Autor Thema: Auswandern - Habt ihr Lust? Was lässt euch zögern? Gerne - aber wie?  (Gelesen 8813 mal)

serendipity

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Ich möchte gerne die Diskussion aus dem Thread von Ghostrider aufgreifen: Wie kommt man darauf auswandern zu wollen?

Was ist - außer dem Wetter - hier in Deutschland so schlecht, dass ich darüber nachdenke, mein Leben an einem vollkommen fremden Punkt - hier Neuseeland-  der Erde "neu" anzufangen?


Rainer

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Re: Auswandern - Habt ihr Lust? Was lässt euch zögern? Gerne - aber wie?
« Antwort #1 am: 12. Oktober 2016, 22:34:55 »
Was ist - außer dem Wetter - hier in Deutschland so schlecht, dass ich darüber nachdenke, mein Leben an einem vollkommen fremden Punkt - hier Neuseeland-  der Erde "neu" anzufangen?

Genau das Wetter und die "Gegend" an sich hat uns wenigstens an eine Auswanderung denken lassen (San Diego), aber wiederum genau die fortführenden Gedanken (ist es wirklich "schlechter" in Deutschland?) haben den Gedanken wieder sterben lassen. Ich glaube nicht, dass wir jemals ernsthaft auswandern, wobei es dennoch eine vorstellbare Variante gäbe, ich könnte mir nämlich sehr gut vorstellen, dauerhaft nach Holland (Groede) auszuwandern. Das ist sowieso schon meine 2. Heimat, die niederländische Kultur gehört seit meiner Kindheit an zu meinem Umfeld und sonderlich weit weg ist es bereits heute nicht.

Aber "einfach so" in ein Land auf der anderen Seite der Welt werden wir ganz sicher nicht auswandern. Das ist definitiv unvorstellbar.

Flicka

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Re: Auswandern - Habt ihr Lust? Was lässt euch zögern? Gerne - aber wie?
« Antwort #2 am: 12. Oktober 2016, 22:39:20 »
Die erwähnte Diskussion habe ich zwar nicht verfolgt, aber für mich hat sich die Frage auszuwandern nie gestellt. Mal einen Zeitraum von einem oder Jahren im Ausland verbringen, könnte ich mir noch vorstellen, aber nur mit festen Rückkehrplänen.

Ich finde Deutschland immer noch das beste Land, in dem man (oder speziell ich) leben kann und ich bin immer wieder froh und dankbar, dass ich jetzt und hier lebe.

Ilona

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Re: Auswandern - Habt ihr Lust? Was lässt euch zögern? Gerne - aber wie?
« Antwort #3 am: 13. Oktober 2016, 08:31:04 »
Ich schau immer wieder begeistert "Goodbye Deutschland - die Auswanderer". Die meisten verlassen ihr schönes Zuhause, eine sichere Arbeitsstelle und geregelte Arbeitszeiten, um im Ausland mit viel mehr Einsatz und weniger Freizeit eine Existenz aufzubauen. Da frage ich mich, ob es denen in Deutschland zu langweilig war  :weissnicht:?

Die Zeiten, in denen man vom Tellerwäscher zum Millionär aufstieg, sind doch längst vorbei. Heutzutage sollte eine Auswanderung gut überlegt sein. Ich möchte jedenfalls nicht das Ersparte einsetzen, um hinterher nur um eine Erfahrung reicher zu sein.

Allerdings könnte ich mir im Ruhestand durchaus vorstellen, im sonnigen Süden zu überwintern. Den sicheren Hafen bräuchte ich aber hierzulande.
Liebe Grüße

Ilona

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Birgit

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Re: Auswandern - Habt ihr Lust? Was lässt euch zögern? Gerne - aber wie?
« Antwort #4 am: 13. Oktober 2016, 09:48:40 »
In Reiseforen liest man so wahnsinnig viel positive Stereotypisierung. Da steht, dass die Menschen in X (ersetze "X" durch ein beliebiges Land) alle soooooo freundlich seien und das Leben dort sooooo unkompliziert.

Klar, wenn man ohne Geldsorgen in die USA reist oder nach Süd-Ost-Asien, ist das sicher so, solange man nicht als Bittsteller sich mit Bürokratie befassen muss oder als Expat in Not gerät.

