Autor Thema: Wandern in der Bretagne: Auf dem GR 34 von Saint Brieuc zum Mont Saint Michel  (Gelesen 95768 mal)

Flicka

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Mittwoch, 4.5.16
Wandertag 3: Von Val-André nach Les Sables d' Or (ca. 22 km)


Ich wache um 7 Uhr nach unruhigem Schlaf auf. Im Zimmer war es zu warm, aber nach der kalten Nacht im Chateau sind das Luxusprobleme. Die Achillessehne pocht etwas, die Schulterpartie schmerzt ein wenig, die Waden sind hart, wahrscheinlich von den gestrigen Anstiegen. Aber insgesamt fühle ich mich gut und habe bisher keine Blasen an den Füßen. Auch Elsas Knie sind okay. Beim Frühstück genießt sie einen Crêpe mit frischem Obst, ich halte mich eher an Baguette und Croissants. Das Hotel ist auf Nachhaltigkeit bedacht und serviert zum Frühstück Bioprodukte.

Gegen 9 Uhr checken wir aus, kaufen uns noch ein Baguette und wandern dann über den breiten herrlichen Strand bis zur Pointe von Pléneuf. Dort geht’s mal wieder ganz schön steil hoch und runter.












Aber auf der anderen Seite der Landzunge kommen wir an einen herrlich breiten Strand. Das Wasser fällt noch, wir können weit hinten einen Weg hinauf erkennen, also machen wir es heute mal der Rentnertruppe von gestern nach und wandern ein Stück am Meer entlang. Überall liegen Muscheln. Wir nähern uns Erquy, der Hauptstadt der Jakobsmuscheln, und ein paar besonders schöne Muschelschalen sind auch am Strand zu finden. Weiter hinten umrunden die jugendlichen Teilnehmer einer Strandsegelschule den markierten Parcours, und unten am Wasser sehen wir ein paar Leute bei der Peche à Pied, dem Fischen zu Fuß. Einige trampeln fest durch den Sand und warten, dass Venusmuscheln an der Oberfläche erscheinen und eingesammelt werden können.




















Wir verlassen den Strand, nehmen einen Pfad einen Hügel hinauf und erreichen schließlich gegen 12.15 den Ort und Hafen von Erquy. Eine Viertelstunde brauchen wir um die Bucht zu umrunden, dann kommen wir am Hafen an ein paar Restaurants vorbei. Hm, wenn wir mal die Chance haben, zu Mittag zu essen, dann müssen wir sie auch nutzen. Also gibt es heute statt Baguette mit Salami Muscheln und Pommes Frites. Es ist sommerlich warm, wir genießen das Essen und schauen zu, wie draußen die Teilnehmer einer Oldtimer-Rallye ihre Autos am Hafen parken.
























Dann geht’s weiter, und zwar zum Cap d' Erquy.




Irgendwie bin ich immer noch davon überzeugt, dass uns ein breiter, flacher gut ausgebauter Weg erwartet, sobald wir das Kap erklommen haben. Solche Abschnitte gibt es oben auch, aber oft ist der Weg felsig. Mit den Nadelbäumen links und rechts und den Ausblicken aufs blaue Wasser fühlen wir uns ans Mittelmeer versetzt. Sogar ein kleiner See liegt hier versteckt vor einer hohen Felswand. Ach, Urlaub ist doch was schönes!
















Der Weg bleibt steinig, aber die herrlichen Blicke über die Felsen hinunter aufs Meer entschädigen uns dafür. Als wir gegen viertel nach zwei die andere Seite des Kaps erreichen, öffnen sich Sandbuchten, und das Meer umschwappt karibisch türkisfarben den Granit. Wir sind begeistert und halten immer wieder an, um den Ausblick zu genießen. Wir haben ja Zeit, denken wir uns, und diese Landschaft ist viel zu schade, um einfach hindurch zu marschieren.














Gegen halb vier, nachdem wir mal wieder eine steile Treppe erklommen haben, legen wir  noch einmal eine Rast ein und schauen verträumt hinunter auf den kleinen Strand. Ab jetzt, so denke ich mir mal wieder naiv, wird der Weg sicher leichter, und wir werden ohne Schwierigkeiten das Hotel erreichen, wo ein kleiner Wellnessbereich auf uns wartet.






