schmuck, viele Fotos und Gemälde, aber auch Hängematten oder handgebaute Kanus aus tollen Hölzern. Letztere gefallen mir ja sehr gut, aber sowas lege ich mir erst zu, wenn ich mir mal ein Ferienhaus am See kaufe.






Jackson ist so ziemlich genauso wie ich es in Erinnerung habe, eine Mischung aus Geschäften, Touranbietern, Galerien und Restaurants. Nach so viel Natur in den letzten Tagen genieße ich es richtig, mich durch die Souvernis zu wühlen. Da gibt es schon einiges, was mir gut gefällt. Anscheinend hat der Aufenthalt in der Wildnis aber auch zu einer bedenklichen Entscheidungsschwäche geführt: Ich kaufe letztlich überhaupt nichts.


















Abends esse ich der Einfachheit halber Burger und Waffle Fries im Saloon, der zur Lodge gehört.






Einfach ist hier aber gar nix: Als ich das bestellte Bier bekomme, werde ich vor die Wahl gestellt: Entweder halte ich mir weitere Bestellungen offen, dafür muss ich aber meine Kreditkarte an der Bar hinterlegen. Oder ich bezahle jetzt sofort, bevor das Essen kommt. Ich denke zuerst, die Kellnerin will mich verarschen, so abgehalftert sehe ich wirklich nicht aus, ich habe mir doch extra für die Rückkehr in die Zivilisation ein stadttaugliches T-Shirt angezogen. Aber sie erklärt mir, heute abend hätten sie noch Live-Musik, und an solchen Abenden sei das bei ihnen üblich. Nachdem mir die Hinterlegungs-Variante eindeutig nicht gefällt, und ich auf die Variante, aufzustehen und woandershin zu gehen, auch keine Lust habe, bleibt nur die Sofortzahlung. Die leiste ich mit besagter Kreditkarte, und als die Kellnerin zurückkommt, bringt sie außer der Karte und dem Zettel zum Unterschreiben auch noch Bargeld mit. Meine Rechnung mache 15,50 Dollar, sie müssten aber mindestens 20 Dollar abbuchen, also bekäme ich hier noch 4,50 Dollar raus. Sagenhaft.

Na ja, Burger und Fries schmecken wenigstens, und weil die Live-Musik dann doch sehr lange auf sich warten lässt, gehe ich schließlich ins Zimmer zurück. Halb im Dämmerschlaf schaue ich noch ein wenig Olympia, natürlich alles aus amerikanischer Sicht, da kommen Deutsche höchstens als Beiwerk vor.

Morgen früh will ich nochmal in den Grand Teton Nationalpark, dann steht eine längere Fahrt nach Vernal an.

Gute Nacht!

serendipity

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Sehr schöne erste Eindrücke aus dem Grand Teton und Jackson - wobei ich mal wieder anmerken muss, die "spinnen, die Amis", wenn ich das Waffen-T-Shirt betrachte  :kotz:

Freue mich auf deine Eindrücke von Schwabachers Landing - irgendwie immer eine Traum-Location, die ich irgendwann auch einmal sehen möchte.

Paula

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In Jackson hat sich ja gar nix geändert, dieses T-Shirt habe ich auch fotografiert. Das Schaufenster muss ja mittlerweile völlig verstaubt sein  ;D
Viele Grüße Paula

soenke

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Schöner Tag im Canyongebiet. :)

Weisst du warum die Trails zu den Upper Falls oder Observation Point gesperrt waren ? August ist doch Hauptreisezeit !!

Wir hatten in der Canyon Lodge auch einen Bison direkt in der Nachbarschaft. Schon riesig diese Geschöpfe !!

Toll, dass du so eine Reittour gemacht hast und als ich die Bilder sah, dachte ich wie du.......

Zitat
Als wir den Platz des Cook-outs erreichen, bin ich doch etwas baff. Ich hatte mir ja doch irgendwie heimelige Lagerfeuerromantik vorgestellt, aber das hier hat die Dimensionen eines kleinen Volksfests.
          :o :o :o :o >:( >:( >:(   ;)

Schade, dass es der letzte Tag im Yellowstone war, aber auf den Grand Teton freue ich mich auch. :D

LG Sönke


Susan

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Das waren ja schöne Tage beim Canyon - so viele Regenbogen herrlich.
Schade, dass das Cookout so eine Massenveranstaltung war, wenigstens gab es ein Lagerfeuer.

Bin auch ganz erstaunt, dass schon so viele Tage Yellowstone vorüber sind - schön wars
Liebe Grüße
Susan