Autor Thema: Vancouver Island Wet & Wild  (Gelesen 119488 mal)

Flicka

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #15 am: 09. Oktober 2015, 20:42:53 »
Sonntag, 30.8.15: Vancouver – Victoria

Viel Schlaf bekomme ich nicht, aber immerhin gönnt der Jetlag mir 4 Stunden Schlummer, bevor ich gegen zwei Uhr aufwache und auch nicht mehr einschlafen kann.

Gegen fünf suche ich im Fernsehen einen regionalen Sender und erfahre dort, dass das, was unser Flugkapitän uns gestern unter dem Stichworte „leichte Turbulenzen um Vancouver“ verkauft hat, wohl nur noch die Nachwehen eines gewaltigen Sturms waren, laut Nachrichten wahlweise„the largest storm in 9 years“ oder „the worst storm in 6 years“. Viele Bäume sind umgestürzt, 400.000 Leute waren ohne Strom. Und wegen defekter Gehege soll im Zoo von Vancouver ein Grizzly ausgebrochen sein. Ich kuschele mich wohlig schaudernd unter die Decke, während Betroffene von Zuständen „wie bei Jurassic Park“ berichten.

Der Wetterbericht für heute warnt zwar nicht mehr vor Sturm und freilaufenden Bestien, prophezeit aber Regen von morgens bis abends, auch wenn sich auf der Wetterkarte im Bereich von Victoria immerhin auch eine halbe Sonne aus den Wolken schiebt. Eigentlich will ich heute auf dem Weg vom Fährhafen nach Victoria noch Butchart Gardens besuchen, aber vielleicht ist ein Tag im Royal BC Museum in Victoria heute doch die bessere Wahl. Na ja, ich werde sehen, wie sich das Wetter so macht.

Erst mal will ich frühstücken. Frühstück gibt’s ab sieben Uhr, also spaziere ich um Punkt sieben zum Frühstücksraum und staune. Da stehen schon ganze Busladungen Senioren am Frühstücksraum Schlange. Das habe ich mir jetzt irgendwie anders vorgestellt. Nach 30 Sekunden in der Warteschlange und einem kurzen Blick auf das angebotene „Continental Breakfast“ beschließe, das Frühstück auszulassen und mich auf den Weg zum Fährhafen zu machen. Vielleicht komme ich noch auf die Fähre um acht, falls nicht, gehe ich am Fährhafen frühstücken.

Als ich das Hotel verlasse, prasselt der Regen gerade heftig herunter, und ich bin froh, als ich schließlich alles im Auto verstaut habe und losfahren kann. Erfreut stelle ich beim Ausparken fest, dass das Auto eine Rückfahrkamera mit verschiedenen farbig eingezeichneten Feldern hat. Ein Schiebedach hat es übrigens auch, aber das bleibt bei dem Wetter lieber mal zu.

Die Fahrt zum Fährhafen in Tsawwassen dauert etwa 20 Minuten. Von hier aus kann man nach Swartz Bay im Süden von Vancouver Island fahren und nach Nanaimo im Osten der Insel. Ich will nach Swartz Bay und von dort aus nach Victoria weiterfahren. Den Fährtarif zahle ich am Drive-In-Kassenhäuschen bequem per Kreditkarte, und bevor ich mich schon fragen kann, wie das alles jetzt funktioniert, schickt mich die Mitarbeiterin mit einem Handzeichen und einem entsprechenden Ticket in die „Lane 41“ wo vor mir schon andere Autos warten. Über Lautsprecher kommt gerade die Nachricht, dass die Fähre nach Swartz Bay gleich befahren werden kann und die Fahrzeugführer zu ihren Autos zurückgebeten werden. Dann dauert es noch ein paar Minuten, und ich darf der Fahrzeugschlange vor mir bis auf die Fähre folgen, immer geleitet von Mitarbeitern und ihren Handzeichen. Super, ich habe es also noch auf die Fähre geschafft. Das hat ja viel besser geklappt als gedacht.