Natürlich bleibt der Weg dann aber knackig steil, und irgendwann gesellen sich noch weitere Gefahren hinzu: Schilder warnen vor Klippen, vor Vipern und vor Steinschlag. Vor der Küste liegt die kleine Insel Saint-Michel. Der Mont Saint-Michel ist das zwar nicht, aber vielleicht wird die Insel ja auch mal so groß wie ihr berühmter Namensvetter. Der Weg zieht sich jetzt wie Kaugummi, ständig meine ich, dass wir jetzt schon ganz dicht am Hotel sein müssten. Zumindest kommen wir gegen 17.00 Uhr wieder an ein kleines Lokal mit Außenterrasse, und weil ich der Meinung bin, dass unser Ziel nur noch einen Katzensprung entfernt liegt, gönnen wir uns mal wieder ausgiebig Elektrolyte in Form von Bier.














Erst als zwei Gläser Bier geleert sind, schaue ich wieder genau die Karte an und stelle fest, dass wohl noch mehr als 4 km auf uns warten. Also los! Unterwegs sehen wir vor uns auf der kleinen Straße einen Hund liegen und haben schon Angst, dass er angefahren wurde, aber in letzter Sekunde springt der Hund auf und trollt sich. Eine kleine Marschland-Lagune müssen wir noch umrunden, und unterwegs erzählt Elsa plötzlich von den Gewaltmärschen der französischen Armee. Angeblich konnten die im Schlaf marschieren. Ich werde ein wenig nervös, wir sollen eigentlich bis 19.00 Uhr einchecken, und jetzt ist es schon viertel nach sechs. Dann, endlich, um halb sieben, kommt unser Hotel, das Voile d' Or in Sicht, und wir schleppen uns müde die letzten Schritte zur Rezeption. Ich könnte auf die Knie fallen, wenn ich nicht zu müde wäre, um wieder hoch zu kommen, und Elsa lässt erst mal ihren Kopf Richtung Tresen sinken. Der Rezeptionist ist offenbar beeindruckt von so viel Müdigkeit und verkündet, dass er uns ein Zimmer-Upgrade gibt. Der Wellnessbereich ist aber leider schon von anderen Leuten reserviert und erst ab viertel vor zehn wieder frei, schade. Wir schieben uns die Treppen hinauf und gehen erst mal duschen. Ach, das tut gut. Ich falle aufs Bett und stehe erst mal nicht wieder auf.










Später gehen wir dann doch noch ein paar hundert Meter in den Ort hinein und suchen uns eine Pizzeria aus, wo wir riesige Pizzas vertilgen und mit Kir breton, Wein und Bier hinunterspülen. Leicht betrunken wanken wir schließlich wieder  zurück zum Hotel und fallen in die Betten. Meine Füße brennen. Hm, mal sehen, wie die Wanderung morgen klappt. Vielleicht wird der Weg ja flacher?




Gute Nacht!

Paula

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Dass deine Füße brennen kann ich mir gut vorstellen, Flicka.  Habt ihr sie denn am Meer mal ins Wasser gehalten? Ich habe auf unserer Wanderung heute festgestellt dass das kalte Wasser den Füßen sehr gut tut  :)

Und Moules-Frites sind total lecker!
Viele Grüße Paula

Andrea

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Also DAS ist ja nun wirklich steil!  ;D

Trotzdem gefällt mir das alles sehr gut. Vor allem das Wetter scheint euch ja (Achtung: Wortspiel) gesonnen zu sein
Liebe Grüße, Andrea



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soenke

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Das waren zwei sehr schöne Tage. Ganz nach meinem Geschmack.  :)

Und mein Vorurteil,  dass es in der Bretagne nur stürmt und regnerisch ist, hast du auch widerlegt. 8)

LG

Susan

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Puh, die letzten Kilometer sind immer die schwersten  :girly: auch mit Hopfen-Elektrolyten intus  ;)

Ich staune: schon wieder ein Sonnentag - so kenn ich die Bretagne gar nicht (okay, war erst einmal dort)  8) So darf es weiter gehen
Liebe Grüße
Susan

Andrea

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Und mein Vorurteil,  dass es in der Bretagne nur stürmt und regnerisch ist, hast du auch widerlegt. 8)

LG


Ich staune: schon wieder ein Sonnentag - so kenn ich die Bretagne gar nicht (okay, war erst einmal dort)  8) So darf es weiter gehen

