Die erste NachtNach dem Jack in the Box ja keine Option mehr war, ließen wir uns mit unserem Sixpack Bier auf unser gemütliches Bett nieder. Obwohl es schon auf 22.00 Uhr zu ging, war ich (was nicht bei jeder Reise der Fall ist) noch relativ aufgekratzt und auch Sylvia hatte noch Lust, auf ihrem iPad herumzuklicken (bzw. mit ihrem Smartphone via WhatsApp die Daheimgebliebenen zu informieren).
Schon bekam unser neuer Minirouter von TP-Link sein erste Chance: es gelang uns nämlich mit keinem einzigen Gerät (wir hatten zwei Tablets und 1 Smartphone dabei), sich dauerhaft in das WLAN des Motels einzuwählen. Trotz richtigem Netzwerk und richtigem Passwort und relativ gutem Empfang flogen wir andauernd wieder raus. Und das so flott, dass es unmöglich war, auch nur eine einzige Seite aufzurufen. Wie in vielen besseren Motels, hatte das Sleep Inn aber auch eine Kabelbuchse in der Wand - und da schloss ich dann einfach mal den mitgebrachten Router an. Der blinkte kurz, zeigt dann grünes Licht - und 1 Minute später hatten wir beide eine stabile und flotte Verbindung über die eigene Netzwerk-ID und unseren mitgebrachten Router. Saugut - hat sich das also schon am ersten Abend bewährt, genau für diesen Fall hatte ich das Ding gekauft.
Außerdem lief der Fernseher nebenher, der Weather Channel machte einen endgültigen Schlussstrich über unsere Ost Tour - da ging gar nichts. Ständig waren im Osten schwerste Unwetter ("Red Zone"), Tornadowarnung, Regen, Hagel - das ganze Programm. Nein danke, der Bedarf an Winter war schon zu Hause im Überfluss gedeckt worden. Im Großraum Houston sollte das Wetter morgen ganz angenehm sein, nicht zu warm (ca. 22 - 25° C), aber viel Sonne und auch Wind. Prima.
In dem Maße, wie sich unsere Budweiser Flaschen leerten, wurden wir dann aber doch langsam müde. Sylvia erwähnte noch irgendetwas über unseren Minivan, der hätte vorne ja ganz viele Ablagen und Getränkehalter, auch zwischen den beiden Vordersitzen, aber eine Ablage für die Arme wäre da gar nicht, wie sonst bei den amerikanischen Autos mit Mittelkonsole. Ich war schon sehr müde und konnte es aber noch bestätigen ... bevor wir dann um 23.30 Uhr endgültig das Licht ausmachten und einschliefen.
Mitten in der Nacht (man schläft in der ersten Nacht immer so komisch - man ist zwar total übermüdet, aber auch irgendwie wach, das ist immer eine sehr unruhige Nacht) mußte ich aufs Klo und war dadurch wieder etwas wacher. Als ich wieder im Bett lag, fiel mir die Bemerkung über die Mittelkonsole wieder ein. Und dann hatte ich eine Eingebung - auf einmal wußte ich die Lösung, das musste es sein, ich war mir total sicher (und sollte auch Recht behalten)...
27. März 2013, Mittwoch: Der erste Tag - Houston, Brazos Bend State Park etc.Um ca. sieben Uhr konnten wir beide nicht mehr schlafen, eigentlich reichen mir weniger als 8 Stunden nicht aus (vor allem nicht mehr, seit dem ich die Morphium Pflaster klebe), aber hier war das etwas anderes. Ich war unruhig und Sylvia auch, ich merke das sofort, wenn Sylvia neben mir liegt und wach ist. Also wurde aufgestanden, eine schöne warme Dusche wurde genommen und zum Schluss ging es zum Checkout und hinaus in die strahlende Sonne. Das Motel bot zwar ein (verhältnismäßig) ordentliches Frühstück an, aber ich persönlich mache mir gar nichts aus dem ganzen Zeug, Sylvia schon eher, aber die Vorstellung an einen leckeren Burger nebenan beim Jack in the Box, der jetzt natürlich wieder geöffnet hatte, lies sie auch unmittelbar schwach werden. Also ab zum Jack in the Box.