Oben im Passagierbereich hole ich mir erst mal bei Starbucks einen heißen Kakao, und als ich hinausgehe, legt die Fähre schon ab und der Wind beginnt, an Jacke und Haaren zu zerren. Der Regen hat aufgehört, man kann sogar ein bisschen blauen Himmel und einen Regenbogen sehen und ab und zu gibt es Sonnenspots. Eineinhalb Stunden dauert die Fahrt, die teilweise dicht an kleineren Inseln und größeren Inseln, den Gulf Islands, vorbeiführt. Ich suche mir ein windgeschützteres Plätzchen, übe schon mal mit dem großen Teleobjektiv und fühle mich einfach wohl. Meerluft hat doch gleich etwas belebendes.














In Tsawwassen angekommen dauert das Entladen der Fähre eine Weile, dann kann ich von Bord fahren und schlage dann doch den Weg nach Butchart Gardens ein, den ich wegen der Wetterprognose eigentlich streichen wollte.

Butchart Gardens ist benannt nach dem Ehepaar Butchart, genauer gesagt nach Jennie Butchart, die Anfang des 20. Jahrhunderts begann, den ehemaligen Steinbruch der Firma ihres Ehemanns in einen Garten umzuwandeln. Heute ist der Garten immer noch im Familienbesitz, beschäftigt aber 50 Gärtner, zieht jährlich fast eine Million Besucher an und bekam vor einigen Jahren den Status eines National Historic Site of Canada zuerkannt.

Der Eintritt kostet über 30 Dollar. So ganz sicher bin ich nicht, ob sich das überhaupt lohnt, als ich das Auto abstelle. Und dann sind da noch diese vielen Reisegruppen, wahlweise „westliche“ Senioren oder aufgeregte Asiaten. Aber was solls, jetzt ist der Eintritt sowieso schon bezahlt, ich habe Zeit, und die Steuerrückerstattung ist inzwischen sicher schon auf meinem Konto eingegangen, also los.






Nachdem ich erst noch ein bisschen skeptisch meinen Weg zwischen den Reisegruppen suche, komme ich an den „Sunken Garden“, und der verblüfft mich wirklich. Rundherum kanadische Nadelwälder und Felsen, und direkt vor dem Besucher in einem kleinen Tal englischer Rasen und üppige Blütenpracht. Das muss der Ort sein, der früher als Steinbruch genutzt wurde. Irgendwie unwirklich, dieses satte Grün und die lieblichen leuchtenden Farben so mitten in der schroffen Landschaft. Aber gerade dieser Gegensatz macht den Reiz des Gartens aus.








Am Ende des kleinen Tals sprudeln Fontainen in einem Fluss oder Teich direkt neben einer schroffen Felswand, von der sich ein kleiner Wasserfall herunterschlängelt. Wer kommt auf so eine Idee? Die Chinesin neben mir fühlt sich erstaunlicherweise an ihre Heimat erinnert und ruft aufgeregt: „Jangtse, Jangtse!“




Nach dem versunkenen Garten schaue ich mir noch die restliche Gartenanlage an, alles ist üppig bepflanzt und schön gepflegt. Eine Million Pflanzen werden hier jährlich neu gesetzt, vor allem zur Blütezeit im Frühling. Der Rosengarten ist eine Ansammlung unterschiedlichster Züchtungen, und sogar einen japanischen Garten gibt es. Der Besuch hier hat sich tatsächlich gelohnt, auch wenn ich nicht in den Genuss der zahlreichen Veranstaltungen komme, die den Sommer über in den Gärten stattfinden. Gestern, am Samstagabend, sollte ein Feuerwerk stattfinden, ich frage mich, ob es dem Sturm zum Opfer gefallen ist.














Nach dem zweistündigen Spaziergang durch die Gärten gönne ich mich mir noch ein Eis mit Walnut-Maple-Geschmack, durchstreife die Shops, in denen alles für den nostalgischen englischen Gartenfreund angeboten wird und mache mich schließlich auf den Weg nach Victoria. Das Navi führt mich brav in die Stadt und zum Hotel, dem Helm's Inn, das von außen erst mal etwas verwohnt wirkt, aber mein Zimmer mit kleiner Küchenecke ist neu gemacht und wirklich schön.

Gerade kommt die Sonne heraus, also mache ich mich auf den Weg zum Hafen, vorbei an den Totempfählen im kleinen Thunderbird Park.