Na, ihr wisst doch: "Wenn Engel reisen..." In diesem Fall wohl bei jedem von uns der Voltarengel   :zwinker:
Liebe Grüße, Andrea



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Birgit

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Zitat
der Voltarengel 

Ich lache mich schlapp!  :lach:

Flicka

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Und mein Vorurteil,  dass es in der Bretagne nur stürmt und regnerisch ist, hast du auch widerlegt. 8)

LG


Ich staune: schon wieder ein Sonnentag - so kenn ich die Bretagne gar nicht (okay, war erst einmal dort)  8) So darf es weiter gehen

Na, ihr wisst doch: "Wenn Engel reisen..." In diesem Fall wohl bei jedem von uns der Voltarengel   :zwinker:


Das Vorurteil von der regnerischen kalten Bretagne hält sich bei mir auch hartnäckig. Ich habe bisher ja vermutet, dass diese sonnigen Tage einfach die Regel von der Ausnahme waren, aber jetzt wird mir erst klar, dass man Voltarengel sehr universell einsetzen kann, sogar zum Wetterverbessern.  ;D

Flicka

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Dass deine Füße brennen kann ich mir gut vorstellen, Flicka.  Habt ihr sie denn am Meer mal ins Wasser gehalten? Ich habe auf unserer Wanderung heute festgestellt dass das kalte Wasser den Füßen sehr gut tut  :)

Und Moules-Frites sind total lecker!

Ich hatte ein wenig Angst, dass man nach dem Fußbad den Sand nicht mehr komplett von den Füßen bekommt und sich auf den folgenden Kilometern dann böse Blasen läuft, von daher habe ich es zumindest an diesem Wandertag nicht probiert. Aber ein bisschen Wasserkontakt bekommen die Füße noch.  :)

Und ja, Moules Frites sind echt lecker, auf die freue ich mich immer, wenn es in die Bretagne geht (oder auch mal nach Belgien). Am Tag nach unserer Rückkehr habe ich sogar noch ein kleines Muschelessen ausgerichtet. :)

Flicka

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Also DAS ist ja nun wirklich steil!  ;D


Ja, macht Elsa da nicht eine gute Figur?  ;D ;D
Aber sie bekommt Abzüge in der B-Note, weil sie den Rucksack nicht getragen hat.  ;D

Flicka

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Donnerstag, 5.5.16
Wandertag 4: Von Les Sables d' Or bis zum Hotel Trecelin bei Plévénon (ca. 23 km)



Um sieben Uhr stehe ich auf und stelle fest, dass es meinem Körper wieder erstaunlich gut geht. Ein Blick auf dem Fenster offenbart blauen Himmel, also greife ich wieder zur Sonnencreme mit LSF 30. Trotz Sonnencreme habe ich mir schon eine leichte Sommerbräune zugelegt, und das Anfang Mai in der Bretagne. Das hätte ich vorher nicht gedacht. Aber obwohl es mir heute wieder deutlich besser geht als gestern abend mache ich mir ein wenig Sorgen wegen der heutigen Etappe. Dass der Weg heute flach werden könnte, haben wir uns schon abgeschminkt, und ob die berechnete Tourlänge stimmt, bezweifele ich so langsam auch. In meinem Wanderführer ist beispielsweise die Entfernung zwischen dem Leuchturm am Cap Fréhel und dem Fort La Latte, die wir heute besuchen werden, mit 4 km angegeben, auf dem Plan an der Rezeption stehen 5 km. Alle Angaben scheinen hier reine Schätzungen zu sein. Schon gestern hatte ich das Gefühl, dass wir mehr gewandert sind als die angegebenen Kilometer. Na ja, andererseits sollten wir so langsam gut im Training sein.

Frühstücken können wir heute erst ab halb neun. Das Frühstück ist gut, wir stärken uns für die heutige Etappe und starten um viertel nach neun, erst mal in den Ort zu einer Bäckerei, wo wir uns als Proviant belegte Baguettes mitnehmen.








Von hier aus führt die Straße auf den Strand zu, dort finden wir wieder den GR 34 und folgen ihm oberhalb des Strandes und dann die Hauptstraße hinauf. Ab hier gehen wir durch ein kleines Wäldchen, bevor sich der Blick über weite Ginsterfelder öffnet.










