1.Tag, Sonntag 24.10./Montag 25.10.2010Gegen 17 Uhr steigen wir in unseren Kombi und biegen auf die A9 Richtung Flughafen München ab. Im Gegensatz zur A3 nach Frankfurt ist die A9 weder ein kompletter Ausstellungsbereich deutscher Baustellen noch Autofahrer-Kriegsgebiet, sondern lässt sich relativ manierlich befahren.
Etwa 70 Minuten später sind wir auch schon am Flughafen, parken das Auto und schieben unsere 3 Koffer und das Handgepäck in die Abfertigungshalle des Münchner Airports. Die Reise beginnt ......
Dank Topbonus Service Card müssen wir diesmal nicht um Kofferkilos feilschen – alles klappt unaufgeregt – im Wartebereich am Gate löschen wir noch mit 2 leckeren Weißbieren unseren Durst und erstehen 2 Fläschchen Gin im Duty Free.
Gegen 21.45 Uhr (fast pünktlich) starten wir Richtung Afrika. Die Sitze in der Holzklasse paaren sich nicht mit dem Gedanken von afrikanischer Weite und Einsamkeit – sondern sind vor allem was den Abstand nach vorne angeht doch relativ eng (von anderen Mitreisenden erfahren wir aber dass Konkurrent Air Namibia wohl auch nicht mehr Zentimeter spendiert).
Nach etwa 2 Stunden Flugzeit wird ein Abendessen serviert auf das wir schon sehnlichst warten – durchaus essbar und die Plastikteller musste man nicht abspülen – wir hatten wirklich Hunger.
Der Flug wird durch gelegentliche Turbulenzen immer wieder mal etwas unruhig und schlafen können wir im Flieger ja leider sowieso nicht. Diverse Sudokus, etwas Literatur und gelegentlich den Kopf ermüdet auf die Kopflehne des Vordermanns krachen lassen hilft, die Stunden die uns diesmal laaaaange vorkommen zu überbrücken. Noch ein Frühstück und gegen 7.30 Uhr landen wir bei strahlendem Sonnenschein und morgendlichen 15 °C auf dem Hosea Kutako Flughafen in Windhoek, Namibia.
Da gibt es auch gleich den ersten „Hauch Afrikas“ – hier gibt es keinen „Finger“ oder sonstigen Schnickschnack, man verlässt wie vor 50 Jahren per Gangway das Flugzeug und spaziert über das Rollfeld zum Flughafengebäude.
In Afrika braucht man vor allem eines – Geduld. Für uns immer eiligen Europäer ja ungewohnt, wenn Dinge einfach dauern. So ist es auch bei der Immigration. Ein einziges Flugzeug kommt an und alles bricht scheinbar zusammen. Endlose Menschenschlangen vor den unterbesetzten Pulten der Einwanderungsoffiziere lassen das Schlimmste befürchten.
30 Minuten später, die sich mindestens wie eine Stunde anfühlen, sind wir durch und können unser Gepäck aufnehmen, das sicher schon einige Runden auf dem Gepäckband gedreht hat. Eine Schiebetür entlässt uns in die Freiheit des Airports also in den öffentlichen Bereich wo wir tatsächlich mit einem Namensschild von einem Mitarbeiter von Kalahari Car Hire empfangen werden.
Da aber noch auf einen weiteren Kunden gewartet wird nutzen wir die Gelegenheit um Geld zu wechseln (was am dauerkaputten ATM nicht funktioniert aber in der Wechselstube) und kaufen eine Telefon-Sim-Karte von MTC für eines unserer Handys.
Schließlich bekommen wir unseren Transfer nach Windhoek. Auf der etwa 40 Minuten langen Fahrt sehen wir Paviane, Springböcke und sogar Giraffen ..... schon ein besonderes Gefühl wieder in Afrika zu sein......
Am fortgeschrittenen Vormittag ist das Anwesen von Hubert Hester – die Zentrale von Kalahari Car Hire erreicht. Über Hubert Hester hatten wir nur Gutes gehört. Ein Typ der sich nicht in Kleinigkeiten ergeht sondern möglichst kundenfreundlich auch mal ein Auge zudrückt.
Wir bekommen einiges zu unserem Fahrzeug – einem Toyota Hilux erklärt und erhalten so einige Tipps zu Land und Leuten.
Offensichtlich hat sich die Lage in Namibia bzw. vor allem in Windhoek in den letzten Jahren nicht unbedingt zu ihrem Vorteil verändert – Hubert Hester empfiehlt uns die Gepäckstücke auf der Rückbank mit einem Gurt aneinander zu binden um Dieben die das Seitenfenster einschlagen und einen Koffer herauszerren wollen so das Leben zu erschweren.
