15. Tag Montag 24.10.2016Frühstück gabs heute im Drehrestaurant im obersten Stock. Der Blick von hier oben war klasse, Kunming allerdings ist häßlich (das habt ihr ja gestern auf den Bildern vom Hotelzimmer aus gesehen). Die Frühstücksauswahl war vorzüglich, es gab wieder alles was die chinesische Küche zu bieten hat und zusätzlich internationale Spezialitäten, Kuchen aller Art und zum ersten Mal richtiges Oatmeal. Eine Angestellte lief mit der Kaffeekanne durch den großen Frühstücksraum und schenkte Kaffee nach, diesen Luxus hatten wir bisher auch noch nicht.
Um 9 Uhr holte uns Herr Tang in der Lobby ab, heute war eine Wanderung im Steinwald geplant. Dazu mußten wir erst mal raus aus Kunming, das dauerte, denn es gab Stau. Wir fuhren übrigens standesgemäß in einem VW Santana
dann ging es auf die Autobahn, von da an kamen wir schneller voran. Herr Tang erklärte uns dass der Steinwald Weltnaturerbe ist und von vielen Chinesen besucht wird. Insbesondre gibt es einen Felsen auf den rote Schriftzeichen gemalt sind, vor diesem Stein wollen sich alle Chinesen fotografieren lassen. Entsprechend voll und laut ist es da. Zumal die Reiseleiter meistens ein Mikrofon haben. Es gebe aber auch einen anderen Bereich im Park der genauso schön ist (aber eben ohne die berühmten Schriftzeichen), da sei fast nie jemand und da sei es total ruhig. Beide Teile zu besuchen geht an einem Tag nicht. Nach seiner Erfahrung gehen Deutsche lieber in den ruhigen Parkteil, ihn selber stört der Lärm der Gruppen auch immer. Uns war natürlich der einsame Parkteil auch lieber, Horden von lärmenden Chinesen brauche ich bei einer Wanderung bestimmt nicht!
Während der Fahrt hat uns Herr Tang noch einiges aus seinem Leben erzählt. Er stammt aus einer armen Familie vom Land. Als er klein war gab es vielleicht 5 oder 6 mal im Jahr Fleisch zu essen. Wenn mal Besuch kam mußte dieser gut mit Essen versorgt werden, das ist Tradition in China, dann hatte die Familie den Rest der Woche nicht genug zu essen. Wir haben natürlich gefragt wie er dazu kam Deutsch zu lernen: damals war es noch so dass das Studium kostenlos war, man konnte sich für einen Studienplatz bewerben, er wollte eigentlich englisch studieren, aber da war kein Platz frei. Man hat ihm dann angeboten Germanistik zu studieren da gab es freie Plätze. Er wußte gar nicht was das ist und hat seinen alten Lehrer in der Schule gefragt. Der hat ihm dann zugeraten, deutsch sei eh die bessere Wahl als englisch weil es damals schon Jointventures mit deutschen Unternehmen gab, da würde er später bestimmt eine gute Arbeit haben und so hat er eben deutsch studiert, die Professoren kamen überwiegend aus Deutschland. Nach dem Studium wurde den Absolventen damals ein Arbeitsplatz vorgeschrieben. Seit 1994 muss man Studiengebühren zahlen und es gibt anschließend auch keine Arbeitsplatzgarantie mehr, viele Absolventen sind erst mal arbeitslos. Herr Tang ist sehr zufrieden, er kann sich mit seiner Familie (er hat eine Tochter) sogar einen Auslandsurlaub leisten und besitzt ein Auto.
Er hat uns auch von seiner Arbeit als Reiseführer erzählt, meistens ist er mit Gruppen unterwegs, die größten Gruppen kommen von "Berge und Meer" (ist das nicht Aldi-Reisen?), da hat er bis zu 70 Leute in 2 Bussen zu betreuen und fährt dann abwechselnd mit dem einen und dem anderen Bus ein Stück mit. Die Leute teilt er dann in Gruppen zu je 10 Mann auf und ernennt einen zum Gruppenleiter, der muss dann schauen dass seine Gruppe vollzählig ist bevor es weitergeht, er klappert dann nur die Gruppenführer ab. Krass oder? So möchte ich nicht Urlaub machen und den Aufpasser für andere Reisende möchte ich schon gar nicht spielen.