Wir wandern entlang der Steilküsten und unten am Strand bei wunderbarem Wetter und sehen immer wieder den Leuchtturm des Cap Fréhel vor uns, das wir heute fast komplett umrunden werden, und die Buchten hinter uns. Die Strecke ist beliebt und wir treffen auf viele Spaziergänger und Wanderer. Heute am Feiertag sind auch viele Familien unterwegs mit Picknickkörben und Schaufel und Eimern für die Peche à Pied.




















Um viertel vor eins erreichen wir schließlich den Leuchtturm am Kap. Hier sind wahre Völkerscharen unterwegs. Wir folgen dem Weg ein Stück nach vorne und suchen uns ein nettes Plätzchen für ein Picknick. Es dauert nur ein paar Sekunden, da landet schon eine Möwe neben uns. Wir stellen fest, dass wir nicht die einzigen sind, die hier mit Möwen picknicken. Jede Gruppe scheint einen eigenen Möwenbewacher zu haben.








Wir gehen noch ein Stück nach vorne zu einem kleinen Turm direkt an den Klippen, dann führt der Pfad, leider wieder zum guten Teil über unebene Felsen, zum Fort La Latte.


















Das Fort kann man besichtigen, was wir auch tun. Es wurde schon im 13. Jahrhundert erbaut und in den folgenden Jahrhundert teilweise erfolglos, teilweise erfolgreich belagert, brannte 1597 ab, wurde später wieder aufgebaut und diente schon mehrfach als Filmkulisse. Soweit die Kurzfassung. Für Elsa gibt es die Burgbesichtigung auch nur in Kurzfassung. So langsam machen ihr nach den Wanderungen die Knie zu schaffen und sie verzichtet möglichst auf Treppenstufen. Ich habe nach den vielen zehntausend Schritten, die wir bisher gewandert sind, aber auch keine sonderliche Lust, mich hinauf auf den Turm zu schleppen.












Als wir gegen vier Uhr weiter wandern, nimmt Elsa die Stufen und Unebenheiten auf dem Pfad mit immer mehr Wanderstockeinsatz in Angriff. Trotzdem ist sie guter Dinge und freut sich wie ich über den Blick durch die Bäume hinunter auf das türkisgrüne Wasser. Bis zur Unterkunft sind es noch ca. 6 - 7 km, die sollten wir eigentlich bald geschafft haben.








Aber der Weg zieht sich mal wieder, der Pfad führt mehrfach steil bergauf und bergab, und gegen 17 Uhr erreichen wir erst den kleinen Hafen von St Geran und rasten kurz.






Danach geht es weiter, zu einem kleinen Strand und unserer nächsten kurzen Rast. Jetzt ist es schon viertel vor sechs.






Der Pfad führt schließlich oben an der Steilküste vorbei durch eine kleine Wiese und endet irgendwann an einer Straße. Jetzt ist es halb sieben, bis sieben sollten wir eigentlich eingecheckt haben, und ich habe keine Ahnung, ob wir schon nahe beim Hotel sind oder noch kilometerlang gehen müssen. Die Wanderkarte nützt nichts, der aus dem Internet ausgedruckte Plan auch nicht. Das Hotel liegt nicht direkt am Weg, sondern ein paar hundert Meter im Landesinneren am Rand einer kleinen Ortschaft, und irgendwie sieht es hier zwischen den Bäumen ganz anders aus als aus der Google-Vogelperspektive. Ich rufe im Hotel an, wo man mit meinen Beschreibungen zuerst nicht viel anfangen kann, aber weiter vorne steht ein Werbeschild, und immerhin erfahre ich, dass das Hotel ganz nah ist. Nur die Wegbeschreibung verstehe ich nicht. Zum Glück kommt in diese Moment ein Traktor die Straße hinauf gefahren und Elsa beschließt, ihn zu fragen und wedelt mit der Karte. Der Traktorfahrer versteht zum Glück sofort, wohin wir wollen und zeigt uns die Richtung. Noch ein Stück die Straße hinunter, und dann finden wir auch tatsächlich einen Wegweiser zum Hotel.




Noch 400 Meter, das packen wir und landen schließlich ziemlich kaputt gegen viertel vor sieben im Hotel an.




Die Hotelbetreiberin hat schon ihren Ehemann mit dem Auto losgeschickt, um uns zu suchen und ist froh, dass sie ihn wieder zurückrufen kann. Wir bekommen unsere Zimmer im Nebengebäude zugewiesen und wanken erschöpft die wenigen Meter zu unseren Zimmertüren.