Hier in Victoria liegt fast alles dicht beisammen. Das Parlament von British Columbia thront genau so über dem Inner Harbour wie das ehrwürdige Empress Hotel. Alles wirkt entspannt, Leute liegen im Sonnenschein auf dem Rasen vor dem Parlament, unten am Hafen flaniert man auf der Uferpromenade. Die Stadt wirkt hier europäisch alt und ist es doch nicht. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts wurde im heutigen Stadtgebiet ein Fort gebaut, 1849 wurde Vancouver Island zur britischen Kronkolonie, und 1862 erhielt das inzwischen entstandene und nach der britischen Regentin benannte Victoria die Stadtrechte. Die Stadt wurde wichtiger Versorgungsstützpunkt des kanadischen Goldrauschs, wuchs entsprechend weiter und wurde schließlich 1871 zur Hauptstadt von British Columbia.








Ich spaziere gemütlich herum, merke dann aber plötzlich, wie mein Magen knurrt. Klar, außer dem Eis vorhin habe ich seit dem letzten Snack im Flugzeug gestern nachmittag nichts mehr gegessen, und das ist fast 24 Stunden her. Also setze ich mich gleich mal auf die Terrasse des Restaurants direkt am Hafen, bestelle einen Burger und ein Bier einer einheimischen Brauerei. Beides ist sehr lecker, ich schaue rüber aufs Parlamentsgebäude und beobachte die kleinen Wassertaxis, die hier an- und ablegen. Irgendwann zieht sich der Himmel dann aber doch wieder zu, und während ich noch die letzten Sonnenstrahlen im Gesicht spüre, tropft schon der Regen ins Bierglas.




Ich mache noch einen Abstecher bei der Touristeninformation und gehe zu einem kleinen Supermarkt, um mir Getränke und ein paar Snacks zu kaufen, dann trudele ich schließlich gegen halb sechs wieder im Zimmer ein. Eigentlich will ich später nochmal losziehen und mir den Hafen bei Sonnenuntergang anschauen. Aber inzwischen bin ich so müde, dass ich im Stehen einschlafen könnte. Blöder Jetlag. Ich frage mich, wie ich es gestern abend um acht Uhr noch geschafft habe, vom Flughafen zum Hotel zu fahren. Irgendwann gegen sieben Uhr krieche ich unter die Bettdecke und schlafe sofort ein.

Gute Nacht!

nordlicht

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #16 am: 09. Oktober 2015, 22:01:12 »
Ich hätte Dir ja schönes Wetter gegönnt, aber vor allem wenn ich mir den Leuchtturm so angucke, ist das durchwachsene Wetter zumindest fototechnisch wunderbar. Ein tolles Bild!

Andrea

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #17 am: 09. Oktober 2015, 22:18:40 »
Das Rathaus von Hannover! Ach nee, das ist das Capitol in Victoria... Bei einem Bilderrätsel war das schon einmal irreführend  ;)
Liebe Grüße, Andrea



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Flicka

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #18 am: 10. Oktober 2015, 13:56:02 »
Der Tag hat zum Glück besseres Wetter gebracht als vorhergesagt, also nur wenig Regen und dafür häufig diese schnellen Wechsel zwischen Sonnenschein und dunklen Wolken. Ich war bei der Überfahrt die ganze Zeit draußen und habe die tolle Kulisse aufgesaugt.

Andrea, ich musste jetzt doch mal das Rathaus von Hannover im Internet suchen, und stimmt, die Ähnlichkeit ist durchaus da.

Paula

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #19 am: 10. Oktober 2015, 16:30:26 »
Ich finde es sehr beruhigend dass der einzige Grizzlybär heute aus grünen Blättern bestand, außer die Krallen ,die sind aus Metall oder?  :)
Szenen wie in Jurassic Park braucht man echt nicht, ich erinnere mich an einen Bericht über einen Tiger der vor ein paar Jahren im Nürnberger Zoo ausgebrochen ist, echt schauerlich  :o gut dass du nicht früher in Urlaub geflogen bist, ein paar Stunden Stromausfall am Abend geht ja grade noch...
Der Garten ist echt klasse, gut dass es da nicht geregnet hat.

Mein Schnupfen geht gerade in Husten über, ich hoffe dir geht es auch bald besser  :knuddel:
Viele Grüße Paula

Flicka

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #20 am: 10. Oktober 2015, 16:49:47 »
Hm, ich hatte den Grizzly für einen Puma gehalten. So ganz sicher bin ich mir jetzt aber auch nicht mehr.  ???