Herr Tang war auch schon als Reiseleiter mit chinesischen Grupppen in Europa unterwegs, in Deutschland fahren viele Gruppen nach Bonn (weil das mal Hauptstadt war) und in den Schwarzwald wegen des schönen Waldes. Wir haben uns gewundert, das sind doch eher B-Ziele in Deutschland. Außerdem geht er mit den chinesischen Gruppen in Deutschland immer zum Chinesen essen weil es dort billiger ist, das fanden wir sehr schade, da verpaßt man doch einiges wenn man die Landesküche gar nicht probiert. In die Schweiz fahren sie immer nur einen Tag und übernachten dann in Deutschland weil es in der Schweiz so teuer ist und Paris ist komplett aus dem Reiseprogramm gestrichen worden nachdem seine Gruppe dort von einer Bande Nordafrikaner überfallen wurde, die haben den Chinesen die Rucksäcke runtergerissen und sind weggerannt. Glück im Unglück war dass sie die Rucksäcke später mit den Papieren wiederfanden nur das Geld war weg. Ohne die Reisepäße wären die Probleme noch größer gewesen, aber es hatten natürlich alle einen Schock. Tja mit Nafris haben wir ja auch unsere Erfahrungen gemacht...
Die Fahrt war kurzweilig, Herr Tang hatte viel zu erzählen (in fließendem akzentfreiem Deutsch). Dann kamen wir in der Naigu Stone Forest Scenic Area an. Auf dem großen Parkplatz waren vielleicht drei Autos und im Besucherzentrum wo Herr Tang die Eintrittskarten kaufte außer der Angestellten kein Mensch
Dieser Parkteil ist 10 km² groß und ist vor 270 Millionen Jahren durch Erosion entstanden. Am Anfang ging es an wunderbar blühenden Wiesen vorbei dahinter kamen die Felsen in den Blick
Es gab Tafeln mit Erläuterungen sogar auf englisch
der Weg war bestens angelegt und führte immer tiefer in die Felsen rein
viele Schmetterlinge flogen hier, das war der einzige den ich ablichten konnte, es gab aber noch viel größere und buntere
dann führte der Weg nach oben zu einem Aussichtspunkt
danach ging es in eine Art Canyon, solche Abschnitte gab es mehrere,
hier haben wir wirklich mal 2 andere Besucher getroffen, einen winzigen Arch haben wir auch entdeckt
der Weg wurde immer enger, ein richtiger Canyon einfach klasse
den blauen Fleck hat die Kamera fabriziert, keine Ahnung was das für ein Effekt ist, ich finde das schaut witzig aus
viele Felsen hatten auch Namen, das hier z.B. ist Siddhartha Gautama der Begründer des Buddhismus:
Herr Tang wußte zu vielen Gesteinsformationen Geschichten zu erzählen, es gibt einige berühmte Liebesgeschichten und hier im Park gibt es viele Felsen die Figuren aus diesen Geschichten symbolieren, das habe ich mir leider nicht merken können.
Zwischendurch kam man dann wieder in offeneres Gelände, hier haben wir eine Weile Rast gemacht.
und dann gings wieder in die Schlucht
das nahm gar kein Ende! Wirklich faszinierend hier! Hier ist berühmteste Stelle im Park. Chinesen stehen total auf Spiegelungen im Wasser, ich fand das ja auch ganz nett aber die Engstellen fand ich viel interessanter.
noch ein bizarrer Felsen
am besten von allen war der Elefantenfelsen, der heißt auch in China so
ich habe mal wieder ein Gesicht entdeckt
, der Felsen hatte aber keinen Namen.
hier ging es dann langsam zum Ausgang. Wir waren dreieinhalb Stunden unterwegs gewesen und weil es ständig auf und ab ging waren wir schon ziemlich müde.
Auf der Rückfahrt wurde das Wetter schlechter und es fing ein bisschen zu regnen an, wir haben im Auto geschlafen.
Um drei Uhr waren wir wieder im Hotel und haben nur eine kurze Kaffeepause gemacht und sind dann noch mal zu dem Tempel gefahren der gestern schon geschlossen war. Es war jetzt bewölkt, regnete aber nicht mehr. Am Eingang zahlten wir 6 Yuan Eintritt. Von außen hat man vom Tempel gar nichts gesehen, es war eine hohe Mauer drum. Drinnen war die Anlage wirklich toll
viele schöne Drachen
dieser Tempel ist kein Museum, hier leben Mönche
Tempelwächter
in der Mitte ein kleiner Tempel, der von Wassser umgeben war und drumherum Wohn und Gebetsräume der Mönche
eine Gruppe von Mönchen zog in einen Gebetsraum ein
einen Minigarten mit den typischen Lochsteinen gab es auch
und dahinter eine Art Grotte
wie die Schildkröte es nur geschafft hat hier raufzuklettern?
das beste waren die Spiegelungen im Wasser, als wir wieder rausgingen kam die Sonne mehr raus
es war wirklich superschön hier und wir waren froh dass wir hier noch mal hergekommen sind.
auf dem Weg zur U-Bahn
von der Brücke auf diesem Bild haben wir ja gestern auf eine Art Slum runtergeschaut und nun haben wir einen Fußweg von der Brücke nach unten entdeckt. Da wollten wir uns jetzt umschauen.