Das vorbestellte Abendessen gibt es schon um halb acht, also erledigen wir in Rekordzeit Dusche und Wäsche und finden uns schließlich zu viel Bier, einer kleinen Wurstvorspeise, Schinken, Fisch und einem Zitronenkuchen wieder im kleinen Hauptgebäude ein. Hier gibt es auch einen überdachten Pool, aber wir schaffen es nur noch, uns leicht besäuselt auf die Hocker an der Hotelbar zu schieben und dort giggelnd die Kehlen mit Calvados zu spülen, bevor wir gegen viertel nach neun in unseren Zimmern verschwinden.




Das war heute wieder eine lange Etappe, dabei sah sie auf dem Papier so harmlos aus. Liegt es an uns, dass wir so lange brauchen? Sind die Kilometerangaben falsch? Oder sind die Etappen doch zu ehrgeizig geplant gewesen? Mir geht es bisher noch ganz gut, aber Elsa hatte heute Abend doch erhebliche Knieprobleme. Wie das wohl morgen aussehen wird?

Gute Nacht!

Paula

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Uff das klingt jetzt wirklich anstrengend. Ich glaube für meine Füße wären die Etappen auch zu lang. Die Blicke unterwegs sind aber wirklich toll, mir gefällt vor allem der Ginster und der Blick auf die türkisfarbenen Buchten ist auch genial. Ich muss sagen so schön habe ich diese Küste gar nicht in Erinnerung.

Dass der Hotelbesitzer euch mit dem Auto einsammeln wollte ist ja total nett, ich kann mir jetzt so richtig vorstellen wie erschöpft ihr am Telefon geklungen habt  :)
Respekt vor eurer Leistung bis hierher, ich glaube ich bräuchte jetzt mal einen Tag Pause  ;)
Viele Grüße Paula

Susan

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Weiterhin eine tolle Wanderung!

Hihi, ich habe bei unseren Wanderungen auch immer das Gefühl, dass wir sehr vielmehr laufen als im Wanderführer oder auf Schildern angegeben  ^-^ Und auch viel mehr Zeit brauchen, was aber eindeutig an mir liegt  :verlegen:

Verwundert hat mich ein wenig, dass es Lancelot-Bier in Frankreich gibt - aber wenn ich mich so dunkel an "Die Nebel von Avalon" zurück erinnere, war der ja ein außerehelicher Sohn des Bretagne-Königs. Also ...
Liebe Grüße
Susan

Flicka

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Schön, dass euch die Wanderung gefällt!  :)

Rund um die beiden Kaps (Erquy und Fréhel) war die Landschaft aber auch besonders schön, und dazu kam glänzendes Wetter und meistens fast Windstille. Dadurch hat das Meer oft richtig geleuchtet. Nur an ein paar Stellen sind wir um eine Ecke gebogen und mussten uns in die Westen und Jacken kuscheln, weil es richtig geweht hat.


Hihi, ich habe bei unseren Wanderungen auch immer das Gefühl, dass wir sehr vielmehr laufen als im Wanderführer oder auf Schildern angegeben  ^-^

Ich bin ja erleichtert, dass es auch anderen so geht, dass sie die Wanderung länger finden als angegeben. Um die Mittagszeit haben wir eigentlich immer glänzend in der Zeit gelegen, aber ab dann haben sich immer öfter kleine Pausen eingeschlichen...  ;) Aber eigentlich war es ja so, wie wir es haben wollten, nämlich Wandern, Wandern, Wandern und zwischendurch innehalten und die Landschaft oder mal eine Erfrischung genießen.  :drunken:

Das Lancelot-Bier habe ich erst in der Gegend kennengelernt, aber die Bretagne nimmt auch einiges von der Artus-Sage für sich in Anspruch. Liegt vielleicht daran, dass es rege Einwanderung aus den keltischen Teilen Britanniens gab.