Inzwischen war es um die halb neun (wir brauchen immer relativ lange morgens, das liegt u.a. auch an mir, ich kann nicht schneller), im Laden war nichts los und wir bestellten uns jeder eine Combo; ich esse nicht immer Pommes zum Frühstück (gelinde ausgedrückt), aber wir hatten beide einen "Schweinehunger". Ich bekam das "Topmodell Sirloinburger" und Sylvia einen Chickenburger. Dazu zwei Eimer mit Plöre (das kann ich auch nur im Urlaub trinken, ich wähle da dann meistens Diet Coke). Mein Burger war anscheinend von einem verliebten Koch zubereitet worden, eigentlich kenne ich diesen Burger ganz gut - aber der hier war echt megasalzig. Und wenn ich schreibe "megasalzig", dann ist der megasalzig, denn zu Hause wird mit Salz nicht gespart. Ist mir bis dato auch nie so aufgefallen, ob es nun an mir oder am Burger lag - egal, ich habe ihn weggeputzt und mit der Plöre heruntergespült. Sylvia war auch schnell durch und kurze Zeit saßen wir beide in unserem Dodge Grand Caravan.
Während wir uns anschnallten und ich schon einmal die Navi anschloss, meinte Sylvia: "Siehst Du, was ich meine. Der hat hier in der Mitte keine Lehne, sondern nur jede Ablagen und Getränkehalter".
"Ich weiß" antwortetet ich siegesgewiss, denn ich hatte längst gesehen, was ich sehen wollte, "dann mach' doch einfach die Armlehne herunter, die sich an Deinem Sitz hier innen befindet!" und klappte demonstrativ die Lehne meines Sitzes herunter.
"Boah" strahlte mich meine Frau an, "wie hast Du das denn herausgefunden?". Ich gestand ihr, dass ich Nachts darüber gegrübelt hatte und ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass es in den USA so ein großes und komfortables Auto gibt, welches nicht Armlehnen auf beiden Seiten anbietet (die Türe war natürlich die Außenseite). Und nachts fiel mir noch ein, dass wir am letzten Tag in Las Vegas mit einem Taxi Dodge Grand Caravan zum Flughafen gefahren waren und ich konnte mich auch wieder an diese Armlehne erinnern. Damit war natürlich nicht nur dieser Tag, sondern auch gleich der ganze Urlaub gerettet, denn so eine Armlehne ist schon etwas feines....
Inzwischen war die Navi auch startklar und sie lotste uns zügig Richtung Houston, bog richtigerweise dann auf die Interstate 10 (ich wußte aus Google Maps, dass der Buchladen im Westen von Houston, nicht allzuweit von der I10 entfernt lag), fuhr dann auch an einer plausiblen Abfahrt runter und an der nächsten Kreuzung rechts.
Hä? Rechts? Wir waren uns beide einig, dass "rechts" nicht gut aussah. Nach meinem Ortsgefühl wäre da links besser gewesen, aber die Navi beharrte auf rechts. Schnell befanden wir uns zwischen hohen und modernen Bürohäusern - hier gab es nie und nimmer einen Buchladen. In dem Moment erhörte die Navi unsere Diskussion und kommandierte: "Make a U turn, if possible". Aha! Wußte ichs doch. Madame (die Navi hat eine Frauenstimme) hatte sich vergurkt und gab nun kleinlaut nach. Das klang jetzt viel besser. Wir vermuten, dass einfach das GPS Signal verloren gegangen war, das kann schon mal passieren, allemal in Häuserschluchten und dann kommandiert die Navi fröhlich vor sich hin, nur mit dem Ziel hat das nichts mehr zu tun.