Ich kenne eine Familie (Freunde meiner Eltern), die mit  40 bis 50 Jahren alles aufgegeben haben in Deutschland, nach La Palma auf ein eigenes Grundstück gezogen sind und als echte Aussteiger begonnen haben mit eigenen Händen ein Haus und mittlerweile noch irgendwelche Ferienwohnungen zu bauen und Selbstversorger sind. Das klappt wohl bis heute ganz gut. Was sie sich überlegt haben für die Zeit, wenn sie nicht mehr können, weiß ich allerdings nicht, die müssten jetzt Mitte/Ende Siebzig sein...

Wenn ich mich mit Leuten unterhalte, die mal für eine Weile im Ausland gelebt haben, erfahre ich neben vielen guten Erfahrungen andererseits aber auch solche Sachen wie: "Da merkst du erst einmal, was alles gar nicht so selbstverständlich ist, wie wir es in Deutschland annehmen" Damit sind Kleinigkeiten gemeint wie bestimmte Produkte, die man vermisst, aber auch solche Sachen wie Korruption und die Erkenntnis, dass es noch viel langsamere Behördenmühlen als in Deutschland geben kann. Und es sind eben auch zwischenmenschliche Sachen gemeint wie dass man beim Kennenlernen von anderen in anderen Ländern viel mehr zwischen den Zeilen lesen können muss, selbst wenn es um eine "nahe" Kultur geht wie die USA...


Andrea

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Re: Auswandern - Habt ihr Lust? Was lässt euch zögern? Gerne - aber wie?
« Antwort #5 am: 13. Oktober 2016, 10:19:51 »
Jeder, der sein Nest einmal verlassen hat, kann feststellen, wie schwer es ist, wieder Freundschaften aufzubauen. Ich wohne nur 70km von zu Haus weg, aber es ist mir nicht gelungen, hier ernsthafte Freundschaften aufzubauen. Das liegt mit Sicherheit auch am Job, da ich arbeite, wenn andere längst Feierabend oder Wochenende haben. Vereinsleben oder oder Kaffeeklatschrunde ist da nicht.

Und obwohl es nur 70km sind, werde ich noch heute seltsam angeschaut, wenn mit Begriffe fremd sind (Pölter, Pickert,...) und ich im Gegenzug meine gewohnten Worte nehme (Schlafanzug, Kartoffelpuffer). Oder irgendwelche Ortsteile nicht zuordnen kann. Bad Oeynhausen besteht aus sehr vielen Orten, die ehemals eigenständig waren und deren Einwohner wohnen dann eben nicht in Bad Oeynhausen sondern in Rehme, Dehme, Lohe, Babbenhausen oder Volmerdingsen. Und das sagen sie auch Leuten, die vielleicht zu Besuch aus Köln oder Augsburg sind.

Es ist sehr schwer hier Anschluss zu finden, man bleibt "die Neue", obwohl ich nun schon 17 Jahre hier lebe. Wenn die Leute davon reden, dass irgendetwas da unten am Krankenhaus ist, dann meinen sie oftmals nicht das Krankenhaus sondern den ehemaligen Standort, den ich als solchen gar nicht mehr kennengelernt habe.

Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie das im Ausland ist. Wie käme ich auf Dauer mit der "komme ich nicht heute, komme ich morgen"-Mentalität klar? Oder dass man einfach nicht klar seine Meinung raus haut, wenn einem was nicht passt und stattdessen immer lächelt? Wie ist es mit Handwerkern, die zwar schnell und kreativ helfen, aber letztlich alles ein Provisorium bleibt? Wie ist es, wenn ich 50km fahren muss, wenn ich mit plötzlich auftretenden Bauchkrämpfen oder gar Herzschmerzen einen Arzt brauche? Wie sehr würde mir Schnee fehlen, wenn ich in den Süden gehe? Oder umkehrt das Tageslicht im Norden, wenn es im Winter kaum hell wird?

Ob ich auswandern würde? Vielleicht, aber dann vermutlich nur auf Zeit. Oder für den Winter in wärmere Gefilde.
Liebe Grüße, Andrea



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Birgit

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Re: Auswandern - Habt ihr Lust? Was lässt euch zögern? Gerne - aber wie?
« Antwort #6 am: 13. Oktober 2016, 10:56:17 »
Jeder, der sein Nest einmal verlassen hat, kann feststellen, wie schwer es ist, wieder Freundschaften aufzubauen. Ich wohne nur 70km von zu Haus weg, aber es ist mir nicht gelungen, hier ernsthafte Freundschaften aufzubauen. Das liegt mit Sicherheit auch am Job, da ich arbeite, wenn andere längst Feierabend oder Wochenende haben. Vereinsleben oder oder Kaffeeklatschrunde ist da nicht.
...