Dass der Hotelbesitzer euch mit dem Auto einsammeln wollte ist ja total nett, ich kann mir jetzt so richtig vorstellen wie erschöpft ihr am Telefon geklungen habt  :)
Respekt vor eurer Leistung bis hierher, ich glaube ich bräuchte jetzt mal einen Tag Pause  ;)

Ich fand das auch sehr nett und es war mir natürlich auch ziemlich peinlich. Vermutlich habe ich mich am Telefon völlig verwirrt angehört.
Und wir waren auch sehr stolz, dass wir es schon so weit geschafft haben. Wenn man die ca. 9 km von der Stadtbesichtigung in Rennes und dem Weg zum Hotel in Saint-Brieuc dazu rechnet (wo wir ja auch unsere Rucksäcke getragen haben), waren wir bis zu diesem Abend schon 100 km gewandert.

Flicka

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Freitag, 6.5.16
Wandertag 5: Vom Hotel Trécelin bis zum Golfplatz von Saint-Cast (ca. 21 km)



Als ich heute morgen aufstehe, habe ich eine dicke Blase am rechten Fuß zwischen Fußballen und Zehen und schaffe es nicht, irgendein Pflaster zu finden, dass dort richtig hinpasst. Wie Elsa mir beim Frühstück verrät, sind ihre Knie auch nicht gut.

Mal sehen wie weit wir heute kommen. Ausnahmsweise steht heute das Ende der Wanderetappe nicht fest. Am langen Wochenende nach dem gestrigen Feiertag war es bei der Reiseplanung nicht so einfach, geeignete Quartiere für heute und morgen zu finden: Morgen werden wir in Lancieux ankommen, von heute morgen bis morgen abend haben wir so ingesamt ca. 48 km zu wandern. Im dortigen Hotel war es nicht möglich, für das lange Wochenende Einzelnächte zu buchen. Da galt Mindestbuchung 2 Nächte. Und an geeigneter Stelle nach Saint-Cast, wo wir heute vorbeikommen werden, gab es auch keine Buchungsmöglichkeit, wobei das eher daran liegt, dass es dort halt einfach keine Unterkunft gibt. Deshalb werden wir heute am Ende der Wanderetappe das Taxi nach Lancieux nehmen und uns morgen früh vom Taxi wieder zurück an die Stelle bringen lassen, an der wir heute abend die Wanderung beenden. Bis hinter Saint-Cast muss es aber auf jeden Fall gehen, mindestens bis zum Golfplatz, das wären ca. 21 km, am besten aber noch ein paar Kilometer weiter, sonst wird die morgige Etappe zu lang.

Am Montag und Dienstag haben wir uns noch entschieden gegen Abkürzungen aller Art verwahrt, heute sind wir etwas geknickt, weil wir nicht abkürzen können: Bei Ebbe kann man quer über die Bucht wandern und damit den heutigen Weg um ein paar Kilometer abkürzen und dabei noch über angenehmen flachen Sand wandern. Aber leider ist tiefste Ebbe heute erst gegen 14 Uhr. So lange, bis das Wasser den Weg freigibt können und wollen wir nicht warten.


Um 9 Uhr wandern wir also los. Zum Glück kann ich trotz der blöden Blase gut laufen. Und ich konnte Elsa schon mal insofern trösten, dass der Weg am Anfang an der Landstraße entlangführt und deshalb relativ knieverträglich ist. Wir stellen fest, wie sehr wir uns plötzlich freuen, nach den Tagen über Stock und Stein mal wieder über einen flachen, ebenen Boden zu wandern. Straßen sind doch was feines. So früh morgens liegt noch leichter Dunst über der Bucht. Überhaupt finden wir es, wie wir feststellen, unheimlich schön, morgens zu wandern.








Gegen halb zehn erreichen wir Port à la Duc, überqueren einen Fluss und dürfen dann ein wenig Landleben schnuppern. Es geht vorbei an Kuhweiden, später läuft uns auf der Straße zwischen ein paar Häusern ein Hund entgegen. Der sieht noch relativ harmlos aus, aber  hinter einer viel zu niedrig aussehenden Mauer entleibt sich fast ein anderer Hund, der wild bellend versucht, auf die Straße zu springen. Nichts wie weg hier.












Gegen elf Uhr haben wir den Ausflugs aufs Land hinter uns und wandern wir die Küste entlang. Auf dem schmalen Pfad kommen uns dann aber doch ein paar Vierbeiner entgegen. Eine Reitergruppe, vorneweg lässig der Reitlehrer mit einer Kippe im Mund. Hintendran junge Reiterinnen, die ihre Pferde nicht ganz unter Kontrolle haben, denn wie die halben Äste und langen Grasbüschel in den Mäulern der Vierbeiner verraten, wurde unterwegs schon mal verbotenerweise frisches Grün am Wegrand genascht. Die Vierbeiner fallen plötzlich in frischen Trab, und wir drücken uns lieber noch tiefer in die Büsche. Kurze Zeit später sehen wir die Truppe fröhlich unten am Strand durchs niedrige Wasser galoppieren.