Jetzt sah es aber wieder besser aus, ca. eine Meile später (wir hatten längst die I10 richtigerweise unterfahren), ging es nochmal links, dann schaltete der Entfernungszähler von Meilen auf Fuss um, zählte umso schneller rückwärts und schließlich trompete Madame siegesgewiss: "You have reached your destination". Dann schauen wir mal - rechts war ein Möbelhaus, falsch. Links war ein größerer Platz, alles voller Parkplätze, drum herum (in typisch amerikanischer Manier) jede Menge kleines Läden (Fressbuden usw.). Nicht sooo schlecht.
"Fahr da mal drauf" schlug ich Sylvia vor, sie wartete kurz den Gegenverkehr ab und bog dann ein - und mit dem Überqueren des Bordsteins sahe ich es auch, direkt vor uns, ganz am Ende "Blue Willow Bookstore", und davor auch noch ein freier Behindertenparkplatz. "Stelle Dich da vorne auf den Behindertenparkplatz" sagte ich zu Sylvia, "Du immer mit Deinen Scheißbehindertenparkplätzen" bekam ich als Antwort (aus einem mir nicht bekannten Grund meint Sylvia, ich wäre nicht behindert genug für diese Parkplätze - etwas schrill, wie ich finde), was mich kalt lies. "Schau doch mal genau, nicht auf den Parkplatz, dahinter!".
Dann sah sie es natürlich auch, jetzt war die Freude groß, der Laden sah schnuckelig aus. Mein erster Gedanke war, wie schräg ist das eigentlich, da fliegen wir zigtausend Meilen über den Atlantik, nehmen alle möglichen Unannehmlichkeiten auf uns um dann schließendlich in einem kleinen und urigen Buchladen in einer Seitenstraße in Houston ein Buch zu kaufen? Im Laden selbst war nicht viel los, drei ältere Damen tranken Kaffee und quatschten fröhlich miteinander. Offensichtlich hatten sich dort drei gelangweilte Hausfrauen einen Wunsch erfüllt um die Langeweile zu vertreiben. Reich werden kann man damit sicher nicht.
Ich stellte mich vor, die erste fing gar nichts damit an, also fragte ich gezielt nach "Alice", die war natürlich eine von den dreien, die hüpfte fast vor Freude, dass wir tatsächlich pünktlich aus Deutschland zu ihr gekommen waren, um das vorbestellte Buch zu kaufen. Das Buch stand wie versprochen hinter der Kasse in einem Regal (mit ca. 20 anderen reservierten Büchern) und ein paar Minuten und einen kleinen Smalltalk später hatten 30 Dollar den Besitzer gewechselt und wir saßen freudestrahlend in unserem Minivan und fühlten uns wie Kleinkinder an Ostern und Weihnachten zusammen - wir hatten wieder unsere Scenic Highways und Byways dabei! Zugegebenermaßen ist das amerikanische Original etwas schwieriger zu lesen, die teils sehr blumige Ausdrucksweise ist nicht immer ganz einfach zu übersetzen. Aber das ist nicht so wichtig, zur Not kann man immer noch ein Wörterbuch zu Hilfe nehmen.
So, nun aber los zum Statepark. Nur zu welchem? Ursprünglich hatte ich mal überlegt, von Houston aus zunächst nach Galveston zu fahren, vielleicht dort sogar zu übernachten (und natürlich den Statepark besuchen) um dann am nächsten Tag zum Brazos Bend zu fahren. Aber jetzt waren wir ja nicht mehr am Flughafen in Humble, sondern im Westen von Houston. Zum Brazos Bend war es deutlich kürzer als bis nach Galveston, außerdem müßten für Galveston quer durch ganz Houston fahren und auf diese vollen und hektischen Interstates hatten wir keinen Bock. Also wurde kurzerhand umentschieden, wir fahren jetzt sofort zum Brazos Bend und können anschließend immer noch überlegen, ob wir nach Galveston fahren (dann aber unterhalb von Houston an der Küste) oder wie oder was. Das sollte sich als gute Idee herausstellen.