Auch die „Knöpfchen“ sollten wir immer schön alle unten haben und nicht an Picknickplätzen halten, da es da schon öfter zu Überfällen gekommen sei.
Ich kann aber den geneigten Leser hier schon beruhigen - es gab während der gesamten Tour nicht einen Hauch einer Situation die diesbezüglich ein Problem dargestellt hätte - etwas Umsicht schadet aber gerade in Afrika auch nicht.
Wir fragen auch nach wie man denn das Dachzelt aufbaut – bekommen aber als Antwort nur – einfach aufklappen. Ok, werden wir schon hinbekommen.
Gar nicht so einfach nach so einer Nacht ohne Schlaf den Erklärungen noch zu folgen – wie man an den Rädern die Allradsperre umschaltet – wo die Ersatzsicherungen sind, wie das Ersatzrad heruntergekurbelt wird, wie das im Notfall mit dem Kühlerfix funktioniert, und und und...
Auf dem Auto sind zwei Dachzelte montiert – wir werden gefragt ob wir beide mitnehmen wollen und entscheiden uns spontan dagegen – wohl in dem Gedanken dass man dann schon nicht drauf aufpassen muss. Ein Fehler wie sich noch herausstellen wird.
Das Auto hat als Campingausstattung (fast) alles was das Camperherz begehrt. Gaskocher, von der Autobatterie betriebener (mit zusätzlichem Stecker für Strom vom Campingplatz) Kühlschrank, 2 Stühle, Klapptisch, Grillrost und 2 Kisten voll mit Töpfen, Geschirr, Besteck, Brettchen usw.....
Wir lassen uns noch eine leere Box mitgeben und fragen nach dem nächsten Supermarkt der unserem Lebensmittelgroßeinkauf gewachsen ist.
Unsere erste Fahrt in Namibia führt uns nur wenige Blocks zu einer der absoluten Institutionen Namibias – einem Kaufhaus von Woermann Brock. Welchen immensen Einfluß vor allem Adolph Woermann für die Entwicklung und Geschicke Westafrikas hatte ist z.B. hier nachzulesen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Adolph_WoermannÜbrigens - die potentielle Gefahr vor Diebstählen vor allem in der Hauptstadt Windhoek schafft auch Arbeitsplätze. Parkt man (nicht nur in Namibia) sein Auto im Bereich einer größeren Stadt empfiehlt es sich auf die Dienste eines Parkwächters zurück zu greifen der für ein kleines Trinkgeld ein Auge auf das Fahrzeug wirft.
Eine geschlagene Stunde benötigen wir für unseren Shoppingrausch.
Es ist aber auch wirklich so einiges zu besorgen. Von Grillkohle über Brandbeschleuniger, Verlängerungskabel, Gewürze, Cornflakes, Fleisch, Grill-Würstchen, Marmelade, Käse, Brot, Kekse und natürlich Unmengen von Getränken (nein, nicht nur Bier !).
Mit 170€ haben wir die namibianische Wirtschaft an diesem Vormittag doch schon mal ordentlich angekurbelt.
Dafür werden uns die Einkäufe auch zum Auto getragen was noch mal ein Trinkgeld nach sich zieht, wir ziehen Geld vom ATM und betanken den fast leeren 100 Litertank.
Namibias Nachwuchs - prüfender Blick ob wir das mit dem Tanken auch richtig machen.
Dann kann es losgehen.
Oder doch nicht – die Beifahrertür lässt sich nicht öffnen. Also fahren wir noch mal das kurze Stück zu Hubert Hester und eine halbe Stunde später ist die Mechanik repariert und die Tür lässt sich öffnen.
Gegen Mittag geht es auf die B1 nach Süden. Wie alle mit B bezeichneten Straßen ist auch diese eine Art Autobahn – durchgehend asphaltiert und erlaubt eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h. Das Linksfahren und Schalten ist selbst nach dieser geraubten Nacht kein Problem – das hatten wir ja u.a. schon in Südafrika geübt.
Die Landschaft ist allerdings nicht unbedingt dazu angetan die Augenlider vor Begeisterung oben zu halten. Öde Halbwüste – endloses gerades Asphaltband vor uns ..... ein Kilometer gleicht dem anderen scheinbar aufs Haar.