Danach erreichen wir eine kleine Bucht, müssen eine Strecke über Felsen wandern, können aber dank des niedrigen Wasserstandes in der Mitte der Bucht immerhin einen Querweg zum anderen Ufer nehmen und freuen uns diebisch, dass wir jetzt doch ein paar hundert Meter abkürzen konnten. Nach Saint-Cast sollen es von hier aus noch 7,3 km sein, bis zum Golfplatz wären es ab dort dann noch etwa 4 km und wenn es gut klappt, dann schaffen wir noch ein paar Kilometer mehr.






Zuerst nehmen wir von hier aus noch ein Stück den Weg oben entlang der Steilküste, aber an der nächsten Bucht wechseln wir auf den breiten Strand. Dort sind schon viele Menschen zur Peche à Pied unterwegs. Erst mal legen wir eine Rast ein. Während Elsa sich anschließend in den Sand haut, und ein wenig die geschundenen Knie entlastet, suche ich nach Muscheln und komme mit einer „Fußfischerin“ ins Gespräch. Sie  zeigt mir ihre bevorzugte Beute, Herzmuscheln. Für 1 Portion benötige sie 3 kg, erklärt sie mir, und dafür müsse sie eine Stunde lang suchen. 3 kg finden Elsa und ich ziemlich viel, bei Miesmuscheln rechnen wir etwa 1 kg pro Person. Vielleicht sind die Herzmuschelschalen aber schwerer als die Miesmuschelschalen.










Mit Blick auf die Miesmuschelbänke und das Fort La Latte wandern wir erst einmal auf dem freigelegten Sand weiter, an den Felsen vorbei. Kurz vor dem nächsten Strand müssen wir zwar über ein paar Felsen klettern, aber das schaffen wir.










Ab viertel nach eins nehmen wir wieder den Weg oberhalb der Küste. Immer wieder wechseln sich felsige Abschnitte mit schönen Buchten ab, manche ganz einsam und nur mit dem Kayak zu erreichen. Dann erreichen wir schon die Ausläufer von Saint-Cast. Der Weg entlang der Küste ist hier gesperrt, wir werden eine Straße hoch geleitet und pausieren bei der erstbesten Gelegenheit erst einmal mit Elektroytauffüllern.












Hm, von hier aus müsste man eigentlich nur noch geradeaus ca. 1 km bis zum großen Hauptstrand und dem Ortszentrum von Saint-Cast gehen, während der Weg eigentlich vorsieht, uns wieder scharf nach links, zurück zur Küste und entlang einer schmalen Landzunge zu führen. Elsa und ich kommen sehr schnell überein, dass wir lieber abkürzen. Unterwegs schauen wir noch in eine kleine Kirche, dann erreichen wir gegen viertel vor drei schließlich Saint-Cast mit seiner „Grande Plage“, dem großen Strand, und der ist wirklich groß. Und gegenüber sehen wir schon die Halbinsel von Saint-Jacut, wo wir morgen wandern werden.








An der Touristeninformation holen wir uns noch eine Karte der Gegend und lassen uns zeigen, wo wir uns am folgenden Küstenabschnitt von einem Taxi abholen lassen könnten. Bis zum Golfplatz von Saint-Cast wollen wir auf jeden Fall noch und ab dort noch etwa 3 – 4 km weiter bis zu einem Campingplatz. Erst legt Elsa sich aber ein wenig an den Strand, und ich klappere die Geschäfte nach einer neuen Speicherkarte für den Fotoapparat ab. Keine Ahnung, was mich daheim geritten hat, aus meinem reichhaltigen Vorrat an Speicherkarten nur eine kleine Karte mitzunehmen. Irgendwie hatte ich nicht damit gerechnet, mehr als ein paar Schnappschüsse jeden Tag zu machen, aber jetzt ist die Karte voll. Nach viel Herumrennerei von einem Geschäft ins andere werde ich schließlich in einer Buchhandlung fündig. SD-Karten gibt es zwar nicht, aber Micro-SD-Karten mit Adapter. Ich bin irgendwie skeptisch, die Firma kenne ich nicht, und die Micro-Karte ist mir auch suspekt, aber es gibt nichts anderes, also nehme ich die Karte.