Schön dass der Garten dir gefällt. Ich war vorher unschlüssig, ob ich hinfahren soll, aber es hat sich gelohnt.


Mein Schnupfen geht gerade in Husten über, ich hoffe dir geht es auch bald besser  :knuddel:


Danke für die guten Wünsche, dir gebe ich gerne wieder zurück! Ich habe heute tapfer mit irgendwelchen ätherischen Pasten und Kräutern inhaliert und wenigstens fühlt sich die Nase wieder freier an.

Paula

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #21 am: 10. Oktober 2015, 23:20:17 »
Hm, ich hatte den Grizzly für einen Puma gehalten. So ganz sicher bin ich mir jetzt aber auch nicht mehr.  ???

Schön dass der Garten dir gefällt. Ich war vorher unschlüssig, ob ich hinfahren soll, aber es hat sich gelohnt.


Ich glaube du hast recht mit dem Puma, ich habs noch mal genau angeschaut, ich hatte halt noch das Bild von dem ausgebrochenen Grizzlybär im Kopf  :o

Bei 30$ wäre ich auch ins Grübeln gekommen aber das hat sich definitiv gelohnt!

Ich habe übrigens in dem Kram gebadet das du inhalierst und mich für die innerliche Anwendung von Rotwein entschieden, hat immerhin soweit geholfen dass ich im Theater heute nur manchmal husten mußte. Aber das Stück war nicht besonders da hat das nicht weiter gestört  >:(
Viele Grüße Paula

Andrea

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #22 am: 11. Oktober 2015, 00:37:06 »
Also ich habe auch eine Großkatze gesehen, bis Paula meinte, das wäre ein Grizzly  8)

Ich wünsche euch allen eine gute Besserung. Bisher habe ich seit 2013 immer nur leichte Anflüge von Erkältung gehabt. Beim leisesten Anzeichen (Kratzen im Hals, juckende Nase,...) gibt´s einen Tag lang Paracetamol (3 mal eine) und sowieso Zitronen- oder Limettenscheiben in meiner Cola oder Mineralwasser. Und dazu viel frische Luft. Heizung bleibt aus, da nehme ich lieber eine Decke oder ein Sweatshirt. Aber als Hausstauballergikerin ist der Beginn der Heizsaison sowieso immer ätzend...
Liebe Grüße, Andrea



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Flicka

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #23 am: 11. Oktober 2015, 10:06:43 »

Ich habe übrigens in dem Kram gebadet das du inhalierst und mich für die innerliche Anwendung von Rotwein entschieden, hat immerhin soweit geholfen dass ich im Theater heute nur manchmal husten mußte. Aber das Stück war nicht besonders da hat das nicht weiter gestört  >:(

Vielleicht dachten die anderen Zuschauer ja, das Husten gehört zum Stück.  ;D



Ich wünsche euch allen eine gute Besserung.


Danke!


So, ich lade noch die Fotos hoch, dann geht es weiter auf unserer Reise. Es nieselt zwar, aber wir bleiben meistens drinnen. Paula, du musst den Tag also nicht im Auto verbringen.  ;)

Flicka

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #24 am: 11. Oktober 2015, 10:27:37 »
Montag, 31.8.15: Victoria


Ich schlafe wie ein Stein, jedenfalls bis zwei Uhr nachts. Danach ist nur noch Dämmerschlaf angesagt, und spätestens um fünf bin ich dann richtig wach und gehe schon mal virtuell im Internet spazieren, bevor ich mich schließlich um kurz vor neun auf den Weg mache. Auf dem Weg schaue ich mir die Totempfähle genauer an. Heute im Nieselregen wirken sie fast besser als gestern im strahlenden Sonnenschein, irgendwie geheimnisvoller. Vielleicht rede ich mir aber auch nur das Wetter schön.










Eigentlich will ich vor allem ins Royal BC Museum, aber das öffnet erst um 10, und in der Zwischenzeit schaue ich mir das Parlamentsgebäude an. Hier tagt immerhin das Parlament von British Columbia, also bin ich darauf eingestellt, mich wie am Flughafen kontrollieren zu lassen und meine Tasche durch einen Metalldetektor zu schicken, aber die einzige Sicherheitsmaßnahme besteht darin, dass der Mitarbeiter an der Tür mir mit einem Knopfdruck die Tür öffnen muss. Dann bin ich drin und kann tun und lassen was ich will.