Wir halten an einem Schild mit der Aufschrift „Tropic of Capricorn“. Dabei handelt es sich um den (in diesem Fall südlichen) „Wendekreis des Steinbocks“. Ein Wendekreis ist einer der beiden in 23° 26' nördlicher und südlicher Breite gelegenen Breitenkreise, die für die Sonnenbahn Grenzmarken darstellen. Die Wendekreise verlaufen 2.600 km nördlich bzw. südlich des Äquators. Zwischen dem nördlichen und südlichen Wendekreis befinden sich die Tropen.
( Wem das nicht genug ist > mehr unter:
http://de.wikipedia.org/wiki/Wendekreis_%28Breitenkreis%29 )
Inzwischen ist es „gut warm“ - sicher über 30 °C aber wie in Namibia üblich – eine gut verträgliche trockene Hitze. Wir sind todmüde – die Fahrt zieht sich. Gegen 16.30 Uhr erreichen wir nach einem letzten Stück auf einer sandigen Piste endlich unser heutiges Ziel – Bagatelle – eine Guestfarm am Rande der Kalahari Wüste.
Wir werden überaus freundlich begrüßt und bekommen einige Infos zur Farm und was wir alles auch als Camper nutzen können. Für die angebotenen Gamedrives auf dem Gelände, die auch Geparden bei der Fütterung zeigen, haben wir heute keine Zeit – wir müssen uns nun mit unserem Dachzelt und den ersten Erfahrungen als Campern befassen.
An der Campsite angekommen stellen wir fest, dass es dort zwar eine schöne Dusche aber keinen Stromanschluß gibt. In der Lodge ist es aber auf Nachfrage kein Problem unsere Lebensmittel die gekühlt werden müssen in einem Kühlschrank der Lodge für uns zu deponieren – erstes Problem gelöst. Nun befassen wir uns mit dem Dachzelt.
Das mit dem Aufklappen haben wir nach 2 Versuchen relativ schnell geschafft. Allerdings baumelt die (zu) kurze Leiter etwa einen Meter über dem Boden. Wir suchen das Fahrzeug nach einem zweiten Leiterstück ab, finden aber nichts. Ein Anruf bei H.Hester bringt die Lösung. Das zweite Leiterteil liegt im Zelt zwischen den Matratzen.
2 Minuten später ist unser Dachzelt zum ersten Mal zum Einstieg bereit.
Der "Schlafsaal" von innen.
Der Mann war ja schon in der guten alten Steinzeit dafür zuständig das Feuer zu machen – so schön in einem Säckchen abgepackte Holzscheite wie ich sie hier vorbereitet an unserer Campsite finde – gab’s wohl damals nicht.
Die Holzscheite und ein paar der weißen Brandbeschleuniger abgebrochen – schon brennt das Feuer und dem ersten Grillabend in der namibianischen Wüste steht nichts mehr im Wege.
Bevor es aber so richtig mit dem Camperleben beginnt machen wir noch einen kleinen Ausflug in die schöne Dünenlandschaft rund um unsere Campsite.
Die Sonne schickt sich gerade an ihre letzten glühenden Strahlen auf den leuchtend roten Sand herabzuschicken – da gehen wir noch eine kleine Runde mit unseren Kameras, spüren aber schon bald Müdigkeit und Hunger und lassen es mit einigen Aufnahmen bewenden.
Zurück auf der Campsite herrscht dann bald dezentes Chaos – wo war noch die Stirnlampe – wo ist dies, wo ist das .... ? Nicht so einfach sich (dazu nun im Dunkeln) zu organisieren.
Irgendwie und irgendwann schaffen wir es aber doch – und sitzen an unserem Tisch bei dem einen oder anderen Bierchen – die Sterne über uns – das Grillfleisch auf dem Teller und genießen obwohl wir uns vor lauter Müdigkeit nun kaum mehr aufrecht halten können unseren ersten Abend in Nambias Natur.
21 Uhr – ein langer Tag liegt hinter uns und wir erklimmen unser Dachzelt und legen uns lang. Noch einige Minuten lauschen wir der Natur, dem Wind und schlafen dann wie ausgeknipst ein. Selten (noch nie) war der Ausgang einer Reise so ungewiss.
Wie wird uns das Campen gefallen und wie kommen wir damit klar ?
Haben wir Glück bei den morgen beginnenden Game Drives mit tollen Tiersichtungen ?
Können wir uns nach einer Nacht Dachzelt überhaupt noch bewegen ?
We will see .........
Übernachtung: Bagatelle Game Ranch (Nähe Mariental)
Preis: 250 N$ (= 26 €)
Bewertung: 9,5 von 10
Kommentar: tolle Landschaft, tolle Ranch, sehr freundliches Personal, bis auf fehlenden Strom perfekt
Bild des Tages:Ein erstes Bier auf diese Reise