Auch Brazos Bend war in der Navi von mir schon voreingestellt worden und die Navi fuhr uns sicher aus Houston heraus und nach ca. 1 Stunde kamen wir im Brazos Bend Statepark an. Da wir, wie schon gesagt, vor hatten, einen Jahrespass zu kaufen, stellten wir das Auto am Eingang ab und gingen nach innen um alles notwendige zu veranlassen.
Da war zwar nicht viel los, aber der Vorgang hat dann doch eine ganze Weile gedauert, anscheinend sind wir die ersten Deutschen, die jemals einen Texas Stateparks Pass gekauft haben. Der funktionier nämlich auf Basis der ZIP, der Pass wird nicht unterschrieben, sondern man muss als Inhaber nachher beim Einfahren den Pass vorzeigen (der hat einen Magnetstreifen) und dann muss man die ZIP der Adresse nennen, die auf dem Magnetstreifen gespeichert ist. Die Rangerin musste einige Klimmzüge veranstalten, um diesen Magnetstreifen richtig zu beschreiben, weil die blöde Software unseren Wohnort penetrant nach Kentucky legen wollte - dort gibt es nämlich auch einen Ort mit der ZIP 41065 (das ist unsere Postleitzahl in Mönchengladbach). Zum Schluss hat sie in ihrer Verzweiflung einfach mit einem wasserfesten Marker "Germany" unter den Magnetstreifen geschrieben. Was da nun letztendlich auf dem Magnetstreifen gespeichert ist, weiß ich nicht, aber in der Folge hatten wir keinerlei Probleme mit unserem Stateparks Pass. Der Pass kostet 70$, das war es uns wert. Er gilt dann, wie schon gesagt, ein ganzes Jahr für alle Stateparks in Texas für alle Personen, die im Auto sitzen (oder zu Fuss zusammen kommen).
Sylvia kauft in der Zwischenzeit schon einmal den Visitorshop leer, es muss mindestens immer ein Sticker des Parks o.ä. erworben werden. Zu dem Pass bekommen wir natürlich den Plan des Brazos Bend Stateparks, sowie aber auch einen generellen Führer für alle Stateparks, da sind alle Parks aufgeführt und beschrieben, ein ziemlich praktischer Führer. Außerdem frage die Rangerin, welche Wege behindertengerecht sind und sie zeigt mir auf dem Plan direkt auf den ersten See, der Rundweg wäre gut geeignet (den Namen des Sees habe ich vergessen).
Im Wagen schaue ich außerdem schon einmal nach, was Galveston so zu bieten hat - eine gute Idee. Da steht mehr oder minder unmißverständlich drin, dass man Galveston auch gut auslassen kann. Nach dem letzten großen Sturm (2009?) war wohl der ganze Park inkl. Strand vollkommen zerstört. Zwar sind einige Grillplätze und Campingplätze inzwischen wieder aufgebaut worden, aber der Strand und auch viel vom dem Feuchtgebiet ist immer noch nicht rekonstruiert. Damit fällt an dieser Stelle spontan die Entscheidung, nicht nach Galveston zu fahren. Glück gehabt (s.o.), wir hätten uns sicherlich nicht gefreut, wenn wir unvorbereitet nach Galveston gefahren wären. Aber jetzt geht es erst einmal in den Brazos Bend Statepark. Natürlich habe ich auch gefragt, ob es an dem ersten See auch Alligatoren gäbe, bzw. wo die Chancen am besten wären, die Rangerin auf einen großen See weiter durch, da gäbe es die meisten Alligatoren und an dem ersten See gäbe es wohl ein oder zwei Tiere, die wären aber vor wenigen Stunden noch gefüttert worden (was auch immer das heißen soll). Es sollte sich herausstellen, dass die Dame nicht ganz genau Bescheid wußte...
