24. Juni Heiliger Rasen, königlicher Park & Englischbuch-BilderDas Klingeln von Kerstens Handy reisst mich aus dem Schlaf. Es ist der Opa, wir können günstig Pfund tauschen – die Börse rutscht, denn die Briten haben mit "Leave" gestimmt. Oder wie es die englische Bild-Version verschlagzeilt "We are out". Damit hätten wir nun nicht unbedingt gerechnet, aber naja, eine Volksabstimmung heißt ja erstmal noch nichts. Zumindest wird dieser unser Urlaub günstiger.
Opa hat zwar nicht an die eine Stunde Zeitverschiebung gedacht, aber um 9 Uhr kann man denn schon mal aufstehen.
Das Wetter ist heiter bis wolkig und warm genug für’s T-Shirt. Nach einem gemütlichen Frühstück kann es denn losgehen mit der Erkundung Londons. Wir marschieren etwa zehn Minuten bis zum Bahnhof Abbey Wood.
Dort kommt zum ersten Mal unsere Travel Oyster Card zum Einsatz, die mit 40 GBP aufgeladen ist. Bei jedem Betreten und Verlassen eines der Öffies (Ausnahme Bus: da nur beim Einsteigen) muss man die über einen Leser halten, der dann den Fahrpreis abbucht und die ggfs. Schranke öffnet. Ein geniales System, besonders da man nie mehr zahlt als mit einer Tageskarte.
Von hier aus geht es mit einem Zug der South Eastern Railroad bis zum Bahnhof Cannon Street relativ zentral in London. Die Fahrt dauert normal etwa 35 Minuten. Heute zockelt es sich hin wegen einiger Baustellen und gibt uns Gelegenheit, diverse erste Brexit-Schlagzeilen zu studieren. Offenbar hat auch sonst kaum einer mit diesem Votum gerechnet, speziell kaum einer aus der Hauptstadt, obwohl ihr ehemaliger Bürgermeister eine treibende Kraft hinter der Leave-Kampagne ist.
In (?) Cannon Street wechseln wir zur Underground. Ich weiß nicht mehr genau, ob es schon dort war. Aber es gibt Underground Stationen mit nahezu gruselig langen Rolltreppen
Wie gut, dass es so voll ist, ich mag den Blick in so einen Abgrund gar nicht. Wie das wohl Mütter/Väter mit Kinderwagen managen? Aufzüge habe ich jedenfalls nicht gesehen.
Auch die Bahn kommt von der falschen Seite
Wir nehmen einer der Distriktlinien Richtung Westen. Lobenswert finden wir die Ansagen: in welchem Zug wir uns befinden, das nächste Ziel, bald erreichen wir das nächste Ziel, schließlich Einfahrt und die Warnung "Mind the gap between the train and the platform". Der erste Teil wird bald zu einer Art geflügelten Wort zwischen uns
Übrigens wir fahren nicht die ganze Zeit "unter Tage".
Unser erstes Ziel ist ein Vorort südlich der Themse, der besonders Tennisfans ein Begriff ist: Wimbledon. Wir steigen zwar an der Station Southfields aus, doch das soll der beste Weg bis zum "heiligen Rasen"sein. Knapp 1.3 km Fußweg liegen vor uns, immer schön die Wimbledon Park Road entlang. Unterwegs sehen wir die ersten typisch englischen Häuserreihen,
Fahnen in Ankündigung des großen Tennistuniers und einen Park.
Natürlich wäre es voll cool gewesen, einige Spiele zu sehen. Leider habe ich zu spät daran gedacht, da waren keine Online-Tickets mehr zu bekommen. Und auf
das Queueing hatten wir nun keine Lust.
Warum also trotzdem hinfahren? Nun, es gibt ein
Tennismuseum, das heute zum letzten Mal vor dem Turnier geöffnet hat, und normalerweise auch eine Tour über die Anlage. Doch da trainieren schon die Profis. Immerhin können wir einen kurzen Blick auf das Center Court Stadion und das von Platz 1 werfen.