Und wie sich am letzten Tag der Reise herausstellen wird, hat mich mein schlechtes Gefühl nicht getrogen, denn am letzten Tag der Reise wird die blöde Karte kaputtgehen und sich nicht wiederherstellen lassen, weshalb der Reisebericht ab jetzt ohne Fotos auskommen muss.


Das weiß ich aber jetzt noch nicht, sondern gehe fröhlich zu Elsa zurück. Wir wandern weiter, wie weit, werden wir unterwegs entscheiden. Erst erklimmen wir ein Kap südlich des Strandes, und ab hier führt der Weg an verschiedenen Straßen entlang bis zum nächsten Strand und den daran angrenzenden Golfplatz. Dort gibt es eine Snackbar, das habe ich schon daheim recherchiert. Wir folgen dem breiten Strand, und weil es am Ende des Strandes keinen offiziellen Weg zum Golfplatz gibt, nehmen wir schließlich den kleinen Trampelpfad vom Strand aus und spazieren unschuldig schauend mit Wanderschuhen und Rucksäcken über ein kleines Grün und sind schon an der Snackbar. Um uns herum sitzen staub- und schweißfreie Menschen in heller Kleidung, dagegen wirken wir wahrscheinlich als wären wir gerade aus dem Busch gekrochen. Aber man bewirtet uns hier gerne, und unsere elektrolyt- und alkoholhaltigen Erfrischungsgetränke, wie immer Bier und Panaché, serviert uns ein lustiger Mitarbeiter mit dem Spruch „Welcome to Paradise“.

Nach einer Runde Bier ist klar: Heute wird nicht mehr weitergewandert. Und Elsa trifft eine Entscheidung: Sie wird sich und ihren Knien morgen einen Erholungstag zu gönnen und in Lancieux bleiben. Die nette Mitarbeiterin an der Rezeption bestellt  uns für 18.00 Uhr ein Taxi, wir kippen noch ein paar Elektrolyte hinunter, und klettern schließlich ins Auto, das uns nach Lancieux bringt. Nach den Wandertagen wieder im Auto zu sitzen, ist ganz ungewohnt. Die Landschaft fliegt viel zu schnell an uns vorbei. Gleichzeitig bin ich etwas geschockt, denn die Fahrt dauert fast eine halbe Stunde und lässt dabei die Halbinsel von Saint-Jacut völlig aus. Das alles – und noch mehr – soll ich morgen wandern? Na gut, in ein paar Wochenendstaus sind wir auf der Fahrt geraten, bestimmt ist die Strecke gar nicht so lang, beruhige ich mich.

Am Hotel des Bains in Lancieux kommen wir um halb sieben an, und unser Gastgeber steht schon an der Tür. Als der Taxifahrer den Kofferraum öffnet und unsere Rucksäcke zum Vorschein kommen, fragt unser Gastgeber gleich mal frech, ob wir denn unsere Wanderung mit dem Taxi machen würden. Dazu passt, dass ich den Fahrer gerade für morgen früh ans Hotel bestelle.

Zum Elsas Leidwesen müssen wir um in unsere heutige gemeinsame Maisonnette-Wohnung zu kommen, erst mal eine Treppe erklimmen, und ins zweite Schlafzimmer geht es nochmal eine Treppe hoch. Ich nehme also das Zimmer unterm Dach, Elsa bleibt in der ersten Etage und verbringt die Zeit bis zum Abendessen damit, ihre Knie mit Voltarengel zu verarzten.

Für acht Uhr haben wir in der Crêperie des Hotels einen Tisch reserviert und sind mit  unserer Wahl sehr zu zufrieden: Neben süßen Crêpes gibt es auch Galettes aus dunklem Mehl mit deftigen Zutaten. Ich nehme eine Galette mit Ziegenkäse, Elsa stärkt sich mit einer Galette „super complete“, danach gibt es noch große Eisbecher. Zum Sonnenuntergang spazieren wir noch langsam zum kleinen Strand hinunter und schauen aufs Meer, aber heute abend ist der Himmel bewölkt und wir sehen nur ein paar orangefarbene Streifen. Gegen 10 Uhr gehen wir schlafen.

Gute Nacht!