Nach wenigen Minuten erreichen wir einen großen Parkplatz, wir sind fast die einzigen Gäste, von dort geht ein asphaltierter Weg durch ein Wäldchen und dahinter liegt der versprochene See:
In dem See wachsen einige Bäume, ich denke, es handelt sich um Mangroven (bin aber nicht sicher, ich bin kein Baumkenner):
Kaum haben wir das Terrain erreicht, stolzt auch schon ein schneeweißer Reiher hinter uns gemütlich über den Weg, um sich anschließend auf der anderen Seite dem Fischfang zu widmen:
Das geht ja schon mal super los, die Kameras glühen, als wir einige Meter weiter einen kleinen Trupp Enten antreffen. Die haben offensichtlich Mittagsschlaf befohlen und stehen in unnachahmlicher Manier auf einem Bein und lassen sich in der Sonne braten - so kann man ein Entenleben gut aushalten:
Nur wenig später ist ein Heer von Geyern im Großeinsatz, wir waren an dem Tag unsicher, um was Vögel es sich dort handelt - riesengroß und ziemlich häßlich, aber ein paar Tage später haben wir sehr ähnliche Vögel dabei beobachtet, wie sie ein totes Tier ausweideten. Jetzt sitzen ein paar von Ihnen auf einem Ast und beobachten das Gelände:
Ein Fusstrupp kontrolliert derweil die Waldwege:
Zentraler Stützpunkt ist offensichtlich eine kleine Insel im dem See, von dort wird der Einsatz koordiniert und es finden die notwendigen Lagegespräche statt:
Immerhin sind diese Tiere so groß, dass sich ein Paar, welches uns beim Fotografieren überholt, nicht traut, den Gehweg neben den Vögeln zu passieren. Offensichtlich haben die Geier aber auch einen großen Respekt vor den beiden und verziehen sich ihrerseits auf die obige Insel.
Sylvia nutzt die Gunst der Stunde und lichtet ein paar farbenfrohe Blumen ab, die durch den Rückzug der Geier freigeben werden:
Einige Meter später entdecke ich etwas im Wasser, was so witzig aussieht, dass ich spontan lachen muss. Sylvia schaut mich fragend an und ich zeige auf einen kleinen Baumstamm. Sie versteht mich nicht - ich sage "schau doch mal genau hin". Sie versteht mich immer noch nicht. "Da sitzt doch eine ganze Schildkrötenfamilie auf dem Baumstamm, läßt sich den Rücken braten und hält die Nase in die Sonne!". Jetzt sieht Sylvia es auch - und jetzt sehen wir das auf einmal überall. Überall sitzen Schildkröten auf irgendwelchen Ästen und aalen sich in der Sonne. Aber diese Familie ist das Highlight:
Die sitzen da still und stumm und genießen das Leben. Die bewegen sich auch nicht, keinen Millimeter. Dafür bewegt sich jetzt ein kleiner Baumstamm, rutscht quasi von einem anderen Baumstamm ab. Hä? Wie geht das denn - und dann sehe ich es. Auch das hat Sylvia nicht gesehen (weil sie aktuell am Fotografieren ist). Ich sage zu ihr "siehst Du den kleinen Baumstamm im Wasser". "Ja". "Das ist kein Baumstamm". "Wieso nicht?". "Weil der Augen hat....". Und dann fotografiert Sylvia den Baumstamm:
Ein Alligatorbaby! Wie süss! Kommt sich mächtig schlau vor ("ich bin getarnt"), aber wir haben ihn längst entdeckt. Da hat es wohl Nachwuchs gegeben und die Rangerin weiß nichts davon. Aber jetzt verharrt er auch still und bewegt sich nicht weiter vom Fleck. Das Tier ist auch recht weit entfernt und nur mit Tele gut zu erkennen.
Sylvia hält jetzt auf alles drauf, was sich bewegt (oder auch nicht bewegt). Ein blauer Reiher sitzt am Ufer und mit seinen staksigen Beinen und dem eingezogenen Kopf sieht er fast aus wie Hans Huckebein
Und dieser weiße Vogel, der immer so komisch ängstlich aus der Wäsche schaut, beobachtet uns schon eine ganze Weile beim fotografieren. Ich habe keine Ahnung, was das für ein Tier ist. Sylvia ist eigentlich guter Vogelkenner - aber leider mehr unsere heimischen Vögel; diese Arten hier haben wir noch nie gesehen.