Hier im Parlament huldigt man offen der britischen Vergangenheit und der Queen. Sie hat zu ihrem 50. Thronjubiläum ein neues Fenster bekommen, lacht von Fotos und schaut huldvoll von einem Gemälde hinüber zu einem First-Nations-Kanu. Ich spaziere im öffentlich zugänglichen Bereich herum und mache Fotos, auch vom Plenarsaal. Alles sehr hübsch, das hätte ich mir gar nicht so vorgestellt.












Anschließend gehe ich hinüber zum Royal BC Museum, laut Reiseführer eins der besten Museen in ganz Nordamerika. Um es vorweg zu nehmen: Es ist klasse!

Ich schaue mir erst mal den Bereich über die Natur an. In lebensechten Schaubildern sind verschiedene Tiere ausgestellt, vom Mammut bis zum Puma.






Anschließend gehe ich in die derzeitige Sonderausstellung über Gold. Als erstes schaut man diesem ungnädig blickenden Wesen ins Auge, das wohl extra für die Ausstellung angefertigt wurde und den Herrscher der Unterwelt oder Unterwasserwelt zeigt.




Exponate aus Südamerika und Infos zu Gold im allgemeinen und dem Goldrausch im besonderen werden gezeigt, man darf eine Goldmedaille der Olympischen Spiele bewundern und zum Schluss kann man sich noch auf eine Waage stellen und sich anzeigen lassen, was man wert wäre, wenn man aus purem Gold bestünde. Ich bringe es immerhin auf über 3 Millionen Canadische Dollar (und wer jetzt anfängt, Goldpreise und Wechselkurse zu berechnen, um herauszubekommen, was ich denn wiege, sollte meine schwere Fotoausrüstung wohlwollend berücksichtigen).










In der oberen Etage werden Sprache und Kultur der First Nations gezeigt, genauso wie die jüngere Geschichte von British Columbia.

Ich erfahre, dass es im Bereich von British Columbia mehrere Dutzend Sprachen gibt, aber nur noch wenige Sprecher. Man kann sich einzelne Ausdrücke in verschiedenen Sprachen anhören, dann führt der Weg weiter an vielen Masken und anderen Exponaten vorbei bis zum Raum mit mehreren Totempfählen und dem Kwakiutl House, das hierher quasi verliehen wurde.
















Im anderen Teil der Ausstellung wird im pittoresken Las-Vegas-Themen-Hotel-Stil noch ein wenig viktorianisches British Columbia präsentiert.








Dann stehe ich schließlich wieder im Erdgeschoss und muss leider hinaus in den Nieselregen. Immerhin kann ich nach einem kurzen Fußweg die ersten Orcas dieser Reise sehen.




Inzwischen ist es fast ein Uhr, mein Magen knurrt mal wieder. Ich schaue zuerst ins hochnoble Empress Hotel, wo man wohl für horrende Preise einen Tee zu sich nehmen kann, vermutlich mit Gurkensandwichs oder etwas ähnlichem. Ich werde es nie rauskriegen, denn mir ist nach rustikalerer Atmosphäre, und so lande ich schließlich in einem netten Pub an der Government Street, probiere Bier einer lokalen Brauerei und staune, dass man hier laut Plakat an der Wand sogar exotische Dinge wie „Schöfferhofer Grapefruit“ im Angebot hat. Zu essen bestelle ich überbackene Nachos, eine riesige Portion, die ich beim besten Willen nicht schaffe.