Es ist sehr schwer hier Anschluss zu finden, man bleibt "die Neue", obwohl ich nun schon 17 Jahre hier lebe. Wenn die Leute davon reden, dass irgendetwas da unten am Krankenhaus ist, dann meinen sie oftmals nicht das Krankenhaus sondern den ehemaligen Standort, den ich als solchen gar nicht mehr kennengelernt habe.


Liebe Andrea,

ich finde mich zu 100% hier wieder, obwohl es bei mir eher 450 km von "Zuhause" sind: 17 Jahre kommt bei mir auch hin, wobei ich zuvor in fast 5 Jahren in Chemnitz die beste und freundesreichste Zeit meines Lebens hatte und davor im Studium Münster  als meine Heimat angesehen habe.

Und ja, die Wegbeschreibungen meines früheren Chefs habe ich auch gehasst. Man merkte, dass er den Weg in Gedanken abfuhr: "das ist da, wo früher der Dr. Soundso wohnte, da biegen Sie links ab und kommen dann zu dem Bäcker, der hervorragende Eierschecke hat..."

Mit den Jahren merke ich aber nun, dass es wieder "back to the roots" gehen sollte, wozu ich leider den Allerwertesten nicht hoch bekommen habe.

Wenn ich vor einigen Jahren ab und zu mal im Norden begutachtet habe, stellte ich es am Umgang mit den Kunden fest. Hier in Thüringen wird schnell übel genommen, im Norden (oder Kunden aus dem Norden, die auch zufällig hier gelandet sind), wird dann gelacht. Die verstehen, dass eine Anmerkung in bestimmter Art und Weise sie nicht in den Grundfesten erschüttern sollte.

Und ja, wenn man bei unregelmäßigen Arbeitszeiten sich nicht superfest bestimmte Sachen vornimmt, dann wird das leider auch nichts mit regelmäßigen Treffen oder so. Und wenn ich das das eine oder andere Mal geschafft habe, ging etwas anders schief: Der Stammtisch löste sich auf, weil andere nicht mehr konnten, der Kurs wurde nicht fortgeführt, weil die Kursleiterin ein Baby bekam usw...

sh3t0r

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Re: Auswandern - Habt ihr Lust? Was lässt euch zögern? Gerne - aber wie?
« Antwort #7 am: 13. Oktober 2016, 11:12:57 »
Es gibt sicherlich immer wieder vereinzelte Aspekte, die in anderen Ländern besser sind (so hat sich ein Cousin in den USA für ~200 Dollar ein Schneemobil gekauft um im Winter damit Touren zu unternehmen, in Deutschland ein Ding der Unmöglichkeit), aber im Großen und Ganzen geht es uns hier verdammt gut.

Wir haben eine Jahresmitteltemperatur von 10,5°, 24 Minuten Fahrzeit bis Frankreich, eine knappe Stunde Fahrzeit zu den Skipisten im Schwarzwald, und ein Großteil meines Freundes- und Familienkreises lebt hier. Daher ist Auswandern für mich nicht sooo verlockend.


Flicka

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Re: Auswandern - Habt ihr Lust? Was lässt euch zögern? Gerne - aber wie?
« Antwort #8 am: 13. Oktober 2016, 11:45:59 »
Mir geht's ehrlich gesagt immer mehr so, dass ich durch Urlaube im Ausland Sachen in Deutschland schätzen lerne, die ich früher für selbstverständlich gehalten habe.

Und ich muss mir eingestehen, dass ich mich bisher viel weniger darum gekümmert habe, was Deutschland oder das benachbarte Ausland denn so an interessanten Zielen zu bieten hat als ich das bei der Planung einer Reise auf einen anderen Kontinent tue. Erst wenn man sich wirklich mal konkret dafür interessiert, was man denn in Deutschland an schönen Städten, tollen Landschaften und Naturparadiesen haben könnte, wird einem klar, dass man hier auch so einiges findet. Man muss sich nur mal aufraffen und sich die Sachen raussuchen, eine Reise planen und hinfahren.