Weiter draußen sitzt noch eine ganz dicke Schildkröte auf einem Ast, der blaue Reiher zeigt sich von seiner hübscheren Seite und hat seinen Hals wieder ausgefahren (was ihn optisch deutlich aufwertet):
Und dann endlich passiert es: die liegt er, der König der Sümpfe. Gelangweilt, aber in voller Größe taucht nun ein Alligator auf:
Auch er hat nichts besseres zu tun als sich in der Sonne warmbraten zu lassen. Die Augen sind geschlossen, es geht ihm gut:
Er läßt sich immerhin zu dem Gewaltakt hinreißen, mal kurz die Augen zu öffnen - mehr Aktion ist heute nicht mehr drin:
Nach dem wir uns an diesem Tier sattgesehen haben (und natürlich Fotos bis zum Umfallen gemacht haben), gehen wir wieder ein paar Meter weiter. Da liegt auch ein Alligator und scheint gerade ins Wasser gehen zu wollen. Der Schein trügt - man liegt dort einfach nur so, auch vollkommen ohne Aktion:
In diesem Moment passiert uns eine (schwedische?) Familie, die haben offensichtlich bisher alle Alligatoren übersehen (wie geht das?). Jedenfalls gesellen sich die beiden Mädchen zu uns um zu sehen, was wir da fotografieren. Als sie den Alligator dort liegen sehen, bekommen sie offensichtlich einen Mörderschrecken und weichen erfurchtsvoll einige Meter weiter zurück. Das halte ich dann doch für ziemlich übertrieben, ich kann mir nicht vorstellen, dass von so einem Langweiler wirklich eine Gefahr für uns Menschen ausgeht. In gebührendem Abstand zieht die Familie jedenfalls weiter.
Ein paar Meter weiter hat ein Jungtier einen Baumstamm erobert und fröhnt ebenso vollkommen bewegungslos der Sonne:
Ganz offensichtlich ist die Rangerin nicht auf dem neuesten Stand, was die Alligatorenpopulation an diesem See betrifft (zu unserem Glück!). Wir sind jedenfalls sehr glücklich und zufrieden, obwohl die Strecke nicht allzu weit ist, ist die Zeit wie im Fluge vergangen. Inzwischen sind wir ganz um den See herum gelaufen und begeben uns zurück zum Parkplatz. Auf dem Weg dahin treffe ich auf einen gewaltigen Baum, der sicherlich schon ein paar Jährchen auf dem Buckel hat. Auf dem 2. Foto ist er vollständig eingefangen, für dieses Foto mußte ich ziemlich weit weg gehen und außerdem das 10mm Ultraweitwinkel benutzen - vielleicht kann man sich da eine bessere Vorstellung machen, wie ausladend die Äste dieses Baumes sind:
Am Parkplatz angekommen steige ich direkt in unseren Wagen, Sylvia muss noch mal kurz auf Toilette, dann entscheiden, dass wir auch noch einen weiteren See besuchen wollen. Sicherlich nicht mehr so ausführlich wie diesen ersten See, aber schauen "kostet ja nichts". Nach ein paar Minuten erreichen wir das Ziel, auch hier ist überhaupt nichts los und vor uns liegt der größte See des Stateparks:
Wir beobachten ein paar Enten, wie sie im schmutzigen Wasser herumdümpeln, als wir Zeuge davon werden, wie sich eine kleine Ente eine große Garnele schnappt und anschließend verspeist:
Einige Meter weiter liegt ein dicker und alter Alligator im Wasser und schaut gelangweit zu. Man hat der eine (häßliche) Riesenbirne! Am seinem Schwanz ist offensichtlich eine Art Sender angebracht, wahrscheinlich werden diese Tiere registriert:
So ganz langsam schafft es die tieferstehende Sonne nicht mehr, den kalten Wind auszugleichen. Was am Mittag noch als angenehme Brise empfunden wurde, entwickelt sich nun zum unangenehmen Wind. Ergo: wir machen Schluss für heute. Ich kann sowieso keine extrem langen Tage machen, wir haben wahnsinnig viele tolle Dinge heute erlebt, ich bin schlicht erledigt!
