FR, 29.5. Sibiu und umzuDen ganzen Tag will ich mir Sibiu ansehen.
Nach einem langen Frühstück in der Huet Residence mache ich mich auf die Socken. Weit liegt hier ja nichts auseinander und es folgt nun wieder ein richtig schöner Tag mit tollem Wetter.
Ich streife kreuz und quer durch die Stadt, in der heute übrigens offenbar viele hoffnungvolle Abiturienten und Abiturientinnen ihren Erfolg feiern. Sie tun es chic gemacht, besonders die Mädels. Eine junge Dame im Stil der schon wieder in Vergessenheit geratenden Lena, die vor einigen Jahren den Grand Prix de la Chanson gewann nach der anderen wird mit ihrem Doktorhut und Blume in der Hand im knielangen Kleidchen und sündhaft hohen Schuhen fotografiert. Die Jungs tragen eher ihre guten Jeans, frisch geputzte Schuhe und ihr neues weißes Hemd.
Ich schlendere von Ort zu Ort, setze mich hier und da mal auf eine Bank, beobachte das Treiben an der Lügenbrücke und vor allem auf dem bunten Markt in der Unterstadt.
Ich lasse mal lieber Bilder sprechen:
Der bunte Markt. Von wegen, in Rumänien gibt es nix! Hier bieten nicht nur 'richtige' Händler ihre Waren an, auch die eine oder andere Bäuerin möchte hier Sträuße aus Wiesenblumen, winzige Walderdbeeren oder Holunderblüten verkaufen. Eine alte Frau schiebt ihr Wägelchen systematisch von Stand zu Stand und prüft die Ware. und ab und zu landet etwas in ihrem Wägelchen. Und dann gibt es noch eine geflieste Halle, in der Fleisch und Käse verkauft werden.
Die Altstadt besteht quasi aus dem großen (herrschaftlichen) Ring (=Platz) und dem kleinen Ring der Händler und Handwerker. Am großen Ring das Rathaus und mitten auf dem Platz der Narrenkäfig, in den man im Mittelalter Randalierer eingesperrt hat.
Wahrzeichen der Stadt ist die Lügenbrücke. Wer auf ihr lügt, bringt die Brücke zum Einsturz. Wo man also fragen sollte 'liebst du mich', sofern man an der ehrlichen Antwort wirklich interessiert ist, dürfte also klar sein. Vielleicht sollte man sicherheitshalber neben der Brücke stehenbleiben, wenn man fragt.
Die orthodoxe Kathedrale. Ich mag orthodoxe Kirchen, vielleicht, weil sie keine Bestuhlung haben und das Verhalten der Gläubigen darin ein bisschen an indische Tempel erinnert.
Das altehrwürdige Brukenthal-Gymnasium, in das ich sogar einen Blick werfen darf. Der Mann an der Pforte bedauert nur, dass ich nicht in die Klassen schauen kann, da noch Unterricht sei. Und gleich daneben liegt die Evangelische Stadtpfarrkirche.
Man kann zwei Türme erklimmen für den Blick über die Stadt. Zuerst geht es auf den Ratsturm.
Und auch von der Stadtpfarrkirche kann man runtergucken, sofern man sich denn hoch traut. Vorbei an den Glocken geht es über eine etwas wackelig wirkende frei schwebende Holztreppe nach oben, aber man wird mit einem tollen Ausblick belohnt.
Am späteren Nachmittag möchte ich noch etwas Landluft schnuppern. Ich steuere drei Orte an.
Sibiel, kein deutsches, sondern ein rumänisches Dorf. Daher gibt es hier auch keine Kirchenburg, sondern eine auch charmante orthodoxe Dorfkirche.
Cristian (Großau): Ein Dorf mit Kirchenburg und zig Störchen. Überall um mich herum klapppert es wie verrückt. Und im Dorfladen wird eine Kundin deutscher Abstammung von der Kassiererin angesprochen und gebeten zu übersetzen, als ich kein Rumänisch verstehe. Alle wieder mal total nett hier!
Ocna sibilui (Salzburg), ein Kurbad, das gerade wieder im Auferstehen ist, derzeit aber noch denkbar uninteressant. Eintritt kostet das Bad nicht, ich könnte also im heilenden Salzwasser baden und es mir auf einer der Liegen in der Sonne bequem machen. Na ja, vielleicht nächstes Mal.
Nach der Rückkehr sitze ich in der Abendsonne auf der Treppe vor meiner Pension. Das nette Mädel, das die Pension und das angeschlossene Café bewacht, bringt mir ein Sitzkissen und einen Campari Orange, den sogar kostenfrei als 'Welcome-Drink'. Ich genieße Drink, Abendsonne, Katzekraulen und den Blick und bin zufrieden.
Lohnenswerte Sehenswürdigkeiten: Ausblicke von den Türmen über die Stadt, die Lügenbrücke und das Storchendorf Cristian.