Vermutlich würde ich mich bei einem Wohnsitz im Ausland auch schnell im Alltag verfangen, ähnlich wie hier, und ich würde halt nicht ständig Wochenendausflüge zu tollen Zielen machen, sondern putzen, einkaufen gehen, was in der Umgebung unternehmen und Freunde - so man sie denn in der neuen Umgebung findet - treffen.

Rainer

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Re: Auswandern - Habt ihr Lust? Was lässt euch zögern? Gerne - aber wie?
« Antwort #9 am: 13. Oktober 2016, 12:52:03 »
Erst wenn man sich wirklich mal konkret dafür interessiert, was man denn in Deutschland an schönen Städten, tollen Landschaften und Naturparadiesen haben könnte, wird einem klar, dass man hier auch so einiges findet. Man muss sich nur mal aufraffen und sich die Sachen raussuchen, eine Reise planen und hinfahren.

Das wird einem spätestens dann klar, wenn sich der USA Urlaub dem Ende neigt und man sich im letzten Motel verabschiedet.... Letztes Jahr in Boston (resp. letzte Nacht war in Portland, Maine) habe ich mich beim CheckOut mit der Motelmanagerin noch länger unterhalten. Die war genau anders herum gepolt als wir selbst: die war superneidisch, dass wir nach Deutschland zurück "durften", sie und ihr Mann sind totale Deutschland-Fans und würden liebend gerne nach Deutschland auswandern und wenn nicht, dann mindestens mal einen richtig langen Urlaub hier machen...

Ich glaube, das ist ein typisches Phänomen. Das ist aus irgendeinem Grund das gesteigerte Interesse an dem fernen Land, welches zumindest in der eigenen Vorstellung mehr zu bieten hat als das eigene Land. Speziell in den USA trifft man viele Einwohner, die liebend gerne nach Europa (u.a. dort insbesondere auch nach Deutschland) fahren wollen, alleine die elende Anreise stellt ein Hindernis dar (kommt mir auch bekannt vor...).

Andrea

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Re: Auswandern - Habt ihr Lust? Was lässt euch zögern? Gerne - aber wie?
« Antwort #10 am: 13. Oktober 2016, 13:02:42 »
Seitdem ich meine Urlaube weitestgehend zu Hause verbringe und meine Webseite in Betrieb habe, habe ich schon sehr viel über meinen Wohnort gelernt und auch schöne Ecken entdeckt. Und die sind gar nicht mal so fern. Auch wenn ich Verwandte besuche, schaue ich, was es interessantes in der Gegend gibt. Ja, Deutschland ist schon eine Reise wert, auch wenn es vielleicht nicht so spektakulär ist wie fremde Kulturen kennen zu lernen.
Liebe Grüße, Andrea



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Re: Auswandern - Habt ihr Lust? Was lässt euch zögern? Gerne - aber wie?
« Antwort #11 am: 13. Oktober 2016, 13:43:19 »
Zitat
Ich glaube, das ist ein typisches Phänomen. Das ist aus irgendeinem Grund das gesteigerte Interesse an dem fernen Land, welches zumindest in der eigenen Vorstellung mehr zu bieten hat als das eigene Land.

Hm, ja, die Stereotypisierung von etwas, das man nicht kennt - im positiven oder negativen Sinne - ist ja in gewisser Weise normal und macht es uns leichter einzuschätzen, was wir von der Welt zu halten haben ;)

Christina

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Re: Auswandern - Habt ihr Lust? Was lässt euch zögern? Gerne - aber wie?
« Antwort #12 am: 13. Oktober 2016, 18:56:00 »
In den ersten Sommersemesterferien meines Studiums bin ich für knapp drei Monate zu meinen Verwandten in Kanada gegangen (vorher gab es nur Urlaube in Deutschland, Schweiz, Österreich und Norditalien), ich war absolut begeistert und habe dann alle folgenden Sommersemesterferien für Reisen nach Kanada und in die USA genutzt.

Da habe ich tatsächlich vom auswandern geträumt und das dann zumindest für eine begrenzte Zeit gemacht, am Ende des Studiums hab ich noch zwei Semester an einer Uni in Halifax, Kanada drangehängt. Die (extrem aufwändige) Planung und Vorfreude hat mich das letzte Studienjahr in Deutschland einigermaßen gut überstehen lassen.