Von hier aus ist es nicht mehr weit bis zu „Mec“, einem Outdoorladen, in dem ich Bärenspray kaufen will. Zuerst verliere ich mich aber im riesigen Angebot und bekomme richtig Lust darauf, mich mit gefriergetrockneter Nahrung und einem Wurfzelt auf den Appalachian Trail zu machen. Aber auch das würde ich wohl nicht ohne Bärenspray machen, also frage ich, ob man sowas im Angebot hat. Man hat. Ich darf mir einen Hinweiszettel durchlesen, muss mich ausweisen und meine Personalien angeben, kaufe noch ein Holster, um das Spray auch griffbereit mit mir herumtragen zu können und erfahre dann, dass man hier nur einkaufen kann, wenn man „Member“ ist, also muss ich für 5 Dollar auch noch eine Mitgliedschaft abschließen. Alles in allem löhne ich 50 Dollar, aber das ist mir mein Leben für den Fall der Fälle doch wert. Und außerdem habe ich ja die Steuerrückerstattung bekommen.

Danach gehe ich noch ein Stück weiter bis ich nach Chinatown komme, aber sonderlich interessant ist die Gegend nicht.




Um meine touristischen Pflichten zu erfüllen, gehe ich noch durch die Fan Tan Alley, die schmalste Straße der Stadt (oder nur dieses Viertels? oder von ganz Kanada?), die fototechnisch aber nichts hergibt. Außerdem hat es sich inzwischen wieder eingeregnet. Eigentlich wollte ich ja noch den Beacon Hill erkunden, aber ich habe mir vorhin als Alternative schon mal das Programm im Imax im Museum angeschaut. Nach einem kurzen Zwischenstopp bei einem Chocolatier kehre ich also wieder ins Museum zurück und kaufe mir ein Ticket für den Film über Buckelwale. Bis der Film beginnt, streife ich noch ein wenig durch den Museumsshop, der neben den üblichen Devotionalien auch Außergewöhnliches wie Bücher über die Grammatik von verschiedenen First-Nations-Sprachen anbietet.

Die Buckelwale lebensgroß direkt vor mir auf der riesigen Leinwand zu sehen ist dann ein ganz besonderes Erlebnis. Der Film dauert 45 Minuten und ist viel zu schnell vorbei. Danach hat es netterweise aufgehört zu regnen, und ich beschließe, noch bis zum Fishermans Warf zu laufen. Hier gibt es Touranbieter, Restaurants, aber auch echte, bewohnte schwimmende Häuser.









So, jetzt tun mir die Füße weh, und nach einem kleinen Abstecher im Supermarkt trudele ich schließlich gegen halb sieben im Zimmer ein. Immerhin scheint sich der Jetlag zu bessern. Gestern um diese Zeit war ich schon regelrecht untot. Heute mache ich eine ausgiebige Rast und gehe dann nochmal hinunter zum Inner Harbour, um noch ein wenig „Victoria by night“ zu sehen. Leider fängt es pünktlich wieder an zu regnen, als ich am Parlamentsgebäude ankomme. Mit Schirm, Charme und Stativ bekomme ich aber trotzdem noch ein brauchbares Foto hin. Die Regentropfen auf der Linse werden nach dem Wegwischen zwar ständig durch neue ersetzt, aber eigentlich sind die zusätzlichen Lichteffekte gar nicht so schlecht und vor allem authentisch.




Danach darf das Empress Hotel sich noch verewigen lassen.




So, halb neun. Ich überlege, ob ich noch essen gehe, aber die Müdigkeit treibt mich dann doch zum Hotel zurück. Neben dem Bett warten noch die Pralinen, die ich heute mittag gekauft habe. Die stellen sich allerdings als Enttäuschung heraus. Fast alle sind mit einer zähen Masse gefüllt, die ich gar nicht mag. Vermutlich ist die Klebemasse erforderlich, um die vielen künstlichen Aromen festzuhalten. Akzeptabel ist nur der Trüffel mit Erdnussbutterfüllung. Aber jetzt mal ehrlich: Für dieses Geschmackserlebnis bräuchte man keinen Chocolatier, sondern nur einen stabilen Magen, einen Schokoriegel und ein Glas Erdnussbutter zum Dippen.

Morgen will ich Victoria hinter mir lassen, ein wenig Küstenluft schnuppern und dann in Duncan übernachten. Hoffentlich bessert sich das Wetter!

Gute Nacht!

serendipity

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #25 am: 11. Oktober 2015, 11:12:11 »
Jetzt bin ich auch hier hinterher gereist, denn mich hatte auch eine fiese Erkältung erwischt und außer vormittags Schule, habe ich sonst nichts getan, außer zu schlafen, schlafen schlafen.