Nach einem Blick auf die Karte entscheiden wir endgültig, den Grossraum Houston zu verlassen. Da wir noch unschlüssig sind, ob wir nach San Antonio wollen, oder vielleicht doch erst ganz in den Süden (Corpus Christi ff.) halten wir uns beide Optionen auf und beschließen, dass wir heute noch bis Victoria fahren, dort gibt es sicherlich ein adäquates Angebot an Motels und Restaurants.
So ist es dann auch, im Vorfeld stelle ich das Navi einfach mal auf das Quality Inn ein, die sind normalerweise auch recht gut. Beim Einfahren nach Victoria passieren wir ein Motel6, draußen wird auf der Werbetafel der Zimmerpreis mit 64,90$ ausgewiesen - hoppla, das ist aber teuer für ein Motel6. Also bereite ich Sylvia schon einmal seelisch darauf vor, dass Victoria anscheinend ein teures Pflaster ist, was ein K.O.-Kriterium für das Quality Inn sein kann. Denn eigentlich möchte ich nicht mehr als 100$ pro Nacht für Motels ausgeben - das könnte hier knapp werden.
Unser Navi fährt uns die ganze Zeit zum falschen Motel, wir landen immer wieder beim "Victoria Inn", Madame meint aber, das wäre das von uns gesuchte Quality Inn. Da hilft nichts, also einfach mal aussteigen und nachfragen, jawohl, das hier ist das einstige Quality Inn, es hat gerade den Besitzer gewechselt und heißt nun Victoria Inn.
Ich frage nach dem Zimmerpreis für ein Nonsmoking Kingbed FirstFloor - so ein Zimmer ist frei, soll 99$ plus Tax kosten. Das hatte ich befürchtet. Gar nicht feige sage ich der Dame das, dass ich das ganz schön teuer finde. Aber um sie nicht zu ärgern, will ich Ihr nur eigentlich noch mitteilen, dass ich das schon gedacht hatte, weil ich im Ortseingang nämlich das Motel6 mit 65$ gesehen hätte - da passiert das Unglaubliche: die Dame fällt mir ins Wort (sie wartet gar nicht ab, was ich sagen will), lamentiert herum "i cannot give you a room in the sixties" und ergänzt "all I can do is 84 plus Tax".
Ich fall fast tot um - die hat mich falsch verstanden, ich wollte gar nicht feilschen, aber jetzt bietet sie mir das Zimmer für 84$ an, was gerade noch 99$ gekostet hat. Natürlich schlage ich ein, für sie scheint das kein Problem zu sein, dann erklärt sie uns noch, dass sie jeden Abend complimentary Snacks (Hotdogs) plus Drinks anbieten würden (eigentlich ja nett), aber wir haben zu diesem Zeitpunkt schon beschlossen, dass wir in das benachbarte Restaurant gehen wollen, wo es u.a. Cocktails und Steaks gibt.
Das Zimmer ist Ok, wir besorgen uns wie üblich erst einmal einen Sixpack Budweiser, ich entspanne mich dann noch gut 1 bis 2 Stunden auf dem Bett (das geht nicht anders, ich muss Abends den Schmerzstress abbauen), danach gehen wir nebenan essen, Sylvia bekommt eine dicke Margherita (wir sind zu Fuss), ich bekomme nochmal Bier, wir kriegen jeder ein schönes Steak (nichts besonderes, aber auch nicht schlecht - da kommen auch noch andere Tage!) und dann geht es zurück ins Zimmer und beim Fersehen schauen schlafe ich hoffnungslos ein. Irgendwann (so gegen 10.00 Uhr) werde ich wieder wach, quäle mich durch das Bad und dann macht auch Sylvia das Licht aus - ein toller Tag ist damit zu Ende.