Das Jahr in Halifax war super toll, hat mir aber gezeigt, dass Deutschland doch nicht so schlecht ist und dass man auch im Ausland "nur lebt". D.h. ganz schnell hat man auch dort Alltag und ich mußte mich manches mal selbst daran erinnern, dass ich doch im "gelobten Land" bin. Die Bürokratie in Kanada ist eher schlimmer als in Deutschland, zumindest funktioniert vieles nicht so reibungslos wie bei uns und - was ich nie gedacht hätte - ich habe es wirklich vermisst, deutsch zu reden. Ich hatte zwar keine Verständigungsprobleme, aber auch nach einem Jahr kann man in einer Fremdsprache nicht so spontan reden, wie in der Muttersprache.

Ich bin dann nach einem tollen Auslandsjahr wieder super motiviert nach Deutschland zurückgekehrt.

Knapp zwei Jahre später habe ich dann ein viermonatiges Praktikum in Dallas gemacht, ich hatte wieder eine super Zeit, aber es mich darin bestätigt, dass die USA zwar als Urlaubsziel toll sind, aber nicht unbedingt ein Auswanderertraum.

Als ich dann in Deutschland zu arbeiten anfing, war ich mit meinem Leben sehr zufrieden (anders als während des Studiums) und es gab keinen Auswandererwunsch mehr.

Einige Jahre später waren dann Peter und ich verheiratet und beide auf der Suche nach einem neuen Job, da wir keine Kinder haben, gab es keinen Grund die Suche auf einen bestimmten Ort einzuschränken, jeder sollte sich dort bewerben, wo es einen interessanten Job gab, wer als erstes etwas hatte, dem würde der andere folgen. Und so kam es, dass wir in der Schweiz landeten. Aber nicht als Auswandern gedacht, sondern einfach als anderer Wohn- und Arbeitsort. Ich habe dann dort auch einen Job gefunden und wir hatten schöne Jahre dort. Anfang 40 stellte sich aber so langsam die Frage, ob und wo wir sesshaft werden wollten. Wir waren uns sofort einig, dass das in Deutschland sein würde, da es für uns beide das beste Land zum alltäglichen Leben darstellt.

Und so sind wir nach sechs Jahren Schweiz wieder nach Deutschland gekommen und haben hier ein Haus gekauft und wollen nun "für immer" sesshaft bleiben.

Innerhalb Deutschlands sehe ich es allerdings anders als Andrea und Birgit. Ich komme aus der Nähe von Stuttgart, habe dann 10 Jahre in Augsburg gelebt, dann ein Jahr in Ellwangen und nun haben wir uns für Rheinhessen als neue Heimat entschieden. Ich habe mich überall wohl gefühlt und (zugegebenermassen) durch Studium und Job neue Freunde gefunden. Hier in Rheinhessen sind die Leute finde ich, extrem aufgeschlossen und die Nachbarn haben uns super freundlich empfangen. Klar muss man manchmal nachfragen, wenn man den Dialekt nicht versteht oder eine Ortsbeschreibung nicht kennt, aber das stört mich überhaupt nicht.

Für eine von Anfang an klar begrenzte Zeit würde ich sogar nochmal ins Ausland gehen, wenn man das Haus solange vernünftig versorgen könnte. Aber wie gesagt, auf Dauer auf jeden Fall Deutschland.

Den Drang auszuwandern, den viele haben, kommt aus meiner Sicht daher, dass man mit der eigenen Lebenssituation unzufrieden ist und die diffuse Vorstellung hat, woanders müsste es besser sein. Außer dem Wetter (und selbst das ist zweifelhaft, wenn man berücksichtigt, daß wir in Deutschland von extremen Wettersituationen weitgehend verschont bleiben) und irgendwelchen Spezialsituationen, sehe ich keinen tatsächlichen Punkt, der in einem anderen Land besser sein sollte als in Deutschland oder zumindest nicht von vielen anderen Nachteilen aufgewogen wird.

Deshalb - im Ausland leben - als Erfahrung und auf begrenzte Zeit, um den Horizont zu erweitern, was neues zu erleben, unbedingt. Dauerhaft auszuwandern, in dem Glauben im Ausland wird alles besser - nein.


LG Christina