Das Museum selbst ist sehr interessant, nicht nur für aktive Spieler wie Gatte und Junior. Das gibt es Ausstellungen zur Geschichte des Tennissports allgemein und dem Wimbledon-Turnier im besonderen, über Sieger und Verlierer und die vielen anderen Beteiligten, wie Schläger-Bespanner oder Balljungs (-mädels). Wieso haben wir eigentlich keine Bilder gemacht? daher ein paar Google Vorschläge:
McEnroes Geist,
oder die Pokale (ja wir haben auch Boris, Michael und Steffi drauf gefunden).
Einen Souvenir-Shop gibt es natürlich auch, doch z.B. die Vereins-Handtücher waren selbst nach Kurssturz etwas teuer.
Nach knapp 3 Stunden machen wir uns wieder auf den Rückweg. Eine Kaffeepause wäre jetzt nicht schlecht, schließlich haben wir extra eine Dose mit unserem Marmorkuchen mitgeschleppt. Die Underground-Station St. James’s Park klingt da verlockend.
Aufgetaucht aus dem Untergrund sind wir etwas verwirrt, welchen Ausgang wir nun nehmen sollten. Beinahe sofort springt uns ein freundlicher Brite zur Hilfe bei. Er sagt uns nicht nur, wo es lang geht, sondern bringt uns bis vor die Tür mit weiteren Angaben, wie wir am schnellsten in den Park kommen und welche Sehenswürdigkeiten noch so um die Ecke liegen.
Wir wenden uns zuerst Richtung Park, finden ihn schnell und ergattern einen Sitzplatz im Grünen. Okay, statt Kaffee gibt es Apfelschorle, aber immerhin Kuchen. Freche Squirrels gibt es hier übrigens auch. St. James ist der älteste der königlichen Parks, eine sumpfige Wiese von Heinrich VIII befördert zum Jagdrevier und seither verschönert. Wir haben schöne Blicke auf den See und später dann auf die Skylines dahinter.
Tiffany-Fountain
Gemütlich bummeln wir Richtung Westen und gelangen so zum Platz vor dem Buckingham Palace.
Victoria Memorial mit vergoldeter Siegesgöttin
Wir umrunden einmal den Platz, begucken den einsamen Wachposten und die vielen Touris, die ihn knipsen, sowie die Masse an typisch englischen Taxis und amüsieren uns über die Selfie-Maniacs (Mind the gap between you and your mobile
). Durch den Park schlendern wir wieder zurück nach Osten Richtung Themse, leider bekommen wir die Pelikane diesmal nicht zu Gesicht.
Ein kleiner Abstecher
Westminster Palace, the Houses of Parliaments
Hier wird es nun richtig voll mit Autoverkehr, Radfahrern, Leuten. Was für ein Gewimmel.
Endlich, die Themse und London Eye
Wir überqueren die Westminster Bridge – boah, ist dann eine Schlange vorm Riesenrad – und wieder kehrt.
Die versammelten Nachrichtensprecher zur Brexit-Berichterstattung – schön aufgebaut mit Sicht aufs Parlamentsgebäude. Nur N24 hat keinen Platz abbekommen und parkt daher auf der Brücke.
Und natürlich der Queen Elizabeth Tower mit Big Ben
Mittlerweile qualmen die Füße vom City-Hiking. Gut, dass eine Underground Station in Sicht kommt. Meine Jungs haben keine Lust auf die bummelige Zugfahrt und planen daher eine andere Strecke, in der Hoffnung, dass das schneller geht. Also: es geht jetzt mit der Jubilee-Line nach Canning Town, danach mit der DLR nach Woolwich Arsenal, wo wir dann doch für zwei Stationen in den Zug steigen. Ja, wir sind immer flott unterwegs, doch haben wir wirklich Zeit gespart?
Noch ein paar Dutzend müde Schritte zurück zum Campingplatz zum üblichen Abendprogramm. Hurra, es drohten zwar ab und an dunkle Wolken, doch wir sind trocken geblieben.
Cheerio