Viktoria gefällt mir, du hast schöne Eindrücke mitgebracht und bisher brauchten wir den Schirm ja noch nicht allzu oft  ;) bzw. gab es ja interessante Regenalternativen.

Mir gefällt auch das Leuchturmbild besonders gut, aber auch die Nachtaufnahmen aus Viktoria.

Silvia

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #26 am: 11. Oktober 2015, 13:45:59 »
Also ich habe auch eine Großkatze gesehen, bis Paula meinte, das wäre ein Grizzly  8)
Bei mir war's genau andersrum, ich dachte auch an einen Bären auf den ersten Blick (massige Schulterpartie), allerdings spricht die Kopfform dann doch eher wieder für eine Katze.  :o   

Paula

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #27 am: 11. Oktober 2015, 15:02:59 »
Der Jetlag plagt dich ja extrem, ich werde zwar in den ersten Tagen nachts auch immer wach schlafe aber wenigstens nach einer Weile wieder ein.

Die Totempfähle finde ich total klasse, in USA hab ich noch nie welche gesehen (ich glaube im Fersehen hab ich mache im Nordosten der USA gesehen), auch der Indianerteil im British BC Museum ist ganz nach meinem Geschmack.

Der Orca ist diesmal direkt als solcher zu erkennen  ;) ist ja klasse wie nicht nur zwei verschiedene Pflanzen für den Körper verwendet wurden um den Farbunterschied hinzukriegen sondern sogar noch eine Yucca als Wasserfontäne  :beifall: seit wir letztes Jahr in dem Formschnittgarten in Belgien waren mag ich diese Gärtnerkunst besonders  :)

Und was das Bärenspray angeht hoffe ich dass es nicht zum Einsatz kommen muss...
Viele Grüße Paula

Flicka

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #28 am: 11. Oktober 2015, 16:07:15 »
Die Orcas waren echt schön gemacht, auch mit der Welle unter den Körpern.

Zu den Totempfählen schreibe ich am morgigen Reisetag noch ein wenig, mich haben die auch fasziniert.

Vor dem Grizzly / Puma im Garten bin ich übrigens tatsächlich kurz erschrocken, wie der da so im Schatten lag. Und den Puma im Museum habe ich auch erst hinter einer Ecke gesehen, als eine Mutter ihn ihrem Kind gezeigt hat. Sie hat noch gelacht und gesagt, das wäre typisch: Du siehst den Puma nicht, aber der Puma sieht dich.

Für einen Regentag war Victoria wirklich gut geeignet, aber ich habe mir natürlich schon Sorgen gemacht, wie es mit dem Wetter wohl weitergehen würde - leider nicht ganz zu unrecht.


Der Jetlag plagt dich ja extrem, ich werde zwar in den ersten Tagen nachts auch immer wach schlafe aber wenigstens nach einer Weile wieder ein.


Wenn ich ehrlich sein soll: Gegenüber meinen Erlebnissen nach der Rückkehr war der Jetlag in Kanada noch harmlos. Zurück in Deutschland war nach einer ersten "normalen" Nacht bei mir der Rhythmus plötzlich völlig weg, und ich war irgendwo auf Asien- oder Australienzeit, bin tagelang nachmittags auf der Heimfahrt von der Arbeit fast im Auto eingeschlafen und dafür schon um kurz nach Mitternacht wieder wach geworden. Und zwar auch dann, wenn ich mühsam bis um neun wach geblieben bin. Trauriger Höhepunkt war die Tiefkühlpizza, die ich mir irgendwann mal morgens um halb sechs in den Backofen geschoben habe, weil nach meiner inneren Uhr Zeit fürs Mittagessen war und ich am Abend vorher nichts mehr essen konnte, weil ich zu müde war.

Klingt zwar nach einem Fernreisenluxusproblem, aber ich habe mich richtig krank gefühlt.

Flicka

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Re: Vancouver Island Wet & Wild
« Antwort #29 am: 12. Oktober 2015, 18:00:34 »
Mit dem Reisebericht gehts morgen oder übermorgen weiter. Aber um euch daran zu erinnern, dass die Reise nicht nur "wet" sondern auch "wild" war, gibts heute diesen kleinen Appetizer:



Bis dahin müssen wir uns aber noch ein paar Reisetage gedulden.  ;D