Unmittelbar unter der Brücke waren lauter Imbißstände. Man sieht es auf den Bildern nicht aber hier war es unglaublich dreckig, alles schwarz. Wer will denn essen wo oben die Autos drüberdonnern? Der Dreck hier unten kommt bestimmt von den Autoabgasen.
Besonders witzig fand ich wieder diesen "running chinese" wo sich jeder in seinem Topf die Spieße kocht. Die Leute hatten übrigens nichts dagegen fotografiert zu werden, sie haben uns zugewunken. Ein junger Mann sprch uns an: wo wir herkommen, aus Germany, ah good! Deutschland scheint einen guten Ruf zu haben in China, wir haben immer nur postive Antworten gehört.
hier sieht man den Dreck schon eher
dann sind wir durch die Straße gelaufen, da waren lauter kleine Geschäfte
von unten sah es nicht so schlimm aus wie von oben aber wenn man genauer hinschaut sieht man schon dass die Häuser stark renovierungsbedürftig sind
die Katzen hat das aber nicht gestört
weiter hinten ging die Straße dann in ein normales Viertel über, da sind wir umgedreht und wieder zurück
wie findet ihr dieses "Portable Police Office"?
dann sind wir unter der Brücke durch auf die andere Seite gegangen, da drängten sich Verkaufstände zwischen Brücke und Häusern, da wurde alles verkauft was der Mensch so braucht
was für ein Tohuwabohu
daneben auch Restaurants, in einem der Fenster konnte man beobachten wie Enten gerupft werden, also frisch ist das Essen bestimmt
dann sind wie wieder auf die Brücke gagangen und zur U-Bahn zurück
vorne links am Bild ist der U-Bahneingang. Die Häuser daneben sind eingezäunt und sollen wohl abgerissen werden, zum Teil waren die Fenster schon rausgerissen, ein paar Wohnungen waren aber noch bewohnt. Bestimmt kommt da auch so ein Hochhaus hin wie das dahinter.
Der Gegensatz zwischen Uralt Wohnvierteln wie dem unter der Brücke und der ultramodernen U-Bahn und den Hochhäusern dahinter ist einfach krass. Die Häuser sahen jetzt auch nicht anders aus als der Hutong in Peking aber wenn dann gleich so hochmoderne Glaskästen daneben stehen wirkt das umso heruntergekommener.
Jedenfalls war das für uns sehr interessant anzuschauen. Auf dem Weg zur U-Bahn sind wir noch an einer kleinen Bäckerei vorbeigekommen, total edel eingerichtet und lauter europäische Ware, da haben wir kleine Schokoladenkuchen gekauft. Die haben bestimmt soviel gekostet wir das Essen für eine Familie unter der Brücke. Wir kamen uns ziemlich dekadent vor
Zurück im Hotel war der Zimmerservice wieder da gewesen, hat frisches Geschirr und Trinkjoghurt gebracht. Internet hat wie gestern auch schon fast gar nicht funktioniert, kein web.de, kein eumerika.de, das war echt nervig. Statt dessen habe ich das Bügelbrett genutzt und 3 Blusen gebügelt. Das Zimmer ist für Chinesen eingerichtet, das Bügelbrett ging mir ungefähr bis zum Knie
Zum Abendessen sind wir ins gleiche Restaurant wie gestern gegangen, heute war das Lokal gut besucht und wir wurden mehr oder weniger ignoriert. War aber egal das Essen war wieder genauso genial wie gestern. Diesmal haben wir Kartoffeln (herrlich gewürzt) Zucchini und einen Rindfleischeintopf bestellt. Der Eintopf hatte die gleiche Soße wie gestern, die Soße ist wohl die Spezialität des Hauses.
vor dem Hotel standen viele alte Leute und boten Dienstleistungen an wie Schuhputzen, die mit den weißen Kitteln sind blinde Masseure
man hat wirklich den Eindruck dass jeder der noch krabbeln kann irgendetwas arbeitet.
Im Hotel gab es den Schokoladenkuchen zu einer Flasche Wein. Was für ein genialer Tag: Natur, Kultur und dann noch echtes chinesisches Leben, wir waren rundum zufrieden mit der Gesamtsituation